Wenn Unternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten kommen und ihr Börsenkurs abstürzt, kann dies eine lukrative Chance für Anleger sein. Und zwar nicht nur für Spekulanten, die der Nervenkitzel reizt, sondern auch für langfristig orientierte Value-Investoren...
»Sanierungen sind keine aufregenden Equity-Storys, aber bei Erfolg überaus ertragreich.«Doch nur bei Vorliegen ganz bestimmter Voraussetzungen spricht das Chance-Risiko-Verhältnis für ein Engagement. Aktien sind nicht alleine deshalb preiswert, weil ihr Kurs abgestützt ist, denn das würde voraussetzen, dass der Aktienkurs sich wieder auf das alte Niveau erholt. Nur dann lohnt es sich, in diese "gefallenen Engel" zu investieren! Deshalb muss man herausfinden, weshalb das Unternehmen in Schwierigkeiten steckt, was es dagegen zu tun gedenkt und wie erfolgversprechend diese Maßnahmen sein werden.
(Hendrik Leber)
»Nur weil eine Aktie fällt, heißt das nicht, dass sie nicht noch weiter fallen kann«Beispiele für "gefallene Engel" gibt es immer reichlich: Nokia, BlackBerry, IVG, Praktiker, Commerzbank, Eon, Baumot, oder die ganze Bandbreite der Solarwerte. Sie alle eint, dass sie einst heiß gehandelt wurden, dass ihre Bewertungen hoch und ihre Aussichten rosig waren. Doch dann kam der Absturz, es wurden Trends verpasst (Nokia, BlackBerry), Fehlinvestitionen getätigt (IVG), zu spät auf sich ändernde gesetzliche Rahmenbedingungen reagiert (Twintec, heute Baumot) oder eine selbstzerstörerische Strategie eingeschlagen (Praktiker, IVG, Commerzbank). Die Aktien der einstigen Lieblinge können heute zu Ausverkaufspreisen erworben werden, und zu ihren Glanzzeiten hätte man sich nach solchen Kursen die Finger geleckt. Und doch... die Aktien stehen nicht ohne Grund so tief, manche sind gar zum Penny-Stock verkommen, und Aktionäre sollten sich der Risiken stets bewusst sein: sie sind Eigentümer, keine Gläubiger. Im Insolvenzfall bekommen die Eigentümer als letztes Geld, wenn alle anderen bereits vollständig ausgezahlt wurden. Doch meistens liegt die Insolvenzquote deutlich unterhalb der Forderungen der Gläubiger, so dass Aktionäre nur in ganz seltenen Fällen aus den Masse-Erlösen bedient werden können.
(Peter Lynch)
»Der Totalverlust ist die hässliche Schwester des Turnarounds.«Eine Turnaround-Spekulation setzt auf das Ausbleiben der Insolvenz, auf die erfolgreiche Restrukturierung des Unternehmens. Als Anleger muss man also einschätzen (können), ob das Unternehmen wieder die Kurve kriegt, oder nicht. Das ist gar nicht so leicht, man braucht sich nur Yahoo anzusehen, die seit Jahren verzweifelt versuchen, mit ständig wechselnden Strategien und Partnern in ihrem einstigen Hauptmarkt, den Internet-Werbeanzeigen, gegen den Branchengiganten Alphabet (Google) zu punkten. Oder Hewlett-Packard, der Inbegriff von Computer-Hardware der vergangenen Jahrzehnte, die den Trend zu Tablets komplett verschlafen haben und bisher kaum zu Hoffnungen Anlass geben, dass sie jemals wieder die Kurve kriegen könnten.
(Michel C. Kissig)
Dass es auch erfolgreiche Turnarounds gibt, beweist Apple. Richtig gelesen, das Unternehmen, das die Trends setzt, die iPods, die iPhones und iPads erfunden hat, das zum Unternehmen mit der höchsten Marktkapitalisierung wurde und das sich mit Google einen heißen Kampf als wertvollste Marke der Welt liefert. Dieses Unternehmen des vor einigen Jahren verstorbenen legendären Visionärs Steve Jobs stand Mitte der 1990er Jahre vor der Pleite und wurde damals von Erzfeind Microsoft gerettet. Ohne das visionäre Wirken von Steve Jobs wäre Apple heute Industriegeschichte wie Commodore mit ihrem C64. Und ohne Steve Jobs hätte es Microsofts Windows niemals gegeben - aber das ist eine andere Geschichte und für eine andere Ikone, Xerox, keine erfolgreiche. Entscheidend ist, dass Turnarounds nicht einfach so passieren, sondern dass sie harte Arbeit sind. Und es stellt sich die Frage, ob man als Aktionär, also Außenstehender, seriös bewerten kann, ob ein Turnaround-Versuch gelingt.
