▶ ÜBERSICHT | THEMENSCHWERPUNKTE

Mittwoch, 11. Dezember 2019

Euromicron rutscht in die Pleite. Und nicht nur Funkwerk dürfte Chancen wittern...

Eine Unternehmenspleite selbst ist kein Grund zur Freude, denn es geht um Ängste der Mitarbeiter, um Nöte, um Existenzen. Und doch sind Pleiten unausweichlich, sie sind nötig, damit die besseren Unternehmen und Ideen sich durchsetzen können. Dieser darwinistische Gedanke birgt somit auch Chancen.

Euromicron hat gestern Abend angekündigt, dass man heute "beim zuständigen Amtsgericht Offenbach am Main einen Antrag auf Einleitung eines Schutzschirmverfahrens" stellen werde. Das "vorläufige Eigenverwaltungsverfahren soll sich dabei ausschließlich auf die Holding euromicron AG beziehen. Alle in- und ausländischen Tochtergesellschaften werden nicht am Schutzschirmverfahren teilnehmen und werden nach gegenwärtigem Stand ihren operativen Geschäftsbetrieb fortführen" heißt es weiter.
»Kapitalismus ohne Bankrott ist wie eine Religion ohne Hölle.«
(Charlie Munger)
Der Aktienkurs der euromicron AG rauscht heute natürlich um 90% in die Tiefe und auch für die Funkwerk AG hat die Ankündigung Konsequenzen, denn man hatte ja erst im Juli im Rahmen einer Kapitalerhöhung in zwei Schritten 15,36% der Anteile an der euromicron AG zu €3,40 je Aktie übernommen. Auf den ersten Blick sieht das nicht (mehr) nach einem guten Geschäft aus, aber da steckt vielleicht noch mehr dahinter...

Basics

Schauen wir also mal auf die Faktenlage. Euromicron teilte als Grund für den Insolvenzantrag mit: "Nachdem Gespräche über einen Überbrückungskredit oder andere liquiditätsstützende Maßnahmen zur Sicherung der Finanzierung des Konzerns gescheitert sind, ist die positive Fortführungsprognose entfallen und damit die Gesellschaft überschuldet". Euromicron ist also überschuldet, was angesichts des enormen Verschuldungsgrads nicht wirklich überraschen kann. Man hatte sich um weitere externe Geldmittel bemüht, diese aber nicht mehr bekommen. Im Grunde scheitere man wohl an der nicht mehr vorhandenen Liquidität, die ja einen eigenen Insolvenztatbestand darstellt.

Erstaunlich ist dabei, wie schnell Euromicron die erst vor einem halben Jahr eingesammelten frischen Mittel von Funkwerk und weiteren Aktionären verbrannt hat. Aber auch hierbei hat Euromicron eine lange und unrühmliche Tradition.

Insolvenz in Eigenverantwortung

Was bedeutet nun ein "Schutzschirmverfahren" bzw. ein "Eigenverwaltungsverfahren"? Bei einer Insolvenz in Eigenverwaltung gem. §§ 270-285 InsO bleibt anstelle eines gerichtlich bestellten Insolvenzverwalters der bisherige Vorstand der Handelnde, wenn auch unter Beobachtung eines gerichtlich bestellten Sachwalters. Das Unternehmen erarbeitet dann zügig einen Insolvenzplan mit dem Ziel der Sanierung.

Der (aktuelle und künftige) Vorstand der Euromicron AG

Gehen wir mal davon aus, dass das Gericht dem Antrag zustimmt und Euromicron sich in Eigenregie sanieren darf. Dann richtet sich der Blick natürlich auf die handelnden Akteure, den Vorstand der euromicron AG. Am 13.11.2018 gab Euromicron eine komplette Neuaufstellung im Vorstand bekannt. Vorstandssprecherin seit März 2015 ist Bettina Meyer, die aber Ende März 2020 ausscheiden wird. Dr. Frank Schmitt ist seit 01.02.2019 Chief Operations Officer (COO) für das Segment "Kritische Infrastrukturen" und das Segment"Distribution". Diese beiden sind der Vorstand und "leiten" somit auch das Insolvenzverfahren in Eigenregie.

