Donnerstag, 16. November 2023

Kissigs Börsentheater: Brian Feroldi erklärt, weshalb man an seinen Gewinneraktien festhalten und nicht stattdessen bei seinen Loseraktien aufstocken sollte

Es klingt so simpel: Man verkauft das Teure und kauft das Billige. Fertig ist der Börsenerfolg und die Kohle stapelt sich auf dem Konto.

Merkwürdigerweise klappt das aber irgendwie nicht, sonst wären ja Börsianer per se reich und erfolgreich und würden nicht zu Großteilen der Indexentwicklung abgeschlagen hinterherhecheln. Also, woran liegt's und wie kann man es besser machen?
"Früher habe ich meine Gewinneraktien verkauft, um meine Verlierer aufzustocken. Meine Renditen verbesserten sich dramatisch, als ich lernte, dass der Aktienmarkt genau die gegenteilige Strategie belohnt."
(Brian Feroldi)
Der dümmste Spruch an der Börse ist wohl, dass noch niemand an Gewinnmitnahmen gestorben sei. Er basiert auf der irrigen Annahme, man hätte mit Aktien einen Gewinn eingefahren, den man sichern könne – und müsse. Wie mit einem Wettschein. Dabei sind Aktien Anteile an Unternehmen und solange das Unternehmen gut läuft, sollte man seine Aktien behalten. Egal, was der Aktienkurs macht. Jeder will eine Apple, eine Microsoft, eine NVIDIA im Depot haben und zwar schon seit 10 oder 20 Jahren. Hat aber fast niemand, weil auch diese Superaktien in der Zwischenzeit mehrfach um 50 % oder mehr eingebrochen sind und weil sie oft als zu teuer bewertet erscheinen. Also werden sie verkauft, um damit Depotleichen aufzustocken, weil die ja so schön billig sind. Dumm nur, dass die auch meistens billig bleiben und uns so die stärksten Renditen verloren gehen. Obwohl wir sie schon im Depot hatten. Wir hätten ihnen nur vertrauen müssen…

Disclaimer: Habe Apple, Microsoft, NVIDIA auf meiner Beobachtungsliste und/oder im Depot/Wiki.

14 Kommentare:

  1. Mag im Kern richtig sein und wurde zurecht oft verkündet. Aber in vielen Einzelfällen hätte man "vertrauen müssen" auch auf damalige Verliereraktien (heutige Gewinner) übertragen müssen. Klassischer Hindsight Bias. Ganz so einfach ist es nicht - auch wenn es viele Fälle gibt wo dies anwendbar ist. Danaher gut gelaufen - lass mit (Teil-) Verkäufen Fresenius kaufen. ;)
    Und wenn man in Wahrscheinlichkeiten denkt - es mag Szenarien geben wo sich dies auch bezahlt macht. Stärke kaufen (Bewertung spielt immer eine Rolle) ist nicht verkehrt - aber ist dies zum gegebenen Zeitpunkt (nicht alles läuft halbwegs gerade rechts nach oben) wirklich immer erkennnbar?

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    1. Fresenius hat gerade den Aristokraten-Status verloren. Dort ist keine gemeinsame Strategie der Segmente erkennbar...Finger weg.
      Danaher mit dem berühmten DBS hingegen ist jetzt ein Kauf bei dieser Bewertung.

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    2. Danaher/Fresenius war als Beispiel gemeint wo dies klar erkennbar ist (Gewinneraktien behalten und nicht Verlieraktien kaufen bzw umschichten).
      Ging mir darum das es eben nicht immer so einfach ist wie in diesem Fall - viele der heutigen Top Werte hatten auch Phasen wo es über längere Zeiträume nicht so toll lief. Ob sich hier "Vertrauen" auszahlt weiß man erst hinterher.

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  2. Ich folge Brian auf Youtube.
    Nett dass du ihn hier zitierst.

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  3. Na ja. Solche Thesen findet man zu Dutzenden im Netz, und alle - oder viele - klingen überzeugend, sie haben auch irgendwo ihre Richtigkeit, doch taugen sie nicht als eiserne Regel. So weit ich sehen kann, ist die andere Regel - noch niemand an Gewinnmitnahmen gestorben - genauso richtig - es hängt eben von der Akte und von der Situation ab. Alibaba galt ja lang als ein Pendant zu Amazon, ist auch über Jahre stetig gestiegen - und dann kam der Fall. Rechtzeitig 'rausgehen war da kein Fehler.
    Ich persönlich halte mich an die Bewertung - wenn die Luft zu dünn wird, denke ich bei vielen Aktien an Verkauf, gerade bei Zyklikern. So kann mann auch mit einiger Berechtigung sagen: bei Aktien zählt der Kaufpreis und der Verkaufspreis. Dazwischen gibt es noch die Dividende. Alles andere zählt nicht. Punkt.

