Mittwoch, 8. März 2017

VTG läuft wie auf Schienen

Wenn man bei uns an Schienen und Bahnverkehr denkt, dann zumeist an die Deutsche Bahn, an Verspätungen, Ausfälle, unfreundliches Personal und Gesprächsabbrüche beim Telefonieren. Und natürlich an immer wiederkehrende Meldungen über Bilanzverluste. Dass es auch anders geht, zeigen regionale Anbieter im Personenverkehr, aber auch ein Unternehmen, das die Schiene ausschließlich für den Transport von Gütern nutzt.

Die im SDAX beheimatete VTG unterhält kein eigenes Schienennetz, wie die Deutsche Bahn oder Union Pacific (UNP), sondern lebt von der Vermietung von Waggons. Neben Tankcontainern, die auch abseits der Schiene eingesetzt werden können, vermietet man Kessel- und Flachwagen sowie Waggons für Großraumgüter und man stellt diese auch selbst her. Darüber hinaus ist man in der Schienenlogistik tätig und organisiert den Transport von Mineralöl und Chemieprodukten. Der Kernmarkt liegt in der DACH-Region, also Deutschland, Österreich und der Schweiz, man ist aber auch in ganz Europa, Russland und den USA aktiv.

Die Schiene als Transportmittel
Der Schienenverkehr bietet enorme Kostenvorteile gegenüber seinem Hauptkonkurrenten, dem Lkw, den stetig strengere Vorschriften, kürzere Fahr- und längere Standzeiten, sowie Mautkosten gängeln. Zusätzlich kann der Schienengüterverkehr mit seinem großzügigen Platzangebot punkten und vergleichsweise wenig Staus – sofern nicht gerade bei der Bahn gestreikt wird. Andererseits ist der Gütertransport ein Massengeschäft mit dem nur geringe Margen zu verdienen sind. Hier verdient man nur über Menge und Auslastungsgrad.

Übernahme der AEE
Vor einiger Zeit übernahm VTG den etwas kleineren Schweizer Mitbewerber Ahaus Alstätter Eisenbahn Holding (AEE). Damit brach für VTG ein neues Zeitalter an. Der eigene Waggonbestand konnte so um knapp 30.000 auf 80.000 Stück aufgestockt werden und man ist nun in der Lage, ein breiteres Angebotsspektrum zu bieten, insbesondere in der Container-Logistik. Allerdings hat das Ganze auch seinen Preis, denn AEE gab es nicht geschenkt. Für den Zukauf nahm VTG eine Menge Fremdkapital in die Bücher und das kostet Geld, genauer gesagt Zinsen. Und auch der Fuhrpark selbst muss instand gehalten werden. Mit durchschnittlich 20 Jahren sind Waggons jedoch wesentlich langlebiger als Lkws.


Musste VTG 2014 noch einen durchschnittlichen Zinssatz von rund 5 % aufbringen, so konnte man Anfang diesen Jahres eine neue Vereinbarung über etwa zwei Drittel der Gesamtfinanzierung vermelden und das zu wesentlich günstigeren Konditionen. Die neue Finanzierung beinhaltet eine Tranche über 500 Mio. EUR mit einer Laufzeit von 7 Jahren sowie eine weitere Tranche in Höhe von 400 Mio. EUR mit einer Laufzeit von bis zu 5 Jahren. Diese beiden Tranchen lösen große Teile der Altfinanzierungen des Konzerns ab. Weiterhin besteht eine Kreditlinie von 300 Mio. EUR über eine Laufzeit von drei Jahren, die Flexibilität für Wachstumsinvestitionen verschafft. Mit der Refinanzierung spart VTG Kosten in Höhe von 10 Mio. EUR jährlich ein, während die anfallenden außerordentlichen Aufwendungen in Höhe von 7 Mio. EUR nur einmalig den Konzernabschluss für das Geschäftsjahr 2015 belasten.

Die Zahlen haben es in sich, der Umsatz stieg um 25,6% auf 1,027 Mrd. EUR und das operative Ergebnis (EBITDA) stieg gar um 76,2% auf 336,5 Mio. EUR.

Waggonvermietung
In der Waggonvermietung mit einem Fuhrpark von 80.000 Waggons erhöhte sich der Umsatz 2015 um 55,5% auf 537,2 Mio. EUR und das EBITDA stieg ebenfalls deutlich um 72,5% auf 335,4 Mio. EUR. Die Auslastung der Flotte lag mit 90,6% leicht unter dem Vorjahreswert von 91%, jedoch über dem Wert des Vorquartals von 89,6%. Gerade bei der Auslastung bieten sich noch große Chancen, denn die Abschreibungen lasten auf der Bilanz, ob die Waggons nun stehen oder vermietet sind. Hier zeigt sich ein Vorteil des Geschäfts, da die meisten Vermietungen Vertragslaufzeiten von mindestens drei Jahren aufweisen und somit gut planbar sind.

