Mittwoch, 17. August 2016

Ringmetall AG: Von der grauen Provinzmaus zum globalen Herrn der Ringe

Die inzwischen als Industrieholding agierende Ringmetall AG hat nur noch wenig mit der H.P.I. Holding zu tun, als die sie bis vor kurzem noch firmierte. Und das hat weniger mit der zwischenzeitlichen Namensänderung zu tun, als mit den personellen Veränderungen und dem neuen Schwung, der in die Unternehmensaktivitäten gekommen ist. Aus der bisherigen Beteiligungsgesellschaft wird eine operativ tätige Industrieholding geformt mit dem Schwerpunkt Industrial Packaging und Industrial Handling für Kunden in der chemischen, petrochemischen, pharmazeutischen und lebensmittelverarbeitenden Industrie.

Die H.P.I. Holding hatte ich vor rund viereinhalb Jahren erstmals als "schön langweiliges Beteiligungsdornröschen" vorgestellt und damals gehörten zur "Gruppe" die August Berger Metallwarenfabrik GmbH und die Zimmer + Kreim GmbH & Co. KG mit ihren jeweiligen Töchtern. Die August Berger Metallwarenfabrik produziert dabei Spannringe zum Verschluss von Kunststoff- und Metallfässern, während das Maschinenbauunternehmen Zimmer & Kreim Erodiermaschinen, Handlingsysteme und Softwarelösungen herstellte. Nach meiner Empfehlung kam der Kurs ins Laufen und markierte bald neue Höchststände, um dann in einen dreijährigen Seitwärtstrend zu verfallen, aus dem er vor einigen Wochen explosionsartig nach oben ausbrach.

Beteiligungstausch
In der Zwischenzeit hatte sich einiges im Unternehmen getan und zwar Entscheidendes. Zunächst hatte man konsequent die Beteiligung Berger durch Zukäufe internationaler und schlagkräftiger aufgestellt, während das Kapitel Zimmer & Kreim mit einem blauen Auge beendet werden konnte. Letztmalig fiel im Jahresabschluss 2015 eine signifikanter Abschreibungsbedarf an, so dass auch dieses Jahresergebnis nochmals negativ nach unten gerissen wurde. Als zweites Standbein der Gruppe wurde im Gegenzug die HSM Hans Sauermann GmbH & Co. KG eingekauft. Allerdings machte die bisher wenig gute Laune, denn sie durchläuft eine tiefgreifende "Neupositionierung des Produktportfolios". Oder kurz gesagt: sie verdient kein Geld, sie kostet. Und was aus dieser Beteiligung werden soll, ist noch nicht entschieden.

Und dann ging's plötzlich rund. Und schnell...
Ende 2014 wurde der Vorstand verstärkt mit Konstantin Winterstein, der zum Vorstand für das operative Geschäft und das technische Beteiligungsmanagement bestellt wurde. Der Diplomingenieur hält einen M.B.A. und war über 15 Jahre für ein deutsches Automobilunternehmen tätig, zuletzt in Führungspositionen im operativen Bereich und im Bereich Zulieferindustrie. Im Anschluss gab es mehrere Kapitalerhöhungen unter Ausschluss des Bezugsrechts der Altaktionäre, wohl auch, um Winterstein eine signifikante Beteiligung zu akzeptablen Einstiegspreisen bei der Ringmetall AG zu ermöglichen. An sich halte ich nicht viel von derartige "Übervorteilungen der Altaktionäre", allerdings liegt es hier durchaus im Interesse, Winterstein auch als Großaktionär mit an Bord zu holen, wo doch die künftige Unternehmensentwicklung stark von ihm abhängen wird.

 Ringmetall AG (Quelle: finanzen.net) 
Neues USA-Standbein wird immer stärker
Mit den frischen Geldern wurden dann vor allem die Aktivitäten von Berger gestärkt durch Zukäufe und Investitionen. Allerdings gab es auch Werksschließungen, um die Effizienz zu steigern. Und dann gab es den Paukenschlag, die lange angekündigte Übernahme in den USA. Man griff über den Teich und kaufte die US-Firma Self Industries, einen Spezialanbieter von Dichtungs- und Verschluss-Systemen mit Sitz in Birmingham, Alabama. Mit dem Zukauf gelang Ringmetall der Einstieg in den US-Markt und man versprach sich von dem $28 Mio. Umsatz erzielenden Unternehmen die Möglichkeit weitreichender Technologie- und Vertriebssynergien. "Mit insgesamt über €90 Mio. Umsatz auf Konzernebene ergeben sich nun ganz neue Möglichkeiten für Prozessoptimierungen und Cross Selling-Ansätze", schwärmte Ringmetall-Vorstand Petri damals. Und die Übernahme erwies sich als strategischer Glücksgriff, das wird auch immer mehr Aktionären bewusst.

