▶ ÜBERSICHT | THEMENSCHWERPUNKTE

Dienstag, 19. Juli 2022

Kissigs Nebenwerte-Analyse zu Fortec Electronik: Der Hidden Champion reitet ungehemmt die Erfolgswelle

Im Magazin "Der Nebenwerte Investor" von Traderfox finden sich regelmäßig Analysen von mir zu deutschen Nebenwerten. Das Magazin ist kostenpflichtig und wer es oder eines der weiteren von Traderfox bestellen möchte, gelangt ▶ hier zur Übersicht. Für die Leser meines Blogs hat das Ganze auch einen direkten Nutzen: nach Erscheinen des Magazins darf ich eine meiner Analysen dann auch hier veröffentlichen. Vielen Dank dafür an Simon Betschinger, Gründer und Geschäftsführer von Traderfox.

Artikel aus "Der Nebenwerte Investor" Ausgabe 11/2022 vom 15.07.2022

Fortec Electronik: Hidden Champion reitet ungehemmt die Erfolgswelle

Fortec Elektronik wurde 1984 als Handelshaus für Computerchips gegründet und ist inzwischen zu einem führenden Systemlieferanten für Endabnehmer in der High-Tech-Industrie gereift. Das Unternehmen entwickelt, produziert und vermarktet Produkte aus den Bereichen Industrielle Stromversorgung, Displaytechnik und Embedded Computer-Technologie.

Der Chipmangel und die gestörten globalen Lieferketten konnten dem Unternehmen bisher wenig anhaben und auch die gestiegenen Fracht- und Materialkosten konnte Fortec bisher an seine Kunden weitergeben, ohne dadurch Umsatz zu verlieren. Fortec hat längst wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht und auch der Aktienkurs entzieht sich bislang erfolgreich der Börsenkorrektur.

Trotz des Wachstums und der Expansion in angrenzende Geschäftsfelder blieb Fortec seinen Wurzeln treu und ist auch heute noch als zwischengeschalteter Händler von Produkten renommierter Hersteller aktiv. Das Leistungsspektrum umfasst heute neben der reinen Distribution der Produkte deren Modifizierung durch eigene Soft- und Hardwarelösungen ein wachsendes Geschäftsfeld. Der Kompetenzbereich des Unternehmens reicht hierbei über die Entwicklung und Produktion bis hin zur Fertigung von Komplettlösungen für kundenindividuelle Bedürfnisse.

Die Zielkundengruppe bilden dabei Unternehmen in den stark wachsenden Bereichen der Industrieautomation, Telekommunikation, Medizintechnik, Automotive und elektronische Informationsmedien.

Breites Anwendungsspektrum

Die Komponenten von FORTEC haben einen universell einsetzbaren Charakter und befinden sich in einer Vielzahl von alltäglichen Produkten. So entwickelte das Unternehmen etwa Teile des Innenlebens von Bankautomaten, Informationstafeln an Flughäfen oder Kernspintomografen.

Zu dem auf mehr als 2.500 Firmen angewachsenem Kundenkreis gehören beispielsweise Siemens, die Deutsche Bahn und Roche und Fortec erweitert ihn stetig durch strategische Partnerschaften und langfristige Verträge mit Bluechip-Kunden.

Schwerpunkt DACH-Region

Der Kernmarkt des Unternehmens ist die DACH-Region, wo das Unternehmen im Bereich der industriellen Stromversorgung und der Datenvisualisierung zu den Marktführern zählt. Durch erfolgreiche internationale Akquisitionen in den letzten Jahren errang Fortec darüber hinaus eine verbesserte Marktposition seiner internationalen Standorte in Großbritannien und den USA.

Fortec ist über seine diversen Tochtergesellschaften in der DACH-Region und dem angelsächsischen Raum sowie Beteiligungen in den Beneluxstaaten aktiv, die Fortec eine individuelle und lokale Betreuung der Kunden ermöglichen. Die operative Geschäftstätigkeit von Fortec gliedert sich in die zwei wesentlichen Bereiche der Industriellen Stromversorgung und der Datenvisualisierung.

Datenvisualisierung

Mit einem Anteil von etwa 61 % ist dies das dominierende Segment, zu dem sowohl die Displaytechnik als auch die Embedded Computer Technologies gehören. Neben einer mehr als 30-jährigen Erfahrung als Zulieferer von industrieller Hardware und Displays besitzt die Fortec-Gruppe vor allem durch ihre innovative Optical-Bonding Technologie und IoT-Produkte ein umfassendes Angebot zur Ansteuerung von Displays, Entwicklung von Touchlösungen bis hin zur Ausarbeitung von hochwertigen Industriemonitoren. Die Verknüpfung der internen Hard- und Softwarekompetenzen bildet den wesentlichen Wachstumstreiber des Konzernsund eröffnet ein breites Kundenspektrum aus den Industriebereichen Medizintechnik, Mess- und Regeltechnik, Industrieautomation sowie der Logistikbranche.

