Mittwoch, 9. Juli 2025

Kissigs Nebenwerte-Analyse zu Steyr Motors: Endlich ausgestottert?!

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Artikel aus "Der Nebenwerte Investor" Ausgabe 13/2025 vom 09.07.2025

Aktien in dieser Ausgabe: Steyr Motors, Springer Nature, Pfisterer

Steyr Motors: Endlich ausgestottert

Das Unternehmen Steyr Motors aus Österreich blickt auf eine wechselhafte Geschichte zurück. Nach mehrmaligem Scheitern, Eigentümerwechseln, Umstrukturierungen und Insolvenzen übernahm Ende 2022 schließlich der deutsche Sanierungsspezialist Mutares die Zügel und richtete Steyr Motors neu aus. Mal wieder. Aber zur Abwechslung erfolgreich. Die Rückkehr an die Börse Ende Oktober 2024 wurde zum großen Erfolg und seitdem sorgt Steyr Motors für Furore.

Das hat maßgeblich mit den veränderten Rahmenbedingungen zu tun, die sich seit 2022 eingestellt haben. Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine hat viele Veränderungen mit sich gebracht. Während der Automotivesektor schwächelt und unter Nachfrageschwäche und einem schleppenden Wechsel zu Elektroantrieben leidet, erlebt der Rüstungsbereich eine wahre Goldgräberstimmung. Anfangs gaben die europäischen NATO-Mitglieder viele ihrer Lagerbestände und älteren Modelle an Munition und Waffensystemen an die Ukraine ab, um der Verteidigungskampf zu unterstützen. Doch inzwischen füllen sie nicht mehr nur ihre Bestände wieder auf und aktualisieren ihre Waffensysteme, sondern die NATO hat sich auf ein neues Verteidigungsbudget geeinigt. Statt wie bisher 2 % des BIP sollen die Bündnisstaaten künftig 5 % für Verteidigung und Sicherheit aufwenden.

Steyr Motors als Rüstungsprofiteur

Als Motorenhersteller steht Steyr Motors hier im Fokus, denn inzwischen stammen 60 % des Umsatzes aus dem Defence-Bereich: Panzer-Antriebe, Militärfahrzeuge oder Boote, die zum Beispiel von den US Navy SEALs eingesetzt werden.

Besonderes Augenmerk liegt allerdings auf dem Kampfpanzer Leopard II, von denen viele Modelle von den NATO-Staaten an die Ukraine abgegeben wurden und der sich weltweit größter Beliebtheit erfreut. Denn viele der von Rheinmetall und KNDS hergestellten Kampfpanzer werden oft Aggregaten von Steyr Motors angetrieben.

Neben dem Defense-Sektor bedient man auch den zivilen Bereich, insbesondere Marineboote für den Freizeitsport und Rettungsdienst, Nutz- und Produktionsmaschinen, hybrid-elektrische Lösungen für Schiffe.

Darüber hinaus bietet Steyr Motors einen After-Sales-Services, also Schulungen, Wartung & Reparatur, Ersatzteilversorgung und Lizenzfertigung (z.B. in den USA und Ägypten).

Erfreulich starke Geschäftszahlen

Der Turnaround wurde durch Kostensenkung, Optimierung von Engineering‑Prozessen und gezielten Ausbau von After‑Sales- und Serviceangeboten erreicht und heute werden rund 70 % des Umsatzes durch den Verkauf von Motoren und Lizenzfertigungen erzielt. Den Rest steuern Engineering-Dienstleistungen, Ersatzteile, Wartung, Überholung, Lizenzen und After-Sales bei.

Im ersten Quartal 2025 verbuchte Steyr Motors im Vergleich zum Vorjahr einen Umsatzanstieg um 26,4 % auf 11,5 Mio. Euro und konnte sein operatives Ergebnis (EBIT) von 1,4 auf 2,1 Mio. Euro verbessern. Damit wurde bereits rund ein Drittel des gesamten Vorjahres-EBIT in Höhe von 6,5 Mio. im ersten Quartal erwirtschaftet. Im Vorjahr waren auch noch einmalige Kosten für die Umstrukturierung angefallen, die künftig entfallen. Die jetzigen Zahlen belegen daher die Dynamik des Geschäfts und die positive Entwicklung der Margen. Der Quartalsüberschuss erreichte 1,5 Mio. Euro nach 1,1 Mio. im Vorjahr.

Wesentlich zur erfolgreichen Entwicklung im ersten Quartal 2025 beigetragen hat die hohe Nachfrage nach Hochleistungsaggregaten im Defense-Sektor mit einem Wachstum von rund 35 %. Insgesamt steuerte der Bereich "Defense" 59,0 % (Vorjahr: 55,0 %) zum Umsatz im ersten Quartal bei. Im Bereich "Civil" erwirtschaftete Steyr Motors bei einem Wachstum von rund 15 % in den ersten drei Monaten 41 % des Quartalsumsatzes.

