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Freitag, 17. Juli 2020

Mein Lese-Tipp: "Die Geschichte der Spekulationsblasen - Die Psychologie hinter vier Jahrhunderten Gier und Panik an der Börse"

Ich habe kürzlich ein kurzes, aber sehr lehrreiches Buch gelesen von John Kenneth Galbraith. Und ich meine nicht seine Abhandlung über den großen Crash von 1929, sondern "Die Geschichte der Spekulationsblasen: Die Psychologie hinter vier Jahrhunderten Gier und Panik an der Börse". Im Original heißt es "A Short History oF Financial Euphoria" und Galbraith bezeichnete sein Buch selbst als "Hmyne der Vorsicht". Das trifft es ziemlich genau...

Galbraiths "Hymne der Vorsicht"

Er greift darin die größten Spekulationsblasen der (Börsen-) Geschichte auf und zeigt präzise das ihnen allen innewohnende Muster auf: Es scheint eine neue Erfindung/Entwicklung zu geben, die die bisherigen Naturgesetze außer Kraft setzt und alles verändert. Überwiegend junge Menschen drängen in diesen Bereich und die Kurssteigerungen sind atemberaubend, bisherige Bewertungsansätze ergeben keinen Sinn mehr und werden daher als überholt beiseite geschoben, immer mehr Geld fließt in diesen Markt und zwar zunehmend auf Kredit. Diese Szenarien enden immer auf die gleiche Weise: mit einem lauten Knall, einem totalen Absturz, wenn alle erkennen, dass die Party vorbei ist und sie alle gleichzeitig nur noch "raus" wollen. Und viele dann weniger herausbekommen, als sie zur Rückzahlung ihrer für diese Spekulation aufgenommenen Kredite brauchen.


John Kenneth Galbraith
Weshalb ich dieses Buch erwähne? Weil die letzten, die noch auf das Karussell aufspringen und waghalsig auf Kredit die völlig überteuerten Aktien kaufen, Privatleute sind; ganz normale Menschen, der nette Nachbar von nebenan. Dabei ist es egal, ob die Spekulationsblase bei Aktien entsteht, bei Tulpenzwiebeln, Südsee-Kolonialwaren, Eisenbahnen, Immobilien oder Kunst. Das Phänomen liegt nicht am System, es liegt nicht am Objekt, es liegt an und in der menschlichen Natur. Angst und Gier sind unsere stärksten Triebfedern. Auch, aber nicht nur, an der Börse. Und diese Mechanismen und seine Auswüchse zu kennen und zu verstehen, ist ein Schlüssel zum Börsenerfolg.

11 Kommentare:

  1. Schlüssel zum Börsenerfolg17.07.20, 10:14

    Vielen Dank für die Empfehlung! Was ich nicht ganz verstehe: In Ihrem Portfolio befinden sich reihenweise Titel mit absolut atemberaubenden Bewertungen (Adobe, Paypal, Mastercard etc.). Das Mantra der "Qualitätsaktie" wollen wir hier mal beiseite schieben, und natürlich sind Sie bei Wasserstoff oder Nikola nicht dabei sondern bei etablierten Unternehmen, die echtes Cash verdienen. Aber auch eine Paypal muss ein P/E was Richtung 100 geht irgendwann mal "verdienen", eine um 50-80% niedrigere Bewertung wäre alles andere als "fundamental nicht gerechtfertigt". Daher die Frage: Reiten Sie einfach die Welle, bis Sie bricht? Wann würden Sie eine Adobe denn mal verkaufen? Bei 5000? 50.000? Oder beantworten Sie diese Frage einfach nur für sich und nicht für die Öffentlichkeit? Bisher kann ich mich mehrheitlich nur an Investmentcases erinnern, die Sie beendet haben, wenn diese nicht gelaufen sind (Stop Loss bzw. mit leichtem Plus). Ganz selten gibt es mal ein "Investmentcase (Management etc.) hat sich geändert" bzw. "Bewertung ausgereizt".
    Vielen Dank für eine kurze Aufklärung! Kaufen bzw. Halten in einer jahrelangen Tech-Aufwärtsbewegung ist einfach, Verkaufen ist dann die Kunst.

