Freitag, 25. Dezember 2020

Kissigs Aktien Report: Warren Buffett rät, Branchen im Umbruch zu meiden. Aber…

Im Rahmen meiner Kooperation mit dem "Aktien Report" von Armin Brack nehme ich mir in unregelmäßigen Abständen interessante Unternehmen vor. Die Ausgaben des "Aktien Reports" und/oder "Geld Anlage Reports" erreichen ihre Leser samstags kostenlos und "druckfrisch" im Email-Postfach und man kann sich ▶ hier beim "Geld Anlage Report" anmelden. Bonbon für die Leser meines Blogs: einige Tagen später darf ich die Analysen dann auch hier veröffentlichen.

Aktien Report Nr. 26 vom 18.12.2020

Buffet rät, Branchen im Umbruch zu meiden. Aber…

Warren Buffett führt seit mehr als 50 Jahren die Geschicke seiner Beteiligungsholding Berkshire Hathaway. Sie ist mit einem Kurs von $340.000  die mit Abstand teuerste Aktie der Welt. Dabei ist es auch eines der größten Fehlinvestments, die Buffett sich jemals geleistet hat!

Er begann 1962 damit, Aktien des Textilherstellers Berkshire Hathaway zu kaufen, doch der Niedergang der Textilindustrie ließ sein Investment gegen die Wand fahren. Zwei Jahre später machte der damalige CEO Seabury Stanton Buffett das mündliche Angebot, sein Aktienpaket zu $11 1/2 je Aktie zurückzukaufen. Buffett akzeptierte. Doch als ihm das Angebot schriftlich vorlag, bot Stanton ihm mit $11 3/8 weniger und das brachte Buffett so in Rage, dass er – völlig untypisch – auf Rache sann. Er verkaufte seine Aktien nicht, sondern kaufte sich sogar die Mehrheit am Unternehmen zusammen. Alleine mit dem Ziel, Stanton zu feuern. Das gelang, doch die US-Textilindustrie befand sich bereits in einer Todesspirale und hatte keine Zukunft mehr.

Um sein Investment zu retten, übernahm Buffett selbst den CEO-Posten und verkaufte einzelne Textilfabriken und schloss Standorte. Das senkte Kosten und brachte Kapital. Zusätzlich brachte Buffett den Großteil seiner privat gehaltenen Aktieninvestments in Berkshire ein und legte so den Grundstein für eine einzigartige Erfolgsgeschichte.

Doch seit diesem Zeitpunkt weiß Buffett, dass Branchen im Umbruch erhebliche Risiken bergen und man hier viel eher Geld verlieren als gewinnen kann. Die Chancen, zum richtigen Zeitpunkt ein und wieder auszusteigen, um den berühmten letzten Zug aus dem Zigarrenstummel saugen zu können (nach einem Bild von Buffett-Lehrmeister Benjamin Graham), stehen eher selten in einem positiven Verhältnis zu den Risiken.
"Meide Branchen im Umbruch!"
(Warren Buffett)
Investieren ist kein Spiel der Hoffnungen, sondern eines der Wahrscheinlichkeiten. Manche Anleger verwechseln Aktieninvestments mit Roulette, wo es eine annähernd fünfzigprozentige Wahrscheinlichkeit gibt, mit Rot oder Schwarz zu gewinnen. Doch das Investieren in Aktien hat eher etwas mit Blackjack zu tun: wer die Karten zählt weiß, was noch im Talon ist und daher kann er die Wahrscheinlichkeiten berechnen für "gute Blätter". Und nur wenn die Chancen gut für ihn stehen, setzt er.

Selbst dann besteht das Risiko, falsch zu liegen und Geld zu verlieren. Aber die Chancen stehen gut, öfter Geld zu gewinnen als zu verlieren. Und (nur) darum geht es.

