Mittwoch, 3. Februar 2021

Was ist... ein Short-Squeeze?

Ein Short-Squeeze ist eine besondere Form einer Käuferpanik an der Börse, die zu stark steigenden Kursen eines Wertpapiers führt. Dabei geht sie eigentlich auf die Annahme sinkender Aktienkurse zurück. Insbesondere in den USA ist es üblich, dass Langfristinvestoren ihre Aktien auf Zeit verleihen und dafür eine Gebühr einstreichen. Sie haben dann während der Laufzeit dieser Leihe keine Gelegenheit, die Aktien zu verkaufen. Der Ausleihende hingegen hat die Absicht, diese geliehenen Aktien sofort an der Börse zu verkaufen. Er muss sie jedoch spätestens zum Ende der Leihe wieder zurückkaufen, um sie dem Verleiher zurückgeben zu können. Und genau das ist der Haken an der Sache...

Short-Selling

Dieses Procedere macht daher nur dann Sinn, wenn der Ausleihende sich ziemlich sicher ist, dass die Aktien stark fallen werden. Denn dann verkauft er heute noch zu relativ hohen Kursen in der Annahme, sie zu einem späteren Zeitpunkt deutlich niedriger zurückkaufen zu können (sog. Short-Selling bzw. Leerverkaufen). Die Differenz ist sein Gewinn - abzüglich des Entgelt, das er für die Aktienleihe bezahlen musste.

Je näher das Ende Leihfrist rückt, desto risikoreicher wird es für den Short-Seller. Denn sollte der Aktienkurs zwischenzeitlich wider Erwarten steigen, würde sein potenzieller Gewinn dahinschmelzen und ggf. sogar in einen Verlust umschlagen. Und genau dies kann zu einem Short-Squeeze führen, einer Kaufpanik der Short-Seller. Wenn nämlich (zu) viele auf sinkende Kurse setzen, der Kurs jedoch stark ansteigt, wollen müssen sich immer mehr Leerverkäufer noch schnell mit den Aktien eindecken, bevor der Kurs noch weiter ansteigt und sie in Bedrängnis bringt. Doch genau diese zusätzliche Nachfrage bei einem ohnehin schon ansteigenden Aktienkurs führt zu einem weiteren Anheizen der Kaufseite und somit zu noch stärker steigenden Aktienkursen. Für den Leerverkäufer entsteht so ein Teufelskreis, eine Kaufpanik, ein Melt-up. Für alle anderen Aktionäre ist es eine willkommene Kurssteigerung und für manchen auch eine emotionale Genugtuung, wenn "sein" Aktienkurs zuvor unter den Attacken der Short-Seller gelitten hatte...

7 Kommentare:

  1. Danke das du das Thema ansprichst, gibt ja auch ein paar aktuelle Fälle....
    Die Frage die ich mir stelle ist, woher leiht sich der Shortseller die Aktien? Ist es möglich, das ich z. B. diese Aktie im Depot habe und meine Bank diese ohne mein Wissen verleiht?

    Ich will shortselling mittlerweile nicht komplett verteufeln aber wenn ich lese, das mehr Aktien geshortet wurden als eigentlich verfügbar sind, muss er auch mit den Konsequenzen leben, wenn das schief geht, so ist es halt, das Leben...

    VG aus Bayern

    Joe

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    1. Ja, im Kleingedruckten behalten sich Banken/Broker üblicherweise das Recht vor, Aktien aus den Depots ihrer Kunden zu verleihen. Sie müssen dabei dennoch jederzeit sicherstellen, dass der Aktionär seine Aktien verkaufen kann - ggf. muss die Bank/der Broker die Aktien selbst über die Börse kaufen, damit sie aus dem Anlegerdepot verkauft werden kann. Ein ggf. anfallender Verlust aus der Aktion trifft natürlich alleine die Bank (und der Kunde kriegt hiervon gar nichts mit).

      Dass Short-Seller mehr als 100% des Freefloats leerverkaufen, ist natürlich (für sie) extrem gefährlich, eben weil sie sich dann bei einem starken Kursanstieg so angreifbar machen und dann zu jedem Preis mit Aktien eindecken müssen. Das haben wir ja gerade bei Gamestock, AMC, BlackBerry, Nokia usw. erlebt. Und auch, dass, wie immer, die letzten Kleinanleger die dümmsten sind, die die Kursgewinne der Early Picker bezahlen. Lemminge haben keine Lobby... Deswegen sollte man sich genau ansehen, wessen Aktientrades man folgt und in wie marktenge Aktien man bereit ist, mit der Masse hineinzufluten. Denn beim Exit ist das Schott genauso eng und dieser Flaschenhals wirkt in beide Richtungen. Und sorgt dafür, dass die frühen Trader Geld machen und die Nachzügler Geld verlieren - an die First Mover.

