Sonntag, 15. September 2019

Die 37. Börsenwoche im Rückspiegel: Kissigs Kloogschieterei mit Amazon, Microsoft, Naspers, Prosus, Walt Disney und... Öl

Die vergangene Börsenwoche ließ die Kurse weltweit kräftig steigen; der DAX schnuppert an der 12.500, der MDAX notiert wieder über 26.000, der Dow Jones über 27.000 und der S&P 500 übersprang die 3.000er Marke.

Dabei waren die Börsenkurse gerade zum Anfang der Woche massiv abgetaucht und einige Werte haben sich hiervon (noch?) nicht wieder erholt. Es hatte vor allem die Aktien getroffen, die seit dem Jahresstart zu den am besten performenden gehörten, wie SaaS-Firmen (Software-as-a-Service) und Payment-Werte. Hier gab es eine heftige Kurskorrektur von zumeist zwischen 15% und 20% und in der anschließenden Erholung schnitten diese Werte deutlich schlechter ab als der breite markt, weshalb auch mein Depot noch in den Seilen hängt.

Die entscheidende Frage ist, ob es einen nachhaltigen Trend aus den hoch bewerteten Wachstumswerten hin zu den (vermeintlich) niedrig bewerteten Value Titeln gibt. Oder ob die Tech-Werte sich nur die verdiente Zwischenauszeit nehmen...


Börsentheater, 1. Akt: Die Politik (und die Notenbanken)

Der US-China-Handelsstreit... ja, ich weiß, kann keiner mehr hören. Es gab nun einige Entspannungen, denn vor dem für nächsten Monat anberaumten nächsten Treffen der Delegationen setzte China einige Strafzölle auf US-Importe aus und auch Donald Trump verschob die Erhebung einiger angekündigter Strafzölle auf China-Importe. Darüber hinaus verkündete Trump, er könne sich auch vorstellen, mit China zunächst ein Basisabkommen zu treffen und dann weitere Schritte folgen zu lassen. Das wäre wirklich mal was neues, denn bisher wollte Trump unbedingt ein "Alles-in-einem-Abkommen" mit China. Die Entspannung trug dann auch maßgeblich zur Erholung an den Börsen bei. Aber es gibt weitere Einflüsse.

Die Notenbank(en)

So hat die EZB ihren Bankeneinlagenzins gesenkt von -0,4% auf -0,5%. Banken müssen ja eine Mindestreserve halten und zahlen dafür an die EZB Zinsen. Und sie können bei der EZB darüber hinaus überschüssige Liquidität parken, auch das kostet nun mehr. Es werden aber nicht alle gleich von den Maßnahmen betroffen, da die EZB eine neue Staffelung einführt. Und hier kommen gerade die deutschen Banken besser weg als bisher, denn "einlagenstarke" Institute zahlen künftig geringere Sätze. Und zu den "einlagenstarken" Banken zählen vor allem die deutschen Volksbanken und Sparkasse, die traditionell viele Sparer als Kunden haben.

Des Weiteren verkündete Mario Draghi auf seiner vorletzten EZB-Sitzung, bevor er den Staffelstab an Christine Lagerde übergeben muss, dass die EZB ihr Anleihe-Kaufprogramm wieder aufnehmen wird. Dafür will sie €20 Mrd. pro Monat aufbringen und zwar so lange, bis die Inflation endlich die 2% erreicht hat, die die EZB als Ziel definierte. Zeitgleich hat sie allerdings ihre mittelfristigen Inflationserwartungen auf 1% bis 1,5% heruntergeschraubt, so dass sowohl die Zinsen weiterhin niedrig bleiben (und ggf. sogar gesenkt) werden und die Anleihe-Käufe ohne fixes Enddatum laufen werden. In den nächsten Jahren wird sich hieran also vermutlich nichts ändern - es sei denn, Lagerde setzt zum Kurswechsel an, denn insbesondere die Aufnahme der Anleihe-Käufe ist/war alles andere als unumstritten im EZB-Rat.

Übrigens, nach der EZB-Sitzung ist vor der FED-Sitzung, denn die tagt in der kommenden Woche und alle dürften gespannt sein, ob FED-Chef Jerome Powell den jüngsten Attacken des Donalidissimo gegen die "ahnungslosen" Währungshüter die Stirn bietet oder doch die Zinsschraube nochmals lockert.

Der Kampf ums Öl - und mehr

Und dann gab es noch den Drohnenangriff auf Saudi Arabiens Öl-Industrie, bei dem die beiden größten Raffinerien des Landes bzw. des größten Ölförderers der Welt, der staatlichen Saudi Aramco, zerstört wurden. Die jemenitischen Huti-Rebellen bekannten sich öffentlich zu dem Anschlag, während US-Außenminister Pompeo den Iran verantwortlich macht. Der Bürgerkrieg im Jemen längst zu einem Stellvertreterkrieg zwischen dem Iran (der die Hutis unterstützt) und den regierungsunterstützenden Saudis (ihrerseits von den USA unterstützt) mutiert, also liegt die Wahrheit wohl dazwischen. Unterm Strich wird Saudi Arabien getroffen, die stärkste Kraft innerhalb der OPEC, deren Ölgesellschaft Saudi Aramco gerade (mal wieder) mittelfristig den Börsengang anstrebt. Die Saudis sind auf diese Einnahmen angewiesen, da der aktuelle Ölpreis nicht ausreicht, um ihren Staatshaushalt zu finanzieren. Gleichzeitig warnte die Internationale Energie Agentur (IEA) kürzlich vor einer massiven Überversorgung bei Öl im nächsten Jahr.