Um eine überdurchschnittliche Rendite zu erzielen, muss man weder überdurchschnittlich intelligent sein noch besonders clever. Man muss sich nur an einige wenige Regeln halten, aber an diese konsequent. Eine dieser Regeln lautet, dass man Geduld braucht für erfolgreiche Investments. Eine andere Regel heißt, immer erst gründlich nachzudenken, bevor man handelt.

Klingt eigentlich nicht so schwer, sich daran zu halten. Und das ist es auch nicht. Eigentlich. Denn unsere menschliche Natur widerspricht diesen einfachen Verhaltensweisen, denn wir sind von der Evolution her auf Flucht und Überleben konditioniert. Also schnelle Reaktion, bevor man nachdenkt. Und unsere angeborene Neugierde will befriedigt werden, da passen langweilige Aktien ohne hektische Schwankungen nichts ins Konzept.

Erfolgreichen Anlegern gelingt es allerdings, sich entsprechend zu disziplinieren. Weil sie verstanden haben, dass es anders nicht geht, dass man nicht genauso überhastet und unbedacht handeln kann wie die Masse, und dennoch besser abschneiden will als alle anderen. Doch Selbstdisziplin ist auch nicht jedermanns Sache und schnell reißen die alten Gewohnheiten wieder ein. Doch man kann es sich einfacher machen, indem man ein paar einfache Regeln aufstellt.

Branchen im Umbruch sind Gefahrenquellen

Und eine dieser Regeln gibt uns Star-Investor Warren Buffet vor, der uns rät, Branchen im Umbruch zu meiden.
"Es ist sehr schwer, in schrumpfenden Branchen Aktien billig genug zu kaufen, um den Niedergang kompensieren zu können."
(Warren Buffett)
Zunächst muss man verstehen, was unter einer Branche im Umbruch gemeint ist. Dabei geht es nicht um das übliche Auf und Ab in einem Wirtschaftszyklus, sondern um Sektoren, bei denen eine neue Erfindung die alten Spielregeln ändert oder wo gesellschaftliche Entwicklungen den bisherigen Markt umwälzen.

Des Weiteren muss man selektieren, wer von den Umwälzungen negativ betroffen ist und wer davon profitieren könnte. Die Verlierer sollte man meiden, bei den Gewinnern genauer hinsehen. Denn nicht jedes Unternehmen, das Geld in eine verheißungsvolle Zukunftstechnologie steckt, verdient damit auch Geld.
"Der Schlüssel zum erfolgreichen Investieren liegt nicht in der Frage, wie sehr eine Industrie die Gesellschaft beeinflusst oder ob sie wachsen wird, sondern darin, herauszufinden ob ein bestimmtes Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil hat, und wenn ja, wie lange dieser anhalten wird."
(Warren Buffett)
Man sollte sich also diejenigen herauspicken, deren Geschäftsmodell erprobt ist und deren Umsätze und Cashflows stark wachsen. Idealerweise haben sie entscheidende Wettbewerbsvorteile, wie Patente, starke Kundenbindung durch hohe Wechselkosten oder eine starke Marke, so dass Wettbewerber sie nicht einfach durch niedrigere Preise ausstechen können.

Aber schauen wir uns einfach mal einige Branchen im Umbruch an…

Im Umbruch: die Energiebranche

Ein Beispiel für eine Branche im Umbruch ist die Energiebranche und das schon seit vielen Jahren. Unter der rot-grünen Bundesregierung von Gerhard Schröder wurde der Atomausstieg vereinbart mit festen Stilllegungszeitpunkten für die Atomkraftwerke. Es folgte Angela Merkel als Bundeskanzlerin und als die FDP 2009 ihr Koalitionspartner wurde, gab es eine Rolle rückwärts mit wieder Verlängerten Restlaufzeiten. Unter CO2-Reduzierungsgesichtspunkten nachvollziehbar. Als sich dann im März 2011 die Atomkatastrophe in Fukushima ereignete, riss Angela Merkel das Ruder erneut um 180 Grad herum und es erfolgte ein neuerlicher genereller Atomausstieg. Nur dass das Abschalten noch schneller erfolgen sollte, als zuvor schon unter der Schröderregierung.

