Montag, 15. Juli 2013

Dresdner Factoring: Übernahmeangebot annehmen oder auf Squeeze-out setzen?

Die Dresdner Factoring AG hat seit meiner Empfehlung im Februar 2012 eine rasante Unternehmens- und Kursentwicklung hingelegt, von 3,80 EUR auf rund 8,80 EUR oder etwa 140 Prozent. Dabei resultiert der Kursanstieg auch aus mehreren Sonderfaktoren: zunächst kaufte Aufsichtsratsmitglied Agerholm sukzessive mehr als 10 Prozent der Anteile zusammen, dann musste ein weiteres Aufsichtsratsmitglied, Jürgen Freisleben, für seine Wegold Holding ein (wohl 4 Jahre versäumtes) Pflichtübernahmeangebot abgeben und schließlich gab die abcfinance Beteiligungs AG im Juni bekannt, die Aktien der Dresdner Factoring für 8,75 EUR komplett übernehmen zu wollen. Seitdem liegt der Aktienkurs knapp über dieser Marke und wird zumindest bis zum Ende der Angebotsfrist am 26. Juli 2013 auch nicht darunter fallen. Die Bedingung, dass mindestens 70 Prozent der Aktien angedient werden müssen, ist bereits erfüllt. Denn die Wegold Holding und mindestens ein weiterer Großaktionär der Dresdner Factoring AG haben bereits zugestimmt und nachdem das Unternehmens selbst seine Aktien aus Rückkaufprogrammen, die es im eigenen Bestand hält, ebenfalls andienen wird, ist die Marke von 70 Prozent deutlich überschritten.

Für die übrigen Aktionäre stellt sich nun die Frage, ob man das Angebot annehmen oder seine Aktien behalten sollte und das sollte man alleine daran festmachen, ob die Dresdner Factoring attraktiv bewertet ist und man künftig von Kursanstiegen ausgehen kann. Ist dies nicht der Fall, sollte man aussteigen und die Aktien entweder über die Börse verkaufen (dann hat man sofort sein Geld) oder aber das Übernahmeangebot annehmen.

Kürzlich hat die DFAG ihre Halbjahreszahlen veröffentlicht und die können sich sehen lassen. Das Factoringvolumen ist auf 331 Mio. EUR gestiegen und erzielte ein Ergebnis vor Ertragssteuern (EBT) von 1,1 Mio. EUR. Zusätzlich wurde von den Banken erneut das Kreditvolumen angehoben, so dass die DFAG nunmehr über 52 Mio. EUR verfügen kann und durch die Andienung der 279.957 eigenen Aktien (9,87%) fließt der Gesellschaft Liquidität in Höhe von zusätzlichen rund 24,5 Mio. EUR zu. Und da diese Aktien ja zu deutlich niedrigeren Börsenkursen erworben wurde, wird es in 2013 einen deutlichen außerordentlichen Ertrag hieraus geben.

Vereinfacht auf das Jahr hochgerechnet ergäben sich also ein Factoringumsatz von 662 Mio. EUR und ein EBT von 2,2 Mio. EUR. In 2011 hatte die DFAG noch 458 Mio. EUR umgesetzt und einen Vorsteuergewinn von 1,6 Mio. EUR ausgewiesen (2010 lag dieser noch bei 0,8 Mio. EUR). Legt man nun die Konsensschätzung für den Gewinn von 0,69 EUR je Aktie für 2014 zugrunde, kommt man auf ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 12,8. Damit liegt das KGV deutlich höher als bei meiner Empfehlung im Februar 2012 und das Kurs-Umsatz-Verhältnis ist mit 5,77 ebenso wenig günstig, wie das Kurs-Buchwertverhältnis von 1,68. Allerdings weisen die Kennzahlen insgesamt auf keine Überbewertung hin, zumal Umsatz und Gewinn seit Jahren deutlich steigen. Das Unternehmen ist also bei 8,80 EUR fair bewertet.

Für einen Neueinstieg wäre mir der Kurs inzwischen zu hoch, aber als Aktionäre, der auf Kursgewinnen sitzt, stellen sich ja zwei Frage: möchte man die angefallenen Kursgewinne (jetzt) versteuern und welche Anlagealternativen bieten sich zurzeit? Behält man die Aktien weiter, arbeitet der Steueranteil für einen und fließt (noch) nicht ans Finanzamt. Der Vorteil des Zinseszinsfaktors liegt also aufseiten des Aktionärs. Und richtig günstige Alternativen muss man erst einmal finden. Auf dem erhöhten Kursniveau der Börsen gibt es auch jetzt aussichtsreiche und attraktiv bewertete Unternehmen, aber eben deutlich weniger als noch vor einigen Monaten.

Und ein weiterer Aspekt könnte für die Entscheidungsfindung interessant sein: die abcfinance wird wohl deutlich mehr als 70% der Aktien angedient bekommen und es könnte eine Überlegung wert sein, dass sie sich mittelfristig auch den Rest einverleiben möchte. Dies kann sie über Zukäufe machen, also auch über die Börse, was aufgrund des immer geringer werdenden Streubesitzes, also der frei verfügbaren Aktien, zu steigenden Kursen führen würde. Oder über ein weiteres, dann zu einem noch höheren Kurs, Übernahmeangebot an die übrigen Aktionäre. Am Ende der Entwicklung kann dann sogar ein Squeeze-out stehen, eine relativ sichere und lukrative Spekulation für die freien Aktionäre.

Fazit: wenn ich die Fakten gegeneinander abwäge, erscheint es mir attraktiver, die Aktien der Dresdner Factoring AG zu behalten. Das Unternehmen wächst rasant und wirft in steigendem Maße Gewinne ab, die Börsenbewertung ist angemessen und bietet weiteres Kurspotenzial bei vergleichsweise niedrigem Kursrisiko und es gibt einen Großaktionär, der mittelfristig weitere Aktien - vielleicht sogar alle - einsammeln könnte.

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