Ab 1.1.2020 stoßen Dr. Michael Hofer als Chief Financial Officer (CFO) für die Bereiche Finanzen, Controlling, Personal, IT sowie Dr. Andreas Schmid als Chief Operations Officer (COO)für das Segment "Intelligente Gebäudetechnik" hinzu. Dr. Hofer war zuletzt als Chief Financial Officer (CFO) und Group Finance Director für die Kapsch TrafficCom in Amerika tätig und Dr. Schmid stammt von der Funkwerk AG, wo er seit 2018 als Vorstand die Verantwortung für die Geschäftsfelder Videosysteme und Internet of Things wahrgenommen hat. Aber noch sind sie nicht im Vorstand...

Was läuft da im Hintergrund?

So, nun lassen wir die Gedanken mal etwas weiter kreisen und schauen über den Tellerrand. Funkwerk hatte sich bei Euromicron eingekauft, in einen Gemischtwarenladen mit diversen Tochterunternehmen, die allesamt nicht von der Insolvenz der Mutter betroffen sind. Schon bei dem Einstieg wurde spekuliert, was Funkwerk mit Euromicron will, da nur einige der Töchter zu Funkwerk passen, aber bei weitem nicht alle. Nun, Großaktionär der Funkwerk AG ist die Hörmann Gruppe (Anteil 78,35%) und die hat auch schon beim Euromicron-Einstieg im Hintergrund die Fäden gezogen - und Funkwerk vorgeschickt.

Euromicron teilte weiter mit: "Inzwischen sind Gespräche mit einem strategischen Investor zur Übernahme der operativen Tochtergesellschaften angelaufen. Der Investor hat hierzu heute ein Erwerberkonzept vorgelegt und strebt eine Verwertungsvereinbarung mit den finanzierenden Banken und Avalgebern an".

Der "strategische Investor" ist meiner Meinung nach nicht die Funkwerk AG, sondern deren Mutter Hörmann. Außer diesen beiden kann es kein anderer sein, denn am Tag vor Stellung des Insolvenzantrags konnte dieser "strategische Investor" bereits ein Erwerberkonzept vorlegen - also muss er sich mit der Thematik schon länger und intensiver befasst haben. Und von dem bevorstehenden Insolvenzantrag gewusst haben. Also Euromicron-Aktionär Funkwerk und/oder deren Mutter Hörmann, die im Funkwerk-Aufsichtsrat vertreten ist.

Hörmann sicherte sich gerade erst zusätzliche Kreditlinien

Montag, am 9.12.2019, also einen Tag vor der Insolvenzmeldung der Euromicron AG, hatte Hörmann selbst eine Meldung herausgegeben, man habe mit seinem finanzierenden Banken die bestehenden Kreditlinien von €30 Mio. auf €40 Mio. angehoben und diese revolvierende Kreditlinie wurde auf fünf Jahre mit zweijähriger Verlängerungsoption abgeschlossen.

Meine Einschätzung: "Anleger, hört die Signale..."

Fügt man die ganzen Puzzleteile zusammen, dann hat Hörmann an einer Reihe von Euromicron-Töchtern Interesse und einige davon würden auch zur Hörmann-Tochter Funkwerk passen. Anstatt Euromicron komplett zu übernehmen und sich damit die enorme Verschuldung ans Bein zu nageln, verzichtet man auf die möglichen Vorteile bestehender Verlustvorträge in der euromicron AG und will aus dieser lieber die Tochtergesellschaften herauskaufen. Hierzu will man mit den Schuldnern der Euromicron AG zu einer "Verwertungsvereinbarung" kommen - und das sind vor allem Banken.
Und als Kreditgeber dürften sich die Banken die Euromicron-Töchter als Sicherheiten verpfändet haben lassen, wodurch sie im Verwertungsprozess ohnehin ihre FInger maßgeblich mit im Spiel haben.

