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Donnerstag, 21. November 2019

Bausch Health: Shortseller Citron wechselt die Seiten und sieht erhebliches Kurspotenzial

Bausch Health hieß früher Valeant Pharmaceuticals und wurde von Hedgefonds-Manager Bill Ackmann mal als "die neue Berkshire Hathaway" tituliert. Er setze einen zweistelligen Milliardenbetrag auf das kanadische Unternehmen und dabei fast alles in den Sand. Ich habe das Unternehmen seit Anfang 2017 als Turnaround-Spekulation im Depot und der Kurs lag in diesen fast drei Jahren bereits um die 50% im Minus, aber auch schon um die 50% im Plus. In den letzten Wochen scheint sich die Turnaround-Spekulation nun aber endlich richtig Fahrt aufzunehmen und bei Kursen um €25 liege ich rund 70% im Plus. Und das dürfte noch nicht das Ende gewesen sein. Noch nicht einmal das Ende des Anfangs...

Der Absturz von Valeant ist auf auf eine Short-Attacke von Citron Research zurückzuführen, die von einem vernichtenden Bericht über Valeants unethische Geschäftspraktiken sowie eine ganze Reihe an Betrugsvorwürfen und Bilanzmanipulationen flankiert wurde. Und, das muss man an dieser Stelle mal ausdrücklich loben, Citron Research hat hier saubere Arbeit geleistet und die meisten Vorwürfe bestätigten sich mit der Zeit. Der Aktienkurs von Highflyer Valeant brach in sich zusammen und verlor über 90% - und Citron Research und andere Shortseller verdienten sich eine goldene Nase. Dabei möchte ich als Kritiker von Short-Attacken an dieser Stelle ausdrücklich betonen, dass Citron Research sich bei Valeant um die Kapitalmarkthygiene verdient gemacht hat, denn das Aufdecken unsauberer Geschäftspraktiken und Bilanzbetrügereien hilft allen Anlegern - auch wenn es die investierte Aktionäre natürlich viel Geld kostet, weil der Aktienkurs einbricht. Und selbst wenn die Short-Attacke mit eigenen Leerverkaufspositionen und damit eigenen Gewinnerzielungsabsichten einhergeht, macht sie es nicht alleine deshalb unmoralisch oder anrüchig. Dies ist eine Short-Attacke nur dann, wenn mit falschen oder bewusst falsch interpretierten Darstellungen von Fakten die Kurse manipuliert werden. Aber zurück zum eigentlichen Vorgang und dem, was sich daraus entwickelte...

Wesentlicher Treiber von Valeant waren teure Übernahmen von Pharmafirmen oder -produkten, deren Preise anschließend vervielfacht wurden. Oft in Nischensegmenten, wo es keine Konkurrenzprodukte gab, so dass die Patienten sich nicht gegen die Erhöhungen wehren konnten. Es kam sogar zu Untersuchungen durch den US-Kongress. Am Ende musste Valeant Preiserhöhungen zurücknehmen und enorme Abschreibungen auf seine überteuerten Zukäufe vornehmen, was die Gewinne pulverisierte. Was blieb, waren die enormen Milliardenschulden. Und die großen zweifel, ob Valeant diese jemals würde zurückzahlen können.

Und dann übernahm der Papa. Genauer gesagt Joe Papa übernahm die Führung von Valeant und erklärte, er werde das Business konsolidieren und durch Verkäufe die Schuldenlast senken. Auf diesen Aussagen fußt mein Investmentcase, bzw. meine Turnaround-Spekulation.
"First thing I need to do is stabilize the company... then after that I’ve got to turn it around and that’s going to be launching some of these new products. I’ve got to make sure that I’ve taken care of the debtholders… and then importantly honestly generate the total shareholder return."
(Joe Papa, 2016)
Zu seinem Amtsantritt kaufte Papa für einen Millionenbetrag Valeant-Aktien und damit liegt er noch immer prozentual zweistellig in Minus. Er kauft ab und zu immer mal wieder weitere Aktien, wenn auch nicht mehr im Millionenvolumen, und er setzt seine Pläne konsequent um. Man kann wirklich sagen, dass das Unternehmen heute ein völlig anderes ist, als vor drei Jahren - folgerichtig heißt es auch nicht mehr Valeant, sondern ist nach seinem größten Geschäftsfeld benannt, Bausch & Lomb.

Bausch Health konzentriert sich inzwischen auf Augenpflege, Dermatologie (Haut) sowie Gastroenterologie (Magen-Darm) und verfügt über ein breit aufgestelltes Geschäft für Spezial-Arzneimittel und Generika.

