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Sonntag, 14. Juli 2019

Kissigs Kloogschieterei: Die 28. Börsenwoche im Rückspiegel mit Aumann, Deutsche Beteiligungs AG, Euromicron, Funkwerk, MBB

Eine durchwachsene Börsenwoche liegt hinter uns, die die Schere zwischen "armen" und "reichen" Aktien weiter auseinanderklaffen ließ. Zu den "armen" Aktien gehören die Konjunktur sensiblen Werte, denn diese spüren immer stärker die globalen Eintrübungen der Weltwirtschaft, die die Frühindikatoren ja bereits seit einigen Monaten anzeigen. Und das zweite Quartal ist so schlecht verlaufen, wie erwartet - teilweise sogar noch schlechter. Und in der Folge reduzieren die Unternehmen ihre Prognosen für das Gesamtjahr und die Analysten ihre Kursziele.

Hart getroffen werden viele deutsche Unternehmen, denn Deutschland ist Exportland und hat seine stärken im Maschinenbau, in der Automobilindustrie, in der Chemie. In der letzten Woche mussten nun sogar Flaggschiffe der deutschen Wirtschaft, wie BASF und Daimler Gewinnwarnungen aussprechen und auch im Mittelstand zeigen sich heftige Bremsspuren, wie Krones oder Aumann zeigten. Der DAX verlor dem entsprechend 2% im Wochenverlauf und auch der breite Markt schwächelt.

Ganz anders in Amerika, wo die Aussicht auf sinkende Zinsen und sprudelnde Unternehmensgewinne die Börsen auf neue Rekordhoch trieben. Erstmals schloss der Dow Jones über der Marke von 27.000 Punkten und der breiter angelegte S&P 500 beendete die Woche erstmals über 3.000 Zählern. Und diese unterschiedliche Entwicklung dürfte weiter anhalten, da sich die US-Wirtschaft in deutlich besserer Verfassung zeigt als die ökonomische Realität sich andernorts auf der Welt darstellt. Und weil die großen US-Technologie-Konzerne weiterhin enorme Cashflows generieren und dank der US-Steuerreform diese Gewinne relativ günstig in die USA holen können. Wo sie für ausgedehnte Aktienrückkäufe eingesetzt werden, was den Aktienmarkt zusätzlich befeuert...


Börsentheater, 1. Akt: Die Politik


Iran und die USA steuern weiter auf einen offenen Konflikt zu, aber angesichts der vielen Battles, die US-Präsident Trump überall auf der Welt angezettelt hat, verlieren solche Entwicklungen schnell an Aufmerksamkeit - es stehen ja immer wieder schnell neue Konflikte an. Und da der Donaldissimo irgendwie keinen der vielen von ihm entzündeten Brandherde endgültig gelöscht bekommt und zu einem Abschluss bringt, bleibt alles immer irgendwie offen. Und selbst nach einer Einigung, nach einer Vereinbarung, kann Trumps Twitter-Sturm umgehend wieder alles infrage stellen. Eine neue Welt, in der nur noch eines absolut sicher ist: die Unsicherheit. Und die ist bekanntlich der Feind der Börse. Nur dass sich die Börse inzwischen an diese immer neuen Unsicherheiten gewöhnt zu haben scheint und sie in immer stärkerem Maße ausblendet. Der Ausnahmezustand wird zum Normalfall...

