Business Development Companies haben sich seit ihrer Einführung als wichtiges Bindeglied zwischen privatwirtschaftlicher Mittelvergabe und öffentlichen Kapitalmärkten etabliert. Sie finanzieren kleine und mittelgroße Unternehmen, Buyouts, Wachstumsunternehmen oder restrukturierungsbedürftige Firmen und nutzen dabei meist nachrangige Darlehen, Unitranche- oder Mezzanine-Finanzierungen. Für Anleger sind sie vor allem wegen ihrer regelmäßigen Ausschüttungen interessant, da sie hohe Dividendenrenditen versprechen.
Doch das Umfeld, in dem BDCs agieren, hat sich spürbar verändert. Zwei Faktoren stehen dabei besonders im Vordergrund: das Risiko sinkender Zinsen und die Gefahr steigender Kreditausfälle. Beide wirken nicht isoliert, sondern können sich gegenseitig verstärken. Die Folgen reichen von Abschreibungen auf Kreditportfolios über rückläufige Ergebnisse bis hin zu möglichen Dividendenkürzungen, die das Vertrauen der Investoren erschüttern können. Grund genug, sich die Lage einmal genauer anzusehen...
Das Geschäftsmodell von BDCs basiert im Kern auf Zinseinnahmen, Gebühren und Kapitalgewinnen aus Beteiligungen. Ein Großteil der Portfolios ist in variabel verzinste Kredite investiert, die an Referenzsätze wie SOFR, Euribor oder LIBOR gekoppelt sind. Solange die Zinsen hoch bleiben, profitieren BDCs, weil die Kupons automatisch steigen. Sinkt jedoch das Zinsniveau, gehen auch die Einnahmen zurück. Damit schrumpft die Nettozinsspanne, während fixe Kosten wie Managementgebühren oder Refinanzierungsaufwendungen gleichbleiben.
Der Effekt: das Net Investment Income (NII), die wichtigste Kennzahl für die Ausschüttungsfähigkeit, sinkt. Hinzu kommt, dass in einem Umfeld sinkender Zinsen die Konkurrenz um qualitativ hochwertige Kreditnehmer zunimmt. BDCs stehen dann vor der Wahl, entweder geringere Renditen zu akzeptieren oder in risikoreichere Kredite auszuweichen. Beides kann die Stabilität der Erträge belasten. Zwar verringern sinkende Zinsen die Refinanzierungskosten auf der Passivseite, doch wirken sich diese Effekte meist zeitverzögert aus. In der Praxis reagieren die Einnahmen schneller auf den Zinsrückgang als die Kosten, was kurzfristig Druck auf Cashflows und Ausschüttungen erzeugt.
Parallel zu diesem Zinsänderungsrisiko droht eine Zunahme von Kreditausfällen. Gerade in wirtschaftlich schwächeren Phasen, wenn Nachfrageeinbrüche, steigende Inputkosten oder Liquiditätsengpässe die Unternehmen belasten, geraten die typischen Kreditnehmer von BDCs, nämlich kleinere und mittlere Firmen, unter Druck. Diese Unternehmen haben oft begrenzte Liquiditätsreserven und weniger Zugang zu alternativen Kapitalquellen, was ihre Ausfallwahrscheinlichkeit erhöht. Die KMUs sind oft zu klein, um eigene Anleihen zu emittieren (ab etwa 500 Mio. USD) und zu speziell für Bankenkredite - zumal Banken für Gewerbekredite mit einen vergleichsweise hohen Eigenkapitalanteil unterfüttern müssen, was sie für die Banken unattraktiv weil teuer macht.
Private Credit ist kein systemisches Risiko!
Hier kommen BDCs ins Spiel und in den letzten zwei, drei Jahren ist nicht nur der Anteil von "Private Credit" massiv ausgeweitet worden, also Kredite außerhalb des stark regulierten Bankensystems, sondern viele Finanzinvestoren drängen mit Wucht in den Bereich der BDCs, um von deren Steuervorteilen zu profitieren. In der Folge hat sich der Anteil der nicht börsennotierten BDCs massiv erhöht.
