Dienstag, 29. April 2025

Kissigs Nebenwerte-Analyse zu PNE: Kann hier (nur noch) Übernahmefantasie helfen?

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Artikel aus "Der Nebenwerte Investor" Ausgabe 11/2025 vom 22.04.2025

Aktien in dieser Ausgabe:  PNE, PVA Tepla, Allgeier, FlatexDegiro

PNE: Kann hier (nur noch) Übernahmefantasie helfen?

Der Kurs von PNE zeichnete die Boom-and-Bust-Phase im Markt für erneuerbare Energien adäquat nach, denn von der überbordenden Fantasie im Sektor ist nicht viel geblieben. Kostensteigerungen, Verzögerungen bei Planung und Entwicklung und die Renaissance von Gas und Kohle als Energieträger konnten durch staatliche Förderprogramme nicht annähernd kompensiert werden. Und auch der Übernahmeboom im Sektor ist versandet. Doch PNEs bestimmender Großaktionär Morgan Stanley Infrastructure Partners stellt gerade jetzt seinen Anteil ins Schaufenster. Mal wieder…

Die PNE AG mit Sitz in Cuxhaven zählt zu den führenden Projektierern und Betreibern von Wind- und Photovoltaikanlagen in Europa. Der einst als Plambeck Neue Energien AG firmierende Green Energy-Pionier hat sich mit über 25 Jahren Erfahrung in der Entwicklung erneuerbarer Energien von einem reinen Windparkentwickler zu einem breit aufgestellten Clean Energy Solutions Provider entwickelt. Dabei deckt PNE (PNE steht für Pure New Energy) heute die gesamte Wertschöpfungskette ab von der Entwicklung, Projektierung, Realisierung, über Finanzierung, Betrieb und Vertrieb bis hin zum Repowering von Wind- und Solarparks an Land im In- und Ausland. Zudem werden auch auf See Windparks bis zur Baureife entwickelt.

Die 3 Säulen des Geschäftsmodells

PNEs Geschäftsmodell fußt auf drei zentralen Säulen.
  1. Projektentwicklung: PNE plant, entwickelt und realisiert Windenergieprojekte an Land und auf See und betätigt sich zudem zunehmend im wachsenden Bereich der Photovoltaikanlagen. Bisher hat das Unternehmen Projekte mit einer Gesamtnennleistung von über 6.300 Megawatt umgesetzt, darunter mehr als 260 Onshore-Windparks in verschiedenen Ländern Europas, Südafrikas und den USA sowie acht Offshore-Projekte mit mehr als 2.600 Megawatt.
  2. Eigenbetrieb: Neben dem Verkauf von Projekten betreibt PNE zunehmend eigene Windparks. Ende 2024 betrug das Eigenportfolio rund 412 Megawatt, mit einer Stromerzeugung von 485 Gigawattstunden in den ersten neun Monaten des Jahres.
  3. Dienstleistungen: PNE bietet umfassende Services im Bereich Betriebsführung, technische Inspektionen und Stromvermarktung an. Das betreute Auftragsvolumen im Betriebsmanagement wuchs 2024 auf rund 2.980 Megawatt.

Mehrheitsaktionär zieht die Strippen

Bestimmender Großaktionär bei PNE ist Morgan Stanley Infrastructure Partners (MSIP) mit einem Anteil von 50,06 %, aber MSIP hat damit keine so dominante Mehrheit, dass gesellschaftsverändernde Maßnahmen im Alleingang durchgezogen werden könnten. Mit Active Ownership (12,05 %) und Enkraft (4,96 %) zählen im Aktionärskreis von PNE zwei aktivistische Investoren zu den Gegenspielern von MSIP. Des liegen größere Anteile bei Samson Rock (9,99 %), JPMorgan Chase (4,58 %), Union Investment (3,06 %) und Goldman Sachs (0,97 %). Dem entsprechend liegen weniger als 15 % der Aktien nicht in festen Händen.

Strategieschwenk – mal wieder

Nach der Übernahme durch MSIP wurde die Strategie geändert. Bis dahin hatte PNE etwa hälftig neu erstellte Energieparks verkauft und in den Eigenbestand übernommen, doch dann den Schwerpunkt klar beim Aufbau des Eigenbestands gelegt. In den letzten Jahren waren neue Windparks im Kernmarkt Deutschland fast ausnahmslos in das eigene Portfolio übernommen worden, um damit über einen langen Zeitraum Erträge aus der Stromproduktion zu generieren. Dem entsprechend entfielen die zeitnahen hohen Verkaufserlöse, was in der GuV und der Bilanz vordergründig eine Ertragsschwäche simulierte und beim Vergleich mit Wettbewerbern regelmäßig zu deutlich höheren Bewertungen bei der Betrachtung der Gewinn-Multiplikatoren führte.

