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Artikel aus "Der Nebenwerte Investor" Ausgabe 22/2025 vom 03.12.2025
Aktien in dieser Ausgabe: 2G Energy, KSB, Pfisterer
2G Energy: Zündet der Energiewendechampion jetzt endlich den Turbo?
Die 2G Energy AG zählt zu den führenden Anbietern dezentraler Energielösungen. Das Unternehmen entwickelt, produziert und vertreibt Blockheizkraftwerke (BHKW) sowie ergänzende Technologien wie Großwärmepumpen und steuerbare Spitzenlastaggregate. Mit einer Kombination aus technologischer Innovationskraft, digitalem Serviceangebot und zunehmender internationaler Präsenz positioniert sich 2G als wichtiger Treiber der Energiewende – auch wenn staatliche Regulierungen dem Wachstum immer wieder Grenzen setzen.
Das Kernprodukt von 2G ist die Kraft-Wärme-Kopplungsanlage, die gleichzeitig Strom und Wärme erzeugt. Die Anlagen sind flexibel ausgelegt und können mit Erdgas, Biogas, Wasserstoff oder Mischgasen betrieben werden. Leistungsgrößen von 20 kW bis über 4.500 kW ermöglichen Anwendungen in Industrie, Versorgungsunternehmen, Wohnquartieren oder öffentlichen Einrichtungen.
Wärmepumpen und Wasserstoff als strategische Erweiterungen
Seit 2023 ergänzt ein neues Segment das Portfolio: Großwärmepumpen sowie steuerbare Reserveaggregate zur Abdeckung von Spitzenlasten. Ein Meilenstein war die Übernahme des Wärmepumpenspezialisten NrgTec. Parallel investierte 2G massiv in die Weiterentwicklung wasserstofftauglicher Anlagen. Mehr als 30 Systeme wurden weltweit bereits mit reinem Wasserstoff erfolgreich betrieben – ein wichtiger technologischer Vorsprung im Wettbewerb.
BHKW-Anlagen punkten durch kurze Genehmigungszeiten und schnelle Errichtung – ein deutlicher Vorteil gegenüber Großkraftwerken. Der Wärmepumpenmarkt hingegen hat nach dem politischen Hype der Vorjahre an Dynamik verloren. Während Kommunen an Wärmeplänen arbeiten, entpuppt sich der Netzausbau zunehmend als kostspielige Hürde.
Digitale Services als Schlüssel zum Betriebserfolg
Neben Hardwarelösungen bietet 2G ein umfangreiches Servicepaket: Fernwartung, Ersatzteilmanagement, KI-basierte Zustandsüberwachung („Predictive Maintenance“) sowie digitale Netzintegration. Diese Dienste erhöhen Verfügbarkeit und Effizienz der Anlagen und erleichtern die Einbindung in hybride Energiesysteme.
Generationswechsel mit Kontinuität
Der Mitgründer und langjährige CEO Christian Grotholt wechselte zum 1. August nach über 30 Jahren an der operativen Spitze in den Aufsichtsrat. Unter seiner Führung entwickelte sich 2G vom Kleinstunternehmen zu einem global tätigen Mittelständler mit rund 1.000 Mitarbeitenden und 14 Tochtergesellschaften. Er bleibt dem Unternehmen als strategischer Impulsgeber erhalten – ein sanfter Generationswechsel ohne Bruch.
Durchwachsende Geschäftsentwicklung
Das dritte Quartal 2025 verlief stotternd, aber 2G Energy rechnet ab viertem Quartal mit der Fortsetzung des Wachstumskurses. Im dritten Quartal gab es erwartungsgemäß einen Umsatzrückgang auf 58,4 Mio. Euro und damit ein Minus von 33 % im Vergleich zum Vorjahreswert. Die Umsatzgenerierung verzögerte sich durch Biogas-Ausschreibungen und Genehmigungsverfahren und die Einführung eines neuen ERP-Systems belastet temporär den Service-Umsatz im deutschen Markt. Dieser ging entsprechend um 36 % auf 28,3 Mio. Euro zurück, während der nordamerikanische Markt eine zunehmende Dynamik mit überdurchschnittlichen Wachstumsmöglichkeiten für die nächsten Jahre zeigt.