Und - Zufall, oh, Zufall - ein Bankenkonsortium unter Führung der Commerzbank hat erst einen Tag zuvor Hörman eine um €10 Mio. erhöhte mittelfristige Kreditlinie zugesagt. Was mir zeigt, dass die Banken der Idee grundsätzlich aufgeschlossen gegenüberstehen, weil sie in Hörmann und Funkwerk langfristig bessere Kreditnehmern sehen als in der latent unerfolgreichen euromicron AG. Auch wenn es natürlich keine hundertprozentige Schnittmenge zwischen den Kredit gebenden Banken von Euromicron und Hörmann gibt.

Funkwerk (Quelle: wallstreet-online.de)
Für Funkwerk und den Jahresabschluss 2019 bedeutet die Entwicklung, dass die in die Euromicron AG investierten Millionen wohl im Wert gemindert werden müssen/dürften. Wenn man wirklich der "strategische Investor" ist (oder die Mutter Hörmann), dann ist ja auch der Preis bekannt, den man im Erwerberkonzept geboten hat - das ist ja Geld, das der Euromicron AG zufließen würde und daher wäre eine Vollabschreibung der Euromicron aus meiner Sicht dann nicht vertretbar. Andererseits versucht Funkwerk ja seit Jahren, jede noch so undenkbare Möglichkeit zu finden, um seine Gewinne im Jahresabschluss klein zu rechnen. Also ist auch eine vollständige Abschreibung nicht völlig undenkbar. Funkwerk selbst teilte soeben hierzu mit: "Die Funkwerk AG hat heute überraschend davon Kenntnis erhalten, dass der Vorstand der euromicron AG, Frankfurt/Main, an der Funkwerk eine Beteiligung von 15,36 % hält, einen Antrag auf Einleitung eines Schutzschirmverfahrens beim zuständigen Amtsgericht Offenbach am Main stellen wird. Die aus heutiger Sicht erforderliche Abwertung der Beteiligung an der euromicron AG wird den Jahresüberschuss der Funkwerk AG im laufenden Geschäftsjahr voraussichtlich erheblich belasten. Das operative Geschäft der Gesellschaft wird nicht beeinflusst, die Prognose für 2019 hinsichtlich Umsatz und Betriebsergebnis hat weiterhin Bestand".

Das juckt mich jetzt nicht wirklich, denn diesen kurzfristigen Preis zahlt man, um an die lukrativen Töchter zu kommen. Ohne die Euromicron-Schulden an der Backe zu haben - also dürfte dies der deutlich bessere und für Funkwerk/Hörman lukrativere Weg sein. Insofern werte ich die Vorgänge aus Funkwerk-Sicht als mittel- und langfristig positiv und konsequent.

Und ich bin mir sicher, dass für die beiden neuen Eurmicron-AG-Vorstände und den erst kürzlich beförderten CFO in der Hörmann-Gruppe und/oder bei Funkwerk Verwendung gefunden wird. Denn diese Veränderungen im Vorstand erfolgten ja erst, nachdem Funkwerk bei Euromicron eingestiegen war und Posten im Aufsichtsrat besetzt hatte - und der Aufsichtsrat beruft und entlässt Vorstände. Insofern hat man sich da wohl kaum Leute ausgesucht, die man gar nicht haben wollte.

Als Aktionär von Funkwerk habe ich größtes Vertrauen in deren CEO Kerstin Schreiber, die maßgeblich den Turnaround und die anschließende Wiederauferstehung gestaltet hat und ich setze auch weiterhin auf diese Karte. Nur... mein Ursprungsszenario mit einer baldigen Komplettübernahme von Funkwerk durch Großaktionär Hörmann verschiebt sich auf dem Zeitstrahl weiter in die Ferne. Doch das stört mich überhaupt nicht, denn Funkwerk steigert sukzessive seinen Unternehmenswert und das ist genau das, was mich als Aktionär glücklich macht. Und der Aktienkurs wird dieser erfolgreichen Entwicklung folgen. Die Frage ist nicht ob, sondern nur wann. Und das ist nicht vorauszusehen, die Kursgewinne erfolgen oft in sehr kurzen Zeiträumen, während der Kurs ansonsten gerne auch mal monatelang vor sich hin dümpelt. Ich habe Funkwerk seit April 2016 im Depot und seitdem stehen mehr als 700% zu Buche. Das kann und wird so weitergehen und daher bin ich an schwachen tagen eher auf der Käuferseite, als dass ich mir über Gewinnmitnahmen den Kopf zerbreche...

