PayPal und SoFi Technologies sind zwei meiner FinTech-Spekulationen und die Vorzeichen bei den beiden Unternehmen könnten nicht unterschiedlicher sein.
PayPal war der Pionier bei Internetzahlungen und ist insbesondere während der Corona-Pandemie zu einem wahren Giganten herangewachsen, während SoFi ein (noch) kleiner, aber rasant wachsender Herausforderer etablierter Banken ist, der sich mit innovativen neuen Produkten immer neue Kundengruppen erschließt - und Cross-Selling-Potenziale.
Nun haben nach meiner dritten FinTech-Spekulation LendingClub auch diese beiden Unternehmen ihre Quartalszahlen präsentiert - und die sind schon einen Blick wert. Und ein Investment!?
Der "War on Cash" ist in vollem Gang, denn immer seltener zücken die Menschen Bargeld, um ihre Einkäufe zu bezahlen, immer häufiger kommen digitale Bezahlmethoden zum Einsatz. Der "addressable Market" für innovative FinTechs wächst also stark und so können viele (neue) Player Stücke vom Kuchen abgreifen, ohne sich in beinhartem Verdrängungswettbewerb das Wasser abzugraben.
Dabei suchen insbesondere junge Menschen nach neue Wegen und Methoden zum Einkaufen und Bezahlen. Das klassische Bankkonto, der Ratenkredit oder die Autofinanzierung am Bankschalter haben (nicht nur) in dieser Generation längst ausgedient. Zum Leidwesen der etablierten Banken, die Filialen schließen und Personal abbauen müssen. Ihre jungen Konkurrenten haben keinen so gewaltigen Kostenblock am Hals und sind damit per se auf wesentlich profitableren Gewässern unterwegs. Sie investieren zuvorderst in Software, Technik und innovative Finanzprodukte. Und haben damit enormen Erfolg.
PayPal: Der FinTech-Dinosaurier ist eine echte Cashcow - und wieder total angesagt
Wo wir gerade bei etablierten Playern sind, beginnen wir doch mit dem etabliertesten aller FinTechs: PayPal Holdings wurde bereits 1998 gegründet und ist eine führende Technologieplattform, die weltweit digitale Zahlungen für Verbraucher und Händler erleichtert. Man betreibt ein umfassendes zweiseitiges Netzwerk, das sichere Online- und Offline-Transaktionen über verschiedene Zahlungsmethoden ermöglicht. Das Unternehmen bietet seine Dienste unter verschiedenen Marken an, darunter PayPal, Venmo, Braintree, Xoom, Zettle, Hyperwallet, Honey und Paidy - hier wird aber eine Konzentration angestrebt und befindet sich bereits in der Umsetzung. Zu den Haupteinnahmequellen von PayPal gehören Transaktionsgebühren aus der Zahlungsverarbeitung, Währungsumrechnungen, Sofortüberweisungen und die Erleichterung von Kryptowährungstransaktionen.
Die Geschichte des FinTechs ist wechselvoll, denn die einstigen Vorreiter Elon Musk und Peter Thiel verkaufen das Unternehmen an das Internetauktionshaus Ebay, was PayPal zu seiner bevorzugten Zahlungsmethode machte und so den den Erfolgspfad ebnete. Einige Jahre später duellierten sich die Starinvestoren Carl Icahn und George Soros über die Zukunft Ebays (und PayPals) und 2015 wurde PayPal als separate Firma abgespalten und via Spin-off an die Ebay-Aktionäre "verschenk".
Seitdem agiert man als eigenständiger digitaler Zahlungsanbieter und konnte während der Corona-Phase massiv profitieren. Doch mit dem Ende des Stay-at-home-Booms geriet auch PayPal in schwieriges Fahrwasser, denn das beinahe grenzenlose Wachstum stellte sich nicht mehr ein und die Euphorie wich auch aus dem Aktienkurs. PayPal wird seit beinahe drei Jahren als sterbender FinTech-Dion und eher mitleidig von der Börse betrachtet. Doch vor anderthalb Jahren gelang der Befreiungsschlag, als Alex Chriss als neuer CEO Dan Schulman ablöst und damit der Fokus des Unternehmens wieder auf Innovation, Profitabilität und Erfolg gelegt wurde anstelle (unprofitablen) Wachstums um jeden Preis.
Operativ gelang das Umsteuern und PayPal ist längst wieder in der Offensive. Dem Kurs ist das bisher noch nicht anzusehen und (alleine) deshalb fühlen sich die Kritiker noch immer in ihrem Pessimismus bestätigt. Doch damit liegen sie falsch, wie die jüngsten Quartalszahlen erneut belegen.