So ein Kraftwerksprojekt kostet hunderte von Millionen und hat eine lange Vor- und Planungszeit. Ist das Geld dann einmal investiert, muss das Kraftwerk ans Netz und Geld verdienen. Die Abschreibungen sind enorm, die laufenden Kosten auch nicht ohne und am Ende will (und muss) der Kraftwerksbetreiber damit ja auch noch Geld verdienen, um die Löhne und Gehälter zahlen zu können und seinen Aktionären Dividende.

Egal, wie man politisch zur Atomenergie steht oder zum massiven Ausbau der erneuerbaren Energieträger, derartige akute Richtungsänderungen sind volkswirtschaftlich und unternehmerisch eine Vollkatastrophe und gefährden Deutschland als Investitionsstandort.

Deutschland steigt nun also aus der Atomkraft aus und auch aus der Kohleenergie. Die Dekarbonisierung nimmt weltweit Fahrt auf, während Eisenbahnstrecken und Automobile elektrifiziert werden. Es wird künftig also nicht etwa weniger Strom verbraucht, sondern mehr. Deutlich mehr. Da auch Öl- und Gaskraftwerke nicht mehr gewollt sind, müssen es andere Energiequellen richten. Solar- und Windkraft, Wasserkraft, Biomasse, Wasserstoff, die Liste ist lang. Und der Umschwung auf die neuen Energiequellen teuer.

Die alten, klassischen Anbieter stecken damit in einem Dilemma. Sie haben Kraftwerke, die mit fossilen Energieträgern befeuert werden, also Kohle, Öl, Gas. Die neueren dieser Kraftwerke sind noch nicht abgeschrieben, verdienen aber kaum noch Geld. Weil ihr Strom im Energiemix politisch nach hinten gedrängt wird. Daher spielen sie keine Gewinne mehr ein, sondern verbrennen in jeder Betriebsstunde Geld. Sie werden also vom Netz genommen und müssen auch noch rückgebaut werden. Das kostet Geld und der Restwert wird abgeschrieben, was große Löcher in die GuV und die Bilanzen reißt.

Geradezu pervers ist, dass statt der neuen, modernen Gas- und Kohlekraftwerke die alten "Stinker" am Netz bleiben. Die verbrauchen zwar viel mehr Rohstoffe und blasen weitaus mehr CO2 in die Luft, aber sie sind halt abgeschrieben und daher spielen sie betriebswirtschaftlich Gewinne ein. Doch auch diese "Perversion" nähert sich dem Ende, weil die EE-Anlagen immer größere Anteile zur Stromerzeugung beisteuern und die alten Kraftwerke nicht mehr gebraucht werden.

Aber auch anderer Stelle greift der Staat massiv in den Energiemarkt ein. Einerseits fließen Milliarden an Subventionen in die EE-Stromerzeugung durch langfristig garantierte Einspeisevergütungen oder Fördermittel für Blockheizkraftwerke usw., und auf der anderen Seite wurden Verschmutzungszertifikate eingeführt, mit denen „dreckige“ Energie teuer und "saubere" Energie billiger gemacht wird durch den Emissionsrechtehandel.

Was bedeutet das für die Energiebranche? Unternehmen, die weiterhin auf Kohle, Atomkraft oder Öl und Gas setzen, werden es zunehmend schwer haben. Ihr Markt schrumpft, weil immer mehr Abnehmer sich von ihnen abwenden. Dazu gehören Verbraucher, aber auch Konzerne und Investoren. Diese setzen immer stärker auf Nachhaltigkeit, auf Environmental, Social and Governance (ESG). Daher versuchen RWE, Shell, BP den Umschwung und verschieben ihre Investitionen aus dem fossilen Bereich in den der Bereich der nachhaltigen Energien.