Im letzten Jahr hat PNE seine Strategie neun erneut adjustiert und dabei die Erzielung von zeitnahen Gewinnen aus Projektverkäufen wieder stärker in den Fokus gerückt. Doch im letzten Jahr hat PNE gleich drei Objekte in Deutschland mit einer installierten Leistung von zusammen 98,3 MW veräußert, wobei PNE die Projekte in der Regel bis zur Fertigstellung betreut.

Im Ausland war PNE ebenfalls mit dem Verkauf der Rechte an zwei PV-Projekten in Südafrika (300MWp), einem Windprojekt in Schottland (43 MW) sowie einem PV- und einem Windprojekt in Kanada(100 MWp / 210 MW) erfolgreich.

Darüber hinaus wurde eine Fokussierung auf die Kernmärkte eingeleitet, weswegen sämtliche Tochtergesellschaften und die gesamte Projektpipeline in den USA (Wind 0,7 GW; PV 1,4 GWp) und in Schweden (Wind 300MW) veräußert wurden. In Deutschland und Frankreich befanden sich 13 Windparks mit insgesamt 288,6 Megawatt im Bau. Zudem wurden Genehmigungen für weitere Projekte mit rund 119,4 Megawatt erteilt.

Insgesamt hat PNE im letzten Jahr Windpark- und PV-Projekte mit einer Kapazität von knapp 3,7 GW/GWp fertiggestellt oder verkauft und damit ein Vielfaches des Vorjahresvolumens von 494 MW. Selbst unter Bereinigung der Veräußerungen aus der Pipeline und Fertigstellungen haben sich die Projektverkäufe auf 751,2 MW/MWp in etwa verdoppelt.

Für den Eigenbestand wurden drei Windparks in Deutschland mit einer installierten Leistung von 61,3 MW und der erste Windpark in Frankreich mit 11 MW fertiggestellt. Abzüglich des alten Windparks Papenrode (19 MW), der abgebaut und im Rahmen des Repowerings verkauft wurde, ist das Portfolio netto von 375 auf 429 MW gewachsen. Zum Jahresende befanden sich acht Windparks in Deutschland mit zusammen 164,2 MW sowie einer in Frankreich mit 11 MW im Bau, die zumindest teilweise für das Portfolio vorgesehen sind. Außerdem hat PNE am Stichtag als Dienstleister die Realisierung von drei bereits verkauften Projekten mit 102 MW betreut.

Zudem konnte PNE im Jahr 2024 Power Purchase Agreements (PPAs) für 45 Projektgesellschaften mit einer Gesamtleistung von 524,2 Megawatt abschließen, wodurch man nicht auf die volatilen Strompreise an der Börse angewiesen ist.

Starker Jahresendspurt

Das Geschäftsjahr 2024 war für die PNE AG erfolgreich. Als Ergebnis einer sehr guten operativen Geschäftsentwicklung lag die Gesamtleistung bei 342,6 Mio. Euro (Vorjahr: 267,8 Mio.) und war damit die höchste der Unternehmensgeschichte. Das operative Ergebnis (EBITDA) erhöhte sich sehr deutlich auf 69,0 Mio. Euro (Vorjahr: 39,9 Mio.), während das Betriebsergebnis (EBIT) 35,1 Mio. Euro betrug (Vorjahr: 5,7 Mio. Euro). Die PNE AG schloss das Jahr damit deutlich über der Spanne der ursprünglichen Guidance für das Konzern-EBITDA in Höhe von 40 bis 50 Mio. Euro und am oberen Ende der aktualisierten Guidance von 60 bis 70 Mio. Euro ab.

Aus dem Bilanzgewinn der PNE soll eine Dividende in Höhe von 0,04 Euro sowie eine Sonderdividende in Höhe von 0,04 Euro für das Geschäftsjahr 2024 ausgeschüttet werden und der verbleibende Bilanzgewinn auf neue Rechnung vorgetragen werden.

Scale Up 2.0 und Ausblick

Mit der Strategie "Scale Up 2.0" plant PNE bis Ende 2027 ein Eigenbetriebsportfolio aus Windparks und PV-Anlagen mit einer Gesamtleistung von etwa 1,1 GW im Betrieb oder Bau. Perspektivisch hält PNE an dem bislang geplanten Eigenbetriebsportfolio von 1,5 GW im Betrieb oder Bau fest. Zudem strebt das Unternehmen bis 2027 ein EBITDA von rund 140 Mio. Euro an. Die hochwertige Projektpipeline soll auf einem konstanten Niveau von mindestens 10 bis 15 GW liegen.