In der EU ist man noch immer nicht weiter mit der Suche nach einem neuen EU-Kommissionschef. Der von den Staatslenkern ausgehandelte Kompromiss mit Ursula von der Leyen erntet weiterhin viel Kritik und es ist keinesfalls sicher, dass er das EU-Parlament passieren wird. Die maximale Beschädigung des Amtes ist also garantiert und selbst wenn die neue EU-Kommission dann irgendwann ihre Arbeit aufnehmen wird, wird sie zuerst an ihrer Reputation arbeiten müssen. Und das, wo die harten Auseinandersetzungen mit den USA anstehen, um den drohenden Handelskrieg mit hohen Strafzöllen abzuwenden. Und die kleine Peinlichkeit auf der Insel, dieser Brexit, ist ja auch noch nicht vom Tisch. Die Briten bzw. die Konservativen, suchen selbst noch nach einem neuen Anführer, nachdem Theresa May sich selbst demontiert hat, und der neue Chef der Tories wird auch traditionsgemäß neuer Regierungschef. Bisher läuft es auf den (w)irren Boris Johnson hinaus - und wenn der dann auf den/die neue/n EU-Kommissionschef/in trifft, um innerhalb weniger Wochen den Brexit auszuverhandeln, wird das absehbar im Chaos enden. Andererseits hat sich der Chef der oppositionellen Labour-Partei nun (endlich?) für ein zweites Referendum über den Brexit ausgesprochen. Und da bereits mehrere konservative Abgeordnete angekündigt hatten, ein Misstrauensvotum gegen Johnson zu unterstützen, sollte er auf einen harten Brexit zusteuern, sind/wären Neuwahlen und ggf. ein zweites Referendum keine ausgeschlossene Zukunftsperspektive mehr. Was einen Brexit im Herbst 2019 als unmöglich erscheinen lässt. Aber das alles bleibt erstmal abzuwarten. Unsicherheit ist auch hier der rote Faden, nicht nur für die Börsen...


Börsentheater, 2. Akt: Die Unternehmen


So, nun aber zum Eingemachten und einigen interessanten Meldungen zu aktuellen oder ehemaligen Unternehmen auf meiner Beobachtungsliste.


Aumann / MBB

Der Automobilzulieferer Aumann hat die erwartete Umsatz- und Gewinnwarnung ausgesprochen und die Aktien auf neue Tiefststände geführt. Das Unternehmen hatte ich ja bereits vor einigen Wochen von der Beobachtungsliste genommen, als die schlechte Lage anhand der massiv eingebrochenen Auftragseingänge abzusehen war, aber da Aumann zu 38% der Industrieholding MBB gehört und in deren Bilanz voll konsolidiert wird, schlägt dies natürlich indirekt auch weiter auf meine Beobachtungsliste und mein Depot durch.

Im Zuge der Prognosesenkung bei Aumann hatte ich bereits spekuliert, dass auch MBB seinerseits kaum eine Chance mehr hat, seine Jahresziele zu erreichen. Und genau so kam es, einen Tag nach Aumann nahm auch MBB seines Jahresprognosen zurück. Allerdings "nur" auf Basis der bisherigen Töchter, denn MBB hat kürzlich die Übernahme von 60% an der Vorwerk KG verkündet, die ab der zweiten Jahreshälfte zu Umsatz und Gewinn des MBB-Konzerns beitragen werden. Die Übernahme steht noch unter kartellrechtlichem Prüfungsvorbehalt und ist damit noch nicht vollzogen. Was bedeutet, dass sie noch nicht im MBB-Zahlenwerk auftaucht und damit auch noch nicht Bestandteil der Jahresprognose ist. Mit anderen Worten: nach der Prognosesenkung steht MBB vor einer baldigen Prognoseanhebung.

Bevor jetzt Euphorie ausbricht: damit sind die operativen Probleme bei MBB, vor allem bei der Tochter Aumann, natürlich nicht vom Tisch und niemand sollte sich voreilig zu irgendwelchen Aktionen hinreißen lassen. Das tut übrigens das MBB-Team auch nicht, sondern die suchen ihre Chancen und hier bieten sich endlich die Gelegenheiten, auf die man schon lange wartet. Während das eigen operative Geschäft der Töchter unter der Konjunkturabschwächung leidet, kann MBB jetzt günstig(er) shoppen gehen und die lang ersehnten Zukäufe tätigen. Genau das macht eine Beteiligungsgesellschaft aus, dass sie in schwierigen Phasen günstig Unternehmen einkauft und diese dann in den besseren Konjunkturphasen Umsatz und Gewinn nach oben treiben. Und MBB sitzt weiterhin auf einem Berg von Cash, den man für Zukäufe nutzen kann. Ebenso Aumann, die ebenfalls finanziell sehr gut ausgestattet sind und daher ihre Probleme und ggf. kleinere Add-on-Zukäufe selbst stemmen können dürften.