»Man muss die Dinge auch so tief sehen, dass sie einfach sind. Wenn man nur an der Oberfläche der Dinge bleibt, sind sie nicht einfach; aber wenn man in die Tiefe sieht, dann sieht man das Wirkliche und das ist immer einfach.«Man kann dies anhand der betriebswirtschaftlichen Kennzahlen erkennen, wenn also die Verluste verschwinden und wieder Gewinne geschrieben werden, wenn der Cashflow ins Positive dreht, wenn der Verschuldungsgrad sinkt und die Margen steigen. Oder man erkennt es anhand der neuen Produkte, die den Händlern aus den Händen gerissen werden und auf einen unternehmerischen Erfolg schließen lassen. Zu diesem Zeitpunkt kann man in die Aktien investieren und sollte auf der sicheren Seite sein, dass absehbar keine Insolvenz mehr droht. Allerdings kauft man die Aktien auf diese Art keinesfalls mehr zum Tiefstkurs, denn den haben die Spekulanten erwischt, die Zocker, eben diejenigen, die ins fallende Messer gegriffen haben und zufälligerweise zum richtigen Zeitpunkt eingestiegen sind. Denn mehr als Zufall ist es nicht.
(Konrad Adenauer)
»Kaufe nicht, wenn der Kurs am niedrigsten ist, verkaufe nicht, wenn er am höchsten ist. Das können nur Lügner.«Es scheint, als wenn für Value-Investoren nicht wirklich etwas zu holen wäre mit Turnaround-Werten. Und doch hat Warren Buffett seine Milliarden gerade mit Unternehmen gemacht, die in Krisen steckten und deren Kurse dramatisch abgestürzt waren. Richtig, jener Investor, der stets auf Ertragsstärke setzt, auf stetige und steigende Unternehmensgewinne, auf Einstiegskurse unterhalb des fairen Wertes der Aktien und dessen Mantra lautet, keine mittelmäßigen Unternehmen zu kaufen, sondern sich ausnahmslos an den Besten zu beteiligen.
(Bernard Baruch)
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Warren E. Buffett
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»Große Anlagemöglichkeiten kommen immer dann, wenn hervorragende Unternehmen vorübergehend in schwieriges Fahrwasser geraten und deshalb unterbewertet werden.«
(Warren Buffett)
»Geduld ist die oberste Tugend des Investors.«Hierfür benötigt man Geduld, man muss nicht nur die besten Unternehmen finden, sondern man muss auch auf den richtigen Zeitpunkt warten, um günstig einzusteigen. Bisweilen wartet Buffett jahrelang auf diesen Moment, um sich in einem Unternehmen zu engagieren. Und es stört ihn auch nicht, wenn er in der Zwischenzeit für seine Liquidität nur geringe Zinsen erhält - denn wenn der perfekte Einstiegszeitpunkt gekommen ist, dann fährt er langfristig deutlich höhere Renditen ein, als ihm eine bessere Verzinsung seines Cash-Bestands zuvor gebracht hätte.
(Benjamin Graham)
Machen Sie es wie Warren Buffett, finden Sie die besonderen Unternehmen, schreiben Sie sie auf eine Liste und ermitteln Sie den fairen Wert des Unternehmens. Dann ziehen Sie, wie von Benjamin Graham in seinem Standardwerk "Intelligent Investieren" beschrieben, eine Sicherheitsmarge ("Margin of Safety") von mindestens 20% ab, und bestimmen sie so den Kurs, zu dem sie einsteigen wollen. Dann warten Sie darauf, dass der Aktienkurs auf oder unter dieses Niveau fällt und dann kaufen Sie soviel sie können. Anschließend warten Sie, während die Käufe der anderen Ihr Aktienpaket immer wertvoller und Sie reich macht.
»Turnarounds seldom turn.«
(Warren Buffett)
Turnaround-Spekulationen sind Value Investing - wenn man es richtig macht!
Buffetts mahnende Worte erinnern uns daran, dass erfolgreiche Turnarounds zwar sehr lukrativ sind, aber bei Weitem keine Selbstgänger sind. Es reicht nicht aus, einfach nur Aktien zu kaufen, deren Kurs abgestürzt ist. Nein, entscheidend ist, nur die Aktien auszuwählen, deren Aktienkurs durch den Absturz unterhalb ihres fairen Wertes notiert, wo die Panik der Anleger den Kursverfall übertrieben hat und wo sich hieraus eine Sicherheitsmarge ergibt. Und daraus eine Chance auf die Wiederauferstehung.»Die meisten Anleger glauben, Qualität und nicht etwa der Preis sei der Maßstab dafür, ob eine Geldanlage riskant ist. Doch qualitativ hochwertige Aktiva können riskant und Vermögenswerte niedriger Qualität können sicher sein. Es ist alleine eine Frage des Preises, den man für sie bezahlt hat.«
(Howard Stanley Marks)
Meine Lese-Tipps
▶ "Aktien für alle: So verdienen Privatanleger an der Börse" von Peter Lynch
▶ "Der Börse einen Schritt voraus: Wie auch Sie mit Aktien verdienen können!" von Peter Lynch
▶ "Lynch III. Der Weg zum Börsenerfolg" von Peter Lynch
▶ "Die Geheimnisse der Wertpapieranalyse" von Benjamin Graham und David Dodd
▶ "Die Graham-Methode. Benjamin Grahams Value-Investing Schritt für Schritt" von Janet Lowe
▶ "Intelligent investieren" von Benjamin Graham
▶ "Der Finanz-Code: Die Erfolgsphilosophie des letzten großen Investors" von Howard Marks
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