Samstag, 10. August 2019

Am Scheideweg: Steht eBay vor seinem Nadella-Moment?

"3, 2, 1... meins" lautete der Werbeslogan des Internet-Auktionshauses eBay und seit Kurzem gilt er auch (wieder) für mich, denn ich habe nach fast 20 Jahren wieder eBay-Aktien gekauft.

Das Unternehmen hat die "New Economy" überlebt und sich längst vom einstigen Erfolgsmodell des Online-Flohmarkts für Privatleute verabschiedet. Klar, auch dieses Thema bedient man noch, aber eigentlich bereits seit Einführung des "Sofort Kaufen"-Buttons wurde eBay zu einer Verkaufsplattform für professionelle Händler. Das machte eBay schnell profitabel, aber der ursprüngliche Charme blieb dabei auf der Strecke. Und später auch das Gespür für die relevanten Trends, denn der überaus erfolgreiche Bezahldienst PayPal gehörte einst zum Unternehmen und man war viele Jahre lang bei Südamerikas aufstrebendem Online-Marktplatz MercadoLibre beteiligt - bis man seine Anteile 2016 für $1.05 Mrd. verkaufte und damit die anschließende Wertsteigerung um weitere $4 Mrd. verpasste.

Schaut man auf die aktuellen Börsenbewertungen, bringt es PayPal auf $123 Mrd., MercadoLibre auf $49 Mrd. und eBay lediglich auf $37 Mrd. Dabei steht auch die eBay-Aktie auf Allzeithoch, doch der Blick auf die Bewertungen zeigt, dass eBay nicht (mehr) wie ein Wachstumsunternehmen bepreist wird, sondern wie ein ein Value Investment. Zu Recht! Ein KGV von 14 klingt nicht zu billig für ein Unternehmen, das seit drei Jahren kein Umsatzwachstum mehr erzielt. Doch es gibt Hoffnung auf bessere Zeiten und die beruhen nicht nur auf den Gewinnsteigerungen und üppigen Aktienrückkäufen. Nein, es geht einmal mehr darum, dass Ebay weitere Töchter und Sparten abspalten könnte und dadurch für die Aktionäre eine fette Rendite winken könnte. Und für eBay selbst wieder erfolgreichere Zeiten dank einer neuen Strategie...


Zur Zeit steht eBay mal wieder unter heftigen Druck seitens aktivistischer Investoren. 2015 war es vor allem Carl Icahn, der den Spin-off von PayPal durchsetzte, was für sich für PayPal als Segen erwies, denn die neue Eigenständigkeit war die zweite Initialzündung für das Unternehmen hin zu Wachstum und Erfolg (die Übernahme durch eBay war die erste, muss man fairerweise anerkennen).

Und nun fordern die aktivistischen Investoren Elliott Management und Starboard Value von eBay, seine Randaktivitäten abzugeben und sich auf sein Kerngeschäft zu fokussieren. Zur Disposition steht dabei u.a. die Ebay Classifieds Group (ECG), zu der die eBay Kleinanzeigen samt der Autovermittlungsplattform mobile.de gehören. An der ECG scheint auch Axel Springer interessiert zu sein, die gerade mit Hilfe von US-Finanzinvestor KKR den Rückzug von der Börse anpeilen.

Interessanterweise setzen aktivistische Investoren - und es ist, trara... Paul Singers Elliott Management - auch Scout24 unter Druck. Singer möchte, dass sich Scout24 ausschließlich auf seine Immobiliensparte konzentriert und sich von seinem zweiten Standbein AutoScout24 trennt. Hier könnte also ein einzelner Käufer gleich beide in Deutschland führenden Autoportale kaufen und zusammenführen. Beide stehen zunehmend unter Druck, da die großen Autokonzerne unter Führung von VW an ihre eigene Lösung in den Markt drücken und auch bei Amazon die Autovermittlung auf der Agenda steht.

Dem Vernehmen nach könnte eBay für die ECG $10 Mrd. einstreichen und dieses Geld würde für eine Sonderdividende und/oder massive Aktienrückkäufe zur Verfügung stehen. Angesichts einer eigenen Börsenbewertung von gerade einmal $37 Mrd. wären $10 Mrd. für die ECG ein wahrer Geldregen! Hinzu kommt die Online-Ticketbörse Stubhub, die ebenfalls auf dem eBay-Verkaufszettel landen soll.


Doch was kommt dann (für eBay)?

Sollte der erfolgreiche Verkauf der ECG gelingen stellt sich die Frage, was aus der "Resterampe eBay" wird. Bleibt nur der unattraktive Rest zurück, der immer weniger Umsatz macht und quasi nur durch Aktienrückkäufe die Aktionäre bei Laune halten kann. Also so etwas wie eine zweite IBM?

eBay (Quelle: wallstreet-online.de)
Ich denke, das wird nicht der Fall sein. Ebay wandelt sich gerade hin zu einer Vertriebs- und Verkaufsplattform für professionelle Händler. Das ist genau der Bereich, in dem Amazon immer erfolgreicher wird. Wer nicht über Amazons Website verkauft, muss sich seinen eigenen Internetshop aufbauen, z.B. über Shopify. Der entscheidende Nachteil ist, dass die Käufer nur einmal kommen und man ständig Werbung machen muss, damit man neue Käufer anlockt. Das kostet viel Geld. Die Alternative ist, dass man über Plattformen verkauft, die einen etablierten Markennamen haben und einen festen Kundenstamm. Wie bei Mode Zalando oder eben... eBay. Das Unternehmen hat großes Potenzial, sich als Alternative zu Amazon zu positionieren. Dazu bedarf es allerdings mehr, als eine reine Verkaufsplattform mit etablierten Kundenstamm zu sein. Amazon bietet seinen Händler im Hintergrund umfassende Analysetools, Waren- und Kreditfinanzierungen und einen umfangreichen Fulfillment-Service sowie zunehmend eine eigene Zustellung der Waren und mit AmazonPay einen sicheren Bezahldienst. Hier kann und muss eBay gegenhalten und eigene Services anbieten - nicht notwendigerweise in Eigenregie, das kann auch durch Kooperationen erfolgen, wie mit salesforce.com oder Microsoft oder Adobe. Entscheidend ist das "Rumd-um-Paket", wie es sich für die aktiven Händler darstellt.