Auf diejenigen Unternehmen zu setzen, die weiterhin die "alte Schiene" fahren, wird sich eine Zeit lang noch auszahlen. Vielleicht. Die Unternehmen, die jetzt umsteuern, vollführen quasi eine Operation am offenen Herzen, während der Patient einen Marathon läuft. Es wird holprig und die alten Anlagen werden sich noch lange als Ballast erweisen, während die neuen Energieträger den Sonnenschein ins Energieportfolio zaubern sollen.

Und dann gibt es da die neuen Anbieter, die unbelastet in die Zukunft starten. Auch hier finden sich Spreu und Weizen. Unternehmen mit etablierten Geschäftsmodellen, mit soliden Bilanzen, sind hier die sichere Wahl. Unternehmen, die das im Angebot haben oder herstellen, was nun alle brauchen: Windparks, Solarparks. Wie ABO Wind, wie Encavis, wie Energiekontor, wie PNE.

Und dann die "jungen Wilden", die in Wasserstofftechnik investieren, wie z.B. SFC Energy. Hier ist heute noch nicht klar, ob die Unternehmen es aus der Nische herausschaffen oder jemals nachhaltig erfolgreich werden. Ballard Power laboriert mit Wasserstoffantrieben für Automobile immerhin schon seit 25 Jahren herum und seit gut 20 Jahren stehen sie "unmittelbar vor dem Durchbruch". Heute auch wieder. Die Aktien dieser Unternehmen bergen höhere Chancen, aber auch höhere Risiken.

Im Umbruch: die Automobilbranche

Ein weiteres Negativbeispiel für eine Branche im Umbruch ist die Automobilbranche, zu der auch nachgelagert die vielen Zulieferer gehören. Seit 20 Jahren wird an Alternativantrieben gearbeitet, um endlich den Verbrennungsmotor und die Abhängigkeit vom Öl zu verringern. Mal war Wasserstoff der Favorit, dann wurde es der Elektromotor. Doch mehr als ökologische Feigenblätter waren die Versprechungen der Autokonzerne nicht, bis Tesla auftauchte und in China staatliche subventionierte Elektro-Anbieter, wie BYD, immer größere Erfolge feierten. Und dann kam der Dieselskandal und neben der öffentlichen Wahrnehmung änderten sich auch schlagartig die gesetzlichen Rahmenbedingungen. Zusammen mit der aufgrund des zunehmenden Handelskriegs zwischen den USA und China, aber auch den drohenden Strafzöllen auf EU-Autos, sich zunehmend verschlechternden globalen Konjunkturlage sind die Absatzzahlen der Automobilhersteller in den letzten Jahren massiv eingebrochen und der Trend hält weiter an. Hier kommen die Umwälzungen in der Branche zusammen mit einem beginnenden zyklischen Abschwung – und dann traf auch noch Corona die angeschlagene Branche bis ins Mark.

Ist Tesla wirklich (so) gut?

Mit Tesla scheint es einen klaren Gewinner zu geben. Allerdings verdient Tesla mit seinen Fahrzeugen kein Geld, sondern alleine mit dem Verkauf der ihm zustehenden Verschmutzungszertifikate. Die anderen Hersteller, die auf Benzin und Diesel setzen, müssen die kaufen. Aber das wird sich ändern, denn die große Modelloffensive in Sachen Elektroautos nimmt nun Fahrt auf und der Vorteil der deutschen Premiumhersteller ist, dass sie herausragende Marken haben und besonders treuer Kunden. Sie sind es gewohnt, hohe Stückzahlen zu produzieren und kennen sich in der Automobilfertigung aus. Tesla hat hier immer wieder massiv mit Qualitätsproblemen zu kämpfen. Technologisch ist Tesla einige Jahre voraus.

