Sonntag, 17. Februar 2019

Technotrans: Mein Investmentcase zieht nicht mehr so richtig

Zu Zeiten des Neuen Marktes war Technotrans  ein reiner Zulieferer für die Druckindustrie und die existenzbedrohende Krise der Branche und insbesondere der beiden Weltmarktführer und Technotrans-Kunden König & Bauer und Heidelberger Druck mutete auch für Technotrans zum Überlebenskampf aus. Den man gewann und durch Diversifikation in andere Bereiche konnte man sich breiter und sehr erfolgreich aufstellen. Vor allem dank Wert stiftender Zukäufe hat man sich im Bereich der Kühltechnik erfolgreich etabliert, die nicht nur in der Druckmaschinenbranche nötig ist, sondern auch beim Thema Batterien und somit bei der Elektromobilität eine ganz entscheidende Rolle spielen wird.

Hierauf habe ich vor etwas mehr als zwei Jahren meinen Investmentcase aufgebaut und sowohl die operative Entwicklung, als auch die des Aktienkurses gaben mir recht. Doch beides hat sich nun eingetrübt und die Vorlage der vorläufigen 2018er Zahlen erfordert einen Abgleich mit meinen bisherigen Überlegungen und Erwartungen. Und da hat sich einiges verändert...

Von der vor einem Jahr noch herrschenden Euphorie hinsichtlich der E-Mobilität ist kaum noch etwas zu spüren, obwohl die Entwicklung inzwischen ganz klar in diese Richtung läuft und alle großen Automobilhersteller eine Vielzahl von E-Modellen auf den Markt bringen werden. Die Kühlung der nötigen Batterien ist ein Schlüsselthema und insbesondere beim Thema Schnellladen wird es noch viel heißer - in jeglicher Hinsicht. Technotrans hat mit seiner Kühltechnik die Chance, hier ganz vorne mit dabei sein; nicht nur bei Automobilien, auch bei der Heiztechnik für Gebäude. Allerdings gibt es verschiedene technische Ansätze und ob sich die auf einer Wasser-Glykol-Mischung basierende einmal als Standard durchsetzen wird, muss sich erst noch zeigen. Kurz- und mittelfristig ist das noch nicht ausschlaggebend, weil es diverse Anwendungsmöglichkeiten gibt und Technotrans hier sehr erfinderisch ist. Aber auf längere Sicht steht oder fällt mit der E-Mobilität durchaus ein großes Potenzial.

Zahlenvorlage und Perspektiven

Schon vor einiger Zeit hatte Technotrans erklärt, im Bereich der Druckmaschinen zeichne sich kein großes Wachstum mehr ab und man gehe daher hier auch nur noch von moderaten Umsatz- und Gewinnzuwächsen aus. Um die verkündeten mittelfristigen Ziele erreichen zu können, müssen weitere Akquisitionen an Land gezogen werden. Hier konnte Technotrans in den letzten Monaten nicht mehr punkten.

Ebenso wenig "hilfreich" war der Weggang des erfolgreichen CEO Brickenkamp und das nur kurze Intermezzo seines Nachfolgers. Bis heute sind die Umstände nicht klar und das sorgt für Verunsicherung. Die ist kein Freund der Aktienkurse, aber auch im Unternehmen selbst scheinen nun strategische Impulse zu fehlen.

Technotrans (Quelle: www.wallstreet-online.de)
Die jetzt vorgelegten vorläufigen Zahlen zum Geschäftsjahr 2018 zeigen, dass es im vierten Quartal überhaupt nicht mehr rund gelaufen ist, denn Technotrans liegt deutlich unter den Erwartungen der Analysten. Das ist auch deshalb bemerkenswert, weil man in den letzten Jahren konsequent zu niedrig prognostiziert hatte und sich einen Namen als "Übererfüller" gemacht hatte. Die eigenen Prognosen hat man fast erreicht, aber da diese waren eher als verhalten wahrgenommen worden und nun scheinen sie doch zur Realität zu werden.

Vom Bereich Drucktechnik kommen in nächster Zeit kaum mehr Impulse, aber den Bereich Kühltechnik, Laser usw. scheint Technotrans weiterhin als ziemlich wachstumsstark einzustufen, anders sind die Umsatzerwartungen des Unternehmens für die nächsten Jahre nicht zu erklären. Man hat nämlich die eigenen mittelfristigen Ziele bestätigt, obwohl man bzgl. der EBIT-Marge klar schlechter abgeschnitten hat als erwartet. Hier baut sich also ein größeres Delta auf und angesichts der konjunkturellen Entwicklungen, der etwas eingedampften Hoffnungen bzgl. der E-Mobilität und der wenig erfolgreichen Bemühungen, aussichtsreiche Übernahmen tätigen zu können, wächst dem entsprechend auch das potenzielle Enttäuschungspotenzial.