Industrielle Stromversorgung

Das zweite Segment trägt 39 % zum Umsatz der Fortec-Gruppe bei und zeichnet sich ebenfalls durch eine hohe Produktauswahl sowie die Möglichkeit einer individuellen Produktkonfiguration aus. So können neben modularen Netzteilen auch kundenspezifisch angepasste Einbaunetzteile für Spezialmärkte gefertigt werden. Fortec etablierte sich hier als Fachdistributor für Stromversorgungskomponenten wie Netzteile oder DC/DC-Wandler und adressiert mit seinen Stromkomponenten einen identischen Kundenkreis wie mit dem Segment Datenvisualisierung. So realisiert das Unternehmen Synergien und profitiert von einer kurzen Time-to-Market-Spanne.

Märkte und Umsatz

Rund 58 % des Umsatzes erzielt Fortec in Deutschland, seinem wichtigsten Absatzmarkt. Während das Unternehmen in der DACH-Region einen Marktanteil von ca. 20 % erreicht, eröffnet die internationale Expansion erhebliche Wachstumspotenziale.

Durch die bereits erfolgte Neubesetzung wesentlicher Führungspositionen in ausländischen Gesellschaften sowie die erfolgten Akquisitionen in Großbritannien wird sich der Auslandsanteil künftig weiter erhöhen. Das Unternehmen strebt in den europäischen Zielmärkten einen ähnlich hohen Marktanteil an und will die Umsatzmarke von 100 Mio. Euro erreichen. Die Marktpotenziale in Europa im Bereich der Stromversorgung dürften bei 150 Mio. Euro liegen und im Bereich Displays und Embedded Computer-Technologie bei zusammen rund 350 Mio. Euro.

Starke Quartalszahlen

In seinem 3. Geschäftsquartal 2021/22, für das Mitte Mai Zahlen vorgelegt wurden, erzielte Fortec einen um 14,1 % erhöhten Umsatz von 23,9 Mio. Euro und konnte sein EBIT um deutliche 13,5 % auf 2,3 Mio. Euro steigern.

Wesentlicher Treiber war das Segment Datenvisualisierung, das im Jahresvergleich um 10,2 % wuchs. Hier wirkte sich die wieder erstarkte Nachfrage im Bereich der Industriemonitore positiv aus. So war das Vorjahresquartal von Lockdowns und Geschäftsschließungen geprägt, woraufhin Investitionen zurückgehalten wurden. Durch den höheren Absatz der hochprofitablen Value-Add-Lösungen, vor allem in den USA, konnte das EBIT in diesem Segment im Vorjahresvergleich um 42,9 % auf 1,9 Mio. Euro gesteigert werden bei einer EBIT-Marge 11,8 %.

Das Segment Stromversorgung verzeichnete mit 9,6 Mio. Euro wie erwartet ein geringeres Wachstum und erzielte ein Ergebnis von 0,6 Mio. Euro. Die EBIT-Marge lag bei 6,7 % und ging mit gegenüber dem Vorjahresquartal deutlich um 58,6 % zurück.

Die Fortec-Gruppe insgesamt erzielt eine EBIT-Marge von 9,5 % (Vorjahr: 8,2 %) und damit eine überdurchschnittliche Profitabilität im Branchenvergleich (Median EBIT-Marge: 5,8 %). Angesichts der gestiegenen Kosten für Material (+13,2 %) und Personal (+14,9 %) zeigt sich hier die starke Marktstellung von Fortec und ein nicht unerhebliches Maß an Preissetzungsmacht, durch die auch Sondereffekte, wie gestiegene Produkt- und Frachtkosten, in erheblichem Umfang auch an die Kunden weitergegeben werden konnten.

Erhöhung der Jahresprognosen

Inzwischen liegt auch das 4. Geschäftsquartal hinter dem Unternehmen und die positive Entwicklung setzte sich fort. Ende Juni hob Fortec daher seine Jahresziele an.

Fortec erwartet nun im Geschäftsjahr 2021/2022 einen Konzernerlös von 85 bis 90 Mio. Euro und damit eine Umsatzsteigerung zwischen 9,8 und 16,2 %. Zuvor war eine bis zu 15-prozentige Steigerung erwartet worden. Ein wesentlicher Treiber war weiterhin das USA-Geschäft des Konzerns, das sich nach Unternehmensangaben außerordentlich positiv entwickelt hat.

Weiterhin erhöhte der Vorstand aufgrund des positiven Geschäftsverlaufs die Ergebnisziele auf nun 8,0 bis 8,7 Mio. Euro, nachdem bisher eine Steigerung von bis zu 20 % gegenüber dem Vorjahreswert von 5,3 Mio. Euro anvisiert worden war. Im Mittel könnte das Ergebnis damit um weitere 2 Mio. Euro zugelegt haben; endgültige Zahlen werden nach Vorlage des testierten Jahresabschlusses vorliegen.

Das Management konnte demnach gesteigerte Kosten für die Beschaffung besser als erwartet an Kunden weitergeben, was die Qualität der Produkte und die starke Positionierung von Fortec unterstreicht. Die in diesem sehr herausfordernden Wirtschaftsumfeld demonstrierte Preissetzungsmacht birgt auch Zusatzpotenzial in Bezug auf die Mittelfristprognosen.