Es wird daher spannend, ob und wie schnell die etablierten Autobauer auf Tesla aufholen und den Pionier sogar überholen können. Eine Prognose ist schwierig. Vor allem, weil die Fehlertoleranz gering ist. Denn wenn VW oder Daimler oder FIAT zweistellige Milliardenbeträge in neue Fertigungsstraßen und Modelle stecken und sich herausstellt, dass sie sich geirrt haben… was dann? Die Milliarden wurden ausgegeben und man hat eine neue Fabrik mit neuen Fertigungsstraßen, aber niemand kauft die neuen Produkte. Das wäre der Supergau.

Dabei hängt der Erfolg der neuen E-Modell nicht nur davon ab, ob die Autos den qualitativen Ansprüchen der Kunden genügen und bei diesen "den Nerv treffen", sondern auch externe Faktoren sind maßgeblich für Erfolg oder Scheitern. Denn ob nun Wasserstoff- oder Elektroantrieb, die Autos müssen betankt werden. Und die dafür nötige Infrastruktur steht noch in den Anfängen und wird erst langsam aufgebaut. Für ein paar tausend Fahrzeuge reicht sie aus, aber für Millionen?

Auch in dieser Branche im Umbruch gibt es große Chancen und große Risiken. Tesla ist momentan das Maß der Dinge, aber die Bewertung ist dermaßen hoch, dass der Erfolg auf jeden Fall eintreten muss. Und zwar ein gewaltiger Erfolg. Bei den etablierten Herstellern besteht die Hoffnung, dass eine Wiederbelebung der Konjunktur nach Ende der Corona-Tristesse auch die Absatzzahlen bei den PKWs hochschnellen lässt und das Zusammentreffen mit der Elektromodell-Offensive könnte hier weitere positive Impulse bringen. Aber vermutlich nicht für alle Hersteller. Im Premiumbereich geht es um Marke, Prestige und dort wird an jedem Auto gutes Geld verdient. Im Massenmarkt sind die Margen schwächer, da geht es um Menge. Und genau hier könnte Tesla demnächst mit einem eigenen Modell angreifen und neue Standards setzen. Gefährlich.

Im Umbruch: die Textil- und Modebranche

Schließen wir wieder den Kreis zu Warren Buffet und blicken noch kurz auf die Textil- und Modebranche. Auch die ist – mal wieder – stark im Umbruch. Nachdem jahrelang die Produktion nach Asien abwanderte und der alleinige Fokus auf billig, billig, billig gerichtet war, erfolgt auch hier ein Umdenken. Die katastrophalen Arbeitsbedingungen und der häufige Einsatz von Kinderarbeit sorgen für Empörung und ein Umdenken der Kunden. Und damit auch immer öfter der Hersteller und Verkäufer.

Diese stehen zusätzlich unter Druck, weil ihr Hauptabsatzmarkt am Boden liegt. Denn Corona hat den stationären Modehandel zum zweiten Mal total ausgeknockt und die ohnehin immer stärker werdende Onlinekonkurrenz bekam hierdurch nochmals Rückenwind. Die Folge sind immer mehr Insolvenzen von Textilherstellern, von Modeläden und Modelabeln. Und es sind nicht nur unbekannte Unternehmen, die Probleme haben, auch Escada, Esprit, Gerry Weber, Under Armour, René Lazard, Hugo Boss, H&M mussten die Segel streichen oder harte Einschnitte vornehmen, um doch noch wieder die Kurve zu kriegen.

Klar, die Menschen kaufen weiterhin Kleidung. Aber ihr Markengefühl verändert sich, ebenso ihr Kaufverhalten. Mal kaufen sie lieber viel und billig, dann wieder höhere Qualität und dafür teurer und seltener. Dass die Läden dicht sind und sich in den Lagern die Waren staut, sorgt für ganz neue Probleme. Denn die Saisonware bleibt zum zweiten Mal liegen. Die lässt sich nicht ohne Weiteres einfach ein paar Monate oder gar ein ganzes Jahr später verkaufen. Oder nur mit großen Preisabschlägen.