Umsatz, Cashflow, Verschuldung, Jahresausblick

Bausch Health hat kürzlich Zahlen zum abgelaufenen Quartal vorgelegt. Die Umsätze von Bausch & Lomb, die 53% des Gesamtumsatzes ausmachen, stiegen um 2,4% und die Umsätze von Salix (25% des Gesamtumsatzes) um annähernd 20%; das Gesamtumsatzwachstum betrug 4%. BHC ist es gelungen, die Margen weiter zu erhöhen und somit EBITDA und Cashflow weiter zu steigern.

Der im letzten Quartal erwirtschaftete Cashflow belief sich auf $515 Mio. und reicht damit noch immer nicht aus, um die Verschuldung des Unternehmens zu bedienen. Die ist nämlich weiterhin sehr hoch; BHC weist mit einer Nettoverschuldung von $23 Mrd. zum Ende des dritten Quartals 2019 aus, was einer Verschuldungsquote von 89,96% entspricht, bzw. dem 6,6-fachen Verhältnis von Verschuldung zu EBITDA. Hier liegen dann auch die größten Bedenken begründet von Kritikern von Bausch Health. Allerdings baut BHC seine Verschuldung stetig weiter ab und es ist gelungen, alle signifikanten bis 2023 fälligen Verbindlichkeiten zu bedienen bzw. festzuschreiben. Mit anderen Worten: BHC hat gute drei Jahre Zeit, die nächsten fälligen Schulden rezufinanzieren und/oder Mittel zu ihrer Tilgung aufzutreiben. Mit jeder Verbesserung der Lage sinken die aufgerufenen Zinssätze, was das Finanzergebnis stärkt, und mit jedem weiteren Erfolg neuer Präparate verbessern sich Cashflow und Finanzlage ebenso.

Aufgrund der stetigen Fortschritte wundert es nicht, dass Bausch Health sich inzwischen für das Gesamtjahr positiver zeigt als beim Jahreswechsel. Ende 2018 lag die Umsatzprognose des Managements für 2019 bei $8,3 bis $8,5 Mrd., während sie bis jetzt auf $8,475 bis $8,625 Mrd. angehoben wurde. Diese 2% Erhöhung sind jetzt kein Gamechanger, aber sie zeigen, dass der Turnaround hinter dem Unternehmen liegt und es langsam, aber stetig, in "normale" geschäftliche Bahnen eintritt. Es geht wieder um Umsatzwachstum, um Steigerung der Margen und Gewinne. Was letztlich auch bedeutet, dass das "Crash-Szenario", dass die Verschuldung durch Räumungsverkäufe von Tochterunternehmen und/oder Präparaten abgebaut werden müsse, abgearbeitet und abgehakt ist. Verkäufe finden nur (noch) statt, wenn die unternehmerisch und finanziell notwendig sind und nicht mehr aus der Not heraus.

Und die Pipeline von Bausch Health hat einiges zu bieten. So ist Xifaxan das einzige von der FDA zugelassene Mittel zur zweiwöchigen Behandlung des Reizdarmsyndroms. Es ist ein neuartiges Antibiotikum, das eine dauerhafte Linderung bewirkt und im dritten Quartal eine Umsatzsteigerung von 10,7% auf $394 Mio. verzeichnen konnte. Xifaxans entscheidender Vorteil ggü. anderen Therapien ist, dass es sich um eine Kurzzeitbehandlung handelt. Man nimmt zwei Wochen lang täglich eine Tablette ein und die Wirkung hält dann sechs Monate lang an. Das Medikament wirkt hauptsächlich im Darm, um das Wachstum von Bakterien zu hemmen und es  gibt keine generischen Alternativen. Daher werden seine Kosten von Medicare und den meisten Krankenversicherungen erstattet, was für die Akzeptanz bei den Patienten, neben der hohen Wirksamkeit, durchaus ein wichtiger Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg ist.

Von Saulus zum Paulus - oder wenn die Zitrone nicht mehr sauer ist...

Bausch Health (Quelle: wallstreet-online.de)
Und nun das: Shortseller Citron Research veröffentlichte kürzlich einen neuen Research-Bericht über Bausch Health. Üblicherweise brechen Aktienkurse dabei ein, doch der Kurs von Bausch Health hat im Wochenverlauf sogar deutlich zugelegt. Was daran liegt, dass Citron Research in seinem "Update" die Seiten wechselt und geradezu ein Loblied auf das Unternehmen und vor allem auf CEO Joe Papa singt. Dieser habe alle seine Versprechungen eingehalten, das Unternehmen von der unsäglichen Valeant-Vergangenheit befreit, die Schulden um viele Milliarden Dollar gesenkt, so dass bis 2023 keine signifikanten Rückzahlungen mehr anstünden, und er habe das Business konsolidiert. Bausch Health verzeichne wieder steigende Umsätze, steigende Gewinne und könne mit neuen Produkten und Medikamenten punkten.