Schienenlogistik
Der Geschäftsbereich Schienenlogistik ist 2015 seinen Weg der Neupositionierung erfolgreich weitergegangen. So konnte sich der Umsatz trotz einer weiterhin angespannten Lage in Russland und der Ukraine sowie einem nach wie vor hohen Wettbewerbsdruck um 0,6% auf 324 Mio. EUR entwickeln, während das EBITDA deutlich auf 3,4 Mio. EUR stieg, nachdem im Vorjahr noch ein leichter Verlust von 0,2 Mio. EUR. erzielt wurde. Mit diesem Ergebnis hat dieser Geschäftsbereich wieder einen positiven Beitrag zum Konzernergebnis geleistet.

Zudem wurden zum Jahresende die restlichen 30% am Joint-Venture vom Logistikunternehmen Kühne + Nagel übernommen. Damit ist VTG alleiniger Gesellschafter des größten privaten Schienenlogistikunternehmens in Europa, der VTG Rail Logistics, und will die Reorganisation in diesem Bereich weiter zügig fortsetzen. So sollen die Aktivitäten der vielen einzelnen Ländergesellschaften gebündelt werden, um das europäische Vermietgeschäft einheitlich steuern zu können.

Tankcontainerlogistik
Der Geschäftsbereich Tankcontainerlogistik verzeichnete im vergangenen Jahr einen deutlichen Aufwärtstrend. Dazu trug, neben einmaligen Erträgen, auch der gestiegene US-Dollar-Kurs bei wie auch die Zunahme von Überseeverkehren. So stieg der Umsatz um 10,2% auf 166,3 Mio. EUR und das EBITDA verbesserte sich um 6,5% auf 13,6 Mio. EUR.

Hier macht es Sinn, sich auf das EBITDA zu fokussieren, also das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen, weil in dieser Kennzahl die Finanzierungskosten keine Rolle spielen. Die neue Finanzierung hatte für 2015 einmalig negative Auswirkungen und somit auf das Jahresergebnis und das Ergebnis je Aktie. In den Folgejahren werden sich aber dauerhaft die positiven Auswirkungen der niedrigeren Zinskosten niederschlagen.

Synergien heben, Gewinn verdreifachen
Vor einem halben Jahr machte VTG deutlich, dass es bei der Übernahme der AEE nicht nur um Größen- und Mengenwachstum ging, sondern auch um Effizienz. Das preisintensive und margenschwache Geschäft könnte mehr abwerfen als bisher und so hat man bei VTG neue mittelfristige Wachstums- und Profitabilitätsziele für den Zeitraum bis 2018 festgelegt. Die Wettbewerbsfähigkeit soll insbesondere dadurch gestärkt werden, dass man agiler wird und sich künftig noch stärker auf die Kunden ausrichtet.

Nachdem man für den Zeitraum 2010 bis 2015 das Ziel hatte, das EBITDA um mehr als 50% zu steigern, was nicht zuletzt auch durch den Kauf der AEE deutlich übertroffen wurde, ist das neue Ziel der Strategie „VTG 4.0“ mindestens ebenso ambitioniert: bis 2018 soll der Gewinn je Aktie gegenüber dem 2014er-Wert von 0,93 EUR mit 2,50 EUR annähernd verdreifacht werden. Bezogen auf den aktuellen Aktienkurs von 26,50 EUR bedeutete dies ein KGV von 10,6.

Das wird allerdings noch dauern. Für 2016 geht der Vorstand der VTG von einer weiterhin guten Geschäftsentwicklung aus und erwartet einen Umsatz zwischen 1,03 und 1,07 Mrd. EUR sowie ein EBITDA zwischen 345 und 355 Mio. EUR. Einen so großen Sprung wie 2015 macht man also nicht mehr, aber es kann auch nicht in jedem Jahr einen Zukauf vom Kaliber einer AEE geben. In nächster Zeit steht das Heben von Synergien im Fokus, um die mittelfristigen Ziele zu erreichen.

Dividende soll um 11% angehoben werden
Um die Aktionäre auch am Unternehmenserfolg teilhaben zu lassen, schlägt der Vorstand der Hauptversammlung am 31. Mai die Zahlung einer im Vergleich zum Vorjahr um 11% gestiegenen Dividende von 0,50 EUR pro Aktie vor. Das ergibt eine Dividendenrendite von 1,9% und kann sich durchaus sehen lassen.