Während es eine Vielzahl von Verlierern gibt, kristallisieren sich auch einige wenige Gewinner heraus. Wie Zalando oder Global Fashion Group. Und in gewisser Weise auch Ross Stores und TJX. Die leben davon, Qualitätsmode billig aufzukaufen, wenn sie nicht mehr angesagt ist. Sie haben einen festen Kundenstamm, der in Kauf nimmt, die Ware der letzten Saison zu tragen, dafür aber Markenware. Das Problem der beiden ist nur, dass auch ihre Läden unter dem Lockdown leiden und geschlossen sind. Sie können daher ihr bewährtes Business nicht durchziehen und sind auf Onlineverkäufe angewiesen – und setzen auf den großen Nachholeffekt, wenn die Läden wieder öffnen und die Kunden sich bei ihnen günstig mit Markenkleidung eindecken wollen. Deshalb kaufen sie momentan viel der liegengebliebenen Ware auf und horten sie. Ein Scheck auf die Zukunft, der sich vermutlich auszahlen wird und insofern sind die die beiden relativ sichere Re-Opening-Wetten.

Mein Fazit

Branchen im Umbruch bergen große Risiken. Aber eben auch große Chancen. Wenn man denn auf die richtigen Unternehmen setzt. Bei der Auswahl sollte man sich Zeit lassen und lieber genauer nachdenken, bevor man sich zu Schnellschüssen hinreißen lässt. Lieber ein paar vermeintliche Renditepunkte sausen lassen und auf die sicheren Werte setzen. Die kann man dann auch beruhigt im Depot liegen und sich entwickeln lassen, ohne ständig ihren Pulsschlag fühlen zu müssen.

Der Gewinn liegt im Einkauf. Auch bei Aktien.

Disclaimer: ABO Wind, Berkshire Hathaway, Energiekontor, Global Fashion Group, PNE, Zalando sind auf meiner Beobachtungsliste und/oder in meinem Depot/Wiki.

7 Kommentare:

  1. Kleine Anmerkung zu Berkshire: Buffett hat in den letzten 15 Jahren ebenfalls in renewables investiert, insbesondere um massive Steuererleichterungen zu erhalten, die im Konzern durchschlagen. Der EE Aspekt wird bei Berkshire sehr selten erwähnt:

    Berkshire Hathaway Energy has poured $16 billion into renewables in recent years, according to Buffett. The company's electricity portfolio now consists of 7 percent wind and 6 percent solar.

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    1. Du hast vollkommen Recht; ich wollte BH Energy, die frühere MidAmerican Energy, keinesfalls unterschlagen. Die haben seit Buffetts Einstieg einen starken Zug hin zu erneuerbaren Energien und investieren stark in dem Sektor.

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  2. Ein sehr spannender Artikel. Ich bin durch diesen blog auch dazu gekommen in erneuerbare Energien zu investieren. Automobilbranche/klassische Banken habe ich aus o.g. Gründen nicht. Etwas unsicher bin ich mir nun bei meinen Investments "Total" und "Gazprom". (Zusammen ca. 10% Depotgewichtung). Wie schätzen Sie diese beiden Unternehmen ein? Bei Total war die Überlegung, dass diese sehr kosteneffizient sind und bereits bei einem niedrigen Ölpreis profitabel. Und im Bereich der erneuerbaren Energien gut aufgestellt und sogar in ein paar ESG-etfs vertreten.
    Gazprom ist von den Kennzahlen sehr günstig, was natürlich an den politischen Risiken und dem Währungsrisiko liegt. Meine Überlegung war, dass der Erdgasbedarf in den nächsten Jahren stark steigen wird -> steigende Gaspreise und Gazprom vielleicht auch von Wasserstoff profitieren könnte. (Methanpyrolyse).