Hinsichtlich des Fulfillment hat eBay bereits den richtigen Weg eingeschlagen baut eigene Kapazitäten auf sowie ein Netz von Kooperierenden Händlern. Der Logistikriese FedEx trennt sich gerade von Amazon, weil er in Amazon einen Konkurrenten der Zukunft in seinem Kerngeschäft erkennt, dem Paketversand. FedEx begründet die Trennung von Amazon damit, sich mehr auf "den breiteren E-Commerce-Markt konzentrieren" könne. Damit stünde ein "natürlicher" Logistikpartner für eBay bereit, der sich bewusst von Amazon abgewendet hat, und der ein erhöhtes Interesse haben dürfte, ggf. der bevorzugte (oder sogar alleinige?) Paketdienst in der eBay-Sphäre zu werden. Interessantes Gedankenspiel!?

Als Zahlungsoption steht bei eBay weiterhin PayPal zur Verfügung, das ist ein großes Plus. Auch wenn bald der Vertrag zwischen beiden Unternehmen endet und ab dann nicht mehr PayPal der Zahlungsabwickler im Hintergrund sein wird bei eBay, sonder Adyen, bleibt PayPal als Zahlungsoption erhalten. Für eBay selbst bietet sich die Chance, aus seinem Kundenstamm "mehr" herauszuholen und ggf. eine eigene Zahlungsoption zu etablieren, ggf. in Kooperation mit etablierten Playern. Da der Bereich einen regelrechten Boom erlebt, dürften hier auch für eBay einige Potenziale schlummern, die man durchaus heben könnte.

Klar ist, dass insbesondere des Fulfillment und Logistikdienste einiges an Investitionen erfordern wird. Der Verkaufserlös für die ECG wäre hier willkommen. Andererseits fährt eBay seit Jahren hohe Free Cashflows ein, die für Dividenden und vor allem die massiven Aktienrückkäufe genutzt werden. Ein Verkauf der ECG ist also nicht zwingende Voraussetzung für eBays neue Bestrebungen.


Meine Einschätzung

Ebay ist kein Wachstumswert mehr, sondern ein etabliertes Unternehmen mit leicht sinkenden Umsätzen, aber steigenden Margen und Gewinnen. Entsprechend moderat ist es bewertet. Es hat einen tiefen ökonomischen Burggraben, auch wenn es zu wenig daraus macht und ohne eigenes Zutun wird dieser Burggraben irgendwann versanden. Aber eBay tut. Endlich. Das Unternehmen wandelt sich aber hin zu einem Plattformgeschäft und positioniert sich als eine Art Anti-Amazon für Händler. Darin steckt noch eine Menge an Potenzial, sofern eBay die nötigen Schritte konsequent geht. Beim Fulfillment scheint dies so zu sein. Ebay hat durchaus das Potenzial, wieder zu einem Wachstumsunternehmen zu werden, mit dann auch entsprechender Bewertung mit deutlich zweistelligen KGVs.

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Der Verkauf von Randaktivitäten, die eBay bisher kaum zu monetisieren verstand, könnte $10 Mrd. in die Kasse spülen und damit nicht nur erhebliche stille Reserven heben, sondern auch Investitionen beflügeln sowie noch massivere Aktienrückkäufe und Dividenden.

Beide Faktoren in Kombination, Wachstum mit steigenden Gewinnen bei gleichzeitig verstärkten Aktienrückkäufen, könnte zu einem enormen Kurstreiber werden. Es ist gut möglich, dass die erneute Aufspaltung für eBay so etwas wie "der Nadella-Moment" werden könnte, der den taumelnden Dinosaurier Microsoft vor fünf Jahren übernahm und mit der neuen Strategie "Cloud first, mobile first" wieder auf Erfolgsspur gebracht hat. Darauf setzt auch Value Investor Seth Klarman und jetzt auch ich, weshalb ich eBay auf meine Beobachtungsliste genommen habe...


eBay selbst als Übernahmeziel?

Da der chinesische Internetgigant Alibaba zunehmend Ernst zu machen scheint mit seinen Ambitionen, sich auch in den USA und Europa auszubreiten, könnte eBay als "passendes" Eintrittstor in diese Märkte auf seinem Schirm auftauchen - mit AliPay und AliExpress verfolgt er ja ganz ähnliche Bestrebungen wie eBay selbst und hier gäbe es sicherlich eine Menge Synergien. Weitere Kaufkandidaten wären auch Walmart, die mit ihrer bisherigen Online.Strategie vor allem Geld verbrannt haben, oder Alphabet, die ihre Ambitionen via Google Shopping pushen wollen und müssen.


Aber, um es ganz klar zu sagen, eine mögliche Übernahme ist nicht mein Investmentcase. Falls sie kommen sollte, dann hoffentlich erst dann, wenn eBay - und ich als Aktionär - schon einen Großteil der Erfolge der neuen Strategie eingefahren haben, und/oder mit einer sehr üppigen Übernahmeprämie. ツ

Disclaimer
Ich habe Alphabet, Amazon, eBay, KKR, MercadoLibre, Microsoft, PayPal, Shopify und Zalando auf meiner Beobachtungslisten und in meinem Depot.

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