P.S.: Ich war im Zuge des Euromicron-Einstiegs von Funkwerk gefragt worden, ob man dann nicht lieber in Euromicron investieren sollte als in Funkwerk wegen der vermeintlich höheren Chancen als Turnaround-Kandidat. Ich habe mir das damals durchaus durch den Kopf gehen lassen, aber mich dann klar pro Funkwerk und gegen einen Euromicron-Einstieg entschieden. Wegen der leidigen Euromicron-Historie, wegen des eher undurchschaubaren Bestands an Töchtern bzw. meiner Unfähigkeit, diese bewerten zu können, und weil ich im Gegenzug Funkwerk zutrau(t)e, hier eine sich bietende Chance zu ergreifen zum Wohle der Funkwerk-Aktionäre. Die aktuelle Entwicklung zeigt, dass ich mit meiner Einschätzung richtig lag. Ich habe aber zu keinem Zeitpunkt eine (so nahe drohende) Insolvenz bei Euromicron angenommen, das hat mich jetzt schon ziemlich überrascht. Es zeigt mir aber, dass man wirklich immer auch und zuerst die Risiken im Blick behalten muss und sich nicht nur auf die vermeintlichen Chancen fokussieren darf, wie Benjamin Graham es uns lehrte.

Disclaimer
Funkwerk befindet sich auf meiner Beobachtungsliste und in meinem Depot.


ERGÄNZUNG vom 12.12.2019 um 09:34

Heute hat sich Funkwerk nochmals zu Wort gemeldet und damit einen Teil meiner Überlegungen widerlegt: "Überraschender Antrag auf Schutzschirmverfahren der euromicron AG".

"Die vom Vorstand der euromicron AG beantragte Eröffnung des Schutzschirmverfahrens in Eigenverwaltung erreichte den Vorstand der Funkwerk AG völlig überraschend und ohne Vorankündigung. Auch über die von euromicron in der Ad-hoc-Mitteilung vom 10. Dezember 2019 erwähnten Gespräche mit einem der Funkwerk AG unbekannten strategischen Investor war Funkwerk zu keiner Zeit informiert und ist nicht Partei solcher Verhandlungen. Ein derart intransparentes Verhalten des euromicron-Vorstands hat die für eine strategische Partnerschaft notwendige Vertrauensbasis zerstört. Die Funkwerk AG wird die in den letzten Jahren erfolgreiche Unternehmensentwicklung aus eigener Kraft fortsetzen und sich hierbei auf weiteres dynamisches Wachstum in den Geschäftsfeldern Zugfunk, Reisendeninformation, Videosysteme und IoT (Internet of Things) konzentrieren."

Damit kappt man die Verbindung zu Euromicron und abseits von möglichen Schadensersatzansprüchen gegen die euromicron AG und ihre Organe und die darin handelnden Personen will man mit diesen "Schmuddelkindern" nichts mehr zu tun haben.

Aufgrund der Einleitung eines Schutzschirmverfahrens beim zuständigen Amtsgericht durch den Euromicron-Vorstand wird Funkwerk die Höhe der erforderlichen Abwertung der 15,36 %-igen Beteiligung an der euromicron AG, die mit €5,8 Mio. in den Finanzanlagen der Funkwerk AG bilanziert ist, prüfen.