An sich ist das nicht besorgniserregend, denn die im Hintergrund agieren (Alternativen) Asset Manager wie Apollo Global Management, KKR, Blackstone, Ares Management, Goldman Sachs oder BlackRock verstehen ihr Handwerk mindestens so gut wie die Banken. Zudem wurde die Globale Finanzkrise durch die regulierten Banken und ihre unstillbare Habgier ausgelöst und auch die "Kleine Finanzkrise" Anfang 2023 mit der zweit, dritt- und fünfgrößten Bankenpleite der US-Geschichte ging auf mangelhafte Fristenkongruenz und/oder Klumpenrisiken im Bereich gewerblicher Immobilienkredite zurück. Das "Argument", Private Credit sei per se gefährlicher oder gar systemgefährdend, während die regulierten Banken ein Hort der Stabilität seien, ist wenig mehr als ein Pseudoargument - das vor allem von Banken verbreitet wird und insbesondere auch von Jamie Dimon, dem Chef der größten US-Bank JPMorgan Chase. Nachvollziehbar, aber dennoch nicht stichhaltig.
Risiko: (Mangelnder) Branchenmix
Dennoch sind BDCs (nur) mit Vorsicht zu genießen: Kritisch wird es zum Beispiel, wenn BDCs stark in einzelne Branchen konzentriert sind, etwa in den Healthcare- oder Technologiesektor. Gerät eine Branche in Schwierigkeiten, können gleich mehrere Kreditengagements gleichzeitig notleidend werden. Aktuell sollten Anleger hier den Fokus auf das Software-Exposure legen, denn Künstliche Intelligenz wird vor allem den Softwarebereich disruptieren. Das kann dazu führen, dass Softwarefirmen massiv unter Druck geraten und Kunden verlieren. Denn wer nicht in generative KI investieren kann, gerät ins Hintertreffen. Und die nötigen Mittel haben eigentlich nur die großen Player und das sind selten die Kreditnehmer von BDCs.
Risiko: Kreditausfälle
Verschärft wird das Risiko dadurch, dass BDCs oft in nachrangige Strukturen investieren, die zwar hohe Renditen versprechen, im Insolvenzfall aber erst nach vorrangigen Gläubigern bedient werden. Kommt es zu Ausfällen, verlieren BDCs nicht nur die erwarteten Zins- und Tilgungszahlungen, sondern müssen auch zusätzliche Kosten für Restrukturierungen und Workouts tragen. Und dieses Risiko wächst gerade beträchtlich, denn die USA steuern auf eine Rezession zu - oder befinden sich bereits darin, das hängt vom Auge des Betrachters ab. Die offiziellen Daten sehen noch ganz passabel aus, aber der Anteil der Hyperscaler und/oder KI-Investitionen dürfte inzwischen mehr als 1 % des BIP beisteuern; hier wird viel Geld verdient und ausgegeben, während der Rest der Wirtschaft eher vor sich hinsiecht. Doch genau dort liegen die BDC-Kredite!
Insofern erhöhen die BDCs ihre Rückstellungen für Kreditausfälle und verbuchen gleichzeitig bereits erhöhte Kreditausfälle - beide Faktoren belasten die Ergebnisse. Die "offiziellen" Zahlen zu den "Non-Accruals" sind dabei mit Vorsicht zu genießen, denn hier weisen die BDCs nur die aktuell notleidenden Kreditengagements aus, nicht aber solche, welche sich in Restrukturierung befinden. Die tauchen später ggf. wieder als "Normale" Kredite auf, allerdings dann mit einem reduzierten Wert. Und auch das belastet natürlich den NAV (Net Asset Value bzw. Buchwert). Bilanzielle Abschreibungen sind in diesem Zusammenhang unvermeidlich.
(Noch) keine toxische Kombination
Besonders heikel ist die Kombination aus sinkenden Zinsen und steigenden Kreditausfällen. In diesem Stress-Szenario reduzieren sich die Zinseinnahmen bei den BDCs, während die Risikovorsorge steigt und zusätzliche Abschreibungen notwendig werden. Die operative Ertragskraft sinkt damit von zwei Seiten, und die Dividenden geraten unter massiven Druck.
Sind Dividendenkürzungen unvermeidlich?
