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Dienstag, 17. April 2018

Andere Ansichten: Funkwerk lohnt den zweiten Blick

Funkwerk hat seine Zahlen für 2017 vorgelegt und den Ausblick auf das Geschäftsjahr 2018. Während das Unternehmen 2017 mit einem Ergebnis deutlich über der eigenen Prognose abgeschlossen hat, redet man 2018 bereits wieder klein. Wie das schon seit dem erfolgreichen Turnaround vor einigen Jahren so geht.

Gereon Kruse hat auf boersengefluester.de die Zahlen seziert und ich lege seinen lesenswerten Artikel "Funkwerk: Eine Aktie für den zweiten Blick" jedem Anleger ans Herz, der auf der Suche nach einem vernachlässigten, unterbewerteten und hässlich geredeten Langfristinvestment im Nebenwertesektor ist.


Ich habe den einstigen Börsenliebling Funkwerk als Turnaround-Spekulation vor genau zwei Jahren auf meine Empfehlungsliste genommen und seitdem hat sich der Aktienkurs mehr als vervierfacht. Zu viel des Guten, könnte man meinen, aber dem ist nicht so: das jüngste Überschreiten der 10-Euro-Marke dürfte nur ein Zwischenstopp auf dem Weg in deutlich luftigere Höhen sein.

Kruse führt aus, dass die Gesellschaft aus dem thüringischen Kölleda lange Zeit als hoffnungsloser Fall gegolten habe und vor einigen Jahren sogar schon kurz vor dem Delisting durch Großaktionär Hörmann Finance (Anteil etwa 78%) stand. Doch unter der neuen CEO Kerstin Schreiber habe Funkwerk den operativen Dreh hinbekommen und schütte erstmal seit Jahren wieder eine Dividenden aus (0,25 Euro je Aktie).

Die Zahlen für 2017 waren bereits Ende März verkündet worden und wurden nun bestätigt. Der Konzernumsatz wuchs leicht auf 77,6 Mio. Euro (Vorjahr: 77,4 Mio.), das Betriebsergebnis verbesserte sich um 31,5% auf 7,2 Mio. Euro (Vorjahr: 5,4 Mio.). Das Ergebnis lag deutlich über den Prognosen der Geschäftsführung, die diese erst im August nach oben angepasst hatte. Schon damals hatte ich darauf hingewiesen, dass sich Funkwerk künstlich ertragsschwach reden würde. Und so wurde die erhöhte Prognose für das Betriebsergebnis von 5 Mio. Euro schlussendlich mit 7,2 Mio. Euro um 44% (!) übertroffen.

Dabei wurde auch hier wieder nach allen Regeln der Kunst in die Trickkiste gegriffen, um nicht einen noch höheres Ergebnis ausweisen zu müssen. Kruse führt aus, dass die Gesellschaft auch 2017 über eine üppige Dotierung der sonstigen Rückstellungen in Höhe von knapp 23 Mio. Euro (Vorjahr: 20,9 Mio. Euro) allen erdenkbaren Risiken abgedeckt habe.

Das klingt erstmal gut und nach konservativer Bilanzierung. Andererseits wird so der Gewinn gedrückt - und sollte sich in Zukunft herausstellen, dass die Rückstellungen gar nicht nötig waren, weil die ihnen zugrunde liegenden Risiken nicht eingetreten sind, dann müssen die Rückstellungen in künftigen Jahren Gewinn steigernd aufgelöst werden. Und bei Funkwerk deutet alles auf einen Gewinnverschiebebahnhof Richtung Zukunft hin.

Denn in erster Linie seien Rückstellungen für nachlaufende Projektkosten sowie Gewährleistungen gebildet worden und zudem das leidige Thema Algerien nochmals um 1 Mio. Euro und damit auf einen Wert von Null abgeschrieben. Und das ist bemerkenswert, denn bei einem früheren Projekt in Algerien, bei dem Funkwerk gemeinsam mit mehreren Partnern engagiert war, sei es vor vielen Jahren angeblich zu Unregelmäßigkeiten gekommen und im Zuge dessen seien mehrere Bankkonten mit einer Funkwerk zustehenden Gesamthöhe von rund 2,8 Mio. Euro gesperrt worden. In einem Gerichtsurteil wurde Funkwerk schuldig gesprochen und zu einer Strafe von 40.000 Euro verdonnert - nach deren Zahlung die Konten wieder freigegeben worden wären. Tja, Funkwerk legte Berufung ein und daher wartet man noch auf das Geld. Dass diese Forderung nun vollständig abgeschrieben wurde, obwohl man das Geld schon hätte einsammeln können, kann man kaum mit unternehmerischer Vorsicht umschreiben, sondern mit gezielter Gewinnvermeidung. Stellt sich die frage nach dem Sinn, aber dazu komme ich noch...

Denn ergänzend hat Funkwerk nun eine Prognose für 2018 abgegeben und die ist... zurückhaltend. Man will den Umsatz um rund 4% steigern auf 81 Mio. Euro und das Ergebnis solle etwa auf Vorjahreshöhe einlaufen. Also bei rund 7,2 Mio. Euro.

Zur Erinnerung: 2017 wurde ebenfalls tief gestapelt und am Ende die Ergebnisprognose lag letztlich bei nur knapp der Hälfte des wirklich erzielten Ergebnisses!