Die Abschreibung würde das Finanzergebnis und damit den Jahresüberschuss der Funkwerk AG im laufenden Geschäftsjahr 2019 belasten; das operative Geschäft wird jedoch nicht beeinflusst. Die Prognose für Umsatz und Betriebsergebnis bleibt deshalb unverändert bestehen. Demnach erwartet der Funkwerk-Konzern im Gesamtjahr 2019 ein Umsatzplus um etwa 6% (2018: €82,7 Mio.) und ein EBIT von mindestens €11 Mio. (2018: €11,4 Mio.).

Meine Einschätzung hierzu ist, dass Funkwerk wesentlich erfolgreicher war als es die (erhöhte) Prognose aussehen lässt. Der letzte Quartalsbericht der Funkwerk-Mutter Hörmann zeigt dort in zwei Segmenten erhebliche Probleme auf (vor allem Automotive), wobei Hörmann seine Jahresprognosen beibehielt - was für mich belegt, dass es in den anderen Segmenten deutlich über Plan läuft. Und das Segment "Communication" ist maßgeblich geprägt von Funkwerk, die Hörmann voll konsolidiert. Und das operative Ergebnis sowie der deutlich erhöhte Auftragseingang und -bestand sind das, worauf es letztlich ankommt; hieraus speist sich die Zukunftsphantasie.

In welcher Höhe Funkwerk in seinem 2019er Jahresabschluss die Euromicron-Beteiligung (€5,8 Mio.) abwerten wird, bleibt abzuwarten. Da Euromicron sich ja sanieren will in Eigenregie und das Schutzschirmverfahren für drei Monate läuft, müsste es ggf. Mitte März abgeschlossen sein und das Ergebnis feststehen. Und damit dann auch, ob und wie werthaltig die euromicron AG noch ist. Und dann steht der Schaden für Funkwerk fest, so dass sich auf dieser Basis ggf. Schadensersatzansprüche von Funkwerk gerichtlich einfordern lassen würden. Hierfür wären dann ggf. auch Bilanzposten anzusetzen.

Am Ende des kurzen Euromicron-Experiments bleibt eine schlechte Erfahrung und ein einmaliger Verlust. Auf die Geschäfte von Funkwerk hat das keinen Einfluss - und möglicherweise wird in künftigen Jahren der Jahresüberschuss durch einmalige außerordentliche Erträge gepimpt, wenn dann Zahlungen aus Schadensersatzansprüchen eintrudeln.


ERGÄNZUNG vom 13.12.2019 um 18:44

Soeben meldet euromicron, dass der Aufsichtsrat unter Führung von Dr. Michael Radke (ebenfalls CEO von Funkwerk-Großaktionär Hörmann und auch Aufsichtsratsvorsitzender der Funkwerk AG) die Vorstandssprecherin Bettina Meyer nach ihrem "Putschversuch via Insolvenz" vor die Tür gesetzt hat (zur Meldung).

Das habe ich so ja auch erwartet. Interessant wird, ob der aktuell einzig verbliebene euromicron-Vorstand Dr. Frank Schmitt nun den von Frau Meyer gestellten Antrag auf ein Schutzschirmverfahren/Insolvenz in Eigenregie zurückzieht und wie die Entwicklung bei euromicron und das mögliche weitere Zusammenspiel mit Funkwerk sich entwickelt. Es bleibt spannend...


ERGÄNZUNG vom 29.12.2019 um 07:52

Nachdem das Insolvenzverfahren über die euromicron AG am 23.12.2019 offiziell eröffnet worden war, hat nun der Gläubigerausschuss zugestimmt, alle Tochtergesellschaften an die Zech-Gruppe zu veräußern; es bleibt nur die überschuldete Mutter zurück, so dass deren Aktionäre leer ausgehen. Und damit muss Funkwerk seine €5,8 Mio. Beteiligung an euromicron vollständig abschreiben, was natürlich einmalige negative Auswirkungen auf das Jahresergebnis 2019 haben wird. (zur Meldung).

10 Kommentare:

  1. Danke, Hr. Kissig.

    AntwortenLöschen
  2. Moin Herr Kissig,

    super schnelle Reaktion auf die heutige Meldung. Auch ich hab mir schon den Kopf darüber zerbrochen was denn diese Meldung bedeutet.

