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Sonntag, 9. Juni 2019

Blue Cap-HV (fast) ohne Showdown aber mit Überraschungen und neuen Erkenntnissen

Bei der Münchner Beteiligungsgesellschaft Blue Cap fand kürzlich die Hauptversammlung statt und im Vordergrund stand nicht der Geschäftserfolg des Vorjahres, sondern vor allem war mit Spannung erwartet worden, wie sich der neue Großaktionär PartnerFonds verhalten würde, nachdem es im vergangenen halben Jahr ja zu harten Auseinandersetzungen gekommen war. Und auch, welchen Einfluss PartnerFonds neue Großaktionäre ausüben könnten. Und würden...

Vorab möchte ich feststellen, dass ich nicht persönlich an der Hauptversammlung teilgenommen habe. Allerdings liegen mir inzwischen mehrere Berichte über den Verlauf vor und die widersprechen sich kaum was die Vorgänge angeht, jedoch kommen die Berichterstatter zu teilweise konträren Einschätzungen. Auf Basis dieser "gesicherten Faktenlage aus erster Hand" rücke ich die Vorgänge und HV-Ergebnisse in mein Bild der Dinge ein und adjustiere meinen Investmentcase zur Blue Cap AG.

Ausgangslage


Blue Cap-CEO und Großaktionär Dr. Hannspeter Schubert hatte im letzten Jahr 44% seines Aktienpakets an die PartnerFonds AG verkauft und stieg dort mit rund 4% als neuer größter Einzelaktionär ein. Ziel beider Seiten war ein einvernehmliches Zusammengehen beider Unternehmen unter dem Dach der Blue Cap AG, wodurch am Ende die PartnerFonds AG über börsengehandelte Aktien verfügen sollte, um deren großteils ausstiegswilligen Altaktionären einen marktgerechten Verkauf zu ermöglichen.

Nun, es kam alles anders, denn PartnerFonds hat wohl versucht, eigene Beteiligungen zu unangemessen hohen Preisen in die Blue Cap AG zu drücken, um auf diese Weise an deren Cash-Polster zu gelangen und selbst schnelle Gewinne aus den erst selbst kurz zuvor erworbenen Beteiligungen ausweisen zu können. Ein Vorgehen eines Vorstands, der massiv unter Druck steht und händeringend Erfolgsmeldungen braucht. Und PartnerFonds-Chef Oliver Kolbe steht massiv unter Druck, da sein vorheriger Arbeitgeber, die mic AG, ihn gefeuert hatte und gegen ihn und weitere Organmitglieder straf- und zivilrechtlich vorgeht.

Der Krawall kam, wenig erstaunlich, an der Börse überhaupt nicht gut an und die Aktien von Blue Cap stürzten massiv ab. So sehr, dass sie sogar deutlich unter dem Einstiegskurs der PartnerFonds AG notierten, so dass auch dieser Zukauf für Oliver Kolbe nicht (mehr) nach einem Erfolg aussah. Es folgte eine öffentlich ausgetragene Schlammschlacht mit dem Versuch, CEO Dr. Schubert abzusetzen, in dem PartnerFonds auf einer außerordentlichen Hauptversammlung der Blue Cap-Aufsichtsrat abwählen und durch eigene Kandidaten ersetzen wollte. Dem wurde gerichtlich in dieser Form nicht stattgegeben, so dass sich alles auf den regulären Hauptversammlungstermin im Juni zuspitzte. Bis...

Ja, bis auf einmal die schweizerische Beteiligungsgesellschaft bei PartnerFonds groß einstieg und sich mit einem Übernahmeangebot an die Altaktionäre wandte. Und 18,34% der Anteile zu 1,50 Euro einsammeln konnte. Zusammen mit Dr. Schubert, der inzwischen rund 8% der PF-Aktien hielt, saß damit dem Aufsichtsrat und dem Vorstand der PartnerFonds AG zwei mächtige Großaktionäre im Nacken, die beide wenig erbaut waren über den Kamikazekurs bei der Blue Cap AG, der wichtigsten Beteiligung der PartnerFonds. In der Folgezeit übte Evoco einen entspannenden Einfluss auf alle Beteiligten aus und PartnerFonds und Blue Cap verständigten sich im Vorfeld der Blue Cap-HV auf ein gemeinsam abgestimmtes Verhalten bzgl. Besetzung des Aufsichtsrates und Neuaufstellung des Vorstands bis zum Jahresende.