Der Umsatz mit Neuanlagen fiel im dritten Quartal erwartungsgemäß moderat aus und erreichte lediglich 30,2 Mio. Euro nach 42,8 Mio. im Vorjahr. Zudem erfolgte die beihilferechtliche Genehmigung durch die EU-Behörden erst im September, was dazu geführt hat, dass deutsche Kunden im Biogas-Segment mit der Produktionsfreigabe bereits fest bestellter Anlagen bislang zurückhaltend waren. „Mit der nun vorliegenden EU-Genehmigung werden bestehende Aufträge sukzessive in die Fertigungsplanung aufgenommen und schrittweise umsatzwirksam. Parallel dazu ist eine spürbare und nachhaltige Belebung der ohnehin dynamischen Vertriebsaktivitäten in Deutschland seit Verabschiedung des Biomassepakets am 31. Januar 2025 zu beobachten“, gibt sich CEO Pablo Hofelich zuversichtlich. „Das Biomassepaket fördert die Investition in 2,8 GW an zusätzlicher netzdienlicher Verstromungskapazitäten, die in den nächsten Jahren ans Netz gehen müssen. Auch wenn es beihilferechtliche Verzögerungen gab, steht das Biogas-Segment in Deutschland vor einem mehrjährigen Nachfrageschub, der das Wachstum bei 2G nachhaltig antreiben wird.“
Unterm Strich führte der temporäre Umsatzrückgang durch die ERP-Einführung insbesondere im Bereich Service im dritten Quartal zu einem negativen Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) von -0,9 Mio. Euro nach +4,9 Mio. im Vorjahr. Doch der Auftragsbestand ist weiter gestiegen auf rund 250 Mio. Euro.
Außerhalb Deutschlands setzt 2G unverändert ihren Wachstumskurs fort. So legte der Umsatz in Nord-Amerika dank des hohen Auftragsbestands wie erwartet deutlich zu. Darin noch nicht enthalten sind Aufträge und Umsätze für die Lieferung von Kraftwerken in Verbindung mit Rechenzentren. Dieses Segment ist nachhaltig von einem strukturellen Nachfrageüberhang mit Einzelprojektgrößen von teils mehreren hundert Megawatt gekennzeichnet. 2G befindet sich in einer Reihe von fortgeschrittenen Gesprächen zu Großprojekten mit Investoren aus diesem rasch wachsenden Markt.
Die anziehende Nachfrage nach Kraftwerkslösungen ist auch im Bereich der Mietlösungen sichtbar, um schnell und flexibel Problemstellungen im Feld zu adressieren. Mit der Gründung der Tochtergesellschaft "2G Energy Rental North America, LLC" trägt 2G diesem äußerst attraktiven Marktsegment Rechnung. Die neue Gesellschaft wird ab Anfang 2026 ein operatives Mietgeschäft für kurz- und mittelfristige Lösungen aufbauen. Sie wurde als Joint Venture mit dem in diesem Bereich erfahrenen US-Partner Clarus Energy gegründet.
Auch wenn sich die meisten Vertriebsregionen außerhalb Deutschlands im dritten Quartal 2025 sehr erfreulich entwickelt haben, führt der vorübergehende Umsatzrückgang im Heimatmarkt zu einer deutlichen Einbuße beim EBIT, das von +4,9 Mio. auf -0,9 Mio. Euro gesunken ist.
"Der temporäre Rückgang im Umsatzvolumen, verbunden mit einer reichlich gefüllten Projektpipeline und entsprechend langen To-Do-Listen, führt erwartungsgemäß zu EBIT-Einbußen", so CFO Friedrich Pehle. "Aber diese Investitionen sind notwendig. Neben dem deutschen Biomasse-Paket und dem globalen Nachfrageüberhang bei der Stromversorgung von Rechenzentren sehen wir weitere Megatrends, auf die wir uns u.a. mit einem deutlich leistungsfähigerem ERP-System und zusätzlicher Kapazität vorbereiten".