In regionaler Hinsicht sind die wesentlichen Impulse für das Umsatzwachstum auf die erfolgreiche Expansion im asiatischen Raum zurückzuführen, wo sich der Umsatz im Vorjahresvergleich mehr als verdoppelt hat, sowie auf einen rund 20-prozentigen Umsatzzuwachs in Europa. Der Vorstand erwartet durch den Hochlauf verschiedener Projekte aus dem Auftragsbestand eine weitere Beschleunigung dieser Wachstumsdynamik im laufenden Jahr - mit entsprechend positiven Impulsen für die operative Marge.

Firmenchef Julian Cassutti kommentierte: "Wir liegen im ersten Quartal voll im Rahmen unserer Planungen. Wir sind in der Hochlaufphase, um den hohen Auftragsbestand abzuarbeiten. Gleichzeitig verzeichnen wir weiterhin eine dynamische Nachfrage. In den zurückliegenden Wochen haben wir vielversprechende Gespräche für neue Aufträge mit Kunden aus den USA, Europa und Indien geführt. Wir sind mehr denn je zuversichtlich, unsere kommunizierten Ziele für das Geschäftsjahr 2025 zu erreichen".

Weitere Aufträge eingetütet

Und er ließ gleich Taten folgen: Steyr hat einen Vertrag mit dem indischen Industrieunternehmen Ghatge Patil Industries (GPI) geschlossen über die Lieferung von insgesamt 450 Hochleistungs-Dieselmotoren sowie Ersatzteilen im Gesamtwert von insgesamt mehr als 10 Mio. Euro über einen Zeitraum von drei Jahren.

Zudem baut Steyr Motors seine Marktpräsenz in den Vereinigten Staaten deutlich aus. Mit dem Abschluss eines neuen Rahmenvertrags mit dem US-amerikanischen Vertriebspartner Laborde Products Inc. verstärkt man seine Aktivitäten in einem der bedeutendsten Märkte weltweit. Laborde Products Inc. ist ein etablierter Anbieter von maritimen und industriellen Antriebslösungen. Der neue Rahmenvertrag mit dem US-Partner deckt den Vertrieb in allen kontinentalen US-Bundesstaaten sowie in den US-Territorien Puerto Rico, den US Virgin Islands und den Bahamas ab. Damit entsteht für Steyr Motors eine weitere nahezu flächendeckende Vertriebsstruktur in Nordamerika. Die Zusammenarbeit umfasst sowohl zivile Anwendungen als auch neue Projekte im Bereich der US Navy. Bestehende militärische Verträge, wie jener mit dem Bootsbauer Ribcraft für die Navy Seals, bleiben davon unberührt.

Steyr Motors erwartet aus dieser Vereinbarung, für die zunächst eine Vertragslaufzeit bis zum Jahr 2028 vorgesehen ist, im laufenden Jahr einen Umsatzbeitrag in Höhe von rund 2 Mio. USD und in den folgenden Jahren eine sukzessive Steigerung des Umfangs. Insgesamt beläuft sich das Gesamtvolumen der neuen Rahmenvereinbarung auf rund 15 Mio. USD über den Vertragszeitraum von vier Jahren.

"Die USA zählen zu unseren strategischen Kernmärkten außerhalb Europas. Über die Partnerschaft mit Laborde Products stärken wir nicht nur die Marktposition auf dem US-Markt, der sowohl im zivilen als auch im militärischen Bereich zu den volumenmäßig größten weltweit gehört, sondern wir bauen auch unser Servicenetz weiter aus - ein wichtiger Schritt, um unseren Kunden bestmögliche Unterstützung zu bieten", kommentiert CEO Julian Cassutti.

Positiver Ausblick

Das Management hat nach Vorlage der Zahlen zum ersten Quartal seine Jahresprognosen bestätigt. Es wird ein Umsatzplus von 40 % angepeilt bei einem Output von mehr als 1.250 Einheiten sowie eine EBIT-Marge oberhalb von 20 %. Bereits im zweiten Quartal dürfte die Umsatzdynamik weiter zugelegt haben, ebenso der Auftragseingang. Konkrete Zahlen legt Steyr Motors Ende Juli vor.

Aktuell liegt das Unternehmen voll auf Kurs, doch bei anhaltend positiver Geschäftsentwicklung im weiteren Jahresverlauf könnte eine Prognoseerhöhung nötig werden.

Neuer Großaktionär

Einige Missstimmungen gab es um die Eigentumsverhältnisse. Mutares hatte Steyr Motors für einen symbolischen Kaufpreis vollständig übernommen und beim Börsengang eine Erstplatzierung von 1,11 Mio Aktien zum Preis von 14 Euro je Aktie vorgenommen. Dabei beteiligte sich die österreichische B&C Holding mit einem Cornerstone-Investment von rund 9,9 %. Insgesamt wurden 15,5 Mio. Euro eingenommen, wovon 12,7 Mio. an Mutares flossen.