Die Hauptversammlung

Die Motivation Dr. Schuberts für den Verkauf seiner Anteile und das Einstiegen bei PartnerFonds war nach seiner Aussage eine geordnete Nachfolgeregelung bei der Blue Cap.

Die Vorstandssuche ohne Hektik nach "normalem" Muster, also einem geordneten Personalauswahlverfahren entsprechend der Corporate Governance-Richtlinien. Kenne das aus meiner Tätigkeit als Aufsichtsratsvorsitzender ja selbst und kann dem viel abgewinnen. Das wird der neu gewählte vierköpfige Aufsichtsrat umgehend angehen. Die Suche nach den drei Vorstandskandidaten dürfte sich bis dem entsprechend bis Ende 2019 hinziehen, aber (mindestens) so lange ist Dr. Schubert als CEO ja noch an Bord. Wie es darüber hinaus mit ihm und Blue Cap weitergeht, bleibt abzuwarten. Hier sind viele Möglichkeiten denkbar und alles offen. Er könnte z.B. als Berater für die BC tätig sein, oder mittelfristig in deren AR einziehen. Oder er konzentriert sich auf seine Rolle bei PartnerFonds und strebt dort einen AR-Posten an.

Oliver Kolbe und Vertreter von Evoco sollen sich gut miteinander verstanden haben, während die Stimmungslage zu Dr. Schubert eher weniger entspannt war.

 Blue Cap (Quelle: wallstreet-online.de)
Der neu zusammengesetzte Aufsichtsrat, der jetzt aus vier Mitgliedern besteht, ist vor allem den Interessen der Blue Cap AG und all ihrer Aktionäre verpflichtet, auch wenn er die Interessen des Großaktionärs PartnerFonds natürlich ebenso im Blick behalten wird. Der neu gewählte Aufsichtsrat Prof. Dr. Grenz stellte hierzu ergänzend fest, dass er erst einmal für ein Jahr gewählt sei und danach die Entscheidung anstehe, ob er weitermache - sowohl seinerseits als auch seitens der Aktionäre der Blue Cap. Dass nach der erfolgten Satzungsänderung künftig nur noch die einfache Mehrheit auf der Hauptversammlung zur Besetzung freier Aufsichtsratsposten gelten soll anstelle der bisherigen Zweidrittelmehrheit, sehe ich nicht als Aufreger an und für die übrigen Blue Cap-Aktionäre auch nicht als ungerechtfertigte Benachteiligung oder als größeres Risiko.

Erklärtes Ziel des neuen Großaktionärs ist, den Wert von Blue Cap zu steigern. Ausdrücklich ausgeschlossen wurden die Optionen einer Verschmelzung zwischen PartnerFonds und Blue Cap und/oder das verschieben von Beteiligungen zwischen den beiden. Neue Investments werden jeweils getrennt voneinander und nach den bewährten Kriterien ausgesucht.

Zum aktuellen Geschäftsverlauf äußerte sich Dr. Schubert auch noch. Man spüre bei einigen Töchtern eine Verlangsamung des Geschäftsverlaufs, aber im ersten Quartal hätte man merklich über Plan gelegen, so dass aus heutiger Sicht kein Zweifel daran besteht, dass man die Jahresprognosen einhalten wird.

Bei der Dividende kam es zu einer (kleinen) Überraschung. Der Blue Cap-Vorstand hatte ja eine Dividende von 0,25 Euro je Aktie vorgeschlagen, nachdem im Vorjahr 1 Euro ausgekehrt worden war. Dies war damals dem großen Gewinnbeitrag aus dem Biolink-Verkauf geschuldet. Dr. Schubert hatte mit der erstmaligen Dividendenzahlung den "Einstieg in eine nachhaltige Dividendenpolitik" angekündigt, so dass die 0,25 Euro von einigen schon als Enttäuschung angesehen wurden. PartnerFonds stellte auf der HV einen abweichenden Antrag und drückte den auch durch, so dass die Ausschüttung für das Geschäftsjahr 2018 nun 0,75 Euro beträgt bzw. 2,985 Mio Euro. Nach Aussage von Dr. Schubert gibt der Geschäftsverlauf und die Liquiditätslage der Blue Cap eine solche Dividende her; allerdings würde das Geld dann entsprechend nicht für Zukäufe zur Verfügung stehen.

