Montag, 30. September 2013

Turnaround bei TwinTec schleppt sich (zu lange) hin

Der Abgasreinigungsspezialist TwinTec fand im Januar Aufnahme auf meine Empfehlungsliste, nicht als Value-Investment, sondern als Turnaround-Spekulation. Denn ein halbes Jahr zuvor war das Unternehmen quasi pleite, nur der Einstieg eines US-Investors verhinderte die am nächsten Tag drohende Insolvenz. Seitdem hat sich vieles gebessert, das Unternehmen steht heute deutlich besser da, als im vergangenen Jahr. Und doch...

Die Halbjahreszahlen, die TwinTec präsentierte, sind schlechter ausgefallen als erwartet und vor allem der Ausblick gibt schwer zu denken. Denn die Fortführungsprognose des Vorstands lautet: "2013 muss die Verlagerung des Hauptgeschäfts von den Nachrüstprodukten für den freien Markt (IAM) zu den Erstausrüstungsprodukten und in die internationalen Märkte gelingen. Der Zusammenbruch des (hiesigen) Nachrüstmarktes führt sonst dazu, dass das Unternehmen ohne diese Verlagerung nicht mehr zukunftsfähig ist“. Fraglich ist, ob der amerikanische Großinvestor nochmals Geld nachschießen würde, wenn absehbar ist, dass TwinTec nicht alleine laufen kann. Und selbst dann wäre das Hauptproblem, das siechende operative Geschäft, nicht gelöst, sondern weiterhin ein Patient auf der Intensivstation.

Fazit: die großen Hoffnungen, die mit dem Einstieg des Ankerinvestors verbunden waren, haben sich nur bedingt realisiert und das Chance-Risiko-Verhältnis hat sich wieder deutlich eingetrübt. Zeit, die aufgelaufenen Gewinne mitzunehmen. Per Schlusskurs heute zu 1,038 EUR glattgestellt, ergibt sich ein ordentlicher Kursgewinn bei dieser Spekulation von gut 22 Prozent.

10 Kommentare:

  1. Hallo Michael,
    nach meiner bescheidenen Meinung offenbart die Auswertung der Halbjahreszahlen eine ganze Menge an Schatten, jedoch auch kleinere Lichtblicke. Einer davon ist die Tatsache, dass die Gesellschaft im 1. HJ 2013 erstmals wieder in der Lage war, einen positiven operativen Cashflow zu generieren (+0,3 ggü. -1,6 Mio. € im VJ), was so viel heißt, man verdient wieder Geld im operativen Geschäft. Ab 2014 sollen dann auch beim Konzernergebnis schwarze Zahlen folgen. Und zu guter Letzt haben sich die bilanziellen Verhältnisse der Gesellschaft im 1. HJ spürbar verbessert (u.a. EK-Quote bzw. geringere Gesamtverschuldung), Sicherlich ist das Anlagerisiko hier nach wie vor als sehr hoch einzustufen, dennoch halte ich den angestrebten Turnaround noch für möglich. Für Perseus und alle spekulativ veranlagten Aktionäre bleibt es natürlich ein Geduldspiel. Mal sehen, wie diese Story enden wird (Sekt oder Selter?).

    Gruß Eddi

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    1. Moin Eddi,

      die letzte Messe ist bei TwinTec sicher noch nicht gelesen und ich halte einen erfolgreichen Turnaround bei TwinTec auch nicht für ausgeschlossen. Allerdings wurden die (vom Unternehmen selbst geschürten) Erwartungen verfehlt und die Warnung im Bericht ist schon massiv. Das Problem an der Sache ist, dass TwinTec wenig bis gar nicht kommuniziert - so erfährt man über das neue Geschäftsfeld China, das ja die Wende hin zum Besseren bringen soll, kaum etwas. Und das in einer Phase, wo es wieder um die Existenz des Unternehmens geht. Und da komme ich dann zu der Einschätzung, dass die Risiken aktuell die Canchen übersteigen. Und Warren Buffetts Regel Nummer 1 lautet: "Kein Geld verlieren"...

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  2. Hallo Michael,
    ich bin hier neu dabei, aber beobachte Twintec schon sehr lange und habe ausdauernd auf einen niedrigen Einstiegskurs gewartet und bekommen. Überzeugt hatten mich Perseus und insbesondere die Baumotübernahme (Kapital, Kunden, Perseus an die Kette gelegt, Mgt. ua.) und ein erfahrenes Mgt. von Baumot. Nun, mit dem HJ Bericht macht doch Perseus eine Kehrtwende: anstatt die restlichen 75% einzulegen, wird die Beteiligung wieder heraus gezogen. Die vermindern also gezielt ihr Risiko. Verstärkt wird der Eindruck noch durch die unterirdische Kommunikation und die "IR-Frau" Lange hat nicht die geringste Ahnung was im Hintergrund läuft. Die EAS Artikel Einstellung auf der home page kam übrigens auf Mgt.-Anweisung??? Dafür keine wirklichen Infos. Das schafft kein Vertrauen. Deshalb mein Fazit: Finger weg - ich bin raus.