Zu diesen zusätzlichen Megatrends zählen die Umstellung der Wärmeerzeugung auch auf Großwärmepumpen sowie die Errichtung von Gasreservekraftwerken zur Absicherung der Grundlastfähigkeit in einem von erneuerbaren Energien geprägten Systemumfeld.
Dies wird unterfüttert durch eine Umfrage des Handelsblatts unter den größten Kraftwerksbetreibern und deren Zulieferern. Eigentlich wollte Deutschland bis 2030 neue Gaskraftwerke errichten, um den fortschreitenden Ausstieg aus dem Kohlestrom auszugleichen. Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt, den Bau neuer Gaskraftwerke von bis zu 20 Gigawatt (GW) Leistung in Deutschland fördern zu wollen, doch nun will sich die Regierungskoalition mit der Europäischen Kommission darauf verständigen, dass Deutschland zunächst bis zu 12 GW an Kraftwerken ausschreiben darf. Bestenfalls können die dann auch schnell in den Bau gehen, doch in der Praxis stehen die Unternehmen, die das umsetzen sollen, vor großen Herausforderungen. Und so dürfte es beim von der Bundesregierung geplanten Bau neuer Gaskraftwerke für einige Unternehmen langsamer vorangehen als geplant, wodurch kleine, dezentrale Gasmotoren an Bedeutung gewinnen könnten.
Starker Auftritt auf dem Eigenkapitalforum
Erst vor wenigen Tagen fand das jährliche Eigenkapitalforum statt und 2G Energy mutzte die Chance, sich dort zu präsentieren. Und der Auftritt ist durchaus gelungen.
Es wurde berichtet, dass die Wachstumsprognose für das Jahr 2026 steht und durch den Rekordauftragsbestand von 250 Mio. Euro mit einer guten Visibilität untermauert sei. Dabei soll der Umsatz von 380 bis 400 Mio. Euro und die EBIT-Marge von 6,5 % bis 8 % auf 440 bis 490 Mio. Euro sowie 9 % bis 11 % steigen.
Zudem sei die EU-Genehmigung für das Gesetzespaket zur Förderung von Biomasseanlagen mittlerweile da, so dass die Ausschreibungsvolumina für Biomasse von 2 GW auf 2,8 GW hochschnellen sollten. Mit einem Marktanteil von rund 30 % erwartet 2G Energy hieraus einen mehrjährigen Nachfrageschub.
Die auf dem Wiederaufbau der Ukraine ruhenden Hoffnungen bestätigten sich bisher nicht und der Auftragseingang war hier zuletzt eher schwach. Doch das dürfte sich ändern, zeigt sich CFO Pehle zuversichtlich, da neue Tender mit europäischem Geld aufgelegt wurden. Die hieraus finanzierten Stromversorgungslösungen sollen auch sofort geliefert werden, wovon 2G Energy einen substanziellen Anteil akquirieren will, was sich entsprechend positiv auf den Ordereingang bei BHKWs auswirken würde.
2G goes Datacenter
Doch die wirklichen Bug News gab es zum Data Center-Geschäft. KI entwickelt sich rasant und der bisher sporadisch auftretende Nachfrageschub nach Energie analog zu den Nutzeranfragen transformiert sich zu einer dauerhaften Leistungsnachfrage, da „agentische KI“ rund um die Uhr im Hintergrund aktiv ist. Daher benötigen neue Data Center in Europa sowie den USA ein eigenes Kraftwerk, das sie rund um die Uhr mit Strom versorgt.
2G Energy erwartet hier einen ersten großen Auftrag innerhalb der nächsten sechs Monate. Dieser dürfte im Bereich von über 100 MW liegen und könnte später sogar mehrere hundert MW umfassen. CEO Hofelich flog dazu persönlich in die USA, um das Business voranzutreiben.
Kommt 2G hier wie erhofft zum Zug, stünde das neue Data Center-Geschäft vor sehr großen Aufträgen in den nächsten Quartalen. Und dann dürfte auch die angepeilte EBIT-Marge von 11 % noch nicht der Höchstwert sein. Und auch für die Verstetigung der Geschäftsergebnisse wäre ein signifikanter Zuwachs bei Data Center-Aufträgen hilfreich, denn die hieraus resultierenden Service-Umsätze würden durch den 24/7-Betrieb viel Wartung erfordern.