Meine Einschätzung

Dass PartnerFonds bei einem Anteil von 44% bei der HV die Mehrheit den anwesenden Stimmen haben würde, war abzusehen. Insofern war interessanter, wie sie diese Mehrheit (aus)nutzen würden.

Ebenso wenig überrascht mich, dass sich PF-Großaktionär Evoco und PF-CEO Oliver Kolbe um "gute Stimmung" bemühen. Denn Evoco ist zwar mit 18,34% größter Aktionär bei PartnerFonds, aber mehr auch (noch) nicht. Die Hauptversammlung der PartnerFonds AG hat noch nicht stattgefunden und daher sind dort noch die alten Aufsichtsräte im Amt. Ob es hier Veränderungen geben wird, ist momentan nicht abschätzbar. Klar ist jedoch, dass der Aufsichtsrat (und niemand sonst!) den Vorstand bestellt und entlässt. Insofern haben bei PartnerFonds weder Dr. Schubert noch Evoco als Großaktionäre das Sagen, auch nicht gemeinsam. Und deshalb sucht da momentan auch niemand einen Konflikt, weil er - aktuell - nicht entschieden werden könnte.

Oliver Kolbe hält sich bzgl. Blue Cap jetzt zurück, weil er es sich mit seinen eigenen Großaktionären nicht völlig verscherzen will. Denn irgendwann steht der PartnerFonds-Aufsichtsrat zur Wahl. Und spätestens ab dann dürfte Kolbes Stuhl kräftig wackeln. Sofern er nicht wegen der Klagen der mic AG bei entsprechenden Verurteilungen vorzeitig abberufen werden kann oder gar muss.

Fest steht für mich nun allerdings, dass Oliver Kolbe auf keinen Fall Vorstandsmitglied oder gar Vorsitzender des Blue Cap-Vorstands wird. Und auch ein späteres Einrücken in den Aufsichtsrat halte ich für ausgeschlossen.

Die erhöhte Dividende halte ich für einen Fehler aus Sicht eines Blue Cap-Aktionärs. Andererseits hatte Dr. Schubert zuletzt erklärt, er würde ggf. sogar eine Kapitalerhöhung anstreben, um ein größeres Target übernehmen zu können. Tja, PartnerFonds ist nicht gerade auf Cash gebettet. Das heißt, dass man evtl. bei einer Kapitalerhöhung von Blue Cap nicht hätte mitziehen können und dann wäre ihr 44%-Anteil verwässert worden. Was sie wohl kaum wollen. Möglicherweise ist das der wahre Hintergrund für den Erhöhungsantrag bzgl. der Dividende. Aus Sicht der PartnerFonds AG ist die Blue Cap nur eine von mehreren Beteiligungen und muss Ergebnisse abliefern. Während sich ein möglicherweise positiv entwickelnder Aktienkurs durchaus "nett" ist, hat der Dividendenzustrom natürlich in der PF-Bilanz konkrete Auswirkungen, was sowohl deren Vorstand zugute kommt, als auch (indirekt) deren Großaktionär Evoco. Auch die müssen ihr Investment in die PartnerFonds AG ja vor ihren eigenen Anteilseignern rechtfertigen. Insofern ist aus der Gesamtschau heraus die Dividendenzahlung angemessen und für Blue Cap auch kein Beinbruch. Obwohl ich natürlich eine erheblich bessere Kapitalverwendung darin gesehen hätte, dass Dr. Schubert die nächsten lukrativen Deals an Land zieht - und das am besten ohne Kapitalerhöhung.

