Sonntag, 23. Juli 2017

Dauerenttäuschung DEWB: Dreht hier gerade der Wind oder ist die Luft völlig raus?

Die Deutsche Effecten- und Wechsel-Beteiligungsgesellschaft AG (DEWB) hat viele Jahre lang viel versprochen und schaut man auf den Kursverlauf, dann sieht man auf den ersten Blick, wie viel davon eingehalten wurde. Nullkommanichts. Für ihre Aktionäre war die DEWB über viele Jahre hinweg ein Eurograb und ich habe mich in meinen unregelmäßig erscheinenden Branchenabrissen über die deutschen Beteiligungsgesellschaften auch immer mal wieder mit dem Dauerfiaskolieferanten beschäftigt. Ende letzten Jahres war sie mir allerdings keine besondere Erwähnung mehr wert, nachdem auch die letzte verbliebene Hoffnung, die Biotechbeteiligung Noxxon, nicht den ersehnte Geldregen, sondern zweistellige Millionenabschreibungen eingebracht hatte. Doch im Dezember 2015 hatte ich die damalige Situation der DEWB zusammengefasst mit den Worten die DEWB sei langweilig und könne weder durch Tatkraft noch durch das Einhalten von Prognosen und Ankündigungen bestechen. Die extrem illiquide Aktie eigne sich allenfalls als kleine Depotbeimischung für hartgesottene Anleger. Dem ist eigentlich nicht viel hinzuzufügen, außer dass es den Anschein hat, dass der DEWB gerade wieder Leben eingehaucht werden könnte...

Wiederauferstehung der DEWB?
Die DEWB ist eine börsennotierte Ventrue Capital-Gesellschaft mit Schwerpunkt auf Unternehmen aus den Bereichen Photonik und Sensorik. Zur Zeit hat man noch 6 Portfoliounternehmen:

  • MueTec Automatisierte Mikroskopie und Messtechnik GmbH, München (Anteil 92%)
    - Mikroskopie
  • LemnaTec GmbH, Aachen (Anteil 49,7%)
    - Optische Inspektionsgeräte
  • Nanotron Technologies GmbH, Berlin (Anteil 30,5%)
    - Drahtlose Sensornetzwerke
  • Nanotron Technologies Ltd., London (Anteil 20,7%)
    - Holding der Nanotron Technologies GmbH
  • Decimo GmbH, Berlin (Anteil 16,7%)
    - Online-basierte Plattform für Factoring-Dienstleistungen
  • Noxxon Pharma N.V., Amsterdam (Anteil 12,1%)
    - Entwicklung Pharmazeutika auf Basis der Spiegelmertechnologie

Die früheren Beteiligungen DirectPhotonics und JenaBatteries befinden sich nicht mehr im Depot. DirectPhotonics ist nach einer gescheiterten Sanierung vollständig abgeschrieben worden (Ergebnisbelastung 2,6 Mio. Euro), doch mit dem Verkauf der Anteile an JenaBatteries wurden 2,25 Mio. Euro erlöst und ein Gewinn von 1,7 Mio. Euro verbucht. Das eingesetzte Kapital konnte damit in wenigen Jahren vervierfacht werden und dieser Exit war ein der wenigen Lichtblicke in den letzten Jahren. Auf der anderen Seite hat man leider auch eine äußerst interessante Beteiligung in einem Zukunftsmarkt recht früh aus der Hand gegeben, denn JenaBatteries forschte an Energiespeicher ohne seltene Erden - die momentan zu rund 90% aus China stammen und daher der Flaschenhals für unsere zunehmend technisierte Welt darstellen.


Für eine große Enttäuschung sorgte einmal mehr Noxxon. Trotz vielversprechender Aussichten ist es jahrelang nicht gelungen, Noxxon an ein größeres Biotechunternehmen zu veräußern und auch ein IPO ist kläglich gescheitert. Letztlich hat man sich zu einem sog. Trade Sale entschlossen, die Aktien also einfach an der Börse gelistet.