Mit der Justierung der Strategie und dem damit einhergehenden robusten Wachstum sieht sich PNE auf gutem Weg. "Wir richten die Organisation nun weiter darauf aus und sind sehr optimistisch", so Vorstandschef Heiko Wuttke. Das Unternehmen rechnet im Rahmen der Guidance für das Geschäftsjahr 2025 mit einer Steigerung des EBITDA im Konzern auf 70 bis 110 Mio. Euro.

MSIP stellt PNE ins Schaufenster

Mit den starken Ergebnissen im Rücken wagt sich MSIP an einen weiteren Anlauf, seinen Anteil an PNE zu Geld zu machen. Vor einigen Jahren war man hier während des Green Energy-Hypes zu gierig und wollte noch deutlich mehr als die damaligen Fantasiepreise, die die Börse bereits aufgerufen hatte. Man fand aber keinen Interessenten und nachdem Russland in die Ukraine einmarschiert war und die Energiekrise in Deutschland und Europa ausbrach, rauschten die Kurse in den Keller. Anschließend gab es massive Probleme in der Fertigungskette, massive Kostensteigerungen und Projektverschiebungen, so dass MSIPs Kursgewinne dahinschmolzen wie Schnee in der Sahara.

Quelle: wallstreet-online.de
Nun haben sich die Rahmenbedingungen wieder verbessert und auch dank des Sondervermögens für Infrastruktur und Grüne Energie erwacht neue Fantasie. MSIP hat daher einen neuen Verkaufsprozess für seinen Anteil angestoßen und Goldman Sachs mit der Suche nach einem interessierten Abnehmer betraut. Wer immer den MSIP-Anteil von 50,06 % übernimmt, wird auch allen anderen Aktionären ein gleichlautend dotiertes Übernahmeangebot machen müssen.

Bei einem Kurs von 15 Euro wird PNE mit rund 1,15 Mrd. Euro bewertet. Nicht billig, aber auch nicht utopisch hoch. Vermutlich auch deshalb wurden in 2024 Verkäufe lanciert und die Profitabilität gepimpt, denn so lässt sich PNE viel besser vermarkten. Wobei Finanzinvestoren oder fachkundige Interessenten sich natürlich nicht nur die letzten Geschäftszahlen ansehen, sondern sich auch die langfristige Entwicklung und die perspektiven ansehen.

Bullcase vs. Bearcase

PNE profitiert vom Megatrend Green Energy und den weltweiten und zunehmenden Bemühungen, die Klimaziele zu erreichen und die Energieversorgung Welt zu dekarbonisieren. Die hohen Netzentgelte in Deutschland sind ein erhebliches Problem und ein gewichtiger Standortnachteil. Die neue Bundesregierung will hier für Entlastung sorgen. Gleichzeitig verbessern sich die Rahmenbedingungen für die Branche und sorgen nach drei Jahren Dunkelflautenstimmung für einen neuen Hoffnungsschimmer am Horizont.

Fazit

Die PNE AG hat sich erfolgreich als integrierter Anbieter im Bereich erneuerbarer Energien positioniert. Mit einer stabilen Projektpipeline, einem wachsenden Eigenportfolio und erweiterten Dienstleistungen ist das Unternehmen gut aufgestellt, um von der globalen Energiewende zu profitieren.

Insgesamt ist das Chance-Risiko-Verhältnis nicht unattraktiv. Das Übernahmekarussell nimmt Fahrt auf und "smart Money" drängt wieder in den Sektor. Diese Finanzinvestoren zielen nicht auf schnelle Rendite, sondern auf mittelfristig hohe Renditen. Anleger mit ähnlicher Veranlagung könnten die PNE-Aktien durchaus interessant finden, müssen aber damit rechnen, nach einer erfolgreichen Übernahme perspektivisch mittels Squeeze-out aus dem Unternehmen gedrängt zu werden KKR hat es zuletzt bei Encavis vorgemacht.

Die 4 wichtigsten Dinge, die man über PNE wissen muss

  1. Seit mehr als 25 Jahren ein führender Windparkprojektierer in Deutschland mit Fokus auf On- und Offshore-Projekten.
  2. Der Fokus liegt nicht mehr ausschließlich auf dem Ausbau des Eigenbestands, sondern es werden auch wieder Verkäufe realisiert.
  3. PNE schließt verstärkt Power Purchas Agreements ab und sichert sich so relativ stetige Einnahmeströme.
  4. Die Branche erlebt eine Übernahmewelle. PNE-Großaktionär MSIP möchte seinen Anteil an verkaufen und es besteht Aussicht auf eine ansehnliche Übernahmeprämie.
Disclaimer: Habe KKR, PNE auf meiner Beobachtungsliste und/oder im Depot/Wiki.

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