    Passend zu Ihrer Einschätzung passt ja auch, dass Herr Dr. Radke (CEO der Hörmann Gruppe) im September den Voristz des Aufsichtsrats der euromicron übernommen hat.

    Nichtsdestotrotz ist dieses ganze Wirrwarr für uns Privatanleger etwas schwierig zu greifen und ich bin sehr gespannt auf die weiteren Meldungen.

    Herzliche Grüße an Sie!

    Tobias

    AntwortenLöschen
  3. Hallo Michael,

    Danke für deinen super-schnellen Kommentar. Für mich sieht es auf den ersten Blick so aus, dass die Entwicklung von Euromicron gut für Hörmann ist aber ich sehe nicht die Vorteile (nur Nachteile) für Funkwerk…?
    Vielleicht könntest du uns dies nochmal kurz erläutern. Danke.

    Viele Grüße, Basti

    AntwortenLöschen
  4. Deine Schlussfolgerung scheitert aber schon an den AdHocs der Hörmann und Funkwerk, die beide ausführen überrascht von der Entwicklung zu sein. Wenn Hörmann hinter dem Erwerber stecken würde, wäre das eine falsche AdHoc udn ein offentliches Vergehen und Marktmanipulation, wie auch die der Funkwerk, da hier die Organe verflochten sind.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Sollte es wirklich so sein, dass die aktuelle Euromicon-CEO Bettina Meyer eigenmächtig gehandelt hat, dürfte das kaum widerspruchslos so hingenommen werden. Es geht ja um ein Schutzschirmverfahren, das Euromicron beantragen will/wird.

      Zitat aus dem im Artikel verlinkten Wikipedia-Artikel: "Prädestiniert ist die Eigenverwaltung dann, wenn das insolvente Unternehmen den Antrag auf ein Insolvenzverfahren frühzeitig, beispielsweise bei nur drohender Zahlungsunfähigkeit stellt und bereits in einem frühen Verfahrensstadium einen Insolvenzplan mit dem Ziel der Sanierung vorlegt. In diesem in § 270b InsO geregelten Fall kann das Gericht den vom Schuldner vorgeschlagenen Sachwalter nur bei offensichtlicher Ungeeignetheit ablehnen. Dieses als Schutzschirmverfahren bezeichnete Verfahren dient dazu, dem Schuldner das Vorbereiten der Sanierung des Unternehmens einzuleiten: Dieser erhält bis zu drei Monate Zeit, um einen Insolvenzplan auszuarbeiten. Um Missbrauch zu verhindern, muss der Schuldner eine Bescheinigung einer fachkundigen und unabhängigen Person vorlegen, dass keine Zahlungsunfähigkeit vorliegt und die Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist".

      Nehmen wir das also mal an. Die Vorstandssprecherin Bettina Meyer scheidet Ende März 2020 aus und es wurden per 1.1.2020 zwei neue Vorstände berufen. Auf das Ausrufen eines Sprechers hat man bisher bei den dann drei Vorstandsmitgliedern verzichtet.

      Wenn also nun der amtierende Vorstands kurz vor dem Wachwechsel eigenmächtig und gegen die Absprachen mit dem neuen Großaktionär Funkwerk (siehe damalige PMs zur Kapitalerhöhung bzgl. "gemeinsam entwickeln" etc.), denn müsste der Aufsichtsrat über das Vorgehen des Vorstands informiert sein. Da der Chef der Hörmann-Gruppe inzwischen AR-Vorsitzender des Euromicron-ARs ist, und Hörmann sich "überrascht" zeigt, scheint keine Information an den AR geflossen zu sein. Der AR kann aber Vorstandsmitglieder (auch per sofort) abberufen! Ich bin mir sicher, dass der Euromicron-AR heute das Thema mit Dringlichkeit berät und ggf. Schritte unternimmt. Und da einer der beiden neuen Vorstände, die zum 1.1.2020 anfangen sollen, von Funkwerk kommt, könnte dieser ggf. auch vom AR per heute zum Vorstand berufen werden. Und damit ggf. einen möglicherweise bereits eingereichten Antrag beim Insolvenzgericht auch wieder kassieren.