Das muss nicht heißen, dass es 2018 wieder so gut läuft. Aber die Zeichen deuten darauf hin. Denn wenn wir alleine die (letztmalige) Algerien-Abschreibung von 1 Mio. Euro aus dem Ergebnis herausfiltern, läge das Betriebsergebnis damit bereits bei 8,2 Mio. Euro. Hinzu kommt eine prognostizierte Umsatzsteigerung von 4% bei einer sich stetig verbessernden Marge. Das EBIT sollte also eher bei 9 Mio. landen als bei 7 Mio. Man muss also kein Prophet sein um zu erkennen, dass Funkwerk auch für 2018 wieder maximal tiefstapelt! Doch warum machen die das?

 Funkwerk (Quelle: wallstreet-online.de
Im Grunde ist es ganz einfach: Hörmann. Der Großaktionär wollte sich vor vier Jahren das Unternehmen vollständig sichern und hatte den übrigen Aktionäre ein Delistingangebot unterbreitet. Doch mittendrin zog man dieses zurück. Würde Hörmann einen erneuten Versuch starten innerhalb von fünf Jahren, würden damit die Verlustvorträge bei Funkwerk gekillt - was nicht im Sinn des Großaktionärs ist. Natürlich ist mir bekannt, dass inzwischen die gesetzliche Regelung bei Übernahmen geändert wurde und nun unter bestimmten Umständen (u.a. Fortführung des Geschäftsbetriebs mit unverändertem Geschäftszweck) eine Übernahme möglich ist, ohne die Verlustvorträge zu vernichten. Aber der Teufel steckt eben im Detail. Denn diese neue Regelung ist nicht glasklar formuliert und bietet einigen Auslegungsspielraum. Vermutlich werden erst die Gerichte entscheiden, unter welchen Umständen verlustvortragsunschädlich übernommen werden konnte und wann nicht. Und warum sollte sich Hörmann auf dieses Risiko einlassen? Eine Übernahme in Angriff nehmen und vielleicht Jahre später heftig Steuern nachzahlen zu müssen (also die Tochter Funkwerk)? Da macht es doch Sinn, das Risiko zu minimieren und lieber die Fünfjahresfrist auszusitzen und dann "sorgenfrei" die Übernahme angehen zu können.

Meine Einschätzung
Das ist meine Lesart der Vorgänge und meine Erklärung dafür, dass die CEO die Erfolge und das Ergebnis von Funkwerk ständig kleinredet und jeden Versuch unternimmt, die Gewinne von Heute in die Zukunft zu verlagern. Denn jeder CEO wird vom Aufsichtsrat eingestellt und ggf. gefeuert. Und der Aufsichtsrat wird von der Hauptversammlung eingesetzt. Wo Hörmann über 78% der Stimmrechte verfügt. Klar soweit...?

Funkwerk ist und bleibt für mich ein aussichtsreiches Investment. Allerdings ist der Titel ziemlich markteng, daher sollte man nur streng limitiert ordern. Und man sollte reichlich Geduld mitbringen, denn von Funkwerk hört man nur zweimal im Jahr etwas, weil Kapitalmarktkommunikation dort mit "Erfüllung der börsenrechtlich minimal zulässigen Berichterstattung" übersetzt wird. Man braucht also Geduld und einen langen Atem sowie die Bereitschaft, an einem Investment festzuhalten, von dem man fast nie etwas bemerkt.

Aber... das war auch schon in den letzten zwei Jahren so und der Kurs hat sich still und leise entwickelt. Die aufgelaufenen 340% schlagen sich in einer durchschnittlichen Jahresperformance von knapp 110% nieder. Man kann schlechter investieren...

Funkwerk befindet sich auf meiner Empfehlungsliste und in meinem Depot.

2 Kommentare:

  1. hallo michael

    bin auch schon seit zwei Jahren an Funkwerk beteiligt, würdest du mir nachkauf empfehlen und die nächte frage wäre warum Funkwerks Spread so hoch ist dank?

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    1. Eine konkrete Kauf- oder Verkaufsempfehlung kann ich Dir nicht geben. Ich denke aber, dass Funkwerk auf dem gegenwärtigen Kursniveau von 10 Euro auf mittlere und lange Sicht erhebliches Kurspotenzial aufweist bei einem vergleichsweise geringen Abwärtsrisiko.

      Der überdurchschnittliche Spread liegt daran, dass nur sehr wenige Aktien überhaupt noch im Streubesitz sind (87% liegen ja schon bei Hörmann) und auch vom Rest nur ein kleiner Teil überhaupt mal über die Börse verfügbar ist. Bei derart marktengen Titeln nutzen die Marketmaker gerne die Situation aus und platzieren weit auseinander liegende eigene Orders. Bei Funkwerk ist der sogar vergleichsweise moderat mit rund 5% - bei UeT oder besonders SBF waren zuletzt häufiger Spreads von mehr als 70% zu verzeichnen. Da findet natürlich kaum ein Handel statt. Des Weiteren sollte man zu den regulären Öffnungszeiten ordern, also zwischen 9:00 und 17:30, da sind die Spreads in der Regel geringer als zu den Nebenzeiten. Und man kann Abstauberlimits in den Markt legen und einfach mal eine Limitorder in den Markt geben. Die muss ja nicht meilenweit vom aktuellen Ask weg liegen, sondern nur etwas darunter. Entsteht dann mal kurzfristig Abgabedruck, kann man mit Glück bedient werden...

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