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    1. Ja, der Einstieg von Perseus war "das Schlüsselelement" bei der Turnaroundspekulation, denn mit diesem potenten Investor im Rücken, der zudem mit der schweizerischen Baumont ja in ähnlichen Gefilden bereits Erfahrungen gesammelt hatte, schien ein Gelingen möglich, beinahe wahrscheinlich. Doch Perseus scheint nicht mehr hinter TwinTec zu stehen und das wiederum ist für mich das Schlüsselelement für einen Exit, denn die Luft wird wieder merklich dünner für TwinTec.

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  3. Hallo Knut,
    ich kann Deine und auch Michaels Argumente, die zu einer Verkaufsentscheidung führten, vollumfänglich nachvollziehen. Dennoch erlaube ich mir eine kleine Anmerkung zu der von Dir angesprochenen Kehrtwende von Perseus. Wie auf Seite 11 des HJ-Berichtes zu lesen ist, wurde die Verminderung der Kapitalbeteiligung an der Baumot (von 25 auf 20,3%), wodurch TwinTEc rd. 0,9 Mio. € von Perseus zuflossen, mit einem bestehenden Liquiditätsengpass begründet. Nach meinem Dafürhalten deckt sich diese Aussage mit dem relativ geringen Finanzmittelbestand, der zuletzt nur noch etwa 177 T€ betrug. Weitere Finanzspritzen hat man sich sogar vorbehalten (Verkaufsoption i.H.v. 3,8% der Baumotanteile; s. S. 36 HJ-Bericht). Die alles entscheidene Frage ist aber, warum die im Juni 2013 beschlossene 75%ige Sachkapitaleinbringung bis heute noch nicht vollzogen wurde. Vielleicht hast Du ja Recht und Perseus bekommt kalte Füße angesichts der sich schleppenden Konsolidierungsbemühungen und sucht bereits die Ausgangstür. Es bleibt jedenfalls ein spannender Wirtschaftskrimi, ob mit Leiche oder ohne.

    Gruß Eddi

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  4. Hallo Eddi,
    ja das habe ich auch gelesen, aber die hätten doch auch einfach ein Darlehen geben können, um den Engpass zu überbrücken. Und dann noch die weitere Verkaufsoption habe ich ebenfalls gelesen und das hat mich da eher noch bestärkt mit meinem Gefühl. Der Forderungsbestand ist auch stark gestiegen. Außerdem hat man keinen Überblick wie das innerhalb des Konzerns mit dem Leistungsaustausch von statten geht. Da ja Twintec jetzt alle Entwicklungsleistungen stemmt, weis man nicht, ob sich darüber Baumot Erfolgsanteile über die Verrechnungspreise abzweigt. Da die nicht voll konsolidieren, können wir nichts sehen. Vielleicht auch gewollt??? Der Hr. Hausser scheint in China bislang auch noch nichts greifbares erreicht zu haben. Kein Joint venture (hätten die erwähnen müssen im Bericht). Das einzige sind die gestiegenen Vertriebskosten. Außerdem ist die Personalunion im Mgt. auch mit Vorsicht zu genießen. Erstens können know how und Kunden "abgesaugt" werden und zweitens könnte Baumot etwas beim Gehalt sparen, da die ja jetzt ihre gesamten Leute im Twintec Vorstand/AR haben. Da Perseus bislang noch nicht wirklich viel investiert hat könnten die daher noch mit einem blauen Auge davon kommen, wenn Twintec wirklich untergehen sollte. So habe ich mir das mal ausgerechnet und die Zeichen sehen leider immer mehr danach aus. Wie hat neulich einer in einem Forum geschrieben: "Sieg oder Blut am Pfosten", aber wir wollen ja nicht Russisch Roulette spielen sondern Intelligent investieren. In diesem Sinne mach was draus.
    Knut

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  5. Hallo Herr Kissing,
    ich schätze ihren Block und demzufolge auch ihre Berichte.

    Mich würde interessieren wie sie die aktuelle Entwicklung um die Twintec Aktie bewerten. Ist der Stoff um den China Auftrag und ggf. Folgeaufträge Anlass für einen wahrhaftigen turnarround oder eben nur Theorie?
    Die Story und die große Anzahl gehandeltet Aktien in den letzten Tagen könnte m.M.n. so einiges bedeuten.