 DEWB (Quelle: finanzen.net
Doch hierbei musste man eine vergleichsweise niedrige Bewertung akzeptieren, was zu einer umfangreichen Abwertung der DEWB-Position führte - am Ende des Jahres 2016 schlug damit ein Jahresergebnis von -16,5 Mio. Euro zu Buche. Hierzu hat auch die vollständige Abschreibung der Beteiligung Nanotron beigetragen (Ergebnisbelastung 2,2 Mio. Euro), da die Gesellschaft die anvisierten Fortschritte nicht erreicht hat und auf weitere externe Finanzierung angewiesen ist. Aber anders als bei DirectPhotonics sieht der DEWB-Vorstand hier Potenzial für eine zumindest anteilige Wertaufholung, sofern ein externer Partner gefunden wird. Allerdings sind solche Aussagen mit Vorsicht zu genießen angesichts der häufigen Fehleinschätzungen des DEWB-Vorstands in der Vergangenheit und insofern kann man die vollständige Abschreibung der Beteiligungen als Komplettbereinigung der DEWB-Bilanz einstufen und damit als relativ solide Basis für einen Neuanfang.

Erfreulicher scheint sich dagegen aktuell Noxxon zu entwickeln. Das Biotechnologieunternehmen mit Fokus auf der Verbesserung von Krebstherapien durch gezielte Beeinflussung der Tumormikroumgebung, gab Anfang Juli bekannt, dass die ersten Patienten in einer klinischen Phase 1/2-Studie bei metastasierendem Darm- und Bauchspeicheldrüsenkrebs am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen in Heidelberg behandelt wurden. Noxxon und Merck & Co. haben gemeinsam das Design der klinischen Studie entworfen, die aus zwei Teilen besteht.

Die überzeugenden präklinischen Daten und die Ergebnisse der Phase 1-Studie unterstreichen das Potenzial von NOX-A12 als künftige Komponente zur innovativen Behandlung von Patienten mit Darm- und Bauchspeicheldrüsenkrebs und dieser Ansatz könnte im Erfolgsfall die Behandlung für eine Vielzahl von Krebsarten revolutionieren, ist man sich bei Noxxon sicher. Selbstverständlich maße ich mir nicht an, diese Einschätzung in irgendeiner Weise verifizieren zu können.

Allerdings konnte Noxxon zuletzt Aktien in Höhe von 1 Mio. Euro zu einem Kurs von 15,50 Euro platzieren und es sollen in mehreren Tranchen Wandelanleihen mit einem Volumen von bis zu 10 Mio. Euro ausgegeben werden. Das wurde garniert mit der Ausgabe von Aktienoptionen (zu einem Tauschkurs von 18,60 Euro) und einem Debt-to-equity-Swap. Sollten sich bei Noxxon weiterhin Erfolge einstellen, dürfte eine positive Neubewertung anstehen.

Ebenfalls positiv entwickelt haben sich LemnaTec und MueTec, die mit hohen Auftragsbeständen in das Jahr 2017 gestartet sind und die sich erst seit Dezember 2016 im Beteiligungsportfolio befindliche Decimo GmbH.

Neuer Großaktionär mischt die Karten neu
Bis zu diesem Punkt gibt es eigentlich keinen Grund anzunehmen, dass die DEWB künftig erfolgreicher mit ihren Beteiligungen agieren wird, als bisher. Allerdings hat sich eine Situation ergeben, die für die DEWB zum Game-Changer werden könnte und damit für risikobewusste Anleger zu einer lukrativen Gelegenheit.

Denn die DEWB hat einen neuen Großaktionär. Der Value Investor SPSW Capital GmbH aus Hamburg ist über mehrere von ihm betreute Investmentfonds mit mehreren Paketübernahmen groß bei der DEWB eingestiegen und hält nun zwischen 20 und 25 Prozent der Anteile.