Nach einer erneuten - stark überzeichneten - Kapitalerhöhung mit einem Bezugspreis von €2,20 je Aktie kaufte Ringmetall mit dem erzielten Bruttoemissionserlös in Höhe von €5.033.600 sofort weiter zu, indem man seine Beteiligung an der italienischen Tochtergesellschaft S.G.T. von bisher 51% auf 80% "zu wirtschaftlich attraktiven Konditionen" erhöht hat. Und kurz darauf wurde im Rahmen eines Asset-Deals die Spannringproduktion eines Großkunden in den USA übernommen und  in die Produktion ihrer US- Tochtergesellschaft Self Industries eingegliedert. Der jährliche Umsatzbeitrag aus der Akquisition beläuft sich auf knapp $1 Mio. und es wurde ein langfristiger Liefervertrag zwischen Käufer und Verkäufer vereinbart.

Zahlenwerk präsentiert sich bärenstark
Ende Juni präsentierte Ringmetall dann erstmals nach der großen Firmenübernahme der Self Industries im vergangenen Jahr Unternehmenszahlen und die konnten sich sehen lassen. Im ersten Quartal 2016 legte man in der neuen Firmenstruktur sowohl beim Umsatz als auch beim Ergebnis deutlich zu: die Umsatzerlöse erhöhten sich um 35,9% auf €22,4 Mio. (Q1 2015: €16,5 Mio.), die Bruttomarge verbesserte sich von 48,5% auf 51,5% und dementsprechend überproportional stiegen auch das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) um 76,9% auf über €3,0 Mio. (Q1 2015: €1,7 Mio.) an und das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT), bei dem ein Anstieg um 114,7% auf €1,9 Mio. zu verzeichnen war (Q1 2015: €0,9 Mio.).

Die Zahlen zeigen, dass sich Ringmetall auf einem sehr guten Weg befindet und seine Effizienzpotenziale inzwischen auch heben kann. Die geschickten Add-on-Zukäufe im Bereich der Fassringsproduktion und das Ausweiten der Produktlinie über dieses Segment hinaus versprechen auch künftig starke Wachstumsperspektiven. Vom sich verstärkenden Trend zur Auslagerung der Spannringproduktion der großen Fasshersteller in den kommenden Jahren sollte insbesondere Ringmetall als Weltmarktführer am stärksten profitieren können durch zusätzliches Wachstumspotenzial einer weiteren Stärkung der Wettbewerbsposition des Unternehmens.

Die Verwässerung der Aktionärsanteile aufgrund der mehrfachen Kapitalerhöhungen ist zwar negativ einzustufen, auf der anderen Hand hat sich dadurch das neue Management signifikant am Unternehmen beteiligt und es wurden darüber hinaus die Mittel in attraktive Zukäufe investiert. Daher sollten hieraus in den kommenden Jahren eher positive Ergebniseffekte zu erwarten sein.

Meine Einschätzung
Die Ringmetall AG hat sich nach einem dreijährigen Siechtum aus ihrer Kurslethargie befreit und hat einiges an aufgestautem Kurspotenzial in den vergangenen Wochen abgebaut. Kurse um €2,70 sind keine Schnäppchenkurse mehr und es könnte - auch angesichts der eher widrigen Börsenjahreszeit - eine Kurskonsolidierung anstehen. Andererseits scheint mit das höhere Kursniveau aufgrund der operativen und strategischen Fortschritte des Unternehmens und der mit den neuen personellen Manpower verknüpften stärkeren Entwicklungspotenzials mehr als gerechtfertigt und ein 2017er KGV von 12 auch nicht übermäßig ambitioniert. Dies mutet eher als faire Bewertung an, mit einigem Upsidepotenzial bei weiteren Übernahmen und/oder operativen Fortschritten, so dass langfristig orientierte Anleger sich auch auf diesem Kursniveau noch beruhigt Ringmetall-Aktien ins Depot legen können.

Ich jedenfalls habe gerade eine kleine Add-on-Aufstockung meiner Position vorgenommen, weil ich von den mittel- und langfristigen Perspektiven des Unternehmens (wieder) überzeugt bin. Interessant wird sein zu sehen, ob die Tochter Hans Sauermann in der stärkeren Fokussierung auf den Bereich Fassringe eine echte Zukunft im Konzern hat, oder doch eher wieder abgegeben wird, sobald sich die Erfolge aus der Neupositionierung abzeichnen - und ein dem entsprechend attraktiver Verkaufspreis. Sollte HSM im Konzern als Standbein verbleiben, wären hier Zukäufe für diese Sparte nicht nur denkbar, sondern auch nötig.

Ringmetall befindet sich auf meiner Empfehlungsliste und in meinem Depot.

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