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Donnerstag, 23. August 2018

Funkwerk? Kann man ignorieren. Aber sollte man das auch?

Die Funkwerk AG ist ein Hersteller von Funksystemen für den Bahnverkehr, Infoanzeigen in Bahnhöfen oder Videoüberwachungsanlagen und damit alles andere als ein angesagtes Unternehmen aus den trendigen Branchen Kryptomining oder Fintech. Schaut man auf den Kursverlauf der letzten drei Jahre, sieht das allerdings doch danach aus, denn in den letzten anderthalb Jahren hat sich der Kurs fast versechsfacht. Und das hat seinen Grund natürlich auch in dem vorherigen starken Absturz, als Funkwerk mächtig trudelte und ein Erfolg des Turnarounds nicht ausgemacht war. Doch diesen Zeiten liegen längst hinter Funkwerk und heute geht es wieder um Wachstum, Chancen und Zukunftsvisionen. Naja, um Zahlen auch. Und was für welche...


Nachdem Funkwerk zu den schwächsten Werten der letzten Woche gehörte und zweistellig abgeben musste, hätte man eigentlich von schlechten Halbjahreszahlen ausgehen müssen. Doch meine Erwartung war eher in die andere Richtung gerichtet, denn Funkwerk hat zuletzt in schöner Regelmäßigkeit (zu) tief gestapelt und hoch geliefert. Daher hatte ich Anfang der Woche meinen Aktienbestand in die Ausverkaufskurse knapp über 12 Euro herum aufgestockt. Und das war genau richtig - nicht weil der Kurs etwa explodiert wäre, das nicht. Aber das Ergebnis. Und nicht nur das...

Super Halbjahreszahlen
Die Funkwerk AG blieb im ersten Halbjahr 2018 auf Wachstumskurs. Der Konzernumsatz stieg im Vorjahresvergleich um 23,5% auf €34,3 Mio. und das Betriebsergebnis verbesserte sich von €0,7 Mio. auf €3,0 Mio. Für das Gesamtjahr geht das Unternehmen von einem Umsatzplus auf €80 Mio. bis €85 Mio. aus steuert ein Betriebsergebnis von €8,5 Mio. bis €9,0 Mio. an.

Damit hat Funkwerk seine Prognosen - erwartungsgemäß - angehoben. Schon die Zahlen zum ersten Quartal waren sehr positiv ausgefallen, aber die letzten drei Monate legte man nochmals ordentlich an Tempo zu. Und das dürfte in den nächsten Wochen und Monaten so weitergehen, denn auch bei den Aufträgen sprang der Turbo an: von Januar bis Ende Juni 2018 gingen im Funkwerk-Konzern neue Bestellungen im Wert von €44,5 Mio. ein (Vorjahr: €38,2 Mio.) und der Auftragsbestand erhöhte sich zum Stichtag auf €68,6 Mio. (Vorjahr: €60,6 Mio.). Per Ende Mai hatte das Auftragsplus ggü. dem Vorjahreswert noch bei "nur" 9,1% gelegen.

 Funkwerk (Quelle: wallstreet-online.de
Anhaltende Tiefstapelei
Es gibt zwei Aspekte, die bei Funkwerk stören. Der erste ist, dass die Aktie nur noch einen geringen Streubesitz aufweist und die Marktenge führt dazu, dass man nur mit Geduld an Aktien heran kommt oder sie wieder verkaufen kann. Sofern man nicht bereit ist, deutliche Kursauf- oder abschläge hinzunehmen. Das liegt an dem vor einigen Jahren gescheiterten Übernahmeversuch der Hörmann-Gruppe, die weiterhin der Großaktionär ist und über rund 78% der Stimmrechte verfügt.

