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Dienstag, 29. Oktober 2019

Alphabet: Immer noch eine aussichtsreiche Wette oder doch eher eine Niete?

Die Google-Mutter Alphabet hat Quartalszahlen vorgelegt und die sind durchwachsen. Auf der einen Seite konnte man beim Umsatz unerwartet stark zulegen, auf der anderen Seite enttäuschte man beim Ergebnis. Der Kurs war im Vorfeld der Zahlen um gut 2% angestiegen und gab diese Gewinne nach der Zahlenvorlage wieder komplett ab. Im Grunde notiert er auf dem Niveau zum Wochenstart und diese Unentschlossenheit spiegelt die Einschätzung der Anleger zum Unternehmen gut wider.

Auch ich bin ja schon länger bei Alphabet an Bord und habe mir daher so meine Gedanken gemacht, ob das für mich (noch) das richtige Investment ist...


Die Quartalszahlen

Alphabet steigerte seinen Umsatz im Jahresvergleich um 20% auf $40,5 Mrd., während der Gewinn um 23% auf $7,1 Mrd. einbrach. Dabei ist eine Strafzahlung zu berücksichtigen, die Alphabet an Frankreich zahlen musste; in einem Steuerstreit beglich man $554 Mio., um das Verfahren zu beenden, sowie weitere $510 Mio. an Steuernachzahlungen. Darüber hinaus gab es einen weiteren Einmaleffekt, denn es mussten knapp $1,48 Mrd. abgeschrieben werden auf "Equity Investments", also Wertpapiere. Diese müssen neuerdings zum aktuellen Marktwert bewertet werden und diese Veränderung fließt in die GuV ein. Was die gewinne relativ willkürlich schwanken lässt, so dass auch Warren Buffett diese neue Bilanzierungspraxis für ziemlich dämlich hält. Im entsprechenden Vorjahresquartal  gab es übrigens einen Gewinnbeitrag von $1,35 Mrd. aus der Equity-Bewertung...

Der Operative Cashflow lag bei $15,5 Mrd. ggü. $13,2 Mrd. vor einem Jahr und der Freie Cashflow betrug $8,7 Mrd., so dass der Bestand an Cash und marktgängigen Wertpapieren Ende September $121 Mrd. betrug.

Das Suchmaschinengeschäft (Google) ist weiterhin die Cashcow und verdient die Brötchen. Hier stieg der Umsatz um 17% auf knapp $34 Mrd. Die "Anderen Dienste", zu denen u.a. die Netzwerklautsprecher Google Home und die Pixel-Smartphones gehören, steigerten den Umsatz sogar um 38% auf $6,4 Mrd.

Geldvernichter sind dagegen weiterhin die "Other Bets", zu denen u.a. die Roboterwagen-Firma Waymo, das Lieferdrohnen-Projekt Wing oder auch die Smart Home-Angebote von Nest gehören.  Diese erzielten kumuliert Umsätze von $155 Mio nach $146 Mio. im Vergleichszeitraum des Vorjahres, aber im Gegenzug weitete sich der operative Verlust um 29% von $727 Mio. auf $941 Mio. aus.

Da stellt sich schon die Frage, ob Alphabet (noch) auf dem richtigen Weg ist, oder ob sich das Unternehmen nicht lieber auf sein Kerngeschäft fokussieren und die sonstigen Aktivitäten möglichst gewinnbringend verkaufen sollte.


Google gehen den Rest der We...tten?

Alphabet ist ja heute mehr als die Suchmaschine Google und als Unternehmen inzwischen eher eine klassische Beteiligungsgesellschaft bzw. ein Konglomerat. Google ist eine Cashcow und das wird auch noch einige Zeit bleiben, auch wenn man hier zunehmend unter Druck kommt.

