Montag, 13. Mai 2019

Blue Cap: Neuer Player mischt die Karten neu. Deeskalation oder (nur) die Ruhe vor dem Sturm?

Bei der Beteiligungsgesellschaft Blue Cap ist richtig Leben drin. Weniger im operativen Business, das gewohnt souverän läuft, wie die 2018er Jahreszahlen belegt hatten, als vielmehr im Ringen um Macht und Einfluss.

Denn nachdem Dr. Hannspeter Schubert, Macher und CEO der Blue Cap AG, mit 44% den größten Teil seines Aktienpakets an die PartnerFonds AG verkauft hatte, war eigentlich ein einvernehmliches Zusammengehen der beiden Gesellschaften unter dem Dach der Blue Cap AG angedacht. Daraus wurde bekanntlich ja nichts; es gab vielmehr eine unschöne Eskalation, bei der auch mit harten Bandagen gekämpft wurde. In den letzten Tagen gab es nun gleich mehrere Entwicklungen, die aufhorchen lassen...


Der neue Player: Evoco

Zunächst einmal hat die schweizerische Evoco AG mit ihrem Erwerbsangebot für PartnerFonds AG-Aktien Erfolg gehabt und konnte insgesamt 18,34% der PF-Aktien für 1,50 Euro je Stück einsammeln. Damit ist die Evoco nun der größte Aktionär der PartnerFonds AG vor Dr. Schubert, der rund 8% hält.

Evoco dürfte kein Interesse an dem Machtkampf bei Blue Cap haben, sondern die Schweizer konnten die PartnerFonds-Aktien einsammeln und damit auch indirekt eine Beteiligung bei der Blue Cap AG, deren Aktien mit 16 Euro bei nur rund der Hälfte ihres NAV notieren, der bei 30 Euro anzusiedeln ist.


ParterFonds Zugriff auf den Aufsichtsrat von Blue Cap 2.0

Nun hat Blue Cap am Freitagabend gemeldet, man habe ein Ergänzungsverlangen der PartnerFonds AG für die am 7. Juni stattfindende Blue Cap-Hauptversammlung erhalten, in dem es um die Neu- und Umbesetzung des Aufsichtsrates geht.

Blue Cap (Quelle: wallstreet-online.de)
Zur Erinnerung: Ende 2018 hatte PF die Durchführung einer außerordentlichen HV verlangt mit dem Ziel, den dreiköpfige AR der Blue Cap AG abzuwählen und durch eigene PF-Leute zu ersetzen. Des Weiteren wollte PF, dass die HV CEO Dr. Schubert das Misstrauen ausspricht, um ihn dann im Nachgang als CEO zu entfernen (durch den neuen AR). Blue Cap hatte, wie zu erwarten war, dieses Ansinnen (zur Einberufung einer außerordentlichen HV) abgelehnt und dafür gerichtliche Rückendeckung erhalten. Seitdem schwelte der Konflikt weiter und droht(e), auf der HV wieder hochzukochen.

Die PartnerFonds AG als größer Blue Cap-Aktionär schlägt nun vor, den Aufsichtsrat um einen Posten auf vier zu erweitern. Des Weiteren möchte sie den zum Ende der HV frei gewordenen Platz von Dr. Ida Bagel und den neu zu schaffenden Platz nicht mehr mit PF-Leuten besetzen, sondern mit Prof. Dr. Thorsten Grenz und Michel Galeazzi. Prof. Grenz war nach Stationen bei McKinsey und 3i Group als CEO der mobilcom AG und der Veolia Umweltservice GmbH tätig und ist unter anderem als langjähriger Aufsichtsrat der Drägerwerk AG & Co. KGaA sowie als stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats der Schaltbau Holding AG aktiv. Michel Galeazzi ist Gründungspartner der Evoco AG, nachdem er zuvor für die HgCapital und bei der 3i Group tätig war.

Beide sind also ausgewiesene Experten und eine gute Wahl für den Aufsichtsrat der Blaue Cap AG. Und das sieht auch Blue Cap selbst so bzw. Dr. Schubert, denn die Blue Cap unterstützt nicht nur das Ergänzungsverlangen zur HV, sondern auch die beiden Wahlvorschläge. Aufgrund der Mehrheitsverhältnissen können wir also davon ausgehen, dass die beiden gewählt werden und dann mit den beiden bisherigen und weiter tätigen Aufsichtsräten Prof. Dr. Bräutigam sowie Stephan W. Werhahn den vierköpfigen Aufsichtsrat bilden.

Dr. Bräutigam ist der Vorsitzende des Aufsichtsrats und da er nicht neu gewählt wird, dürfte er es auch bleiben. Hieraus können wir ableiten, dass die Erweiterung und Neubesetzung des Aufsichtsrats einerseits die Interessen des Großaktionärs PartnerFonds AG bedient, andererseits aber auch (nicht mehr) auf einen Konfrontationskurs hinausläuft.


Abgang von Dr. Schubert als CEO

Tja, das "undenkbare" passiert nun doch: Dr. Hannspeter Schubert tritt zum Jahresende als CEO der Blue Cap AG zurück. Er wird solange "als Vorstandsmitglied" für die Blue Cap tätig sein; diese will künftig einen Vorstand aus bis zu drei Mitgliedern einsetzen und alles deutet auf einen geordneten Übergang hin.