Dividenden spielen für BDCs jedoch eine zentrale Rolle, da viele Anleger diese Anlageform ausschließlich wegen der hohen laufenden Ausschüttungen wählen. Doch Dividendenausschüttungen sind nur dann nachhaltig, wenn sie aus dem laufenden Net Investment Income finanziert werden - und nicht etwa aus der Substanz!
Sinkende Zinserträge, erhöhte Ausfälle und steigende Rückstellungen reduzieren die verfügbaren Mittel. Hinzu kommt, dass Liquiditätsengpässe durch die Unterstützung notleidender Portfoliounternehmen oder durch erhöhte Schuldendienstzahlungen den Spielraum für Ausschüttungen zusätzlich einengen können.
Werden Dividenden gekürzt, reagieren die Aktienkurse von BDCs erfahrungsgemäß empfindlich. Anleger verlieren Vertrauen, und die Möglichkeit, frisches Kapital über die Börse aufzunehmen, verschlechtert sich. Das kann wiederum einen Teufelskreis auslösen: geringere Dividenden führen zu sinkenden Kursen, die Kapitalbeschaffung erschwert die Unterstützung der Portfoliounternehmen, was weitere Ausfälle provozieren kann.
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, müssen BDCs ihr Risikomanagement konsequent ausbauen. Dazu gehört eine stärkere Diversifikation über Sektoren, Regionen und Instrumente, um Klumpenrisiken zu verringern. Ebenso wichtig ist ein aktives Kreditmanagement, das durch strenge Underwriting-Standards, frühzeitige Überwachung von Kreditnehmern und eine konsequente Restrukturierungspolitik geprägt ist. Auch Zins- und Liquiditätsmanagement spielen eine zentrale Rolle. Der Verschuldungsgrad sollte also genau beobachtet werden; nicht nur der aktuelle Stand, sondern auch die Entwicklung über die letzten Quartale und/oder zwei, drei Jahre. Je niedriger der eigene Verschuldungsgrad der BDC, desto solider steht sie da - und hat ggf. Firepower, um strauchelnde Portfoliounternehmen zu stützen, oder opportunistisch Chancen wahrnehmen zu können, wenn andere die Finanzlöcher stopfen müssen, um nicht abzusaufen.
Manche BDCs nutzen Zinsderivate, um sich gegen abrupte Zinsbewegungen abzusichern, oder halten größere Liquiditätsreserven, um in Stressphasen handlungsfähig zu bleiben. Auf der Dividenden- und Kapitalseite empfiehlt sich ein konservativer Ansatz, bei dem Ausschüttungen stärker an nachhaltigen Erträgen ausgerichtet werden, statt durch Kapitalgewinne oder Neuinvestitionen künstlich hochgehalten zu werden. Transparenz gegenüber Investoren ist dabei unerlässlich, da klare Kommunikation über Portfolioqualität, Rückstellungsansätze und Dividendenaussichten Vertrauen schafft.
Meine Einschätzung
Für Anleger bedeutet das, dass sie BDCs nicht allein nach Höhe der Dividendenrendite bewerten sollten. Wichtiger sind die Qualität der Portfolios, die Managementkompetenz im Umgang mit Kreditausfällen und die Nachhaltigkeit der Dividendendeckung. Kennzahlen wie der Anteil variabler zu fixen Zinsen, das Branchen-Exposure, die Rückstellungsquote oder die Leverage-Ratio sind dabei entscheidende Indikatoren.
Anleger sollten zudem auf die Herkunft der Dividenden achten: stammen sie aus dem laufenden Betriebsergebnis oder werden sie durch Kapitalgewinne oder gar durch neue Schulden und/oder die Ausgabe von Anleihen gestützt? Es gilt, die Warnzeichen nicht zu ignorieren, sondern sie sich genau anzusehen und einzuschätzen, ob sie relevant und vielleicht sogar existenzbedrohend sind. Kapitalerhalt geht vor Renditeerzielung!