Teilverkauf des Großaktionärs
Jüngst hat sich Großaktionär Wilbur Ross von einem Teil seines 35-prozentigen Aktienpakets getrennt hat und nun könnte man meinen, der 10-prozentige Teilverkauf des 78-jährigen US-Milliardärs wäre ein schlechtes Zeichen. Könnte man. Allerdings sind die Käufer keine Unbekannten, denn die Pakete gingen an die M.M. Warburg Bank und an die Joachim-Hertz-Stiftung der Tchibo-Erben, die indirekt auch am DAX-Konzern Beiersdorf maßgeblich beteiligt sind. Beide Engagements dürften von langfristiger Natur sein und daher sollte die Verbeiterung der Ankerinvestorenstruktur eher von Vorteil sein für VTG.

Bei VTG kauft man sich in ein solides und bewährtes Business ein, das nicht von großen Schwankungen geprägt ist. Das Unternehmen kann sich negativen Konjunktureinflüssen nicht entziehen, hat auf der anderen Seite aber intern eine Menge an Effizienzpotenzial, das der Vorstand in den nächsten Jahren heben möchte. Darüber hinaus dürfte man auch weiterhin die Fühler nach dem einen oder anderen Übernahmeziel ausstrecken, um auch anorganisch weiter zu wachsen. Das Kursrisiko nach unten sollte durch die langlaufenden Verträge in der Waggonvermietung begrenzt sein, während die anvisierte Hebung des Gewinns je Aktie auf 2,50 EUR noch einiges an Kurspotenzial verspricht. VTG ist damit eine solide Aktie fürs Depot, ein Ackergaul, kein Rennpferd. Was in so volatilen Zeiten, wie wir sie die letzten Monate an der Börse erlebt haben, ja durchaus als zusätzlicher Pluspunkt gewertet werden kann.

VTG befindet sich auf meiner Empfehlungsliste und in meinem Depot.


_____________________________________
ERGÄNZUNG VOM 08.03.2017, 08:03

Aktionärsstruktur

Inzwischen ist Willbur Ross komplett ausgestiegen und Wirtschaftsminister in Trumps Regierung. Die Aktionärsstruktur stellt sich nach Unternehmensangaben aktuell wie folgt dar:

29% Morgan Stanley Infrastructur
20% Kühne Holding AG
10% Joachim Hertz Stiftung
41% Streubesitz


_____________________________________
ERGÄNZUNG VOM 08.03.2017, 08:05

▸ VTG steigert Profitabilität und erhöht Dividende um 50%

VTG ist im Geschäftsjahr 2016 deutlich profitabler geworden und konnte nach untestierten Zahlen trotz eines leichten Umsatzrückgangs um 4,0% auf €986,9 Mio. (Vorjahr: €1.027,5 Mio. ) das operative Ergebnis (EBITDA) um 2,6% auf €345,3 Mio. (Vorjahr: €336,5 Mio.) verbessern. Die positive Entwicklung ist unter anderem auf die fortlaufende Realisierung von Synergien nach der AAE- Übernahme sowie erfolgreiche Maßnahmen zur Effizienzverbesserung in verschiedenen Konzernbereichen zurückzuführen.

Aufgrund des nachhaltig gestiegenen Profitabilitätsniveaus nach der AAE-Übernahme schlägt der Vorstand eine Anhebung der diesjährigen Dividende von €0,50 auf €0,75 je Aktie vor.

Weniger schön ist die Nachricht, dass der Vorstand inzwischen Zweifel hat, sein ehrgeiziges Ziel eines Gewinns je Aktie von €2,50 im Jahr 2018 erreichen zu können. Dies könne unter Umständen ein Jahr länger dauern, ließ man verlauten. Ärgerlich, aber an meinem Investmentcase ändert sich hierdurch nichts.

2 Kommentare:

  1. Kommt auf meine Watchlist. Solides Geschäft in einer nicht gehypten Branche. Genau das, was ich suche...
    Hast du dir schon mal Potash angeschaut? Kalipreise liegen am Boden und das Unternehmen macht immer noch Gewinne. Ich weiß nicht, wie die Kali- oder Phosphatpreise sich kurzfristig entwickeln, aber ich weiß, dass die Weltbevölkerung wächst und immer mehr Mäuler gestopft werden müssen. Außerdem wollen die Menschen in den Entwicklungsländern auch so viel Fleisch essen wie wir. Ohne Düngemittel geht es langfristig aber nicht.

    AntwortenLöschen
  2. Interessanter Artikel mit einem guten Geschäfts Modell. Da werde ich mal genauer einlesen ! Freue mich auf weitere Beiträge !

    AntwortenLöschen