Meine Einschätzung

Ob Technotrans seine Ziele erreichen kann, ist erheblich unsicherer geworden. Auch deshalb, weil man an der Spitze des Unternehmens im letzten Jahr gleich zweimal gewechselt hat. Von meinem ursprünglichen Investmentcase weicht das nun als realistisch anzunehmende Szenario zunehmend ab und die Erläuterungen des Vorstands vermitteln mir nicht Eindruck, dass sich daran in absehbarer Zeit etwas ändern wird. Bei Technotrans hängt immer mehr daran, dass man sich durch Übernahmen stark verbessern kann, und da blieb man zuletzt das Liefern schuldig.

In Summe führt das dazu, dass ich bei Technotrans keine überdurchschnittliche Performance mehr erwarte, weder operativ noch beim Kurs. Und deshalb streiche ich Technotrans von meiner Beobachtungsliste. Nach zwei Jahren und drei Monaten verbleiben inkl. Dividenden 39% Rendite oder 15% durchschnittliche Jahresrendite. Damit hat sich das Investment sehr positiv ausgezahlt, auch wenn der Aktienkurs vor anderthalb Jahren mit Werten an die 50 Euro schon mal erheblich höher notierte.

3 Kommentare:

  1. Besten Dank für die Erläuterung! Die begründete Euphorie zu Technotrans hat ja schon seit einiger Zeit nachgelassen. Denke es ist (wie so oft) die Gretchenfrage, ob die fundamental negative Entwicklung (CEO-Wechsel, ausbleibende Übernahmen, Konjunkturabschwächung) nun schon hinreichend eingepreist ist und noch genug positives Überraschungspotential im Unternehmen schlummert. Fakt ist, dass TTR für alle, die nach März 2017 eingestiegen sind und bisher nicht verkauft haben, ein Verlustgeschäft war, d.h. ein guter Ausstiegszeitpunkt wurde für diese Leute verpasst. Was nicht heißt, dass es nicht noch schlechter werden kann.

    An Aufwärtspotential sehe ich weiterhin die E-Mobilität. Denn die Investitionen der Autobauer werden in den nächsten Jahren viel stärker erhöht, als man noch vor einigen Monaten vermuten konnte. Daher sehe ich in diesem Punkt nicht, dass sich etwas eingetrübt hätte.

    Dazu kommt die Aufstockung durch einen niederländischen Investor (Teslin Capital Management BV), die inzwischen 10% an TTR halten und weiter aufstocken wollen, was den Kurs stützt. Zudem wollen sie sich nach eigener Aussage aktiv an der Unternehmensentwicklung beteiligen, insbesondere Einfluss auf die Besetzung von Führungspositionen nehmen, was Hoffnung macht, dass endlich wieder ein geeigneter CEO gefunden werden könnte:

    https://www.dgap.de/dgap/News/pvr/technotrans-veroeffentlichung-gemaess-abs-wphg-mit-dem-ziel-der-europaweiten-verbreitung/?newsID=1119593

    https://www.technotrans.de/fileadmin/user_upload/tt_2016/IR/Stimmrechtsmitteilungen/20180123_Teslin_Ergaenzende_Erlaeuterungen_DE.pdf

    Es gibt also auch positives Überraschungspotential.

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    1. "positives Überraschungspotenzial bei Technotrans"... Ja, könnte sein. Aber es ist eben nicht absehbar. Die bisherigen Annahmen und Pläne scheinen sich zumindest vorübergehend nicht umsetzen zu lassen bzw. die Entwicklung Tempo rauszunehmen. Und genau das ist ja der Grund, weshalb ich Technotrans von der Watchlist gestrichen habe. Wenn das Unternehmen für mich wieder visibler, greifbarer wird, dann kann ich mir gut vorstellen, hier auch wieder einzusteigen. Momentan hätte das aus meiner Sicht aber mit Hoffnung zu tun als mit Erwartung. Und das ist mir zu wenig für einen Investmentcase.

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  2. ...habe diesen Artikel auf meiner Webseite verlinkt... generell... halte diesen Blog für einen der besten deutschsprachigen zum Thema Einzelaktien.

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