Samstag, 7. September 2019

Squeeze-out: Mit langem Atem sicher Geld verdienen

Firmenübernahmen sind "en vogue" und nicht selten sind Unternehmen betroffen, die an der Börse notiert sind; zuletzt kam US-Finanzinvestor KKR & Co. bei Axel Springer zum Zug und sammelte 42,5% der Aktien ein, so dass KKR zusammen mit Springer-Witwe Friede und CEO Döpfner auf rund 89% der Anteile kommt.

Der Ablauf Richtung Squeeze-out ist häufig gleich: der neue Mehrheitseigentümer unterbreitet den Minderheitsaktionären ein Angebot, das üblicherweise deutlich über dem letzten aktuellen Kurs vor der Übernahmeankündigung liegt, um möglichst viele Aktien angedient zu bekommen. Bisweilen kommt es auch zu Übernahmeschlachten, wenn mehrere Unternehmen sich um dasselbe Übernahmeobjekt rangeln.

Doch bei fast jeder erfolgreichen Übernahme bleiben einige Aktionäre zurück, die das Angebot nicht angenommen haben. Hat der Haupteigentümer mehr als 90% der Anteile zusammenbekommen, kann der die übrigen Aktionäre zwangsweise aus dem Unternehmen drängen. Das nennt man Squeeze-out und für die Abfindung der Herausgedrängten gibt es mittlerweile feste Regeln, so dass es eine vollständige Kompensation für den Verlust des Eigentums an den Aktien geben muss.

Die konkrete Höhe der Barabfindung ist jedoch meistens umstritten, denn der Übernehmende möchte nicht mehr bezahlen, als unbedingt nötig, während die Alteigentümer auf eine möglichst hohe Abfindung setzen. Und hier beginnt eine bisweilen lukrative Spekulation mit eingebautem Sicherheitsnetz - jedenfalls für Investoren mit langem Atem.


Denn in den meisten Fällen kommt es nach dem Squeeze-out zu einem Spruchstellenverfahren, bei dem die Angemessenheit der Barabfindung überprüft wird. Und nicht selten kommt es hier zu einem satten Aufschlag auf den ursprünglichen Abfindungsbetrag. In 2012 lag die Rendite der Nachbesserungen durchschnittlich bei 15,9%. Allerdings sind die Verfahren langwierig und dauern schon mal mehrere Jahre. Und umso interessanter für den Spekulanten ist, dass der Nachbesserungsbetrag dann rückwirkend jährlich mit einem Aufschlag von 5% auf den jeweiligen Basiszinssatz verzinst wird. Gerade in Niedrigzinsphasen ein zusätzliches lukratives Bonbon.

Das klingt zu schön um wahr zu sein und die Sache hat auch einen oder zwei Haken. Ein Mehrheitsaktionär ist nämlich nicht verpflichtet, einen Squeeze-out durchzuführen. Dann bekommt der Minderheitsaktionär auch keine Abfindung für seine Aktien, sondern bleibt ganz normaler Aktionär. In letzter Zeit gab es dann unschöne Entwicklungen, wie "kalte Delistings", wo Börsennotierungen ohne Abfindungsangebot durchgezogen wurden. Inzwischen gibt es hier, zumindest im geregelten Marktsegment der Börse, feste Abfindungsregeln.

Und auch im Spruchverfahren kommt es nicht immer zu Nachbesserungen - und dann erhält man weder die Nachbesserung noch eine Sonderverzinsung für die Wartezeit. Man sollte sich also Unternehmen aussuchen, die solide wirtschaften, Gewinne erzielen, aussichtsreich am Markt positioniert sind und eine attraktive Dividenden ausschütten. Das reduziert das Risiko erheblich, aufs falsche Pferd zu setzen und gar Verluste zu erleiden.


Sicher Geld verdienen - im Nachhinein


Eine weitere Möglichkeit, mit geringem Risiko von einem Squeeze-out zu profitieren, ist ein Einstieg, nachdem der Squeeze-out verkündet wurde. Man setzt dann ausschließlich auf eine Nachbesserung im Spruchverfahren, muss aber nur für kurze Zeit überhaupt investiert sein. Denn nach der Verkündung des Squeeze-out muss dieser von der Hauptversammlung beschlossen werden (was eine Formsache ist, da der Hauptaktionär ja über mehr als 90% der Stimmrechte verfügt). Nach erfolgtem HV-Beschluss werden die Aktien dann eingezogen und es wird die Barabfindung gezahlt - ab diesem Zeitpunkt hat man also das Geld in der Tasche und den Anspruch auf eine mögliche Nachbesserung. Ohne weiteren Kapitaleinsatz. Um hierbei auf der sicheren Seite zu sein, darf man also nur nicht zu einem höheren Kurs als dem Durchschnittskurs der letzten drei Monate vor Verkündung des Squeeze-out einsteigen. Kommt es dann zu keiner Nachbesserung hat man nur etwas Zeit verloren und die Zinsen, die das eingesetzte Kapital ansonsten anderweitig hätte verdienen können. Das Risiko ist also überschaubar, während die Chancen vergleichsweise attraktiv sind.