Alphabet ist nicht nur weitgehend schuldenfrei, sondern hortet enorme Barreserven. Die üppigen Cashflows füttern diese Cash-Reserven weiter an, da sie nicht für Dividenden und nur marginal für Aktienrückkäufe aufgewendet werden; der Cashflow sondern subventionieren die anderen Bereiche, vor allem die Other Bets (wofür allerdings ein Bruchteil des Cashflows ausreicht!). Hier ist Alphabet wie ein Startup zu sehen oder eher noch als Startup-Inkubator. Mit dem Unterschied, dass man sich noch von extern Venture Capital holen muss, sondern dies aus der Innenfinanzierung bekommt - von Google. Klar ist, dass einige, möglicherweise sogar viele dieser Other Bets ("Andere Wetten") sich nicht auszahlen werden, wie bei allen Startups. Doch die Wahrscheinlichkeit ist nicht gering, dass ein, zwei oder drei dieser Ideen sich zu echten Perlen entwickeln und dann dort eine enorme Wertschöpfung eintritt, wie vormals bei Google selbst. Der Unterschied zu "klassischen" Startups ist dann allerdings, dass Alphabet die Früchte vollständig abgreift und nicht die wie üblich die Peter Thiels, Oliver Samwers, Kinneviks dieser Welt. Das macht Alphabet zu etwas Besonderem.

Alphabet [A] (Quelle: wallstreet-online.de)
Als Aktionär fände ich es dennoch interessant(er), wenn Alphabet die eine oder andere seiner Other Bets (zB Waymo, Nest,) oder YouTube an die Börse bringen würde. 10% oder 20% der Anteile würden ja ausreichen, aber dann würde hier eine zusätzliche Wahrnehmung geschaffen und der Wert der Beteiligungen im Portfolio besser sichtbar. Was dem Aktienkurs von Alphabet helfen würde. Ein Paradebeispiel, wie diese Art zu enormen Wertschöpfungen führen kann, ist die Beteiligungsgesellschaft IAV InterActiveCorp., die genau diesen Weg seit Jahrzehnten erfolgreich vormacht: die Gründung von Startups und deren Ausbau hin zu Marktdominanz mit anschließendem Börsenlisting eines kleines Aktienanteils, bevor man irgendwann die Aktien als Spin-offs den Aktionären komplett übergibt. Expedia ist eine dieser Erfolgsgeschichten, die Match Group (Match, Tinder) ist/wird die nächste.

Andererseits möchte man diesen Schritt wohl (noch) vermeiden, weil man dann natürlich auch ganz anders und detaillierter über die Geschäftserfolge und -ergebnisse der dann börsennotierten Unternehmen berichten müsste. Was bei Startups ja zu heftigen Schwankungen und auch unliebsamen Meinungsumschwüngen führen kann, wie hierzulande bei diversen Rocket Internet-Beteiligungen zu sehen ist (Zalando, Home24, HelloFresh, DeliveryHero, Westwing, GlobalFashionGroup).

Als Kurs hemmende Einflussfaktoren wirken natürlich auch die Kartelluntersuchungen gegen Google und die mehrfach verhängten Milliardenstrafen der EU-Kommission, sowie die Überlegungen, eine allgemeine Internetsteuer einzuführen. Ich würde allerdings von keiner dieser Faktoren meine Investitionsentscheidung abhängig machen wollen, denn Alphabet ist einerseits nicht das einzige Unternehmen, gegen das Regierungen vorgehen aufgrund von Befürchtungen über deren Marktdominanz, und auf der anderen Seite zeigen die großen global agierenden Technologiekonzerne immer wieder, wie anpassungsfähig sie mit neuen Regularien und Gesetzen umgehen können, um deren negative Einflüsse zu begrenzen. An diesem Hase-und-Igel-Spiel wird sich nichts ändern und es ist kaum anzunehmen, dass sich die Staaten hier mit ihrer Inflexibilität und ihren langwierigen Abstimmungsprozessen wirklich in eine bestimmende Position bringen können - die sie alle gleich vertreten. Von daher würde ich immer darauf setzen, dass sich die Unternehmen erfolgreich anpassen können - und zwar viel schneller, als neue internationale Vereinbarungen und Gesetze aus dem Boden gestampft werden können.