Quelle: wallstreet-online.de
Der erste Kurs wurde mit 15,90 Euro festgestellt und bot schöne Zeichnungsgewinne. Doch anschließend trieben Gier und Marktenge den Aktienkurs Mitte März bis auf 400 Euro in die Höhe und damit die Bewertung des Unternehmens auf ein absurdes Niveau.

Zu diesem Zeitpunkt kündigte Mutares den Verkauf weiterer Anteile an und auch deshalb fiel der Aktienkurs wieder in sich zusammen. Im April, nachdem US-Präsident Trump seine Zollkriege losgetreten hatte, war die Aktie für knapp 35 Euro zu haben. Das stellte gegenüber dem Emissionspreis noch immer mehr als eine Verdopplung dar, doch die März-Käufer dürften ihre Gier eher mit satten Verlusten bezahlt haben. Und die Schuld wurde natürlich bei Mutares gesucht, nicht beim eigenen Verhalten. Ob sich Mutares in irgendeiner Weise nicht korrekt verhalten hat, wird von der BaFin untersucht.

Mitte April verkaufte Mutares jedenfalls ein weiteres großes Aktienpaket. Im Rahmen einer Umplatzierung von Aktien an der Steyr Motors wurden insgesamt 910.000 Papiere zu je 34,00 abgegeben, wonach Mutares dann noch rund 40 % der Anteile hielt.

Mitte Mai gab dann die B&C-Gruppe bekannt, ihre Beteiligung an Steyr Motors auf knapp 20 % deutlich ausgebaut zu haben. Die Aktien wurden von der Mutares erworben, die dennoch weiterhin als wichtiger Aktionär an Bord bleibt.

Mutares hält dem entsprechend noch 23 % an Steyr Motors, B&C Holding 20 %. Die restlichen 57 % sind dem Streubesitz zuzurechnen.

Bullcase vs. Bearcase

Wachsende globale Militäraufträge sorgen für eine steigende Nachfrage für spezialisierte Motorentechnik. Dabei entsteht großes Potential durch strategische Kooperationen, wie mit Rheinmetall, und neue Aufträge in anderen Regionen der Welt, wie z.B. Brasilien.

Steyr erzielt in seinem Nischenmarkt hohe und steigende Margen, da es hier vergleichsweise wenig Wettbewerb gibt und nur wenige Großhersteller.

Andererseits hängen Rüstungsausgaben in hohem Maße von staatlichen Budgets und politischen Entscheidungen ab, so dass heutige Auftragseingänge nicht bedingungslos in die Zukunft fortgeschrieben werden können. Grundsätzlich unterliegt der Verteidigungssektor eher zyklischen Schwankungen, auch wenn die NATO-Aufrüstung für eine Sonderkonjunktur sorgt. Rheinmetall sieht sich hier in der Pole Position um neue Aufträge und davon dürfte viele auf die Sparte Kampfpanzer entfallen. Davon würde auch Steyr Motors kräftig profitieren.

Fazit

Steyr Motors wurde von Mutares durch eine harte Sanierung und eine strategische Neuausrichtung wieder auf Erfolg getrimmt. Der neue Rüstungswettlauf heizt die Umsätze und Gewinne an, ebenso die Fantasie der Anleger.

Die Bewertung mit einem mittleren 20er KGV ist für einen Motorenhersteller ambitioniert. Andererseits entfällt der Großteil der Umsätze auf die Rüstungssparte, wo ein starkes Wachstum mit steigenden Margen zu verzeichnen ist. Beim Blick auf die Folgejahre dürfte sich die Bewertung daher relativieren und sich neues Potenzial eröffnen. Sowohl für das Unternehmen als auch für den Aktienkurs.

Die 4 wichtigsten Dinge, die man über Steyr Motors wissen muss

  1. Steyr Motors hat mehrere Pleiten und Umstrukturierungen hinter sich, doch Mutares brachte das Unternehmen endlich zurück in die Erfolgsspur.
  2. Der Schwerpunkt liegt heute auf dem Rüstungsbereich, wo man als Motorenlieferant für den Kampfpanzer Leopard II von dessen Beliebtheit und steigender Nachfrage profitiert.
  3. Neue Kooperation und geplante Übernahmen sorgen für Umsatzwachstum und davon werden auch die Margen profitieren.
  4. Die Aktie ist extrem volatil, doch inzwischen liegt der Streubesitzanteil bei rund 57 %, so dass Anleger keine Knappheitspreise mehr fürchten müssen wie noch im März.
Disclaimer: Habe Mutares auf meiner Beobachtungsliste und/oder im Depot/Wiki.

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