Der zweite störende Aspekt ist die übertriebene Tiefstapelei. Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn ein Unternehmen vorsichtig agiert und zurückhaltende Prognosen abgibt. Auch ich bin der Meinung, man sollte lieber am Ende besser Zahlen liefern als versprochen und nicht umgekehrt. Aber bei Funkwerk grenzt das Tiefstapeln schon an aktives Schlechtreden. Und auch dafür gibt es einen Grund, jedenfalls meiner Meinung nach. Denn ich bin weiterhin davon überzeugt, dass Großaktionär Hörmann am liebsten die ganze Funkwerk AG sein Eigenen nennen würde und auf Sicht einen weiteren Übernahmeversuch starten wird. Dabei sind tiefe Kurs tendenziell netter für den Käufer als hohe. Und da es gesellschafts- und steuerrechtlich nicht klar ist, inwieweit ggf. Verlustvorträge verloren gehen bei einer verfrühten erneuten Übernahme, dürfte Hörmann mindestens die Fünfjahresfrist (seit dem letzten Übernahmeversuch) abwarten, um ganz sicher zu gehen. Und die endet am Jahresende Mitte nächsten Jahres. Klar soweit...?

Meine Einschätzung
Das ist meine Lesart der Vorgänge und meine Erklärung dafür, dass die CEO die Erfolge und das Ergebnis von Funkwerk ständig kleinredet und jeden Versuch unternimmt, die Gewinne von Heute in die Zukunft zu verlagern (die Rückstellungen sind keinesfalls unterdotiert!). Denn jeder CEO wird vom Aufsichtsrat eingestellt und ggf. gefeuert. Und der Aufsichtsrat wird von der Hauptversammlung eingesetzt. Wo Hörmann über 78% der Stimmrechte verfügt.

Funkwerk ist und bleibt für mich ein aussichtsreiches Investment. Allerdings ist der Titel ziemlich markteng, daher sollte man nur streng limitiert ordern. Und man sollte reichlich Geduld mitbringen, denn von Funkwerk hört man nur zweimal im Jahr etwas, weil Kapitalmarktkommunikation dort mit "Erfüllung der börsenrechtlich minimal zulässigen Berichterstattung" übersetzt wird.

Man braucht also Geduld und einen langen Atem sowie die Bereitschaft, an einem Investment festzuhalten, von dem man fast nie etwas bemerkt. Aber... das war auch schon in den letzten zweieinhalb Jahre so und der Kurs steigt still und leise vor sich hin.

Die seit meinem Ersteinstieg aufgelaufenen 450% schlagen sich in einer durchschnittlichen Jahresperformance von knapp 110% nieder. Man kann schlechter investieren. Und daher habe ich, wie gesagt, meinen Bestand vor einigen tagen nochmals ausgebaut und erwarte, dass der Kurs sich auch in den nächsten Monaten weiter Richtung Norden entwickeln wird. Die Unternehmensentwicklung und die Geschäftszahlen geben das her. Und der zusätzliche Schuss Übernahmephantasie sollte auch nicht schaden...

Disclaimer
Funkwerk befindet sich auf meiner Beobachtungsliste und in meine Depot.

2 Kommentare:

  1. Hallo Michael,

    interessanter Case!
    Wie schätzt du das Risiko eines Delistings an ?

    Hörmann hält ja 78 % und wie du ja richtig schreibst : "Denn jeder CEO wird vom Aufsichtsrat eingestellt und ggf. gefeuert. Und der Aufsichtsrat wird von der Hauptversammlung eingesetzt. Wo Hörmann über 78% der Stimmrechte verfügt."

    Bedeutet, will Hörmann ein Delisting bekommt er es auch.
    Als Beispiel fällt mir hier gerade die Zapf Creation an.

    Danke und VG

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    1. Ich glaube, dass Hörmann 100% an Funkwerk haben möchte. Wie Hörmann dabei vorgehen wird, bleibt abzuwarten. Sie haben es ja schon einmal mit einem Delistingserwerbsangebot probiert - wenn sie dabei Erfolg haben wollen, sollten/müssten sie beim nächsten Mal aber einen fairen Preis bieten, sonst wird das (wieder) nichts. Und erstmal müssen sie ja ihren Bestand kräftig erhöhen, um einen Squeeze-out anstreben zu können.

      Da es bei Funkwerk super läuft und ich den Wert deutlich oberhalb des aktuellen Kurses ansetzen würde, ist mir vor einem möglichen Delisting nicht Bange.

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