Meine Einschätzung

Alphabet hat aus meiner Sicht ein florierendes Kerngeschäft mit weiteren Möglichkeiten (YouTube, Stadia) und darüber hinaus ein mittel- und langfristig interessantes Startup-Portfolio (Nest, Waymo, Loon), in dem eine Reihe möglicher Einhörner schlummern mit viel Potenzial. Im Cloud-Business holt man zu den Platzhirschen auf und ist inzwischen an IBM vorbei auf den dritten Rang vorgerückt. Der Abstand zu Marktführer Amazon (AWS) und deren größten Herausforderer Microsoft (Azure) ist allerdings riesig und deren Margen kann die Google Cloud nicht mal annähernd erzielen - hier wird dem Wachstum ganz klar der Vorzug gegeben vor Gewinnen.

Alphabet sollte daher mittel- und langfristig großes Potenzial besitzen, zumal wenn sich die Abhängigkeit von Google weiter reduziert und die übrigen Geschäftsbereiche und vielleicht sogar mal die eine oder andere "Other Bet" Gewinne einfahren bzw. ihre Gewinne in signifikanten Größenordnungen hinein steigern. Ich schätze Alphabet somit nicht als spekulativen Hot Stock mit Aussicht auf schnelle Kursgewinne ein, sondern vielmehr als ein Basisinvestment im Technologiesektor. Steigende Cashflows, hohe Gewinne, enorme Cash-Reserven und aussichtsreiche Perspektiven abseits des Kerngeschäfts (Google), das einen breiten ökonomischen Burggraben aufweist, machen Alphabet im Kerngeschäft zu einem Quality Investment, während man ansonsten eine Beteiligungsgesellschaft mit Startup-Arm ist. Finde ich spannend und daher bin und bleibe ich an Bord.

Disclaimer
Alphabet, Amazon, IAC InterActiveCorp, Match Group, Microsoft befinden sich auf meiner Beobachtungsliste und in meinem Depot.


Ergänzung vom 1.1.2019 um 14:15

Google kauft Fitbit für $2,1 Mrd.

Soeben läuft die Meldung über die Ticker, dass Google den Anbieter von Fitnesstrackern Fitbit für $7,35 je Aktie übernehmen will. Das bewertet Fitbit mit rund $2,1 Mrd. und die Übernahme soll in 2020 abgeschlossen werden, wozu noch behördliche Genehmigungen einzuholen sind.

Meine Einschätzung ist, dass Google hiermit versucht, gegen Apple zu punkten, die mit der Apple Watch absoluter Marktführer sind bei Wearables. Google zielt sowohl auf die Gesundheitsdaten der Nutzer, mit denen es an anderer Stelle Profit machen kann, als auch auf Wearables als Zugang zu Apps - mit der Hardware selbst wird man kaum Geld erzielen können, anders als Apple.

10 Kommentare:

  1. Stadia vergessen? Das wird evtl. eine Cashcow! Bin ganz neugierig wie das wird! Dabei Zocke ich nicht mal mehr!

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    1. Ja, Stadia kann auch noch etwas Großes und Gewinnbringendes werden, da haste Recht.

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  2. Wie sagte Buffet so schön? "Eine Aktie, die man nicht 10 Jahre zu halten bereit ist, darf man auch nicht 10 Minuten besitzen."
    Ich denke Alphabet ist dafür gut geeignet. Page und der Rest der Führungsbande wird den Laden nicht gegen die Wand fahren und die Branche in der sich Alphabet bewegt ist definitiv zukunftsfähig. Die "Other Bets" müssen noch mehr abwerfen oder wie du sagtest, gewinnbringend verkauft werden. Aber ich denke das wird Alphabet gelingen. Alphabet ist meiner Meinung nach ein starker Titel und wird es auch weiterhin bleiben.

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  3. Mal eine ganz andere Frage: Wer von den Leser*innen hier glaubt eigentlich, dass sich Lieferdrohnen durchsetzen werden? Oder offener gefragt: Wer will das? Man gebe bei Google ;-) einfach mal ein und plötzlich ist die schöne neue Welt gar nicht mehr so ansprechend. Und: Vom Straßenverkehr kann man sich zurückziehen, aber wenn es irgendwann keinen Ort mehr gibt, an den sich nicht der Nachbar jederzeit etwas liefern lässt, wird die Welt sicher kein besserer Ort.