SPSW Capital agiert langfristig und ist darauf aus, seine wenigen Beteiligungen nachhaltig im Wert zu steigern. Achim Plate war früher Chef des Multimedia-Dienstleisters D + S Online und fädelte im Jahr 2008 deren Verkauf an den Finanzinvestor Apax ein, der den D+S-Aktionären eine stattliche Gewinnprämie einbrachte. Dabei können die drei von SPSW aufgelegten Fonds seit Jahren durchweg mit positiven Renditen punkten. Und SPSW hat auf der ordentlichen Hauptversammlung der DEWB am 23. Juni auch gleich klar gemacht, dass man konkrete Vorstellungen hat, wie die DEWB künftig zu agieren hat. So wurden die drei Positionen des DEWB-Aufsichtsrats neu besetzt mit Rolf Ackermann (Sprecher des Vorstands der ABAG Aktienmarkt Beteiligungs AG, Köln), Dipl.-Ing. Achim Plate sowie Henning Soltau (beide Geschäftsführer der SPSW Capital GmbH). In der anschließenden konstituierenden Aufsichtsratssitzung wurde Achim Plate zum Aufsichtsratsvorsitzenden und Rolf Ackermann zum stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden gewählt. Anders als die SPSW ist die ABAG bereits seit vielen Jahren an der DEWB beteiligt.

Meine Einschätzung
Kaum vorstellbar, dass SPSW nur darauf abzielt, dass sich die aktuellen DEBW-Beteiligungen doch noch irgendwie ins Geld bringen lassen und/oder dass man auf einen durchschlagenden Erfolg von Noxxon spekulieren möchte. Das hätte man mit einem Direktinvestment in Noxxon-Aktien einfacher haben können. Meine Überlegung geht eher in die Richtung, dass die DEWB unter der neuen Regie eine neue Investment-Kultur erfahren wird, dass es künftig weniger um kleinteilige, sich nicht ergänzende, Beteiligungen gehen wird, sondern um eine klare Fokussierung auf besonders aussichtsreiche Unternehmen als Ausbau des Portfolios. Und das die DEWB vermutlich auch frisches Kapital einsammeln wird, um bald möglichst eine kritische Größe zu erreichen, die ihr Agieren am Markt einfacher und erfolgversprechender macht.

Die Zeichen stehen also auf Neustart, auf Umbruch, auf Aufbruch. Der Aktienkurs ist zumindest schon einmal etwas angesprungen und ein Einstieg könnte für diejenigen interessant sein, die auf den Erfolg der neuen Großaktionäre und ihre über Jahre hinweg aufgebaute Reputation als Value Investoren setzen wollen. Dabei muss man jedoch im Blick behalten, dass es sich bei der DEWB um eine Turnaround-Spekulation handelt in einem sehr marktengen Wert. Trotz des jüngsten Kursanstiegs liegt die Börsenkapitalisierung bei einem Aktienkurs von 1,39 Euro bei mickrigen 21 Mio. Euro. SMC Research war Ende Juni bei einer Sum-of-the-Parts-Analyse unter Einbeziehung des Nettofinanzvermögens von -3,5 Mio. Euro auf einen NAV von 1,32 Euro je Aktie gekommen. Mein Einstieg Ende Juni zu knapp 1,19 Euro erfolgte also mit einer kleinen Sicherheitsmarge auf diesen NAV, allerdings geht meine Spekulation ja weniger in Richtung einer klassischen Unterbewertung des Bestandsportfolios, als vielmehr hin zu einer völligen Neuausrichtung im Sinne des value-orientierten neuen Großaktionärs. Wenn dieser gelingt, und das wird nicht von heute auf morgen passieren, dürfte die DEWB-Aktie dem folgend Potenzial bieten.

Die extrem illiquide Aktie der DEWB eignet sich jedoch allenfalls als kleine Depotbeimischung für hartgesottene Anleger. Ich habe sie Ende Juni als Turnaround-Spekulation auf meine Empfehlungsliste genommen und mir eine Position ins Depot gelegt.

6 Kommentare:

  1. Danke für die vielen interessanten Artikel. Ich habe eher begrenzte Möglichkeiten der Analyse v. Einzelaktien. Deshalb suche ich (schon länger) nach gemanagten 'echten' Value Investing Fonds, die man als deutscher Kleinanleger kaufen kann. Mit dem Hinweis auf SPSW haben Sie mir jetzt eine Möglichkeit gezeigt.
    Bevor man zur Tat schreitet, sollte man aber Alternativen prüfen. Könnten Sie vielleicht noch weitere Gesellschaften/Fonds aus diesem Bereich empfehlen? (Insbesondere auch mit Fokus ausserhalb Europas bzw. weltweit investierende). Die Fonds der bekannten Value Investoren sind ja sämtlich erst ab 0,25-1Mio. Mindestanlage zu haben.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Tut mir leide, da bin ich überfragt, denn im Fonds-/ETF-Bereich investiere ich nicht und habe daher hier auch keine große Expertise. Aber vielleicht kann ja jemand anders hier weiterhelfen?