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    1. Hallo Michael, Dieser Punkt würde mich auch interessieren. Es geht vor allem um die Werte die in den letzten Tagen stark korrigiert haben: Adobe, Square und Amazon. Wie siehst Du die Bewertung dieser Aktien derzeit? Ab welchen Preis kommen wir Deiner Meinung nach an die "rote Linie"? Das es ab und zu mal ne Korrektur an der Börse gibt ist klar... Danke Dir, Franki

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    2. "Die Welle reiten" bedeutet ja letztlich, nur mit dem Kurs zu argumentieren. Das funktioniert nach meiner Erfahrung nicht wirklich gut. Ich setze auf Qualitätsunternehmen, weil ich hier ziemlich sicher sein kann, dass mein Geld hier gut angelegt ist und Rendite erzielt. Damit meine ich das Business. Für diese Qualität bin ich bereit, nötigenfalls einen höheren Preis zu zahlen. Weil das Risiko geringer ist und die Chancen höher. Bekomme ich das Unternehmen/die Aktie zu einem Kurs deutlich unter Wert, freue ich mich umso mehr. Das ist aber nicht Voraussetzung für mein Engagement.

      Der Vorteil bei dieser Art des Investierens ist, dass man nicht ständig auf den Kurs schauen muss. Ja, der eilt auch mal stärker voraus und das Unternehmen wäre dann für mich kein Kauf/Nachkauf. Ich nehme auch in Kauf, dass der Kurs konsolidiert und ich dann bereits erzielte Kursgewinne "verliere". Die Alternative wäre, es mit Markettiming zu versuchen. Also bei Überbewertung die Aktie verkaufen und sie dann bei Unterbewertung wieder zurückzukaufen. Klingt in der Theorie toll, funktioniert in der Praxis aber selten bis überhaupt nicht. Mir gelingt so etwas jedenfalls nicht. In der Rückschau kann man zwar ganz klar erkennen, zu welchem Zeitpunkt und Kurs man hätte kaufen und verkaufen sollen, aber so funktioniert das leider nicht. Es geht ja um die künftige Unternehmens- und kursentwicklung. Und die können sich auch mal längere Zeit voneinander entkoppeln. Das Risiko, dann ggf. nicht mehr an diesem wundervollen Unternehmen beteiligt zu sein, weil man ein paar extra Prozentpunkte mit Markettiming herausholen wollte, ist nach meiner Erfahrung größer, als einen zeitweisen Kursrückgang auszusitzen, während der der Unternehmenswert weiter ansteigt und so wieder Raum für eine positive Kursentwicklung bietet.

      Ich möchte mal mit einigen Zitaten von Charlie Munger antworten: "Die beste Idee ist, eine Aktie als Eigentum an einem Unternehmen zu betrachten und die gleichbleibende Qualität seines Geschäfts anhand seines Wettbewerbsvorteils zu beurteilen." (...) "Die Kunst des Investierens in Aktiengesellschaften ist... einfach, zu einem vernünftigen Preis ein Unternehmen mit hervorragender Wirtschaftlichkeit und einem fähigen, ehrlichen Management zu erwerben. Danach brauchen Sie nur noch kontrollieren, ob diese Eigenschaften bewahrt werden." (...) "Wenn ein Unternehmen über 40 Jahre 6% Kapitalrendite verdient und man es 40 Jahre lang hält, wird man nicht viel mehr als 6% Rendite erzielen - selbst wenn man ursprünglich mit einem großen Preisnachlass gekauft hat. Verdient ein Unternehmen im Gegensatz dazu über 20 oder 30 Jahre 18% Kapitalrendite, wird man, auch wenn man einen teuer aussehenden Preis bezahlt hat, letztendlich ein gutes Ergebnis erzielen." (...) Wir sind daran interessiert, große Beträge dort zu investieren, wo wir keine weiteren Entscheidungen treffen müssen. Wenn man etwas kauft weil es unterbewertet ist, muss man darüber nachdenken es zu verkaufen, wenn es sich seinem inneren Wert nähert. Das ist schwierig. Aber wenn man ein paar großartige Unternehmen kauft, kann man auf seinem Hintern sitzen bleiben. Das ist gut."

