Donnerstag, 18. Dezember 2025

Kissigs Nebenwerte-Analyse zu Bechtle: Nachhaltiges Wachstum im digitalen Zeitalter

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Artikel aus "Der Nebenwerte Investor" Ausgabe 23/2025 vom 17.12.2025

Aktien in dieser Ausgabe: Allgeier, Bechtle, Secunet Security

Bechtle: Nachhaltiges Wachstum im digitalen Zeitalter

Das MDAX-Unternehmen Bechtle ist einer der größten IT-Dienstleister Europas und der führende börsennotierte IT-Systemintegrator in Deutschland. Das 1983 gegründete IT-Unternehmen hat sich seitdem zu einem zentralen Akteur für digitale Transformation, IT-Infrastruktur, Cloud-Lösungen und Managed Services entwickelt und betreut mit mehreren zehntausend Mitarbeitenden Kunden aus Industrie, Mittelstand und öffentlichem Sektor in insgesamt 14 europäischen Ländern. Damit ist Bechtle hervorragend positioniert für nachhaltiges Wachstum im digitalen Zeitalter.

Das Geschäftsmodell von Bechtle ist klar strukturiert und zugleich breit diversifiziert. Im Kern basiert es auf den beiden Säulen IT System House & Managed Services sowie IT E-Commerce.

Im Bereich der Systemhäuser bietet Bechtle seinen Kunden umfassende IT-Dienstleistungen entlang des gesamten Lebenszyklus der IT an. Dazu gehören Beratung, Planung, Implementierung und Betrieb von IT-Infrastrukturen, Netzwerken, Cloud-Architekturen und Sicherheitslösungen. Gerade bei großen Digitalisierungsprojekten, etwa bei Konzernen oder öffentlichen Auftraggebern, tritt Bechtle als Generalunternehmer auf und koordiniert sämtliche technischen und organisatorischen Aspekte. Ergänzt wird dieses Projektgeschäft zunehmend durch langfristige Managed-Service-Verträge, bei denen Bechtle den laufenden Betrieb von IT-Systemen übernimmt. Dieser wachsende Serviceanteil sorgt für stabilere, besser planbare Erlöse und erhöht die Margenqualität.

Das zweite zentrale Standbein ist das IT-E-Commerce-Geschäft. Über leistungsfähige Onlineplattformen vertreibt Bechtle Hardware- und Softwareprodukte zahlreicher Hersteller an Unternehmen und öffentliche Einrichtungen. Kunden profitieren von standardisierten Beschaffungsprozessen, transparentem Lizenzmanagement und einer hohen Automatisierung. Dieses Segment ist weniger beratungsintensiv, dafür stark skalierbar und bildet einen wichtigen Umsatzanker, insbesondere in Phasen, in denen das Projektgeschäft konjunkturbedingt schwächer ausfällt. Die Kombination aus Systemhausgeschäft und E-Commerce verschafft Bechtle eine hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber Marktschwankungen.

Die besondere Stärke des Konzerns liegt in der Kombination aus lokaler Kundennähe, breiter technologischer Kompetenz und der Fähigkeit, auch große und komplexe IT-Projekte ganzheitlich umzusetzen.

Bechtle wächst nun auch international

Deutschland ist der Dreh- und Angelpunkt, aber ein wesentlicher Bestandteil der Unternehmensstrategie ist die fortschreitende Internationalisierung. Bechtle ist inzwischen in vielen europäischen Märkten präsent und baut dort sowohl das Systemhaus- als auch das Servicegeschäft aus. Dabei setzt der Konzern auf eine Mischung aus organischem Wachstum und gezielten Akquisitionen, um lokale Marktkenntnis mit der Konzerninfrastruktur zu verbinden. Parallel investiert Bechtle kontinuierlich in neue Technologiefelder wie Cloud-Computing, Cybersecurity, Künstliche Intelligenz und moderne Arbeitsplatzlösungen. Ziel ist es, Kunden nicht nur bei der technischen Umsetzung, sondern auch strategisch bei ihrer digitalen Transformation zu begleiten.