Auch wenn die nächsten Monate keine einfache Zeit für MBB werden, bleibe ich an Bord und habe volles Vertrauen in das erfolgreiche Management um CEO Nesemeier und Chefaufseher Freimuth. Man sollte nicht vergessen, dass MBB auch durch die Finanzkrise gekommen ist und daher genau wissen, was sie wie zu tun haben.


Deutsche Beteiligung

Bei der Deutschen Beteiligung liegt die Sache etwas anders. Die vermeldete erst einen erfolgreichen Exit, der sogar mehr einbrachte, als die eigene Bewertung der verkauften Tochter hergab. Und im Zuge der Verkaufsmeldung wurde die Jahresprognose bestätigt. Um dann ganze zwei Tage später kräftig eingedampft zu werden.

Sowas ist natürlich ein No-Go und erschüttert das Vertrauen in den Vorstand massiv. Aber es kommt noch schlimmer: im Frühjahr hatte die DBAG erstmals ihre Prognose gesenkt, weil im Schlussquartal 2018 die Börsen massiv eingebrochen waren und sich somit ein erheblicher negativer Einfluss auf das Jahresergebnis einstellen würde. Das war nachvollziehbar. Dann hatte man erklärt, aufgrund des äußerst positiven Verlaufs der Börsen im ersten Quartal 2019 würde man hier das bis zu Vierfache des Ergebnis des Vorjahres einfahren. Ebenfalls nachvollziehbar. Und nun, im Folgequartal, wo die Börsen nicht erneut eingebrochen sind, sondern sich eher moderat weiter positiv entwickelt haben, da folgt plötzlich eine zweite Gewinnwarnung. Was nichts anderes heißt, dass die DBAG die operative Entwicklung bei ihren Töchtern deutlich kritischer sieht, als noch vor einigen Wochen. Und das, wo die negativen Konjunkturmeldungen gerade erst losgehen!

Diese Gemengelage schmeckt mir gar nicht und in den nächsten Monaten ist erstmal nicht viel Positives von der DBAG zu erwarten, zumal die Töchter ein stärkeres Engagement im Automotive-Sektor aufweisen und/oder in Konjunktur sensiblen Branchen. Darüber hinaus steuert das Asset Management über die Provisionen einen wichtigen Beitrag zum Jahresergebnis bei, aber die Provisionen aus erfolgreichen Beteiligungsverkäufen dürften in nächster zeit noch spärlicher fließen als in den letzten Monaten. Von daher hat sich insgesamt das Chance-Risiko-Verhältnis deutlich eingetrübt und ich habe die DBAG von meiner Beobachtungsliste gestrichen.


Euromicron / Funkwerk

Funkwerk ist eine echte Erfolgsgeschichte, jedenfalls seitdem der Turnaround geglückt und das Unternehmen wieder solide aufgestellt ist. Funkwerk ist meine erfolgreichste Turnaround-Spekulation und längst seinen operativen Problemen entwachsen. Ich halte das Unternehmen auch wegen der stets zu niedrigen Prognosen des Managements für deutlich unterbewertet und fände 25 Euro eher angemessen, zumal die Fünfmonatszahlen, die auf der Hauptversammlung verkündet wurden, ein viel besseres Bild zeichnen, als die eigene Unternehmensprognose für 2019. Gut möglich also, dass Funkwerk auch im dritten Jahr in Folge im Jahresverlauf die Prognosen anheben wird müssen.

Doch dann... platzte die Nachricht herein, dass sich die erfolgreiche Funkwerk bei der notorisch unerfolgreichen Euromicron über Kapitalerhöhungen einkauft und dort zum Ankerinvestor und Großaktionär wird. Bis zu 28% übernimmt Funkwerk in zwei Schritten und es ist natürlich nicht ausgeschlossen, dass man in der Zukunft auch über eine Mehrheitsbeteiligung und/oder über eine Komplettübernahme nachdenken könnte.