      Charlie Munger sagte aber auch: "Egal, wie wunderbar ein Business ist, es ist nicht jeden Preis wert. Es muss einen Preis haben, der Sinn macht und uns eine Sicherheitsmarge gibt unter Berücksichtigung der normalen Wechselfälle des Lebens."

      Und da sind wir an dem Punkt, wo ich dann ggf. doch auch mal ein Qualitätsunternehmen verkaufe. Wenn der Kurs und der Wert überhaupt nicht mehr zusammenpassen und/oder wenn sich deutliche Änderungen abzeichnen, diese aber vom Kurs (noch) ignoriert werden. Das Problem ist, dass man hier dennoch falsch liegen kann.

      1/2

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    3. 2/2

      Mein "Paradebeispiel" für Fehleinschätzungen ist Apple. Kann man hier im Blog prima nachverfolgen. Ich habe mit Apple eine super Rendite eingefahren, mehr als 100%. Aber... ich habe mich zweimal verschätzt, was die Bewertung bzw. die künftigen Marktaussichten betrifft und bin zweimal ausgestiegen - ich habe beide Male den günstigeren Wiedereinstieg verpasst und bin dann viel später und teurer wieder an Bord gekommen. Hätte ich die Aktie nach meinem ersten kauf nicht wieder angefasst und die zeitweisen Überbewertungen/ schlechteren Aussichten einfach ignoriert, hätte ich dreimal so viel Kursgewinne zu verzeichnen.

      Mein Fazit: ich weiß nicht, wann der richtige Zeitpunkt zum Verkaufen ist. Das läuft immer auf Markettiming hinaus. Ich beteilige mich an einem Unternehmen! Das ist mein Ansatz, das ist mein Gedanke. Und diese Anteile werfe ich nicht einfach so auf den Markt, nur weil "Mr. Market" mir gerade einen absurd hohen Preis bietet. Ich bleibe an dem Unternehmen beteiligt solange es erfolgreich bleibt und sich die Rahmenbedingungen nicht komplett ändern (und sich damit die Zukunftsaussichten massiv verschlechtern).

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  2. Witzig, vor Kurzem haben Sie, Herr Kissig, noch einem Fragesteller geraten, auf Kredit zu spekulieren. Es ging um die Frage, ob vorrangig Immobilienschulden getilgt werden sollen oder ob man besser Aktien kauft. Sie rieten zu Letzterem. Ökonomisch ist das nichts anderes als Spekulieren auf Pump. Gut: Das empfohlene Buch ist lesenswert.

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    1. Man kann dem Herrn Kissig auch Worte in den Mund legen. Wenn ich mich recht erinnere, ging es darum, dass der Fragesteller wissen wollte, ob er lieber Tilgen oder in Aktien investieren und die vermeintlich höhrere Rendite die Aktien theoretisch erreichen, dann zum tilgen nutzen soll. Richtig?

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    2. Die Realität klingt natürlich nicht so spannend wie die Behauptung, ich hätte hier zu wildester Aktienspekulation auf Pump aufgerufen... ;-)

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    3. Ja, zumal man dann solche Aussagen "Anonym" postet. Hasse solche Typen, ehrlich.

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    4. Naja, ich habe die Aussage mal als provokant-zugespitzt eingeordnet und nicht als böswillig. Mein vorstehender Kommentar von 13:42 enthält ja auch etwas mehr Drama als nötig. Etwas... =)

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  3. Es war so, wie es beschrieben hatte. Und wer nur ein klein wenig von Ökonomie versteht, weiß, dass die Empfehlung von Herrn Kissig auf lupenreines Spekulieren auf Kredit hinausläuft. Denn es ist ökonomisch kein Unterschied, ob ich auf eine schuldenfreie Immobilie einen Kredit aufnehme und damit Aktien kaufe oder ob ich mir mit der Schuldentilgung mehr Zeit lasse und statt dessen in Aktien gehe. Da hab ich gar nichts zugespitzt.

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  4. Nun, bei einer langfristig finanzierten Immobilie droht der Margin Call eher nicht, schon gar nicht bei Eigennutzung. Bei Renditeimmobilien ist das Risiko schon wieder anders zu bewerten, würde ich meinen. Über das Rentenalter hinaus würde ich auch bei Eigennutzung nicht strecken wollen

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