Bechtle trotz den Herausforderungen

Die jüngste Geschäftsentwicklung spiegelt die Herausforderungen des aktuellen wirtschaftlichen Umfelds wider. Im Jahr 2024 war das Investitionsklima in vielen europäischen Märkten, insbesondere in Deutschland, gedämpft. Viele Kunden verschoben IT-Projekte oder reduzierten Budgets, was sich auf Umsatz und Ergebnis auswirkte. Bechtle konnte sich diesem Umfeld nicht vollständig entziehen, hielt jedoch seine Margen auf einem vergleichsweise stabilen Niveau und setzte seine Akquisitionsstrategie fort. Das Geschäftsvolumen blieb insgesamt robust, während der Umsatz leicht rückläufig war. Gleichzeitig investierte der Konzern weiter in Personal, Infrastruktur und neue Kompetenzen, um langfristig gut aufgestellt zu bleiben.

Im Geschäftsjahr 2025 zeigte sich zunächst eine Fortsetzung der verhaltenen Entwicklung. Das erste Quartal war geprägt von rückläufigen Umsätzen und einem deutlichen Ergebnisrückgang, was vor allem auf die schwache Nachfrage und steigende Kosten zurückzuführen war. Im weiteren Jahresverlauf setzte jedoch eine schrittweise Erholung ein. Bereits im zweiten Quartal stabilisierten sich Umsatz und Ergebnis, und im dritten Quartal kehrte Bechtle klar auf den Wachstumspfad zurück.

Der Umsatz legte im dritten Quartal 2025 im Vergleich zum Vorjahr um 5 % auf 1,59 Mrd. Euro zu, während das Geschäftsvolumen um 8 % auf 2,05 Mrd. Euro anstieg. Beide Kennzahlen wurden durch eine starke internationale Geschäftsentwicklung unterstützt, die die schwächere Entwicklung in Deutschland, bedingt durch zurückhaltende Ausgaben der KMU (kleine und mittlere Unternehmen), mehr als wettmachte. Das dritte Quartal markierte zudem eine Wende im Bereich der Rentabilität, mit einem Vorsteuerergebnis (EBT), das um moderate 2 % im Jahresvergleich auf 80,5 Mio. Euro anstieg, unterstützt durch eine robuste Performance, insbesondere in den letzten Wochen des Quartals.

Prognosen bestätigt

CEO Thomas Olemotz sieht Bechtle "zurück auf einem klaren Wachstumskurs" und bestätigte die Prognose für das Gesamtjahr, auch wenn das Ziel beim Vorsteuergewinn im vierten Quartal ein Wachstum von 25 Prozent erfordere. "Uns ist durchaus bewusst, dass die erwartete Ergebnissteigerung im vierten Quartal ambitioniert ist", ergänzte er. "Wir haben aber auch in der Vergangenheit bereits bewiesen, dass Bechtle in der Lage ist, einen sehr starken Endspurt zu zeigen. Der Trend im Oktober stimmt uns optimistisch."

Bechtle peilt für das Gesamtjahr ein EBT +/- 5 % um den Vorjahreswert herum an bei einer bis auf Vorjahresniveau leicht rückläufigen EBT-Marge. Den Umsatz sieht der Konzern bei +/- 3 % zum Vorjahreswert.

Ebert beerbt CEO Olemotz

Bereits seit längerem ist klar, dass Olemotz Ende des kommenden Jahres sein Amt abgeben wird. Er war 2007 als Finanzchef bei Bechtle gestartet und steht dem Vorstand seit Anfang 2009 vor. Nun hat sich der IT-Dienstleister auf das Vorstandmitglied Konstantin Ebert als nächsten Vorstandschef. Ebert ist seit 2021 im Unternehmen und seit Anfang 2024 im Vorstand. Der bisher als Chief Operating Officer (COO) für das Tagesgeschäft zuständige Manager soll zum Jahreswechsel 2026/27 die Spitzenposition übernehmen und sein Vertrag wurde nach der Entscheidung des Aufsichtsrats vorzeitig um drei Jahre bis Ende 2028 verlängert.

Die Entscheidung um die Führungsspitze ist eine wichtige, aber es gab auch weitere wichtige Entwicklungen für Bechtle. Dazu zählt der Gewinn großer Rahmenverträge mit öffentlichen Auftraggebern, insbesondere im Bereich IT-Sicherheit und digitale Infrastruktur. Solche Verträge unterstreichen die starke Position von Bechtle im Public-Sector-Geschäft, das als vergleichsweise krisenresistent gilt. Öffentliche Kunden setzen zunehmend auf langfristige Partnerschaften mit leistungsfähigen IT-Dienstleistern, um komplexe Digitalisierungsprojekte umzusetzen und den Betrieb sicherzustellen. Bechtle profitiert hier von seiner Größe, seiner technischen Breite und seiner Erfahrung im Umgang mit regulatorischen Anforderungen.