Bullcase vs. Bearcase
Der Energiehunger der Welt nimmt zu und verstärkt sich zunehmend. Das liegt vor allem an der rasanten Entwicklung der KI. Der Aufbau großer zentraler Kraftwerke benötigt viele Jahre und an neuen Standorten erweisen sich bürokratische Hemmnisse und nötige Genehmigungen sowie lokaler Widerstand, weshalb der Bedarf an dezentralen, flexiblen Energielösungen weltweit steigt.
Die Erweiterung der Geschäftsaktivitäten auf Wärmepumpen und Wasserstoff sowie die Fähigkeit zur Umrüstung bestehender Anlagen auf Wasserstoff stärken die Marktposition von 2G Energy und die internationale Skalierung in die Wachstumsregionen Nordamerika, Osteuropa, Skandinavien und Südeuropa reduziert die Abhängigkeit vom deutschen Markt.
Zudem bietet die Digitalisierung erhebliche Chancen, denn Predictive Maintenance und smarte Netzintegration schaffen wiederkehrende Erlöse und höhere Serviceanteile.
Erhebliche Risiken birgt die regulatorische Abhängigkeit, denn Förderprogramme und politische Entscheidungen beeinflussen die Nachfrage – das gilt in besonderem Maße für den Kernmarkt Deutschland. Im maßgeblichen Projektgeschäft können Verzögerungen bei Ausschreibungen oder Genehmigungen zu teilweise erheblichen Umsatzverschiebungen führen und im schlimmsten Fall zum Canceln bereits sicher geglaubter Aufträge.
Fazit
2G Energy hat sich als innovativer, international wachsender und technologisch flexibler Anbieter im Energiesektor etabliert. Die Kombination aus Servicekompetenz, Wasserstofffähigkeit, Wärmepumpentechnologie und digitaler Integration macht das Unternehmen gut gerüstet für die dezentrale Energiezukunft.
Im laufenden Jahr legt der Umsatz deutlich dynamischer zu und generierte damit ein positives Signal nach mehreren durchwachsenen Vorjahren. Der Aktienkurs ist in den letzten zwölf Monaten von rund 20 auf knapp 35 Euro gestiegen und hat zwischenzeitliche Einbrüche gut kompensiert. Doch für Euphorie ist wenig Raum, denn die 5-Jahres-Performance ist nahezu identisch. Damit gab es vier Jahre Nullrunden für die Aktionäre und das in einer Phase, wo die Börsen auf Rekordjagd waren.
Doch die Wahrscheinlichkeit ist gar nicht so gering, dass der jüngste Kursausbruch kein Strohfeuer war. Die Perspektiven stimmen und hellen sich weiter auf und wenn es gelingt, in den wachstumsstarken Zukunftsfeldern Aufträge zu generieren, würde die hierauf folgende starke fundamentale Entwicklung auch dem Kurs kräftige Wachstumsimpulse einhauchen. Jetz müssen also nur noch die Wünsche in Erfüllung gehen – aber dafür ist die Weihnachtszeit ja geradezu prädestiniert.
Die 4 wichtigsten Dinge, die man über 2G Energy wissen muss
- 2G Energy ist ein führender Anbieter dezentraler Energielösungen und damit ein wesentlicher Treiber der Energiewende – in Deutschland, Europa und in den USA.
- Das Unternehmen entwickelt, produziert und vertreibt Blockheizkraftwerke sowie ergänzende Technologien wie Großwärmepumpen.
- Nach eher durchwachsenden Erfolgen in den letzten Jahren starten die Geschäfte in 2025 dynamisch durch und sollten nach der Schwäche im 3. Quartal wieder Fahrt aufnehmen.
- Insbesondere der Megatrend KI-Rechenzentren könnte sich für 2G Energy zum neuen dynamischen Wachstumsfeld entwickeln, sowohl in den USA als auch hierzulande.
Disclaimer: Habe 2G Energy weder auf meiner Beobachtungsliste noch in meinem Depot/Wiki.

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