Im 3.Quartal 2025 gelang PayPal ein Gewinnschub, der aus einem kräftig gestiegenen Zahlungsvolumen und geringeren Betriebskosten resultierte. Der bereinigte Gewinn je Aktie lag bei 1,34 Dollar (3Q24: : 1,20). Der Umsatz stieg auf 8,42 Milliarden Dollar (3Q24: : 7,85) und das Gesamtzahlungsvolumen kletterte auf 458,1 Milliarden (3Q24: 422,6). Die Zahl der aktiven Konten legte nur moderat auf 438,3 Millionen zu, doch die Margen wurden erneut verbessert: Die Transaktionsmarge stieg im Jahresvergleich um 6 Prozent auf 3,87 Milliarden Dollar und ohne Berücksichtigung von Zinsen auf Kundenguthaben waren es sogar 7 Prozent. Die Betriebskosten sanken auf 6,90 Milliarden Dollar und blieben damit deutlich unter den Vorjahreswerten, so dass der bereinigte freie Cashflow mit 2,28 Milliarden Dollar mehr als das Dreifache des Vorquartals erreichte.
CEO Alex Chriss zeigte sich sichtlich erfreut: "PayPal hat erneut ein starkes Quartal hinter sich gebracht, und wir erhöhen unsere Prognose aufgrund des breit angelegten profitablen Wachstums in den Bereichen Markenerlebnisse, PSP [Payment Service Provider] und Venmo. Wir haben das Unternehmen wieder auf Wachstumskurs gebracht und sind auf dem besten Weg, im Jahr 2025 ein Wachstum der Transaktionsmarge von 6 Prozent bis 7 Prozent zu erzielen, wenn man die Zinsen auf Kundenguthaben ausklammert."
Anhebung der Jahresprognosen
Für das Gesamtjahr rechnet PayPal nun mit einem bereinigten Gewinn je Aktie zwischen 5,35 und 5,39 Dollar (zuvor 5,15 bis 5,30) und im vierten Quartal alleine sollen es 1,27 bis 1,31 Dollar sein.
Während der wegen der abflauenden US-Konsumentenstimmung eher verhaltene Ausblick auf das vierte Quartal die Euphorie etwas bremst, löst die Meldung über die Integration von PayPal in OpenAIs ChatGPT als deren alleinige Zahlungsmethode echte Begeisterung aus. Es ist (nur) eine weitere der vielen Kooperationen und Innovationen, die PayPal in den letzten Wochen und Monaten lanciert hat, um sich auf immer profitableres Wachstum zu trimmen.
Aufnahme von Dividendenzahlungen
Einen Meilenstein in der Unternehmensentwicklung stellt zudem die erstmalige Aufnahme von Dividendenzahlungen dar. Im Dezember werden die Aktionäre erstmals 0,14 Dollar je Aktie erhalten und damit startet PayPal mit einer annualisierten Dividendenrendite von fast 1 %. Dividenden spielen für viele Anleger eine wichtige Rolle und so dürfte PayPal künftig mehr Interesse dieser Anlegerschicht wecken, ob über Direktinvestments oder durch die Aufnahme in Dividendenfonds- und/oder -ETFs.
Meine Einschätzung zu PayPal
Ich bin mit den Zahlen und den Entwicklungen bei PayPal rundum zufrieden. Die auf dem ersten Blick stagnierende Zahl der aktiven Nutzerkonten geht noch immer auf Braintree zurück. Bei der White Label-Lösung hatte der frühere CEO mittels Kampfpreisen maximales Wachstum generiert, aber entsprechend hohe Verluste in Kauf genommen. Alex Chriss steuert(e) hier um und unprofitable Verträge wurden nicht verlängert und Neuabschlüsse nur mit auskömmlichen Margen getätigt. Das erzeugt Umsatz- und Nutzerrückgänge, zumindest vorübergehend, und verschleiert das wirkliche Wachstum bei PayPal, Venmo etc..
PayPal hat 438 Millionen aktive Kundenkonten und kann diese immer besser monetarisieren. Insbesondere bei der Tochter Venmo zeigt sich weiterhin starkes Wachstum und so generiert PayPal einen Free Cashflow von mehr als 6 Milliarden Dollar pro Jahr, der überwiegend in Aktienrückkäufe fließt. Damit kauft man knapp 6 % der eigenen Aktien pro Jahr zurück und erhöht damit nicht nur den Anteil der Aktionäre am Unternehmen, sondern auch den Gewinn je Aktie.