Von besonderer strategischer Bedeutung sind die staatlichen Sondervermögen und Investitionsprogramme, die in Deutschland in den vergangenen Jahren aufgelegt wurden. Das Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität sowie das Sondervermögen Bundeswehr beinhalten erhebliche Mittel für Digitalisierung, IT-Infrastruktur und Cybersecurity. Auch wenn Bechtle nicht direkt im Rüstungsbereich tätig ist, eröffnen diese Programme erhebliche Chancen und CEO Olemotz taxierte den IT-bezogenen Anteil am Auftragsvolumen des Sondervermögens auf rund 10 %.

Hiervon will sich Bechtle ein ordentliches Stück abschneiden. Denn die Modernisierung staatlicher IT-Landschaften, der Ausbau sicherer Netze, die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen und die Stärkung der Cyberabwehr erfordern umfangreiche IT-Dienstleistungen – genau in jenen Bereichen, in denen Bechtle zu den führenden Anbietern zählt. Mittelbar können diese Programme zu zusätzlichen Projekten, Rahmenverträgen und langfristigen Servicevereinbarungen führen.

Bullcase vs. Bearcase

Langfristig profitiert Bechtle von strukturellen Trends wie der fortschreitenden Digitalisierung der Wirtschaft, der Verlagerung von IT in die Cloud, steigenden Anforderungen an IT-Sicherheit und dem Fachkräftemangel, der viele Unternehmen dazu bewegt, IT-Leistungen auszulagern.

Gleichzeitig bleibt das Geschäftsmodell nicht frei von Risiken. Konjunkturelle Schwächen, Investitionszurückhaltung, steigende Personalkosten und politische Unsicherheiten können kurzfristig auf Umsatz und Ergebnis drücken. Auch die hohe Projektorientierung führt zu saisonalen Schwankungen, die insbesondere im ersten Halbjahr sichtbar werden.

Fazit

Insgesamt präsentiert sich Bechtle als solides, breit aufgestelltes Technologieunternehmen mit klarer strategischer Ausrichtung. Die Kombination aus Systemhausgeschäft, E-Commerce, wachsendem Serviceanteil und internationaler Präsenz schafft eine stabile Grundlage für weiteres Wachstum.

Die jüngste Erholung der Geschäftsentwicklung und die strukturellen Chancen aus staatlichen Sondervermögen und Digitalisierungsprogrammen sprechen dafür, dass Bechtle auch in den kommenden Jahren eine zentrale Rolle bei der digitalen Transformation in Deutschland und Europa spielen wird.

Der Aktienkurs kannte von 2009 bis Ende 2021 nur eine Richtung und hat sich vervielfacht. Wie bei vielen digitalen Unternehmen war es dann aber zu viel des Guten und es folgte eine ausgedehnte Konsolidierung. Mit den wieder anziehenden Geschäftsergebnissen könnte hier nun die Trendwende eingeleitet worden und endlich auch für die Anleger wieder was zu verdienen sein.

Die 4 wichtigsten Dinge, die man über Bechtle wissen muss

  1. Bechtle ist der größte börsennotierte IT-Systemintegrator Deutschlands und einer der führenden IT-Dienstleister Europas mit starkem Fokus auf Mittelstand, Konzerne und öffentliche Auftraggeber.
  2. Das Geschäftsmodell kombiniert projektgetriebenes Systemhausgeschäft mit skalierbarem IT-E-Commerce und einem wachsenden Anteil margenstarker Managed Services.
  3. Trotz konjunktureller Schwankungen zeichnet sich Bechtle durch stabile Marktposition, hohe Kundenbindung und langfristig attraktive Wachstumsperspektiven aus.
  4. Bechtle profitiert strukturell von Digitalisierung, Cloud-Transformation und IT-Sicherheitsbedarf, insbesondere durch staatliche Digitalisierungsprogramme und Sondervermögen des Bundes.
Disclaimer: Habe Bechtle weder auf meiner Beobachtungsliste noch in meinem Depot/Wiki.

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