      Aber auch das sind natürlich alles nur Spekulationen. Warten wir es mal ab. Ist und bleibt spannend...

      Löschen
  5. Als betroffener Aktionär bin ich gespannt wann sich die Geier enttarnen.....Parallelen zu anderen Insolvenzen drängen sich auf. Das Insolvenzrecht hebelt die Interessen der Alteigentümer vollständig aus.
    Vielen Dank für die bisherige Einschätzung
    K.- W.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Natürlich schützt die Insolvenz nicht die Eigentümer, sondern die Gläubiger. Die Eigentümer haben Riskokapital investiert, die Gläubiger haben einen Vertrag erfüllt und sehen keine Gegenleistung. Bei einer AG gibt der Aktionär (außer den Erstzeichnern bzw. Zeichnern einer Kapitalerhöhung) dem Unternehmen kein Geld, ist also kein Gläubiger. Wenn der Vorstand nicht mit Geld umgehen kann, haben die Aktionäre - theoretisch - die Chance, ihn abzuberufen.

      Aber die Insolvenz schützt nicht das Eigenkapital, sondern diejenigen, die dem Insolventen Geld gegeben haben.


      Die Bewertung des Artikels teile ich und finde ich sehr gut.Tatsächlich erlebt man oft, dass andere Unternehmen teile eines insolventen Unternehmens aufkaufen und erfolgreich weiterführen, die ohne die Insolvenz weiter "ausgeblutet" wären, um Defizite anderer Teile zu kompensieren. Google kann sich das leisten - aber die meisten nicht.

      Löschen
  6. Heute hat sich Funkwerk nochmals zu Wort gemeldet und damit einen Teil meiner Überlegungen widerlegt: "Überraschender Antrag auf Schutzschirmverfahren der euromicron AG".


    "Die vom Vorstand der euromicron AG beantragte Eröffnung des Schutzschirmverfahrens in Eigenverwaltung erreichte den Vorstand der Funkwerk AG völlig überraschend und ohne Vorankündigung. Auch über die von euromicron in der Ad-hoc-Mitteilung vom 10. Dezember 2019 erwähnten Gespräche mit einem der Funkwerk AG unbekannten strategischen Investor war Funkwerk zu keiner Zeit informiert und ist nicht Partei solcher Verhandlungen. Ein derart intransparentes Verhalten des euromicron-Vorstands hat die für eine strategische Partnerschaft notwendige Vertrauensbasis zerstört. Die Funkwerk AG wird die in den letzten Jahren erfolgreiche Unternehmensentwicklung aus eigener Kraft fortsetzen und sich hierbei auf weiteres dynamisches Wachstum in den Geschäftsfeldern Zugfunk, Reisendeninformation, Videosysteme und IoT (Internet of Things) konzentrieren."

    Damit kappt man die Verbindung zu Euromicron und abseits von möglichen Schadensersatzansprüchen gegen die euromicron AG und ihre Organe und die darin handelnden Personen will man mit diesen "Schmuddelkindern" nichts mehr zu tun haben.

    Aufgrund der Einleitung eines Schutzschirmverfahrens beim zuständigen Amtsgericht durch den Euromicron-Vorstand wird Funkwerk die Höhe der erforderlichen Abwertung der 15,36 %-igen Beteiligung an der euromicron AG, die mit €5,8 Mio. in den Finanzanlagen der Funkwerk AG bilanziert ist, prüfen.

    Die Abschreibung würde das Finanzergebnis und damit den Jahresüberschuss der Funkwerk AG im laufenden Geschäftsjahr 2019 belasten; das operative Geschäft wird jedoch nicht beeinflusst. Die Prognose für Umsatz und Betriebsergebnis bleibt deshalb unverändert bestehen. Demnach erwartet der Funkwerk-Konzern im Gesamtjahr 2019 ein Umsatzplus um etwa 6% (2018: €82,7 Mio.) und ein EBIT von mindestens €11 Mio. (2018: €11,4 Mio.).

