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Samstag, 23. November 2019

Intuit: Endlich an Steuern richtig mitverdienen!

Intuit, ein führender Anbieter von Buchführungs- und Steuersoftware, hat Zahlen zum ersten Geschäftsquartal vorgelegt und die Erwartungen des Marktes zum fünften Mal in Folge deutlich übertroffen. Und der Kurs fiel fast 5%. Was war passiert? Der Ausblick auf das vierte Quartal war dem Markt zu verhalten, zu konservativ, und daher gab es einen kleinen Sell-off. Und das passiert nicht zum ersten Mal, denn Intuit prognostiziert regelmäßig eher zurückhaltend, um am Ende nicht zurückrudern zu müssen, sondern lieber überzuerfüllen. Mir gefällt das, das Unternehmen, die Art des Managements, das Business und die Aktie. Und die Aussichten sehen weiterhin prächtig aus, wenn man genauer hinsieht...

Im Rahmen meiner Recherchen zu meiner Portfoliocheck-Serie, bei der ich für das Aktien Magazin regelmäßig den besten Value Investoren ins Depot blicke, nehme ich mir ja auch das Portfolio von Frank Sands vor, dessen Investments seine "sechs Kriterien für dominierende Wachstumsunternehmen" erfüllen müssen:

  • nachhaltiges überdurchschnittliches Gewinnwachstum
  • Marktführerschaft in ihrer jeweiligen Branche
  • bedeutende Wettbewerbsvorteile (ökonomischer Burggraben) / ein einzigartiges Geschäftsmodell
  • eine klare Philosophie sowie einen Wert schöpfenden Fokus
  • Finanzstärke
  • eine angemessene Bewertung im Hinblick auf Markt- und Geschäftsaussichten

Im Sommer habe ich mir deshalb seinen Portfoliowert Intuit genauer vorgenommen und mich zunehmend für deren Geschäftsmodell erwärmen können.

Intuits Business

Intuit bietet verschiedene Arten von Finanzsoftware an und seine wichtigsten Produktlinien sind QuickBooks, TurboTax und Quicken, die sowohl von Privatpersonen, aber vor allem von Kleinunternehmen, Buchhaltungs- und prüfungsexperten sowie Finanzdienstleistern genutzt werden. Für Buchhalter werden zusätzlich die Steuerprogramme ProSeries und Lacerte angeboten und allen Produkten ist gemein, dass sie ihre Anwender bei den alltäglichen Anforderungen wie Rechnungen bezahlen, Guthaben überprüfen, Gehaltslisten erstellen und Steuererklärungen und -prüfungen unterstützen.

Das Geschäft von Intuit ist zwischen Unternehmensführungs- und Steuersoftware etwa hälftig verteilt, wobei im Bereich der Steuersoftware Intuit allerdings noch einen relativ hohen Anteil an Lizenzverkäufen aufweist. Das ist einerseits eine Schwäche, weil es die Einnahmen stärker schwanken lässt, da der Absatz immer dann hochschnellt, wenn die Privatleute ihre Steuererklärungen abgeben müssen, auf der anderer Seite ist es ein zusätzlicher interner Wachstumsmotor, weil hier noch ein zufriedener Kundenstamm auf den Umstieg auf das SaaS-Modell wartet (Software-as-a-Service). Neben dem Zuwachs an Kunden kann auch die Qualität der bisherigen Kunden weiter verbessert werden.

Intuit (Quelle: wallstreet-online.de)
Daneben hat Intuit gerade im Bereich der Businesskunden, also Buchhaltern und Steuerberatern, einen massiven ökonomischen Burggraben, basierend auf hohen Wechselkosten. Wer viele Mandanten betreut und ihre Daten allesamt über die Intuit-Software verwaltet, muss schon einen sehr gewichtigen Grund haben, wenn er die Software wechselt. Denn es müssten für jeden Kunden nicht nur die Stammdaten, sondern auch alle individuellen Buchungsvorgänge übertragen werden. Was auch auf Seiten der Kunden zu erheblichem Aufwand führen dürfte, was einen Wechsel noch unattraktiver macht.

Intuit stellt traditionell im vierten Geschäftsquartal (Q2/2019) neue Produkte bzw. Produktverbesserungen für die anstehende neue Steuersaison vor. Genau beobachtet werden hier vor allem die Fortschritte im Bereich Künstlicher Intelligenz, denn hier hatte Intuit Ende Mai das Data Analytics-Start-up Origami Logic übernommen, um sich zusätzlich als Expertenplattform für Steuer- und Kleinunternehmen zu positionieren.

An Neuerungen gab es einiges: Intuit hat QuickBooks Live ins Leben gerufen, womit kleine Unternehmen mit Live-Experten zusammengebracht werden, um die Nutzung zu vereinfachen und Probleme besser zu lösen. Die neue Cashflow-Planer-Funktion in QuickBooks hilft Start-ups, die ständig dem Risiko ausgesetzt sind, auf negative Bankguthaben zu stoßen. Das Unternehmen führte auch eine Schlüsselfunktion in seiner Turbo-Anwendung ein, mit der Kunden ihre Kredit-Scores überwachen und verbessern können, um ihre Kreditwürdigkeit zu verbessern.

Funktionen wie diese sind der Grund für das starke Abonnentenwachstum der Intuit-Produkte, insbesondere von QuickBooks, die für immer mehr Start-ups weltweit zur Standrad-Buchhaltungssoftware werden. Und die positiven Folgen zeigen sich in den Geschäftszahlen.