Die Euromicron wäre mir kein Investment wert, da man dort in den letzten 20 Jahren die vielen Umstrukturierungen und Neuausrichtungen nicht hinbekommen hat. Der Funkwerk-Vorstand ist hier aber wesentlich näher dran und kann viel besser einschätzen, ob sich aus dem Angebotsportfolio Synergien und Cross-Selling-Möglichkeiten ergeben. Und Funkwerk CEO Schreiber hat Erfahrung mit der Sanierung, denn sie war es, die Funkwerk wieder auf Vordermann gebracht hat. Für mich sieht die heutige Euromicron in gewisser Weise so aus, wie Funkwerk vor fünf Jahren dastand. Und wenn sich hier große Chancen auftun für Funkwerk, dann ist genau jetzt der richtige Zeitpunkt, um bei Euromicron einzusteigen und die Zügel (mit) in die Hand zu nehmen.

Geld genug hat Funkwerk jedenfalls und mit dem eigenen Großaktionär Hörmann hat man einen finanzstarken Konzern im Rücken, der zusätzliche Sicherheit bietet. Allerdings denke ich, dass mein Szenario einer baldigen Komplettübernahme der Funkwerk AG durch Hörmann nun erstmal vom Tisch ist. Vielmehr scheint Hörmann die Funkwerk AG ja in der Rolle eines aktiven Konsolidierers zu gefallen und da kann eine eigene Börsennotierung mit der Möglichkeit, Funkwerk-Aktien als Akquisitionswährung einzusetzen, durchaus eine interessante Option sein oder werden.

Da die Übernahmeoption nur eine zusätzliche Möglichkeit in meinem Investmentcase für Funkwerk darstellt(e), bin ich über die Entwicklung nicht enttäuscht. Vielmehr freut es mich, dass ich wohl länger als erwartet Aktionär dieses gut geführten Unternehmens bleiben kann und damit an der Wertschöpfung weiter teilhaben werde.

Funkwerk ist bzgl. der Gesamtrendite mein bisher erfolgreichstes Investment und auch eine der größten Positionen in meinem Depot, wie mein letztes Investor-Update zum Ende des zweiten Quartals 2019 zeigt. Nachdem MBB vor zwei Jahren - vorübergehend - der erste Tenbagger auf meiner Beobachtungsliste war, hat Funkwerk beste Chancen, sich ebenfalls diesen Titel zu verdienen...



Angst und Gier & Ups and Downs


Der Fear & Greed Index von CNN Money nahm in der letzten Woche seinen Aufwärtstrend wieder auf und legte 5 auf glatte 65 Punkte zu: Solides "Gier-Territorium". Die Zinspolitik der Notenbanken geben momentan die Richtung vor, denn Geld ist und bleibt die Triebfeder der Börse.

Mein "operativer Net Worth" hat sich in der letzten Woche nochmals um 1,5% verbessert auf jetzt 34,5% (YTD). Ein weiteres All-Time-High. Mit dem Ergebnis und dem Wochenverlauf bin ich mehr als zufrieden, zumal die Woche insgesamt ja eher schwierig war. Mein langfristiges Ziel ist, durchschnittlich 15% pro Jahr an Rendite einzufahren und nach den annähernd 10% Minus im letzten Jahr bin ich dies bezüglich auf Sicht von 18 Monaten wieder "auf Spur" und liege in diesem Jahr deutlich mehr als doppelt so weit im Plus, als mich das letzte Jahr gekostet hat. Mein Investor-Update zum Quartalsende samt der Rangliste der TOP-Positionen in meinem Investmentdepot habe ich vor wenigen Tagen veröffentlicht.

Auf gut Börsengeschäfte. Es bleibt spannend...

Disclaimer
Aumann, Deutsche Beteiligung, Funkwerk, MBB befinden sich auf meiner Beobachtungsliste und in meinem Depot.

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