      Löschen
    2. Aristeides der Gerechte24.07.17, 23:16

      Da bringe ich mich gerne ein, da ich mich aktuell ebenfalls mit dem Thema Value Investing in ETF beschäftige (als 2. Kanal/Benchmark zum aktiven Aktien-Depot).

      1) Fonds (aktiv):
      Fonds fallen bei mir raus, da generell die TER (Gesamtkostenquote) langfristig einfach zu hoch ist. Man vom Fondsmanagement abhängig ist, die Strategie nur grob kennt, Wertpapierleihgeschäfte usw. Im Grunde kann ich mir dann auch selbst 8-10 Dividendenstars kontinuierlich mit Coast-Average-Effekt ins Depot legen.

      2) ETF (passiv):

      Der ETF folgt einem Index, also ein rein passives Invest, man weiß was man bekommt.

      Ich empfehle die bequeme Suche des ETF in einer ETF Datenbank.

      Da ich hier keine anderen Domains verlinken möchte empfehle ich einfach "ETF Suche" in Google einzugeben. Die ersten Links führen direkt zu einem recht informativen Portal, finanziert durch die großen 8 ETF Anbieter am Markt.

      Eine Möglichkeit z.B. wäre der

      iShares ETF auf den Stoxx Global Select Dividend 100
      ISIN: DE000A0F5UH1
      Vorteile: DE, groß, physisch repliziert, in EUR, 0.46% TER, fast keine Leihe, ausschüttend

      3) Smart-Beta ETF (passiv-selektiv):

      Zur Erklärung einfach mal nach "Smart Beta ETF googeln".
      Suche ebenfalls über o.g. Datenbank.
      "Smarte" Aktienstrategie dann logischerweise = Value

      iShares ETF auf Edge MSCI World Value Factor
      ISIN: IE00BP3QZB59
      Achtung: US$, thesaurierend

      Wer mit Blackrock/iShares keine moralischen Probleme hat, kann sich da mal einlesen.
      Gibt fast zu jedem ETF auch Alternativen von Lyxor, db x-trackers usw.

      Die Steuerproblematik/Dokumentationsaufwand der thesaurierenden ETF ist ab 01.01.2018 dank Steuerreform auch vom Tisch.

      Löschen
    3. Vielen Dank für diese Hinweise. Die ETFs werde ich mir mal ansehen.

      Ich bin aber eigentlich auf der Suche nach gemanagten Fonds, die das Value-Investing nicht nur mit statischen Kennzahlen/Faktoren abbilden, sondern sich mit den Unternehmen auch inhaltlich beschäftigen. Der gemanagte Fonds-Mainstream bildet ja leider nur die Benchmarks ab bzw. liefert für die höheren Gebühren einen Minder- oder zumindest keinen Mehrwert.

      Deshalb bin ich auf der Suche nach Fonds echter Value Investoren - von diesem Ansatz bin ich überzeugt. Von denen erwarte ich mir vor allem ein gegenüber ETFs deutlich besseres Risikomanagement (das würde ich u.a. daran erkennen, dass deren Fonds 2000/2001 bzw. 2007-2009 deutlich weniger gefallen sind als der Markt).

      Löschen
    4. In der Euro am Sonntag gibt es einen Artikel zum Thema: "Nebenwertefonds - Kleine Statur, große Wirkung".

      Löschen
    5. Vielen Dank. Nach solchen Artikeln suche ich: Fokussiertes Portfolio, geringe Umschlagshäufigkeit, inhaltliche Beschäftigung mit den Unternehme(r)n. Das werde ich mir mal noch genauer vornehmen.

      Löschen