Einfach auf die Profis setzen


Wer sich nun nicht alle Einzelwerte ins Depot legen möchte, oder sich schlicht nicht zwischen ihnen entscheiden kann, hat noch eine Alternative, um an diesen lukrativen Spekulationen teilzuhaben: er kann börsennotierte Unternehmen kaufen, die genau diese Strategie fahren. So hat die Shareholder Value Beteiligungen AG in den letzten Jahren bei einigen ihrer Beteiligungen Nachbesserungen aus Spruchverfahren realisiert und auch die Scherzer & Co. AG setzt stark auf diese Nische, ebenso die Deutsche Balaton, die Sparta AG, die SCI AG, die Horus AG, die Allerthal-Werke AG oder die RM Rheiner Managamenet AG. An den drei letztgenannten Unternehmen hält allerdings die Scherzer AG jeweils größere Aktienpakete (bei Allerthal rund 25%, bei RM bereits 41,5% und bei Horus mehr als 76%), so dass man durch ein Investment in Aktien der Scherzer & Co. quasi "gehebelt" auf den positiven Ausgang von Squeeze-outs setzen kann.

Der Vorteil bei einem Investment in derartige Beteiligungsunternehmen besteht darin, dass man nicht selbst die lukrativsten Squeeze-out-Situationen herausfinden muss, sondern die Analyse den Profis überlassen kann, und dass diese nebenbei auch noch in andere aussichtsreiche Beteiligungen investieren. Das Risiko, nach Jahren vielleicht mehrmals mit leeren Händen dazustehen, weil man genau auf die falschen Spruchverfahren gesetzt hat, lässt sich nochmals deutlich reduzieren. Doch... auch und gerade bei SVB oder Scherzer & Co. sollte man sich genau ansehen, ob diese deutlich über ihrem fairen Wert notieren. Dann sollte man lieber abwarten mit einem Einstieg, bis die Aktien unterhalb des Buchwertes notieren. In diesen NAV werden mögliche Nachbesserungsansprüche aus den Spruchverfahren übrigens nicht mit eingerechnet, so dass hier bei der Bewertung immer noch mit einem zusätzlichen Sicherheitspolster zu rechnen ist.

Für Anleger mit langem Atem sind Squeeze-out-Spekulationen durchaus reizvoll und solange man die Grundsätze des Value Investings nicht außer Acht lässt, auch zumeist sehr lukrativ.

Disclaimer: KKR & Co. befindet sich auf meiner Beobachtungsliste und in meinem Depot.

4 Kommentare:

  1. Könnte derzeit Innogy so ein aussichtsteicher Kandidat drin?

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    1. Auch bei Innogy läuft es auch einen Squeeze-out hinaus, sobald die Genehmigung der Übernahme aus Brüssel vorliegt (woran es aber keine ernsthaften Zweifel gibt). Die Minderheitsaktionäre bekommen dann einen zwangsweise Barabfindung uns dann werden ihnen die Aktien aus dem Depot ausgebucht. Irgendwer wird dann ein Spruchstellenverfahren anstrengen, damit überprüft wird, ob die Abfindung hoch genug und angemessen war. Solche Verfahren dauern viele Jahre, aber als herausgequetschter Aktionär hat man ja bereits sein Geld erhalten und kann es woanders neu investieren. Falls einer der anderen Altaktionäre eine Nachbesserung erstreitet, bekommen alle diese Nachbesserung, die zwangsabgefunden worden waren.

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  2. Wenn es kurz zuvor ein Übernahmeangebot gegeben hat, kann die Abfindung dann unter dem Angebot liegen?
    Die Bewertung könnte sich ja zwischenzeitlich maßgeblich verändert haben.

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    1. Innerhalb bestimmter Fristen ist das Ursprungsangebot ein Mindestangebot, das vom gleichen Kaufinteressenten nicht unterboten werden darf.

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