Und dennoch: Trotz aller Risiken bleibt das Geschäftsmodell von BDCs langfristig attraktiv, da sie in einem Marktsegment agieren, das traditionell unterversorgt ist. Gerade in Phasen niedriger Zinsen können BDCs, die frühzeitig ihre Portfolios auf Qualitätsunternehmen ausrichten, von einer künftigen wirtschaftlichen Erholung profitieren. Entscheidend wird jedoch sein, wie konsequent sie ihre Risikostrategien umsetzen, wie robust ihre Bilanzstrukturen sind und wie transparent sie mit Investoren kommunizieren. Anleger wiederum sollten realistisch einschätzen, dass hohe Dividenden mit erheblichen Risiken verbunden sind und dass in Stressphasen auch Kürzungen oder temporäre Aussetzungen möglich sind. Wer diese Risiken einpreist und auf die richtigen Qualitätsmerkmale achtet, kann jedoch weiterhin vom Potenzial der BDCs profitieren.
Insbesondere BDCs, die von den etablierten Alternativen Asset Managern geführt bzw. beraten werden, sollten sich in dieser Stresslage besser behaupten können. Denn die Finanzinvestoren kennen sich auch mit Umstrukturierungen und drohenden Pleiten aus. Zudem haben sie weltweit Kontakte und Informationen, die bei der Umstrukturierung helfen können. Und sie sitzen auf einer weiterhin hohen Finanzkraft, was sich als entscheidender Faktor zwischen Pleite und Rettung erweisen kann.
Diese Entwicklungen sind nicht neu und schon länger absehbar. Ich habe daher mein Engagement in BDCs schon vor längerer Zeit abgebaut und setze ausschließlich auf die Mütter, die Alternativen Asset Manager. Die profitieren von den Provisionseinnahmen für das Managen der BDCs, sind aber nicht direkt möglichen Kreditausfällen oder Dividendenkürzungen betroffen. Das lässt einen mich die Situation viel gelassener betrachten...
Disclaimer: Habe Apollo, Ares Management, BlackRock, Blackstone, KKR auf meiner Beobachtungsliste und/oder im Depot/Wiki.
Hallo Herr Kissig,
AntwortenLöschendie Kurse der "großen" Alternativen Asset Manager sind die letzten Wochen stark Richtung Süden gegangen. Könnten die gleichen Entwicklungen wie oben beschrieben die Gründe sein, oder steckt was anderes dahinter? Ich denke an der "Firepower" kann's nicht liegen.
Herzliche Grüße aus München
Christian
Moin Christian,
Löschender gesamte Finanzsektor hat zuletzt gelitten, auch die Alternativen Asset Manager. Spezielle Gründe sehe ich da nicht; ich gehe sogar eher davon aus, dass die nächsten Quartalszahlen positiv überraschen werden: die Deal-Aktivität ist weiter angestiegen und sollte kräftig über Q2/25 liegen, die provisionserzeugenden AuM dürften ebenfalls weiter zugelegt und die diversen IPOs sowie Exits sollten für steigende Provisionserlöse gesorgt haben. Ob die Aktienkurse der Finanzinvestoren davon profitieren können werden ist eine andere Frage, denn es kann ebenso gut sein, dass wieder Sorgen über das 4. Quartal die positiven Ergebnisse überlagern. Aber die Kurse kann man eh nicht beeinflussen; als Anleger sollten wir uns daher um die Ergebnisse und die Perspektiven der Unternehmen kümmern und der Kurs wird irgendwann folgen. Nach zweieihalb extrem starken Kursjahren verschnaufen die Aktien der Finanzinvestoren jetzt etwas. Eine gesunde Entwicklung und der Nährboden für künftige Kurszuwächse.
Sehr geehrter Herr Kissig,
AntwortenLöschenerneut möchte ich anmerken, dass mich persönlich Ihre Argumentation nicht zu überzeugen vermag. Sie schreiben: „Zwei Faktoren stehen dabei besonders im Vordergrund: das Risiko sinkender Zinsen und die Gefahr steigender Kreditausfälle.“
Begründung:
1. Aus meiner Sicht hat der kritische Stresstest für die BDC bereits von etwa 2019 bis 2023 mit einer toxischen Kombination aus Niedrigzinsen und Corona-Pandemie in den USA stattgefunden. Die „guten“ BDC (z.B. Ares Capital, Main Street, FS KKR) haben trotzdem weiterhin ihre hohen Dividenden gezahlt. Keines der Geschäftsmodelle ist in dieser Zeit gescheitert.
