Business Development Companies haben sich seit ihrer Einführung als wichtiges Bindeglied zwischen privatwirtschaftlicher Mittelvergabe und öffentlichen Kapitalmärkten etabliert. Sie finanzieren kleine und mittelgroße Unternehmen, Buyouts, Wachstumsunternehmen oder restrukturierungsbedürftige Firmen und nutzen dabei meist nachrangige Darlehen, Unitranche- oder Mezzanine-Finanzierungen. Für Anleger sind sie vor allem wegen ihrer regelmäßigen Ausschüttungen interessant, da sie hohe Dividendenrenditen versprechen.
Doch das Umfeld, in dem BDCs agieren, hat sich spürbar verändert. Zwei Faktoren stehen dabei besonders im Vordergrund: das Risiko sinkender Zinsen und die Gefahr steigender Kreditausfälle. Beide wirken nicht isoliert, sondern können sich gegenseitig verstärken. Die Folgen reichen von Abschreibungen auf Kreditportfolios über rückläufige Ergebnisse bis hin zu möglichen Dividendenkürzungen, die das Vertrauen der Investoren erschüttern können. Grund genug, sich die Lage einmal genauer anzusehen...
Das Geschäftsmodell von BDCs basiert im Kern auf Zinseinnahmen, Gebühren und Kapitalgewinnen aus Beteiligungen. Ein Großteil der Portfolios ist in variabel verzinste Kredite investiert, die an Referenzsätze wie SOFR, Euribor oder LIBOR gekoppelt sind. Solange die Zinsen hoch bleiben, profitieren BDCs, weil die Kupons automatisch steigen. Sinkt jedoch das Zinsniveau, gehen auch die Einnahmen zurück. Damit schrumpft die Nettozinsspanne, während fixe Kosten wie Managementgebühren oder Refinanzierungsaufwendungen gleichbleiben.
Der Effekt: das Net Investment Income (NII), die wichtigste Kennzahl für die Ausschüttungsfähigkeit, sinkt. Hinzu kommt, dass in einem Umfeld sinkender Zinsen die Konkurrenz um qualitativ hochwertige Kreditnehmer zunimmt. BDCs stehen dann vor der Wahl, entweder geringere Renditen zu akzeptieren oder in risikoreichere Kredite auszuweichen. Beides kann die Stabilität der Erträge belasten. Zwar verringern sinkende Zinsen die Refinanzierungskosten auf der Passivseite, doch wirken sich diese Effekte meist zeitverzögert aus. In der Praxis reagieren die Einnahmen schneller auf den Zinsrückgang als die Kosten, was kurzfristig Druck auf Cashflows und Ausschüttungen erzeugt.
Parallel zu diesem Zinsänderungsrisiko droht eine Zunahme von Kreditausfällen. Gerade in wirtschaftlich schwächeren Phasen, wenn Nachfrageeinbrüche, steigende Inputkosten oder Liquiditätsengpässe die Unternehmen belasten, geraten die typischen Kreditnehmer von BDCs, nämlich kleinere und mittlere Firmen, unter Druck. Diese Unternehmen haben oft begrenzte Liquiditätsreserven und weniger Zugang zu alternativen Kapitalquellen, was ihre Ausfallwahrscheinlichkeit erhöht. Die KMUs sind oft zu klein, um eigene Anleihen zu emittieren (ab etwa 500 Mio. USD) und zu speziell für Bankenkredite - zumal Banken für Gewerbekredite mit einen vergleichsweise hohen Eigenkapitalanteil unterfüttern müssen, was sie für die Banken unattraktiv weil teuer macht.
Private Credit ist kein systemisches Risiko!
Hier kommen BDCs ins Spiel und in den letzten zwei, drei Jahren ist nicht nur der Anteil von "Private Credit" massiv ausgeweitet worden, also Kredite außerhalb des stark regulierten Bankensystems, sondern viele Finanzinvestoren drängen mit Wucht in den Bereich der BDCs, um von deren Steuervorteilen zu profitieren. In der Folge hat sich der Anteil der nicht börsennotierten BDCs massiv erhöht.
An sich ist das nicht besorgniserregend, denn die im Hintergrund agieren (Alternativen) Asset Manager wie Apollo Global Management, KKR, Blackstone, Ares Management, Goldman Sachs oder BlackRock verstehen ihr Handwerk mindestens so gut wie die Banken. Zudem wurde die Globale Finanzkrise durch die regulierten Banken und ihre unstillbare Habgier ausgelöst und auch die "Kleine Finanzkrise" Anfang 2023 mit der zweit, dritt- und fünfgrößten Bankenpleite der US-Geschichte ging auf mangelhafte Fristenkongruenz und/oder Klumpenrisiken im Bereich gewerblicher Immobilienkredite zurück. Das "Argument", Private Credit sei per se gefährlicher oder gar systemgefährdend, während die regulierten Banken ein Hort der Stabilität seien, ist wenig mehr als ein Pseudoargument - das vor allem von Banken verbreitet wird und insbesondere auch von Jamie Dimon, dem Chef der größten US-Bank JPMorgan Chase. Nachvollziehbar, aber dennoch nicht stichhaltig.