Für mich sind die Vorgänge auf der Hauptversammlung keine große Überraschung und sie stützen meine bisherige Einschätzung und meinen Investmentcase. Die Entspannung zwischen PartnerFonds und Blue Cap bietet (neue) Chancen und jetzt sind einige der größten Risikofaktoren weggefallen: Oliver Kolbe wird nicht Vorstand der Blue Cap AG und es wird kein "Reindrücken" von unattraktiv bewerteten PartnerFonds-Töchtern in die Blue Cap AG geben. Der neue Aufsichtsrat hat zwar auch die Interessen des neuen Großaktionärs im Auge, fühlt sich jedoch erklärtermaßen allen Blue Cap-Aktionären verpflichtet.

Ich habe daher, abgesehen von der Dividendenerhöhung nichts bzw. nicht viel auszusetzen an den HV-Beschlüssen und denke, dass Blue Cap einen weiteren Schritt Richtung "ruhigeres Fahrwasser" getan hat und man sich wieder stärker auf das operative Business konzentrieren kann.

In nächster Zeit stehen allerdings weitere interessante Ereignisse an:


  • die Hauptversammlung bei der PartnerFonds AG an, wo Oliver Kolbe im Scheinwerferlicht stehen wird
  • der Fortlauf und Ausgang der Gerichtsverfahren seitens der mic AG gegen Oliver Kolbe,
  • das Festzurren weiterer Zukäufe aus der Deal-Pipeline von Blue Cap,
  • und die Neubesetzung des auf bis zu drei Mitgliedern erweiterten Vorstands der Blue Cap AG.


Alles in allem haben sich die Risiken merklich reduziert, während die Chancen sich zunehmend aufhellen. Nachdem es zu keinem gesellschaftsrechtlichen Zusammengehen zwischen Blue Cap und der PartnerFonds AG kommen wird, besteht das Hauptinteresse des Großaktionärs PartnerFonds an attraktiven Dividendenausschüttungen und Kurssteigerungen der Blue Cap-Aktie. Beides hat seine Grundlage in einem erfolgreichen Geschäftsverlauf und daher sind die Interessen der Aktionäre nun wieder auf einer Wellenlänge. Umso unverständlicher, dass der Aktienkurs mit 18,50 Euro noch immer deutlich unterhalb des NAV von knapp 29 Euro notiert (nach Ausschüttung der Dividende von 0,75 Euro je Aktie). Das Aufholpotenzial des Kurses zum NAV beträgt fast 60% und die Aussicht auf zusätzliche Steigerungen des NAV aufgrund weiterer Fortschritte bei den großen Töchtern Neschen und Knaur Uniplast sowie den in Aussicht stehenden lukrativen Zukäufe stellen aus meiner Sicht ein (wieder) sehr attraktives Chance-Risiko-Verhältnis dar.


Disclaimer
Ich habe Blue Cap auf meiner Beobachtungsliste und in meinem Depot.

2 Kommentare:

  1. Nach 14:00 Uhr nahm der Vorstand, der zum Ende des Jahres seinen Posten räumt, in der Hauptversammlung zu den Fragen der Aktionäre Stellung. Zu seinem Verhältnis zur Blue Cap AG nach dem 31.12.2019 sagte der amtierende Vorstand Dr. H.-P. Schubert "ob ich gebraucht oder gewünscht werde, werden wir dann sehen".

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    1. Genau richtig. Dr. Schubert steht bei Bedarf zur Verfügung. Er drängt sich aber auch nicht auf - letztlich ist es Sache des neuen Vorstands, inwieweit (und ob überhaupt) er auf Dr. Schuberts Expertsie noch zurückgreifen möchte. Ich halte es im Hinblick auf die Vorstandssuche für wichtig, dass man potenzielle Kandidaten nicht vorab schon dadurch verprellt, dass man signalisiert, sie würden nur Marionetten des bisherigen Machers sein. Dann findet man auch keinen "Dr. Schubert 2.0". Und den möchten wir ja alle für die Blue Cap AG - auch Dr. Schubert selbst, denn er will/wollte ja seine eigene Nachfolge regeln. Das ist jetzt noch immer möglich und insofern werte ich seine Aussagen und die Aufsichtsrats als die beste aller Möglichkeiten aus Sicht eines Blue Cap-Aktionärs.

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