Durch den Angriff dürfte der Ölpreis erstmal anziehen und davon haben alle Produzenten etwas - außer den Saudis. Also ein ideales Ergebnis für den Iran, der mit den Saudis um die Vormachtstellung in der islamischen Welt ringt (Sunniten gegen Schiiten). Auf die Welterdölversorgung wird dieser Anschlag nur kurzfristig Auswirkungen haben. Die Reservelager sind voll und die Fördermengen der US-Fracker nehmen weiter ständig zu - was ja der Grund für die IEA-Warnung vor einer Überversorgung ist/war. Deutschland bezieht übrigens nur sehr wenig Öl aus Saudi Arabien.


Börsentheater, 2. Akt: Die Unternehmen


So, nun aber zum Eingemachten und einigen interessanten Meldungen zu aktuellen oder ehemaligen Unternehmen auf meiner Beobachtungsliste.


Amazon / Microsoft / Walt Disney

Walt Disney Studios und Microsoft haben eine Cloud-Partnerschaft verkündet. Disney setzt für fünf Jahre auf Azure, um neue Methoden zur Transformation von Content-Workflows zu testen. Im Detail sollen die Erstellung, die Produktion und die Verteilung von Inhalten mithilfe von Microsoft Azure erprobt werden und möchte so Postproduktionsprozesse beschleunigen und die Azure Cloud-Dienste im ganzen Produktionsprozess von „scene to screen“ einsetzen. Ziel sei, dass Disney dadurch Inhalte auf der ganzen Welt schneller und effizienter erstellen kann. Die Partnerschaft soll auf die bestehende Cloud-Allianz zwischen Microsoft und Avid, einem Hersteller für Hard- und Software zur Medienproduktion, aufbauen. Angeführt werde sie von Disneys Innovationsinkubator Studio Lab.

Interessant ist diese Kooperation deshalb, weil Disneys neuer Streamingdienst im November an den Start gehen soll und Disney bisher voll auf die Dienste von Amazons Cloud-Sparte AWS setzt. Disney-CEO Bob Iger hat soeben den Apple-Verwaltungsrat verlassen, weil Disney und Apple im Streamingbereich nun zu Konkurrenten werden. Und Amazon hat mit Amazon-Prime ebenfalls einen Streamingdienst am Start, mit dem Disney künftig um Abonnenten ringen dürfte, während Microsoft im Bereich Streaming (bisher) keinerlei eigene Ambitionen aufweist. Möglicherweise könnte hier langfristig eine Abkehr Disneys von AWS anstehen und die jetzt geschlossene Kooperation mit Microsofts Azure könnte ein Indiz dafür sein, dass Disney und Microsoft in diesem Bereich enger zusammenrücken.

Für Microsoft ist die Kooperation jedenfalls ein "großer Wurf" und unterstreicht den Erfolg seiner Cloudstrategie, den Amazon-Rivalen ein attraktives neues Cloud-Zuhause zu bieten jenseits von AWS.


Naspers / Prosus

Nach der Abspaltung des südafrikanischen Kabelnetzbetreibers Multichoice hat die südafrikanische Mediengigant Naspers nun auch der Großteil seiner internationalen Beteiligungen in einer eigenen Gesellschaft gebündelt und diese Einheit als Prosus NV an die Amsterdamer Börse Euronext gebracht. Ich halte beide Unternehmen und ihre Aktien für aussichtsreich, habe mich allerdings aufgrund des aus meiner Sicht besseren Chance-Risiko-Verhältnisses auf die Prosus-Aktie konzentriert - und dies in meinem Depot und auf meiner Beobachtungsliste auch so nachvollzogen (Naspers runter, Prosus drauf). Ob dies auf lange Sicht die richtige/bessere Entscheidung war, bleibt abzuwarten...



Angst und Gier & Ups and Downs


Der Fear & Greed Index von CNN Money hat sich in der letzten Woche um 33 Zähler weiter erholt und sich annähernd verdoppelt auf 68 Punkte.

Mein "operativer Net Worth" hat sich in der letzten Woche wieder deutlich südlich entwickelt und zwar um satte 4,75%; er liegt nun "nur" noch 26,00% höher als beim Jahresstart (YTD). Das Ergebnis liegt weiterhin weit über meiner Zielgröße von 15% Rendite pro Jahr und dem entsprechend jammere ich auf hohem Niveau. Muss aber auch mal sein, oder? An der hohen Gewichtung der Aktien aus dem Payment- und SaaS-Sektor habe ich nichts verändert und setze auf einen Rebound auch dieser Aktien...

Auf gute Börsengeschäfte. Es bleibt spannend...

Disclaimer
Amazon, Microsft, Naspers und Prosus befinden sich auf meiner Beobachtungsliste und in meinem Depot.

1 Kommentar:

  1. Nordamerikanische öl-Unternehmen dürften davon profitieren. Es gibt eine Reihe von profitablen Unternehmen, welche wie Saturn oil aussichtsreich sind...

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