2. In den USA liegen die aktuellen Leitzinsen immer noch weit über den Leitzinsen der letzten rd. 15 Jahre. Ob sie ferner auf oder sogar unter den „Peak“ in 2019 fallen werden, ist derzeit mehr als fraglich. Eine Gefahrensituation für die BDC vermag ich persönlich momentan noch nicht zu erkennen.
Ihrer o.a. Argumentation folgend hätten bereits in den letzten Jahren viele der BDC gescheitert und vom Markt verschwunden sein müssen.
Nichts für ungut. Ist nur meine ganz persönliche Meinung. Bitte sagen Sie mir gern, ob ich damit einen Denkfehler mache.
Mir zu widersprechen und zu anderen Schlussfolgerungen zu kommen, ist nicht nur legitim, sondern durchaus erwünscht. Was ich schon weiß, weiß ich ja schon, das macht mich nicht klüger. ;-)
LöschenIhre Betrachtung blendet aber einen entscheidenden Faktor aus: das Zinsniveau. Ja, darüber haben Sie geschrieben, aber BDCs hebeln ihre Assets ja selbst. Früher war ein Leverage von 1:1 das Maximum, doch seit einigen Jahren dürfen BDCs einen Verschuldungsfaktor von 2:1 aufweisen. Und nun der entscheidende Punkt: wir haben gut eine Dekade an Niedrigstzinsen gesehen und alles und jeder konnte sich zu beinahe null Zinsen verschulden. Auch die BDCs haben das genutzt und Kredite und/oder Anleihen aufgenommen. Das reduziert das Risiko bei den eigenen Ausleihungen, denn selbst wenn Kreditzinsen von Kunden nicht gezahlt werden, hat man selbst nur eine moderate Zinsbelastung.
Vor einigen Jahren dachte jedermann, diese niedrigen Zinsen würden ewig andauern. Dem entsprechend wurden nicht alle Finanzierungen für 20 oder 30 Jahre abgeschlossen, sondern die meisten mit deutlich kürzeren Laufzeiten. So wurde kurzfristig das Zinsergebnis und damit der Unternehmensgewinn gepimpt, aber das rächt sich nun. Denn diese spottbilligen Finanzierungen laufen zunehmend aus! Wenn BDCs heute Kredite aufnehmen und/oder Anleihen begeben, müssen sie wieder ordentlich Zinsen dafür bezahlen. Und ob man für 10 Mio. USD Kredit 0,5 % oder 5 % Zinsen aufbringen muss, ist ein gewaltiger negativer Einflussfaktor. Die BDCs stehen genau vor diesem Dilemma, weil die billigen Kredite zunehmend durch vergleichsweise teure ersetzt werden müssen. Das belastet nicht nur das Zinsergebnis und damit Gewinn und Dividendenfähigkeit, sondern erhöht auch das Risiko. Denn wenn nun ein Kunde notleidend wird, verliert die BDC nicht nur 10 % oder 15 % an Zinseinnahmen, sondern sie muss auch gleichzeitig selbst die 5 % für ihren Kredit weiter bezahlen! Die verlorene Gesamtmarge liegt also bei eher 20 %.
Sie schreiben richtig, dass das Zinsniveau im Vergleich zu (sehr viel) früheren Jahren noch immer recht günstig ist. Aber verglichen mit der Realität der letzten 15 Jahre ist es das eben nicht. Und die zählt heute, weil (nur) die heute noch Auswirkungen hat.
Insofern stehen BDCs durchaus vor größeren Herausforderungen als früher und die Schlussfolgerung, nur weil sie gut durch die Zinsanhebungsphase 2021 bis 2023 gekommen sind, seien sie heute immun, steht auf wackeligen Füßen. Und ich leite hieraus eine "Gefahrensituation" für BDCs ab. Kein Weltuntergangsszenario, aber durchaus eine kritische Entwicklung, die man als Anleger im Blick behalten und in seine Überlegungen zum Kauf oder Verkauf der Aktien berücksichtigen sollte.
Sehr geehrter Herr Kissig,
Löschenehrlich gesagt bin ich etwas verwirrt. Das mag allerdings daran liegen, dass ich diese Materie nicht so durchdrungen habe wie Sie. Daher erlauben Sie mir noch folgende Anmerkungen, da ich für mich persönlich gewisse Widersprüche in Ihren Ausführungen sehe. Mich beschäftigt weiterhin die Frage, ob ein Szenario von möglicherweise weiter fallenden Leitzinsen in den USA ein Problem für die BDC sein könnten oder nicht.