Risiko: (Mangelnder) Branchenmix
Dennoch sind BDCs (nur) mit Vorsicht zu genießen: Kritisch wird es zum Beispiel, wenn BDCs stark in einzelne Branchen konzentriert sind, etwa in den Healthcare- oder Technologiesektor. Gerät eine Branche in Schwierigkeiten, können gleich mehrere Kreditengagements gleichzeitig notleidend werden. Aktuell sollten Anleger hier den Fokus auf das Software-Exposure legen, denn Künstliche Intelligenz wird vor allem den Softwarebereich disruptieren. Das kann dazu führen, dass Softwarefirmen massiv unter Druck geraten und Kunden verlieren. Denn wer nicht in generative KI investieren kann, gerät ins Hintertreffen. Und die nötigen Mittel haben eigentlich nur die großen Player und das sind selten die Kreditnehmer von BDCs.
Risiko: Kreditausfälle
Verschärft wird das Risiko dadurch, dass BDCs oft in nachrangige Strukturen investieren, die zwar hohe Renditen versprechen, im Insolvenzfall aber erst nach vorrangigen Gläubigern bedient werden. Kommt es zu Ausfällen, verlieren BDCs nicht nur die erwarteten Zins- und Tilgungszahlungen, sondern müssen auch zusätzliche Kosten für Restrukturierungen und Workouts tragen. Und dieses Risiko wächst gerade beträchtlich, denn die USA steuern auf eine Rezession zu - oder befinden sich bereits darin, das hängt vom Auge des Betrachters ab. Die offiziellen Daten sehen noch ganz passabel aus, aber der Anteil der Hyperscaler und/oder KI-Investitionen dürfte inzwischen mehr als 1 % des BIP beisteuern; hier wird viel Geld verdient und ausgegeben, während der Rest der Wirtschaft eher vor sich hinsiecht. Doch genau dort liegen die BDC-Kredite!
Insofern erhöhen die BDCs ihre Rückstellungen für Kreditausfälle und verbuchen gleichzeitig bereits erhöhte Kreditausfälle - beide Faktoren belasten die Ergebnisse. Die "offiziellen" Zahlen zu den "Non-Accruals" sind dabei mit Vorsicht zu genießen, denn hier weisen die BDCs nur die aktuell notleidenden Kreditengagements aus, nicht aber solche, welche sich in Restrukturierung befinden. Die tauchen später ggf. wieder als "Normale" Kredite auf, allerdings dann mit einem reduzierten Wert. Und auch das belastet natürlich den NAV (Net Asset Value bzw. Buchwert). Bilanzielle Abschreibungen sind in diesem Zusammenhang unvermeidlich.
(Noch) keine toxische Kombination
Besonders heikel ist die Kombination aus sinkenden Zinsen und steigenden Kreditausfällen. In diesem Stress-Szenario reduzieren sich die Zinseinnahmen bei den BDCs, während die Risikovorsorge steigt und zusätzliche Abschreibungen notwendig werden. Die operative Ertragskraft sinkt damit von zwei Seiten, und die Dividenden geraten unter massiven Druck.
Sind Dividendenkürzungen unvermeidlich?
Dividenden spielen für BDCs jedoch eine zentrale Rolle, da viele Anleger diese Anlageform ausschließlich wegen der hohen laufenden Ausschüttungen wählen. Doch Dividendenausschüttungen sind nur dann nachhaltig, wenn sie aus dem laufenden Net Investment Income finanziert werden - und nicht etwa aus der Substanz!
Sinkende Zinserträge, erhöhte Ausfälle und steigende Rückstellungen reduzieren die verfügbaren Mittel. Hinzu kommt, dass Liquiditätsengpässe durch die Unterstützung notleidender Portfoliounternehmen oder durch erhöhte Schuldendienstzahlungen den Spielraum für Ausschüttungen zusätzlich einengen können.
Werden Dividenden gekürzt, reagieren die Aktienkurse von BDCs erfahrungsgemäß empfindlich. Anleger verlieren Vertrauen, und die Möglichkeit, frisches Kapital über die Börse aufzunehmen, verschlechtert sich. Das kann wiederum einen Teufelskreis auslösen: geringere Dividenden führen zu sinkenden Kursen, die Kapitalbeschaffung erschwert die Unterstützung der Portfoliounternehmen, was weitere Ausfälle provozieren kann.