Citron Research kommt zu dem Urteil, dass der Markt diese positiven Veränderungen noch kaum eingepreist habe und die Bausch Health-Aktie noch immer mit einem erheblichen Valeant-Abschlag bewerte. Doch der sei nicht (mehr) gerechtfertigt und stelle sich heute als deutliche Unterbewertung des Unternehmens dar. Zumal Bausch Health keinerlei Exposure im Opioid-Skandal habe und mit seinem starken Fokus auf Seh-Einschränkungen einen wachsenden Mega-Markt bediene. Kurzum, Citron Research meint, man solle denen Kredit einräumen, die ihn verdienen, und dazu zähle nun auch Bausch Health - und man setzt ein Kursziel von $40 (ca. €36) als fairen Wert an, was einem Upside-Potenzial von knapp 45% entspricht.

Meine Einschätzung

Ich habe mit Citrons Wertansatz kein Problem, denn ich denke auch, dass Bausch Health den Turnaround inzwischen hinter sich gebracht hat. Man war anfangs gezwungen, Tafelsilber zu verkaufen und obwohl er dabei unter massiven Druck stand, erzielte Joe Papa erstaunlich gute Preise für die Assets. Auch die Refinanzierung von ablaufenden Krediten und Anleihen gestaltete sich überraschend positiv und heute muss Bausch Health keine Unternehmensteile oder Präparate mehr verkaufen, um sich über Wasser halten zu können. Dennoch sagte Papa zuletzt wieder ausdrücklich, dass Bausch Health heute eher eine Beteiligungsgesellschaft im Gesundheitsbereich sei und bereit, jeden Geschäftsbereich zu verkaufen, wenn ein Käufer denn einen Preis biete, der die Potenziale der Sparte auf lange Zeit einpreise. Das gelte für Randaktivitäten ebenso wie für das Kerngeschäft Bausch & Lomb.

Joe Papa hat bisher alles eingelöst, was er 2016 nach seiner Amtsübernahme versprochen hatte: er hat das Unternehmen stabilisiert, die Bilanz in Ordnung gebracht und die Schuldenseite stabilisiert, er hat neue Produkte erfolgreich am Markt platziert, die den Cashflow und die Gewinne antreiben, und nun folgt die Fokussierung auf den "Shareholder Return". Mit anderen Worten: Bausch Health hat die Intensivstation verlassen und die Reha erfolgreich abgeschlossen. Jetzt beginnt der zweite Frühling. Also der ertragreiche Teil meiner Turnaround-Spekulation...

Disclaimer
Bausch Health und Berkshire Hathaway befinden sich auf meiner Beobachtungsliste und in meinem Depot.

2 Kommentare:

  1. Der Kurs isr recht deutlich infolge der Caronakrise gefallen. Mike, wenn Dein Szenario vom Artikel noch stimmt, dann sind das beste Einstiegskurse derzeit. Ich werde heute einen put mit Basis 12,0$, Laufzeit 17.4. shorten. Prämie dürfte bei 0,50$ liegen. Somit wäre mein EK-Preis bei 11,50$, wenn angedient würde. Ich glaube, da kann man kaum etwas falsch machen. Vielleicht mache ich das gleiche auch noch mit Basis 12,50$ mit dann auch höherer Prämieneinnahme

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    1. Gergeo, Bausch Health dürfte unter dem allgemeinen Konjunktureinbruch leiden, aber weniger als andere Firmen. Bis auf knapp 100 Mio. müssen sie bis 2022 keine Schulden refinanzieren und diese Summe will man einfach aus dem Cashflow tilgen. Die Verschuldung ist zwar insgesamt weiterhin sehr hoch, aber es bestehen kaum noch Zweifel daran, dass BHC solvent (genug) ist - sie bekommen also wieder halbwegs normale Kreditkonditionen und die liegen jeweils deutlich unter den alten; die jüngsten Zinssenkungen treiben diesen Trend noch weiter an. Daher wird das Finanzergebnis zunehmend positive Effekte auswerfen.

      Ich habe BHC im Depot und bin gespannt auf die nächsten Wirkstoffergebnisse. Da hat BHC ja noch einiges in der mittelfristigen Pipeline.

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