Hinsichtlich des Zinsänderungsrisiko weisen Sie darauf hin: „Ein Großteil der Portfolios ist in variabel verzinste Kredite investiert, die an Referenzsätze wie SOFR, Euribor oder LIBOR gekoppelt sind.“ D.h., bereits beginnend seit 2022 sind die BDC sukzessive mit stark steigenden Zinsen konfrontiert.
Dazu schreiben Sie:
Zitat: „ Solange die Zinsen hoch bleiben, profitieren BDCs, weil die Kupons automatisch steigen.“
versus
Zitate: „ … wir haben gut eine Dekade an Niedrigstzinsen gesehen und alles und jeder konnte sich zu beinahe null Zinsen verschulden. Auch die BDCs haben das genutzt und Kredite und/oder Anleihen aufgenommen. Das reduziert das Risiko bei den eigenen Ausleihungen, denn selbst wenn Kreditzinsen von Kunden nicht gezahlt werden, hat man selbst nur eine moderate Zinsbelastung.“
„Die BDCs stehen genau vor diesem Dilemma, weil die billigen Kredite zunehmend durch vergleichsweise teure ersetzt werden müssen. Das belastet nicht nur das Zinsergebnis und damit Gewinn und Dividendenfähigkeit, sondern erhöht auch das Risiko.“
Dabei möchte ich es dann auch bewenden lassen, um nicht den Eindruck zu erwecken, mich bei diesem Thema festzubeißen. Vielen Dank.
Beide Aussagen passen zusammen - sie beschreiben lediglich die beiden Seiten der Medaille: BDCs vergeben Kredite an mittelständische Unternehmen und erhalten hierfür Zinsen. Dazu verwenden sie das Eigenkapital der BDCs, aber sie nehmen zusätzlich auch Fremdkapital auf, durch Kredite oder die Ausgabe von Anleihen. Hierfür müssen die BDCs Zinsen bezahlen. Sie sind also auf beiden (!) Seiten der Gewinn -und Verlustrechnung vom Zinsänderungsrisiko betroffen. BDCs sind also sowohl Kreditgeber als auch Kreditnehmer.
LöschenBei der Kreditvergabe (BDC als Kreditgeber) setzen die BDCs ganz überwiegend auf variabel verzinste Kredite, daher schwanken ihre Einnahmen (das NII) je nach Höhe der Zinsen. Bei der Aufnahme von Krediten für die eigene Kreditvergabe (BDC als Kreditnehmer) wählen sie zwischen variabler Verzinsung und Krediten mit festgeschriebener Zinsbindung - letztere sind während der Laufzeit von Zinsänderungen nicht betroffen.
Als dann ab Ende 2021 die Zinsen so schnell anstiegen, gehörten BDCs zu den Profiteuren, weil ihre eigenen Kreditaufnahmen überwiegend feste Zinscoupons hatten (wo sich die höheren Zinsen nicht auswirkten), während die von den BDCs vergebenen variablen Kredite zunehmend höhere Zinsen eingespielt haben. Die Zinsmarge der BDCs hat sich also ausgeweitet und damit die Gewinne der BDCs erhöht. Das geht solange gut, wie das höhere Zinsniveau bei den Kreditkunden der BDCs nicht zu Zahlungsschwierigkeiten und/oder -ausfällen führt.
Nun sinken die Zinsen für die vergebenen Kredite, während sich die Zinsen für die selbst aufgenommenen Kredite nicht ändern - je nach länge der Zinsbindung. Die Zinsmarge schrumpft also, wodurch sich die Einnahmen (NII) der BDCs reduzieren. Und wegen der aufziehenden Rezession dürfte die Entspannung auf Seiten der BDC-Kreditnehmer durch die reduzierten Zinsen weniger positiven Einfluss auf diese haben als der Wirtschaftseinbruch an negativen. Hierdurch steigt das Kreditausfallrisiko.