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    1. Weder bei Total noch bei Gazprom bin ich tiefer im Thema drin und kann daher keine fundierte Analyse abgeben. Beide Werte fallen bei mir allerdings in die Kategorie "Branchen im Umbruch" und stehen hier langfristig auf der Verliererseite. Klar, vor allem Erdgas wird noch Jahrzehnte (zum Heizen) benötigt und Gazprom hat seine neuen Pipelines ja noch nicht alle am Netz (NordStream 2, die China-Pipeline), da wird der Absatz steigen. Aber die Entwicklung des Preises sehe ich skeptisch. Wenn immer mehr Nutzer sich von Gas und Öl abwenden und immer mehr Fördertöpfe und Investitionen die Nachfrage nach regEnergien ankurbeln, während Länder wie Saudi Arabien, Russland, Venezuela u.v.m. sehr einseitig vom den Einnahmen aus dem Verkauf dieser fossilen Energieträger abhängig sind, dürfte die Nachfrage das Angebot zunehmend unterschreiten. Hinzu kommen die USA, wo die Fracker jede Preiserholung sofort zum Hochfahren der Produktion nutzen. Und... das Ziel, das (überteuerte) LNG auf den/die Ozean/e zu verkaufen. Hierzu werden nicht nur in Deutschland extra Terminals gebaut.

      Was die Gasnetze angeht, so können die natürlich auch für andere Energietträger (nach-)genutzt werden, das ist ein Vorteil. So eine Öl-Förderplattform in der Nordsee nicht/kaum.

      Ich tue mich bei den fossilen Energiemultis schwer, hier den regEnergieanteil hochzuloben. Weil er bezogen auf den Umsatz und die Gewinne zumeist relativ gering ist. Ob RWE, BP, Shell oder Total, alle werben mit ihrem Einsatz bei/für regEnergien. Aber ihr Geld steckt in den Öl- und Gas-Assets. Sie stellen sich dar, als wären wir schon mind. 10 Jahre weiter und sie die großen Player im Bereich der regEnergien. Aber sie verkaufen Ziele und Pläne, nicht die Gegenwart. Doch andere sind in der Gegenwert schon massiv involviert und die werden den "Alten" das Feld nicht kampflos überlassen. Zumal diese ja nicht aus einer Position der Stärke heraus handeln, sondern angeschlagen sind und vor enormen Abschreibungen (auf ihre Öl- und Gasanlagen) stehen.

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    2. Vielen Dank für Ihre Antwort und ein gutes neues, frohes und erfolgreiches neues Jahr. Ich habe Öl/Gas abgebaut und dafür in erneuerbare Energien umgeschichtet. Würden Sie die Tabakbranche (z.B. Altria) auch bei "Branchen im Umbruch" einordnen? Meine Überlegung war, dass die Umsätze/Cashflows auch in einer schweren Rezession/Wirtschaftskrise nahezu konstant bleiben würden. Es also ein krisensicheres Invest mit einer hohen Dividende ist. Bei diesem Titel bin ich mir aber etwas unsicher. Während ich bei anderen wie Berkshire Hathaway, Alphabet, Novo Nordisk, Checkpoint Software, Visa, Essity, Linde etc. ein sehr gutes Gefühl habe.

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  3. Hallo Michael,ich schätze Deine Artikel und nutze sie oft, eigene und weitergehende Recherchen anzustrengen. SFC Energy halte ich auch für sehr aussichtsreich, sie müssen nur aus ihrer Nische raus und globaler Anbieter werden. In den USA gibt es eine Reihe interessanter Werte, die kaum jemand zur Zeit beachtet, die aber lohnenswert sind (Cummins, Air Products&Chemicals beispielsweise). Es muss nicht immmer Tesla oder ballard power sein, wo die Herde die Alm rauf oder runter treibt und teilweise nur heiße Luft gehanndelt wird.

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    1. Da stimme ich Dir zu. Auch Linde ist ein großer Player, der hier interessant positioniert ist und bei einer anstehenden konjunkturellen Erholung oder gar einem längeren Wirtschaftsaufschwung ordentlich profitieren sollte.

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