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    1. Das ist nicht der Punkt, Lukas. Es geht nicht darum, niemals eine Aktie zu verkaufen, nur weil man sie mal ins Depot genommen hat, sondern darum, sich bei der Aktienauswahl genug Zeit zu lassen und sorgfältig die besten Werte herauszupicken und diese dann so lange zu behalten, wie sie ihre Qualitäten beibehalten - auch wenn der Kurs mal zu weit vorauslaufen sollte. Amazon im Jahr 2000 ist doch nicht wirklich ein treffender Vergleich, denn damals war Amazon ein reiner Buchversandhandel, der plante, auch noch andere Dinge zu verkaufen. Es war weder eine Plattform für Drittverkäufer noch gab es das Cloud-Powerhouse AWS oder die eigenen Logistik und Fulfillmentaktivitäten. Zudem machte Amazon kaum nennenswert Gewinne oder Cashflow und war dem entsprechend alles andere als ein Qualitätsinvestment. Der Kurs war einfach nur utopisch hochgetrieben worden und hatte keinen Bezug zur (unternehmerischen) Realität mehr. Insofern passt Amazon hier als Beispiel nicht.

      Und die von Dir angesprochenen Zykliker passen auch nicht, denn es war noch nie vernünftig, zyklische Aktien durch jeden Konjunkturzyklus hindurch zu halten. ;-)

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    2. Nur: kann man das anhand der Fundamentaldaten zuverlässig erkennen, oder muss man dann nicht doch nach dem Chart gehen und eine Aktie, die fällt, verkaufen - egal was man von ihr hält? Ich finde es doch widersprüchlich, wenn man einerseits sagt dass man steigende Aktien nicht verkaufen soll, andererseits bei den Einbrüchen seiner Lieblingsaktien nachkauft, weil die Aktie dann ja im Angebot ist. "Bewertung" ist halt alles andere als einfach, und vielleicht sind ja die niedrig bewerteten Aktie deshalb niedrig, weil der Rest des Marktes klüger ist? Letztlich bleibt doch nur Agieren per Chart: Hätte man z.B. 2018 fundamental erkannt, wie sich die Qualitätsaktie 3M entwickeln würde, oder hätte man 2021 fundamental erkannt, wie sich der Preis der eigentlich tollen Aktie TMO weiterentwickeln würde?

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    3. Ich halte von Charttechnik nichts und orientiere mich auch nicht daran. Ebenso wenig nutze ich willkürlich gesetzte Stopp-Loss-Marken, weil man damit unterm Strich Geld verbrennt. Ich setze auf die fundamentale Entwicklung, aber eben nicht quartalsweise, sondern ich betrachte längere Zeiträume. Einzelne Quartale können immer mal nach oben oder unter ausreißen. Und manchmal kann der Kurs auch länger nicht das tun, was er eigentlich tun sollte angesichts der fundamentalen Entwicklung. Wenn man von dem Unternehmen überzeugt ist, weshalb sollte man dann verkaufen? Nur, um mit irgendeiner anderen Aktie vielleicht mehr Glück zu haben? Das ist reine Zockerei und das hat nichts mit Investieren zu tun. Kann man machen - aber ich nicht.

      Und zu 3M: dass die Probleme haben, war schon lange abzusehen und die gravierenden Schadensersatzzahlungen sind auch nicht überraschend, sondern haben sich über Monate und Jahre angekündigt. Nur die Höhe war noch unklar und diese Unsicherheit und den Wertverlust hat der Aktienkurs eingepreist. Das ist keine Übertreibung, sondern Preisfindung. Gleiches gilt für Bayer und ihr Glyphosat/Monsanto-Trauma. Kein Investment wert, solange an der "Rechtsfront" immer wieder neue Minen hochgehen (können), denn solange spielt die fundamentale Entwicklung des Unternehmens immer nur eine untergeordnete Rolle. Solche Aktien muss man nicht haben und man muss schon gar nicht an ihnen festhalten, wenn man sie dann doch hat.

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    4. Verstehe ich - und habe auch immer so gedacht, nur hatte ich in den letzten zwei Jahren doch bei einigen "Lieblingsaktien" von mir größere Probleme, ohne dass ich die vorher aus fundamentalen Gründen kommen gesehen hätte. Mag natürlich daran liegen, dass ich gut genug hingeschaut hatte. Daher die Suche nach einer Aliternative. Ich suche jedenfalls seitdem stärker über den Chart Ausstiegspunkte - ob das funktioniert, wird sich zeigen. Nur fundamental und Qualitätsdenken komme ich jedenfalls nicht zurecht...