Aktionärsstruktur

Das Grundkapital der Fortec Elektronik AG beläuft sich auf 3.250.436 Stückaktien mit einem Nennwert von je 1,00 Euro. Der größte Gesellschafter ist mit derzeit rund 32 % die TRM Beteiligungsgesellschaft. Darüber hinaus hält die Schüchl GmbH etwa 5 % der Aktien. Die restlichen 63 % des Aktienbestandes befinden sich im Streubesitz.

Bullcase vs. Bearcase

Quelle: wallstreet-online.de
Die Schwächephase an den Börsen, die auch die Nebenwerte heftig erwischt, geht am Kurs von Fortec Elektronik weitgehend spurlos vorüber. Anfang Juni schnupperte der Kurs an der 25-Euro-Marke und kam damit dem Allzeithoch von 26,10 Euro aus 2018 bereits sehr nahe, doch der einsetzende breite Abverkauf an den Börsen verhinderte diesen – ersten – Ausbruchsversuch in neue Kursregionen. Der Tiefpunkt in den letzten 5 Jahren hatte während des Coronaeinbruchs bei 13 Euro gelegen, womit beim aktuellen Kurs von 23 Euro die Kursverdopplung in greifbarer Nähe bleibt.

Die negativen Auswirkungen der Corona-Pandemie hat das Unternehmen weitgehend abgeschüttelt. Der Markt in Amerika hat sich schneller erholt, als die branchenweite Schwächung durch die Corona-Pandemie vermuten ließ. Während das Segment Datenvisualisierung von höherer Komplexität des Angebots profitiert und immer mehr zum Lösungsanbieter wird, erhöht der Bereich Stromversorgungen sein Solution-Level durch Design-In-Projekte und mehr Modifikationen. Die Strategie, sich im Wertschöpfungsprozess zum Lösungsanbieter zu entwickeln, geht hervorragend auf.

Die in diesem Jahr massierten Probleme bei den Lieferketten, Preisen und auch die zuletzt wachsenden Konjunktursorgen konnte Fortec insgesamt sehr gut meistern und seine Stärken ausspielen. Zuletzt gibt es von der Preisfront erfreuliche Signale mit teilweise deutlich gesunkenen Kosten für Energieträger wie Öl und Gas, aber auch Industriemetalle wie Kupfer, so dass sich die Furcht vor einem Überdrehen der Notenbanken im Kampf gegen die Inflation und damit ein Abwürgen der Konjunktur reduzieren. Das spielt auch Fortec in die Karten.

Fortec ist kein Börsenneuling; der Börsengang erfolgte bereits 1990. Mit einer Börsenkapitalisierung von knapp 75 Mio. Euro gehört das Unternehmen dennoch zu den eher unbekannten und unentdeckten Perlen im Nebenwertesegment. Das Management geht die Herausforderungen aktiv und erfolgreich an und ergreift neue Geschäftschancen. Zudem stellen sich durch die internationale Expansion zunehmend Erfolge ein. Aussichtsreich…

Die 4 wichtigsten Dinge, die man über Fortec wissen muss

  1. Der heftige Einbruch im Zuge der Coronapandemie konnte inzwischen weitestgehend verarbeitet werden und umsatzseitig wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht werden.
  2. Fortec hat sich vom Handelshaus für Computerchips erfolgreich zu einem führenden Systemlieferanten für Endabnehmer in der High-Tech-Industrie entwickelt.
  3. Mit den Bereichen Industrielle Stromversorgung, Displaytechnik und Embedded Computer-Technologie fokussiert sich Fortec auf zukunftsträchtige Geschäftszweige.
  4. Trotz Lieferengpässen produziert Fortec stabil und kann gestiegene Kosten an die Kunden weitergeben. Starke Marktstellung und Preissetzungsmacht sorgen für weitere Fantasie.

2 Kommentare:

  1. Hi Michael, wieder ein toller Artikel und wieder mit vielen Aspekten beleuchtet.
    Mich würde interessieren was Du aktuell von UeT AG hälst? Dort ist wohl nun Blackstone als Investor eingestiegen?
    Klingt erstmal mega spannend!
    Grüße
    Jens

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Moin Jens,
      Blackstone bzw. seine Gruppierung Blackstone Strategic Partners hat 3, 5 Mio Aktien an UET United Electronic Technology erworben und hält nun 23 % der Anteile. UET ist ja der einzige reinrassige 5G-Technologieanbieter in Deutschland, doch über die genauen Absichten von Blackstone ist noch nichts bekannt. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass man die Beteiligung ohne Hintergedanken eingegangen ist; vielleicht steht eine Rekapitalisierung und weiterer Anteilserwerb an und (dann) ein deutlich forcierter internationaler Rollout. Sollte man im Auge behalten zusätzlich zu den weiteren operativen Ergebnissen, die UET so abliefert. "Spannend" trifft's jedenfalls ziemlich gut...

      Löschen