Die Zahlen zum ersten Geschäftsquartal

Im ersten Geschäftsquartal (Q3/2019) wurde ein Umsatz von $1,17 Mrd. erzielt (+14,7% im Jahresvergleich) und ein Non-GAAP EPS von $0,41 ($0,16 über den Erwartungen) bzw. ein GAAP EPS von $0,22 ($0,25 über den Erwartungen). Damit lag das bereinigte Ergebnis je Aktie 41,38% über den 29 Cents im Vorjahreszeitraum und der Umsatz lag um 14,71% über dem Wert von $1,02 Mrd., der im ersten Quartal 2019 ausgewiesen wurde. Das traditionell Ergebnis schwache erste Quartal weist ein operatives Plus aus im Vergleich zu einem operativen Verlust im ersten Geschäftsquartal 2019. Unterm Strich verbleibt ein Nettogewinn von $57 Mio., der einer Steigerung von 67,65% gegenüber dem im Vorjahr ausgewiesenen Nettogewinn von $34 Mio. entspricht.

Der Umsatz wurde im Wesentlichen durch ein Wachstum von 15% im Segment Kleinunternehmen und Selbstständige Kunden angetrieben, auf das $1 Mrd. des Umsatzes entfielen. Allein in diesem Segment wuchs QuickBooks Online um 41%, da weltweit immer mehr Start-ups und kleine Unternehmen das Produkt bevorzugt einsetzen, um ihre Buchhaltungsunterlagen zu führen. Dabei stammten bereits fast 60% der Online-Einnahmen von internationalen Abonnenten und Intuit ist inzwischen der führende Anbieter für Cloud-Accounting-Abonnenten in Großbritannien. Die Online-Zahlungs- und Gehaltsabrechnungsanwendungen von QuickBooks wuchsen im Vergleich zum Vorjahresquartal um 27%. Saustarke Zahlen, findet auch CEO Sasan Goodarzi: "Das war ein starkes Quartal über das gesamte Unternehmen hinweg. Wir machen weitere Fortschritte in unserer Strategie, eine von K.I. (Künstliche Intelligenz) angetriebene Expertenplattform zu werden. Der Umsatz unseres Small Business Online-Ökosystems stieg um 35% und übertraf unser Ziel, um 30% oder mehr zu wachsen."

Schwacher Ausblick?

Der Blick zurück war sehr erfreulich, der Blick nach vorne trüb. So muss man wohl den Kursverlauf interpretieren. Aber schauen wir uns den Ausblick doch mal an:

Intuit erwartet für das zweite Geschäftsquartal (Q4/2019) einen Gewinn je Aktie zwischen $1,00 und $1,03, während der Markt $1,16 erwartet (hatte). Das Umsatzwachstum soll zwischen 11% und 13% liegen und damit den Umsatz auf $1,67 bis $1,7 Mrd. hieven - was über den Erwartungen des Marktes von $1,66 Mrd. liegt. Das Unternehmen bestätigt seinen Ausblick für das Geschäftsjahr mit einem Umsatz von $7,44 bis $7,54 Mrd. und einem Gewinn je Aktie zwischen $7,50 und $7,60.

Meine Einschätzung

Inuits Gewinnschätzungen liegen deutlich unter den Erwartungen, aber beim Umsatz sogar drüber. Das Unternehmen erzielt bisher nur einen Teil seiner Umsätze aus SaaS-Einnahmen und fast die Hälfte stammt noch aus den klassischen Lizenzverkäufen. Daher sind die Umsätze und Ergebnisse nicht so gut planbar wie bei reinen SaaS-Anbietern. Andererseits steigt der SaaS-Anteil an den Umsätzen kontinuierlich an, was zusätzliches Potenzial für Intuit bietet und die Bewertungsrelationen weiter erhöhen kann. Das Management hat eine beeindruckende Historie im Übertreffen der Gewinnschätzungen, daher stellt der eher konservative Ausblick für mich kein Warnsignal dar. Im Gegenteil: er zeigt mir, dass das Management trotz des starken Wachstums und der vielen Verbesserungen der Produkte weiterhin die Bodenhaftung behält.

Und eines ist sicher: die Steuergesetze werden immer wieder Änderungen unterliegen und erfordern daher ständig Anpassungen. Ich erstelle meine private Einkommensteuererklärung ja selbst und das wird von Jahr zu Jahr komplizierter. Auch weil die Steuererklärung inzwischen online abzugeben ist und ich alte und bewährte eigene Zusammenstellungen nicht mehr verwenden konnte, sondern unter erheblichem Aufwand vieles verändern musste, um die Daten überhaupt ans Finanzamt abliefern zu können. Ohne dass am Ende etwas anderes dabei herauskommt. Einfach nur Zusatzaufwand. Und das wird auch künftig nicht anders und daher wird die Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen, die zu günstigen Kosten Abhilfe bzw. Unterstützung bieten, weiterhin hoch bleiben. Und sogar noch zunehmen, denn die Papierform wird weiter zurückgedrängt werden und bald nur noch Onlineerfassung möglich sein. Und da man nur einmal im Jahr mit seiner Steuererklärung zu kämpfen hat, stellt sich auch kaum ein Gewöhnungsfaktor ein. Daher wird man "seine" Steuersoftware nicht unnötig wechseln, wenn man einmal alle Daten erfasst hat und in etwas weiß, wo welche Beträge einzutragen sind und welche Teile der Steuererklärung man weglassen kann. Bequemlichkeit des Nutzers ist auch eine Art von Burggraben - für den Anbieter.

Intuit bleibt daher ein aussichtsreiches Wachstumsunternehmen mit großem Potenzial, das auch vor Übernahmen nicht zurückschreckt, um sich vertikal und horizontal zu verstärken. Je größer der Anteil der SaaS-Umsätze wird, desto stärker steigen die Margen und damit die Skalierbarkeit der Produkte. Mag ich!

Disclaimer
Intuit befindet sich auf meiner Beobachtungsliste und in meinem Depot.

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