Und genau diese Gemengelage kann sich zu einem echten Problem auswirken, weil die BDCs von beiden Seiten in die Mangel genommen werden. Als existenzgefährdend für die BDCs stufe ich das (bisher) nicht ein, aber sinkendes NII, sinkender NAV und ggf. Dividendenkürzungen werden allesamt nicht für positive Stimmung unter den BDC-Anlegern sorgen. Und auch wenn dank der bereits erfolgten Kursrückgänge schon einiges hiervon eingepreist ist, dürfte es nochmal (und auch mehrmals) zu Kurseinbrüchen kommen, wenn diese negativen Fakten veröffentlicht werden. Zumal sie auch wohl kaum in einem Quartal abgefrühstückt sein werden, sondern sich über mehrere Quartale und vielleicht sogar Jahre hinziehen dürften.
In dieser Phase möchte ich nicht in BDCs investiert sein, weil die Dividendeneinnahmen wohl kaum ausreichen dürften, die absehbaren Kursverluste zu kompensieren...
Vielen Dank für Ihren Beitrag. Als die Zinsen stark anstiegen, war die Argumentation gegeben BDCs das die Portfoliounternehmen Ihre Zinszahlungen nicht mehr nachkommen werden können und die Dividenden nacheinander bei den BDCs ausfallen werden bzw. gefährdet sein könnten, die Kurse der BDCs gaben nach. Aber schnell hat sich herausgestellt das die BDCs die wahren Gewinner der steigenden Zinsen waren. Jetzt kommt genau die gegenseitige Argumentation, Hilfe die Zinsen fallen, die BDCs werden ihre Dividende reduzieren müssen. Die wirkliche Gefahr für die BDCs ist die zunehmende schlechte wirtschaftliche Lage in den USA. Die fallenden Zinsen sind natürlich ein Thema aber kein Risiko. Aktuell halte ich keine BDCs, ich halte Blackstone, Blackrock sowie Blue Owl Capital. Sollte die Aktienkurse von gewissen BDCs 50% unter dem NAV fallen würde ich ein paar BDCs einsammeln. Ich schiele hier auf, Ares Capital, OBDC und BXSL
AntwortenLöschenIch für mich kann auch mit 30% Dividendenkürzungen leben. Auf und nieder. Selbst dann zahlen die BDC ja noch gute Dividenden. Gerade eine FS KKR ist doch extrem runter gekommen vom Kurs. Ich habe aber ein paar nachgekauft, das würde die Kürzung eventuell ausgleichen. Allerdings kommt ja noch die Kürzung durch den schwächeren Dollar hinzu...
AntwortenLöschenHallo Michael. Perfekt beschrieben. Wieder wichtige Denkanstöße erhalten.
AntwortenLöschenViele Grüße
Henrik
Hallo Michael,
AntwortenLöschenich finde aktuell Blue Owl Capital (OBDC) und Ares (ARCC) am interessantesten. Und ChatGPT sagt zu Blue Owl Capital:
"Bewertung: Blue Owl hat großes Volumen, viele First-lien-Positionen; NAV relativ stabil (kleine Q-Abschreibungen berichtet). Dividende weitgehend durch NII gedeckt, Portfolioqualität gut – moderates Risiko (Abschreibungen möglich bei Stress)."
Falls du noch Inspirationen suchst :-)
Gruß
Christoph
Hallo Herr Kissig,
AntwortenLöschenErstmal vielen Dank für Ihren Blog, welchen ich weiterhin als Inspiration lese.
Zu dem Thema Vermögensverwalter bin ich in GB auf die Aktie Legal&General gestoßen. Eine schöne Dividendenrendite sowie ein Geschäftsmodell, das künftig weiter gute Einkünfte generieren wird. Haben Sie diese Aktie auch auf Ihrem Schirm?
Danke für den Tipp. Ich investiere allerdings nicht in GB, daher schaue ich mir dortige Unternehmen auch nicht wirklich an; Legal & General kenne ich überhaupt nicht. Zudem bin ich mit den US-Giganten (zu) gut versorgt, als dass ich da noch zusätzlich nach einem möglicherweise noch besseren Investment suchen würde. Die US-Finanzinvestoren liefern seit Jahren zweistellige Wachstumsraten ab und das dürfte auch künftig so weitergehen. Insofern würde ich wohl immer wieder hier aufstocken, wenn ich mein Engagement in diesem Bereich verstärken wollen würde.
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