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    2. D. h. meine eigene Depotbank arbeitet gegen mich, wenn ich die Aktie halte, sie aber einem shortseller angeboten werden, es ist ja klar was ein shortseller macht, der Kurs soll fallen und tut es i. d. Regel auch, würde gerne wissen ob es Broker/Banken gibt die diese Aktienleihe nicht tun...

      Klar, wer mehr als 100% der verfügbaren Anteile shortet, geht ein bewusstes Risiko ein, genauso wie derjenige der zu spät auf den Zug aufspringt.
      Beide sollten wissen was sie tun und wenn nicht, eigenes Risiko

      VG
      Joe

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  2. Ist es nun so weit das das Spiel bei Game und Amc vorbei ist. Bin selbst Werder noch investiert, dennoch interessiert wie es sich auswirkt oder ob es das soweit schon gewesen ist. Nach dem heyp von Game hätte ich bei amc gefühlsmässig (totaler Neuling) mehr erwartet.

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    1. Ich bin mir nicht sicher, ob hier nicht noch ein dickes/teures juristisches Ende für alle Beteiligten folgt. Es gibt ja nicht umsonst in der EU eine "Marktmissbrauchsverordnung", die Kursmanipulationen unterbinden soll und unter Strafe stellt. Die gemeinschaftliche Verabredung, um durch Transaktionen und verbale Äußerungen den Kurs eines Wertpapiers in die gewünschte Richtung zu treiben, dürfte ziemlich zweifelsfrei eine solche Manipulation sein. Eigentlich waren mit der Regelung vor allem die Analysten, Börsenbriefschreiber und Großanleger gemeint, aber auch Kleinanleger, die sich in Internetforen austauschen, dürften hierunter fallen. Und... sollte die US-Börsenaufsicht zu dem Schluss kommen, dass das Vorgehen bei Gamestock und den anderen eine Kursmanipulation war, dann wären nicht nur die Kursgewinne abzuliefern, sondern auch Strafen zu zahlen.

      Ich sage nicht, dass es so ist und so kommen wird. Und ggf. wäre hier auch ein langwieriger Prozess zu erwarten. Aber das Risiko würde ich nicht außeracht lassen.

      Zumal es jetzt ja nicht mehr nur die "Börsen Shortseller" und Hedge Fonds sind, die heftige Verluste einfahren, sondern so viele unerfahrene Kleinanleger.

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  3. Hallo Michael,

    zunächst einmal vielen Dank für die kurze prägnante Zusammenfassung der Short-Squeeze Thematik. Ich stehe dem ganzen Thema auch kritisch gegenüber, kann jedoch nicht verstehen warum medial überall die Kleinanleger (wallstreetbets) verteufelt werden. Juristische Konsequenzen sind abzuwarten. Schade finde ich das Hedgefonsmanager seit Jahrzehnten die Börse wie ihr privates Casino behandeln und dies ungestraft bleibt, aber ...

    Übrigens habe ich durch dich vor 5 Jahren mit dem investieren angefangen. Die Qualität und Expertise die du lieferst ist schlichtweg phänomenal. Bleib so wie du bist!

    LG

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    1. Bitte mich nicht falsch verstehen: ich habe nichts dagegen, wenn (Klein-)anleger einen Short-Squeeze erkennen und dann daran verdienen wollen. Völlig legitim. Ich sehe nur nicht ein, wenn Leute meinen, für Kleinanleger würden die Regelungen und Gesetze nicht gelten. Die müssen für alle gleich gelten, das ist meine Meinung.

      Wenn nun die Profis, die Shortseller, Verluste erleiden, weil sie sich verspekuliert haben, dann habe ich mit denen wenig Mitleid. Sie wussten, was sie tun (oder sollten es wissen) und das kann eben auch viel Geld kosten, wenn man falsch liegt.

      Aber... wenn diese Verluste durch rechtswidrige und strafbare Marktmanipulationen herbeigeführt wurden, dann sollen und müssen diese konsequent bestraft werden. Ob es nun Reiche, Profis oder unwissende Kleinanleger trifft, das ist egal. "Unwissenheit schützt vor Strafe nicht" gilt universell und für jeden. Auch für ahnungslose Kleinanleger. Wäre das nicht so, würde man schnell das Vertrauen in das Funktionieren des Marktes verlieren und das würde uns allen schaden.

      P.S.: Shortseller finde ich per se nicht schlimm; sie decken halt Schwachstellen und Betrügereien in Bilanzen auf und wetten dann darauf, dass der Kurs dieser Aktien (zu Recht) abstürzt. Wofür ich wiederum kein Verständnis habe und auch keine Gnade walten lassen würde, sind gezielte Short-Attacken mit wahrheitswidrigen Behauptungen, mit böswilligen Unterstellungen und/oder Verleumdungen. Wer sich solcher Taten strafbar macht, gehört auch mit voller Härte bestraft. Und, wieder, es ist mir egal, ob es Große oder Kleine trifft, Marktmanipulation gefährdet den Markt und uns alle. Daher bin ich hier wenig/gar nicht kompromissbereit.

      P.P.S.: Vielen Dank für das freundliche Lob. =)

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