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    1. Fände ich ehrlich gesagt genial! Lieferungen wären jederzeit möglich, ohne dass jemand zu Hause sein muss. Ich stelle mir da sowas wie ein "Balkon-Drohnen-Landeplatz" mit Verifizierung vor :D

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  4. ... man gebe einfach mal "Marcel Hirscher Drohne" ein...

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  5. Hallo Michael,
    erstmal wieder vielen Dank für deinen guten Artikel. Ich stimme dir zu, dass Alphabet ein Top-Unternehmen ist. Aber egal wie gut eine Firma ist, sollte sie nicht zu jedem Kurs gekauft werden. Hast du einen (fairen) Wert für Alphabet für dich bestimmt?

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    1. Das ist schwierig, weil man zwar das Google-Business mittels Discounted-Cashflow Methode bewerten könnte, aber eben den Rest des Unternehmens nicht. Wie gesagt, das hat Startup-Charakter und insgesamt sollte man Alphabet daher als Beteiligungsgesellschaft betrachten. Aber auch bei der dann üblichen NAV-Betrachtung stößt man schnell an die Grenzen, weil die ganzen einzelnen "Other Bets" kaum seriös bewerten kann, ohne hier wirklich tief in der Materie drin zu stecken. Und da sprechen wir ja nicht von Maschinenbau oder Energiewirtschaft, sondern von autonomen Fahren, Internetzugang via Ballons oder Satelliten oder dem vernetzten Zuhause. Schwer greifbar, weil man weder Cashflows noch Umsätze usw. als Daten zur Verfügung hat.

      Insofern wäre jeder "faire Wert" und/oder jedes Kursziel eher gewürfelt und daher nicht viel wert. Die entscheidende Frage ist also aus meiner Sicht, ob ich das Unternehmen mit seinem starken und wachsenden Kernbusiness (Google), das große Potenzial von YouTube und all die anderen Other Bets heute im Depot haben möchte, wenn ich die nächsten 5 oder 10 Jahre die Aktien nicht verkaufen könnte, und ob ich glaube, dass dieses Konglomerat in dieser Zeit seinen Wert steigern wird. Und darauf lautet meine Antwort eindeutig ja.

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    2. Danke für deine Antwort. Ich sehe es genauso, dass die "Startups" schwer zu bewerten ist, weshalb ich ihnen lieber einen Wert von 0 Euro geben würde also deren Wert zu hoch zu schätzen. Das Alphabet seinen Wert in den nächsten 10 Jahren steigern kann, glaube ich ebenfalls. Aber nehmen wir an, dass der Wert von Alphabet für die nächsten 10 Jahre um jährlich 10 % wächst (bei der Größe ist das sehr gut). Nun macht es einen gewaltigen Unterschied, ob der Kurs aktuell z. B. um ein Drittel zu niedrig, genau richtig oder um ein Drittel über dem Wert ist. Im ersten Fall wäre die Rendite auf 10 Jahre 294 %, im 2. Fall 160 % und im 3. Fall 95 % (vorausgesetzt in 10 Jahren ist die Aktie fair bewertet). Allein die Überzeugung das ein Unternehmen 10 Jahre wächst, reicht mir nicht aus.

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  6. Google kauft Fitbit für $2,1 Mrd.
    Soeben läuft die Meldung über die Ticker, dass Google den Anbieter von Fitnesstrackern Fitbit für $7,35 je Aktie übernehmen will. Das bewertet Fitbit mit rund $2,1 Mrd. und die Übernahme soll in 2020 abgeschlossen werden, wozu noch behördliche Genehmigungen einzuholen sind.

    Meine Einschätzung ist, dass Google hiermit versucht, gegen Apple zu punkten, die mit der Apple Watch absoluter Marktführer sind bei Wearables. Google zielt sowohl auf die Gesundheitsdaten der Nutzer, mit denen es an anderer Stelle Profit machen kann, als auch auf Wearables als Zugang zu Apps - mit der Hardware selbst wird man kaum Geld erzielen können, anders als Apple.

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