    Meine Einschätzung hierzu ist, dass Funkwerk wesentlich erfolgreicher war als es die (erhöhte) Prognose aussehen lässt. Der letzte Quartalsbericht der Funkwerk-Mutter Hörmann zeigt dort in zwei Segmenten erhebliche Probleme auf (vor allem Automotive), wobei Hörmann seine Jahresprognosen beibehielt - was für mich belegt, dass es in den anderen Segmenten deutlich über Plan läuft. Und das Segment "Communication" ist maßgeblich geprägt von Funkwerk, die Hörmann voll konsolidiert. Und das operative Ergebnis sowie der deutlich erhöhte Auftragseingang und -bestand sind das, worauf es letztlich ankommt; hieraus speist sich die Zukunftsphantasie.

    In welcher Höhe Funkwerk in seinem 2019er Jahresabschluss die Euromicron-Beteiligung (€5,8 Mio.) abwerten wird, bleibt abzuwarten. Da Euromicron sich ja sanieren will in Eigenregie und das Schutzschirmverfahren für drei Monate läuft, müsste es ggf. Mitte März abgeschlossen sein und das Ergebnis feststehen. Und damit dann auch, ob und wie werthaltig die euromicron AG noch ist. Und dann steht der Schaden für Funkwerk fest, so dass sich auf dieser Basis ggf. Schadensersatzansprüche von Funkwerk gerichtlich einfordern lassen würden. Hierfür wären dann ggf. auch Bilanzposten anzusetzen.

    Am Ende des kurzen Euromicron-Experiments bleibt eine schlechte Erfahrung und ein einmaliger Verlust. Auf die Geschäfte von Funkwerk hat das keinen Einfluss - und möglicherweise wird in künftigen Jahren der Jahresüberschuss durch einmalige außerordentliche Erträge gepimpt, wenn dann Zahlungen aus Schadensersatzansprüchen eintrudeln.

    AntwortenLöschen
  7. Soeben meldet euromicron, dass der Aufsichtsrat unter Führung von Dr. Michael Radke (ebenfalls CEO von Funkwerk-Großaktionär Hörmann und auch Aufsichtsratsvorsitzender der Funkwerk AG) die Vorstandssprecherin Bettina Meyer nach ihrem "Putschversuch via Insolvenz" vor die Tür gesetzt hat.

    Das habe ich so ja auch erwartet. Interessant wird, ob der aktuell einzig verbliebene euromicron-Vorstand Dr. Frank Schmitt nun den von Frau Meyer gestellten Antrag auf ein Schutzschirmverfahren/Insolvenz in Eigenregie zurückzieht und wie die Entwicklung bei eurmoicron und das mögliche weitere Zusammenspiel mit Funkwerk sich entwickelt. Es bleibt spannend...

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Da wird kein Insolvenzantrag mehr zurückgezogen, die Suppe ist gegessen. Das Geld, das Funkwerk reingesteckt hat, dürfte so ziemlich weg sein.

      Neu-Isenburg, 28.12.2019 - Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 23.12.2019 hat der Gläubigerausschuss der euromicron AG (WKN A1K030) der Veräußerung der in- und ausländischen Tochtergesellschaften der euromicron AG an die Gustav Zech Stiftung zugestimmt. Nach erfolgter Kartellgenehmigung sollen die Verträge kurzfristig vollzogen werden. Die Gustav Zech Stiftung finanziert den operativen Betrieb der Tochtergesellschaften der euromicron AG. Über den Gesamtkaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Der Zufluss aus der Unternehmensveräußerung reicht aller Voraussicht nach zur vollständigen Bedienung aller Insolvenzforderungen jedoch nicht aus.
      https://www.dgap.de/dgap/News/adhoc/euromicron-veraeusserung-saemtlicher-tochtergesellschaften/?newsID=1250669

      Löschen