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, müssen BDCs ihr Risikomanagement konsequent ausbauen. Dazu gehört eine stärkere Diversifikation über Sektoren, Regionen und Instrumente, um Klumpenrisiken zu verringern. Ebenso wichtig ist ein aktives Kreditmanagement, das durch strenge Underwriting-Standards, frühzeitige Überwachung von Kreditnehmern und eine konsequente Restrukturierungspolitik geprägt ist. Auch Zins- und Liquiditätsmanagement spielen eine zentrale Rolle. Der Verschuldungsgrad sollte also genau beobachtet werden; nicht nur der aktuelle Stand, sondern auch die Entwicklung über die letzten Quartale und/oder zwei, drei Jahre. Je niedriger der eigene Verschuldungsgrad der BDC, desto solider steht sie da - und hat ggf. Firepower, um strauchelnde Portfoliounternehmen zu stützen, oder opportunistisch Chancen wahrnehmen zu können, wenn andere die Finanzlöcher stopfen müssen, um nicht abzusaufen.
Manche BDCs nutzen Zinsderivate, um sich gegen abrupte Zinsbewegungen abzusichern, oder halten größere Liquiditätsreserven, um in Stressphasen handlungsfähig zu bleiben. Auf der Dividenden- und Kapitalseite empfiehlt sich ein konservativer Ansatz, bei dem Ausschüttungen stärker an nachhaltigen Erträgen ausgerichtet werden, statt durch Kapitalgewinne oder Neuinvestitionen künstlich hochgehalten zu werden. Transparenz gegenüber Investoren ist dabei unerlässlich, da klare Kommunikation über Portfolioqualität, Rückstellungsansätze und Dividendenaussichten Vertrauen schafft.
Meine Einschätzung
Für Anleger bedeutet das, dass sie BDCs nicht allein nach Höhe der Dividendenrendite bewerten sollten. Wichtiger sind die Qualität der Portfolios, die Managementkompetenz im Umgang mit Kreditausfällen und die Nachhaltigkeit der Dividendendeckung. Kennzahlen wie der Anteil variabler zu fixen Zinsen, das Branchen-Exposure, die Rückstellungsquote oder die Leverage-Ratio sind dabei entscheidende Indikatoren.
Anleger sollten zudem auf die Herkunft der Dividenden achten: stammen sie aus dem laufenden Betriebsergebnis oder werden sie durch Kapitalgewinne oder gar durch neue Schulden und/oder die Ausgabe von Anleihen gestützt? Es gilt, die Warnzeichen nicht zu ignorieren, sondern sie sich genau anzusehen und einzuschätzen, ob sie relevant und vielleicht sogar existenzbedrohend sind. Kapitalerhalt geht vor Renditeerzielung!
Und dennoch: Trotz aller Risiken bleibt das Geschäftsmodell von BDCs langfristig attraktiv, da sie in einem Marktsegment agieren, das traditionell unterversorgt ist. Gerade in Phasen niedriger Zinsen können BDCs, die frühzeitig ihre Portfolios auf Qualitätsunternehmen ausrichten, von einer künftigen wirtschaftlichen Erholung profitieren. Entscheidend wird jedoch sein, wie konsequent sie ihre Risikostrategien umsetzen, wie robust ihre Bilanzstrukturen sind und wie transparent sie mit Investoren kommunizieren. Anleger wiederum sollten realistisch einschätzen, dass hohe Dividenden mit erheblichen Risiken verbunden sind und dass in Stressphasen auch Kürzungen oder temporäre Aussetzungen möglich sind. Wer diese Risiken einpreist und auf die richtigen Qualitätsmerkmale achtet, kann jedoch weiterhin vom Potenzial der BDCs profitieren.
Insbesondere BDCs, die von den etablierten Alternativen Asset Managern geführt bzw. beraten werden, sollten sich in dieser Stresslage besser behaupten können. Denn die Finanzinvestoren kennen sich auch mit Umstrukturierungen und drohenden Pleiten aus. Zudem haben sie weltweit Kontakte und Informationen, die bei der Umstrukturierung helfen können. Und sie sitzen auf einer weiterhin hohen Finanzkraft, was sich als entscheidender Faktor zwischen Pleite und Rettung erweisen kann.
Diese Entwicklungen sind nicht neu und schon länger absehbar. Ich habe daher mein Engagement in BDCs schon vor längerer Zeit abgebaut und setze ausschließlich auf die Mütter, die Alternativen Asset Manager. Die profitieren von den Provisionseinnahmen für das Managen der BDCs, sind aber nicht direkt möglichen Kreditausfällen oder Dividendenkürzungen betroffen. Das lässt einen mich die Situation viel gelassener betrachten...
Disclaimer: Habe Apollo, Ares Management, BlackRock, Blackstone, KKR auf meiner Beobachtungsliste und/oder im Depot/Wiki.
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