Für die Blue Cap ist das ein herber Verlust, denn ihr Erfolg ist alleine maßgeblich auf Dr. Schubert zurückzuführen. Und bis die Vorstandsposten besetzt sind, was wohl erst nach der Sommerpause über die Bühne gehen dürfte, wird weiterhin Unsicherheit herrschen.


PF-CEO Oliver Kolbe als Blue Cap-Vorstand?

Dieses Szenario ist ja aus Sicht der Blue Cap-Aktionäre das Wort-Case-Szenario gewesen. Doch das scheint weniger wahrscheinlich geworden zu sein. Einerseits, weil beide Unternehmen sichtlich bemüht sind, den Kollisionskurs zu verlassen und eine einvernehmliche Lösung zu finden, wie es anfangs ja auch gedacht war, und dann ist da noch der Betonklotz, den Oliver Kolbe am Bein hat. Und der am Wochenende nochmals schwerer wurde. Denn sein ehemaliger Arbeitgeber, die mic AG, hat gemeldet, man habe einige Jahresabschlüsse korrigieren müssen, für die Oliver Kolbe als CEO der mic AG verantwortlich zeichnete. Und diese Korrekturen führten zu erheblichen Abschreibungen und damit zum Ausweis erhöhter und veränderter Verluste in den Jahresbilanzen. Die mic AG wird nun straf- und zivilrechtliche Ansprüche gegen ehemalige Organmitglieder einleiten, insbesondere gegen Oliver Kolbe, um von diesen Schadensersatz zu erlangen. Und, für die mic problematisch, eigene Sanierungsbemühungen können "dank" der neuen Bilanzsituation nun nicht wie geplant vollzogen werden.

Oliver Kolbe ist hierdurch weiter unter Druck geraten. Das betrifft natürlich zuvorderst ihn selbst und seinen jetzigen Arbeitgeber, die PartnerFonds AG. Es ist nicht ausgeschlossen, dass er dort als CEO nicht mehr zu halten sein wird. zumal ihm bereits die Hauptversammlung im letzten Jahr keine Entlastung für seine Tätigkeit ausgesprochen hat. Und da die PF AG nun selbst einen neuen Großaktionär hat, ist es gut möglich, dass dieser auch dort nach Aufsichtsratsposten greift und ggf. auch auf eine Veränderung auf dem PF-CEO-Posten drängen wird.

Aus meiner Sicht ist Oliver Kolbe als Vorstand bei der Blue Cap AG wenig vorstellbar. Was kein Schaden für die Blaue Cap sein und die freien Aktionäre eher erfreuen dürfte.


Meine Einschätzung

Tja, die Tage des Dr. Schubert bei der Blue Cap AG sind gezählt. Er ist noch Aktionär (da er nicht alle seine Aktien an die PartnerFonds AG verkauft und Ende 2018 über die Börse sogar einige Aktien zugekauft hatte). Des Weiteren wurde heute bekanntgegeben, dass Dr. Schubert der PartnerFonds AG als Aktionär erhalten bleibt.

Meine Schlussfolgerung hieraus ist, dass Dr. Schuberts ursprünglicher Plan jetzt doch noch umgesetzt werden könnte; jedenfalls in einem im weiteren Sinne. Er wollte ja die Blue Cap und die PartnerFonds AG zusammenführen "unter dem Dach der Blue Cap AG". Die PartnerFonds AG wollte anch dem Zusammenschluss am Ende selbst börsennotiert sein, um ihren vielen ausstiegswilligen Altaktionären einen geregelten Exit zu ermöglichen. Der Druck dürfte gesunken sein, da ja durch das Evoco-Angebot schon viele Altaktionäre ihre Aktien losgeworden sind. Und auch Dr. Schubert hatte sich in den letzten Monaten aktiv hinter den Kulissen um den Erwerb von PF-Aktien bemüht - Erfolgsquote ist unbekannt.

Gut möglich, das Dr. Schubert "irgendwann" im Aufsichtsrat der PartnerFonds AG aufschlägt und/oder einen Beratervertrag erhält. Eine fruchtbare Zusammenarbeit von Dr. Schubert mit den Evoco-Verantwortlichen scheint jedenfalls sehr gut vorstellbar. Die bisherigen Verantwortlichen bei der PartnerFonds AG, also CEO Kolbe und "sein" Aufsichtsrat, die schon im Vorjahr nicht entlastet worden waren, könnten sich auf diesen Posten inzwischen als mit einem Verfallsdatum versehen betrachten. Sie dürften die Bauern sein, die am Ende kurz vor Erreichen der gegnerischen Grundlinie gescheitert sind, als sie sich schon als zusätzliche Damen im Spiel wähnten. Nimmt man diese "alten" PF-Leute aus der Gleichung heraus, könnte das Ergebnis am Ende alle (anderen) Beteiligten zufrieden stimmen. Insbesondere auch die freien Blue Cap-Aktionäre, die den Kurs ihrer Aktien gerne deutlich näher am wahren Wert von 30 Euro sehen würden, als bei mickerigen 16,50 Euro. Und auch für das operative Geschäft der Blue Cap wäre es bestimmt hilfreich, wenn endlich wieder Ruhe einkehren und die Erfolgsgeschichte des Unternehmens fortgeschrieben werden könnte. Und darauf setze ich...

Disclaimer
Blue Cap befindet sich auf meiner Beobachtungsliste und in meinem Depot.

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