    Die zweite Frage bezieht sich auf einen ganz anderen Wert der mir in den letzten Wochen schon etwas Sorge bereitet. Es geht mir dabei um die AAP Implantate - WKN 506660. Ich frage mich wie es für den Wert weitergehen könnte. Leider bin zu einem ganz anderen Stand eingestiegen.

    Vielen Dank und beste Grüße!

    Pan

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    1. Moin Pan,

      TwinTec hat seit meinem Ausstieg ja einiges durchgemacht, die Übernahme der Beaumot, den zweimaligen Wechsel des Großaktionärs, diverse Kapitalerhöhungen. Vor allem hat man aber immer wieder die Aktionäre enttäuscht, indem man die selbst gesteckten Ziele nicht erreicht hat. Das wiegt für mich schwer. Zuletzt gab es ja wieder eine Umsatz und Gewinnrevision und zwar deutlich, dazu die große Kapitalerhöhung. Das sind schon schwer zu verdauende Brocken.

      Dabei bedient TwinTec mit seinen Produkten einen sehr aussichtsreichen Markt, aber sie kriegen es seit Jahren nicht hin, die Chancen auf die Straße zu bringen. Immer wieder wird der Turnaround und positive Jahresergebnisse in Aussicht gestellt - und immer wieder ins nächste Jahr verschoben. So auch zuletzt, als es wieder hieß, die schwarze Null steht nicht 2015, sie steht nicht 2016, aber 2017, da kommt sie nun endlich. Und die letzte Verschiebung hat nichts mit der Übernahme der Kontec zu tun, die zwar Einmalbelastungen mit sich bringt, aber auch ohne diese wäre das Jahresergebnis erneut negativ ausgefallen.

      Gleichwohl machen die neuen Produkte Hoffnung, dass TwinTec nun endlich auf der richtigen Spur ist. Der Deal in China und der zweite in Deutschland im Bereich Pkw könnte vielversprechend sein. Könnte. Momentan sind Abgaswerte und Abgasreinigung gehypte Themen dank des VW-Skandals. Aber das lässt wieder nach. Und so auch die Aufmerksamkeit für TwinTec. Dann entscheiden (wieder) nur die nackten Zahlen und das Nutzen von sich bietenden Chancen. Die sind zwar vorhanden, aber bevor ich hier erneut investiere, möchte ich Erfolge sehen. Nicht Prognosen, nicht Verlautbarungen, Fakten. Ich steige lieber zu spät ein und dafür auf gesicherter und fundierter Basis, als mich auf ein reines Vabanquespiel einzulassen.

      Bei aap Implantate haben wir die gleiche Situation, nur in einer anderen Branche. Die Aussichten kriegen seit Jahren viel versprechend, aber sie kriegen es einfach nicht auf die Reihe, damit unternehmerisch Erfolg zu haben. Es setzt sich nicht immer das beste Produkt am Markt durch, das alte Beta2000 war um Längen dem VHS-System überlegen und trotzdem wurde VHS für mehr als 20 Jahre zum Videostandard. Und aap? Anfang November eine Umsatz und Gewinnwarnung, um dann Mitte November zu berichten, die Zahlen lägen "im Rahmen der Erwartungen". Da fühlt man sich als Anleger doch auf die Schippe genommen. Und dann werden nicht einmal mehr Ergebnisse ausgewiesen in den Mitteilungen! Umsatz und EBIDTA und EBIT. Schluss, Ende, Aus. Unter dem Strich bleibt nichts übrig, das haben inzwischen alle mitbekommen. Aber auch dieses "Nichts" wird von seriösen Firmen berichtet. Nicht bei aap (auch wenn sie damit nicht alleine dastehen). Es gibt nur "positive" Verkündungen, Probleme werden zu Fußnoten marginalisiert. Für mich daher kein Unternehmen, in das ich Geld investieren würde. Das Management ist keinesfalls so gepolt, dass ich deren Geschäftspartner werden möchte. Und das ist für mich ein absolutes K.O.-Kriterium.

      Tut mir leid, dass ich mir da wenig Positives abringen kann...

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  6. Vielen Dank! Die Entscheidung weiter in Erwartung auf Anstieg dranzubeleiben oder den dicken Verlust zu realisieren muss ich noch treffen.
    Gruß
    Pan

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    1. Vielleicht lohnt es sich, den Verkauf noch in 2015 vorzunehmen, um die Verluste ggf. mit in diesem Jahr erzielten Gewinnen/Dividenden/Zinsen verrechnen zu können? Sollten Sie bereits über dem Sparerpauschbetrag von 801,-/1.602 EUR liegen...

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