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  4. Michael, Du schreibst, man solle kein Unternehmen verkaufen, wenn man doch von ihm überzeugt ist - und dem stimme ich natürlich völlig zu. Und ja, ich folge Deinem Blog ja schon lange und ich habe auch hier viel über fundamentale Bewertung gelernt: danach versuche auch ich mich zu orientieren, und nicht nach Chart-Technik. Da greife ich auch gern mal "ins fallende Messer", wie man so schön sagt: das heißt, der Chart sieht miserabel aus, aber die Aktie scheint, von bestimmten Baustellen abgesehen, fundamental in Ordnung. Wenn die Aktie dann noch weiter fällt, versuche ich nachzukaufen - mittel- und langfristig macht das zumeist Sinn, obgleich Fehleinschätzungen und Irrtümer vorkommen.
    Mein Problem war, dass das Zitat von Feroldi so allgemein formuliert ist. Ja, er spricht nicht von Zyklikern, doch die können ja auch die Aktien sein, die gerade einen Höhenflug erleben und die man deshalb zum Verkauf ins Auge fasst. Ein Beispiel: Ich bin ja (leider😉) nicht in die Deutsche Rohstoff investiert, doch die scheint mir gerade so einen Höhenflug zu haben - hat wohl noch Momentum, doch ich würde sie mal für einen möglichen Verkauf auf die Beobachtungsliste setzen, wenn ich sie besaesse.

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    1. Peter Lynch warnt: "Der Kauf einer zyklischen Aktie (z.B. Rohstoffe) nach mehreren Jahren mit Rekordgewinnen und wenn das Kurs-Gewinn-Verhältnis einen Tiefpunkt erreicht hat, ist eine bewährte Methode, um die Hälfte seines Geldes in kurzer Zeit zu verlieren."

      Diese Warnung habe ich natürlich bei der Deutschen Rohstoff AG im Hinterkopf. Doch der Kurs kommt ja aus dem außergewöhnlichen Corona-Absturz, als es erstmals negative (!) Öl-Preise gab. Schaut man sich die Entwicklung an, dann hat die DRAG ihre Förderung ausgeweitet und ihr Umsatz- und Gewinnwachstum ist nicht einseitig von Preiseffekten getrieben. Und die Konjunktur ist auch eher eine Bremse und nicht auf dem Höhepunkt, so dass die Warnung von Lynch hier meines Erachtens beachtlich ist, aber eben nicht zwingend eintreten muss. Denn perspektivisch sinkende Zinsen und eine anziehende Konjunktur/Nachfrage dürften den neuen Zyklus erst entfachen, der Ölpreisanstieg der letzten 18 Monate ist ja eher auf die Kompensation des Corona-Effekts und den Ukrainekrieg bzw. die Russland-Sanktionen des Westens zurückzuführen. Von daher dürfte die DRAG operativ noch eine gute Zeit vor sich haben und der Kurs sich entsprechend positiv entwickeln.

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  5. Wird es den Rohstoff Hype denn überhaupt geben bzw. wann wird es ihn geben?

    Bisher hiess es, dass der Hype startet, wenn China aus Corona aufwacht und rebounded. Nun ist die Immobilienkrise dazwischengekommen, die mal locker 5-10 Jahre anhalten kann bis die aus den Köpfen der Konsumenten raus ist.
    Der Automobilindustrie in China geht es auch nicht gerade blendend, weil Sie Ihre Autos nur subventioniert oder unter Herstellungspreis verkauft bekommt. Vielleicht rettet noch der Verkauf in Europa die chinesischen OEMs, aber das ist noch nicht ausgemacht.

    USA und Europa stehen latent vor der Rezession bzw. kommen hoffentlich knapp dran vorbei.

    Erneuerbare Energie-Aktien sind teils deutlich gefallen.

    ...spricht für mich kurzfristig wenig für den globalen Rohstoff Hype.

    Langfristig zählen dann wieder andere Mechanismen.
    - Rivalität China, Russland zum Westen
    - Bevölkerungs-Schrumpfung in China
    - ...

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    1. Wenn Du von "Rohstoff-Hype" sprichst, dann meinste wohl den "Rohstoff-Supercycle", der alle paar Jahre durchs Dorf getrieben wird? Da kenne ich mich zu wenig aus, um da wirklich mitreden zu können; ich habe aber mal vor ein, zwei Jahren eine eingängliche Grafik gesehen mit einem nachvollziehbaren Text, der sich eher negativ mit der Eintrittswahrscheinlichkeit eines solchen Supercycles befasst hat. Tenor war, dass immer wieder davon gesprochen wird, aber so etwas selten bis nie wirklich eintritt.

      Ich habe allerdings auf die "normale" Zyklik abgestellt, wie sie bei jedem Wirtschaftsauf- und abschwung stattfindet und der Rohstoffsektor gehört eben zu den zyklischen Sektoren - auch wenn einzelne Rohstoffe durchaus Sonderentwicklungen zeigen können (wie zB die Nachfrage nach Lithium wegen der Elektromobilität oder Sand wegen des Frackingbooms).

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  6. Dachte du würdest mit diesem Teil auf den nächsten Rohstoff Hype / Superzyklus abzielen.

    „Denn perspektivisch sinkende Zinsen und eine anziehende Konjunktur/Nachfrage dürften den neuen Zyklus erst entfachen, der Ölpreisanstieg der letzten 18 Monate ist ja eher auf die Kompensation des Corona-Effekts und den Ukrainekrieg bzw. die Russland-Sanktionen des Westens zurückzuführen.„

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