![]() |
| Quelle: wallstreet-online.de |
SoFi Technologies: Der Rising Star unter den FinTechs
Völlig anders präsentiert sich die erst 2011 gegründete SoFi Technologies, ein diversifizierter Finanzdienstleister, der hauptsächlich in den Vereinigten Staaten tätig ist, aber auch in Lateinamerika, Kanada und Hongkong.
SoFi wurde um drei operative Segmente herum strukturiert: Kreditvergabe, Technologieplattform und Finanzdienstleistungen.
- Die Kreditsparte macht dabei den mit Abstand größten Umsatzanteil aus und befasst sich mit Privat-, Immobilien- und Studentenkrediten.
- Zu den Finanzdienstleistungen von SoFi gehört ein breites Spektrum an Angeboten, darunter Giro- und Sparkonten, Kreditkarten, die Investitionsplattform SoFi Invest (für Aktien, ETFs und Kryptowährungen), Versicherungen, Nachlassplanung sowie ergänzende Services wie Berufsberatung. SoFi generiert hierbei Einnahmen durch Transaktions- und Verwaltungsgebühren sowie andere Servicegebühren.
- Die Technologieplattform besteht in erster Linie aus Galileo Financial Technologies, das SoFi im April 2020 für 1,2 Mrd. USD übernommen hatte. Dabei handelt es sich um eine API- und Finanzverarbeitungsplattform, die von einer Reihe von Fintech-Unternehmen wie MoneyLion, Skrill, Robinhood oder Interactive Brokers genutzt wird. Hier generiert SoFi Gebühreneinnahmen für die Nutzung der Technologie und des Kundenservices.
Ausführlich habe ich das Geschäftsmodell von SoFi vor einigen Wochen beschrieben und überspringe daher diesen Part.
Stattdessen schauen wir uns auch hier die jüngsten Geschäftszahlen an.
Im 3. Quartal 2025 verbuchte SoFi einen Rekord-Nettoumsatz von 962 Millionen Dollar und einen bereinigten Nettoumsatz von 950 Millionen. Das ist ein beeindruckendes Wachstum von 38 % im Vorjahresvergleich, wird aber noch der Steigerung in Sachen Profitabilität übertroffen, denn das bereinigte operative Ergebnis (EBITDA) stieg sogar um 49 % auf den Rekordwert von 277 Millionen Dollar. Hier zeigt sich die operative Hebelwirkung (Operating Leverage), denn neue Kunden verursachen weit weniger neue Investitionen und Kosten - anders gesagt: SoFi beeindruckt mit der Skalierbarkeit seins Business.
Auch unterm Strich liefert SoFi stark ab und verbucht mit einem GAAP-Nettogewinn von 139 Millionen Dollar bzw. einem verwässerten Gewinn je Aktie von 0,11 Dollar das achte Quartal in Folge eine positive Rentabilität.
Erfreulich ist auch, dass SoFi in seinen drei Bereichen wächst und damit die Resilienz seines Geschäftsmodells unter Beweis stellt. So stiegen die gebührenbasierten Einnahmen, die weniger kapitalintensiv und zinssensitiv sind, um 50 % auf einen Rekordwert von 409 Millionen Dollar, was maßgeblich vom Kreditplattformgeschäft getragen wird, das im Quartal Kredite in Höhe von 3,4 Milliarden vermittelte und hochmargige Einnahmen von 167,9 Mio. Dollar generierte.
Bei der Mitgliederbasis verzeichnete SoFi einen Rekordzuwachs von 905.000 neuen Mitgliedern, womit die Gesamtzahl der Mitglieder um 35 % auf 12,6 Millionen wuchs. Das Produktwachstum war ebenso stark und erreichte mit 1,4 Millionen neuen Produkten eine neue Spitze, was die Gesamtanzahl auf 18,6 Millionen erhöht.
Dabei wurden etwa 40 % der neuen Produkte von bereits bestehenden SoFi-Mitgliedern eröffnet wurden und diese hohe Querakquisitionsrate belegt, dass SoFis Strategie, Mitglieder zu gewinnen und ihnen eine breite Palette an Produkten zu verkaufen, reibungslos funktioniert. Dadurch sinken die Akquisitionskosten (denn bereits bestehende Mitglieder müssen ja nicht nochmals mit teuren Werbemaßnahmen angelockt werden) und maximiert den langfristigen Wert der Kundenbeziehung.
SoFis Einlagen wuchsen um 3,4 auf 32,9 Milliarden Dollar. Die Refinanzierungskosten der Kredite durch diese günstigen Einlagen lagen 190 Basispunkte niedriger als alternative Finanzierungsquellen, was zu einer annualisierten Zinsaufwandsersparnis von etwa 627,1 Mio. Dollar führt und die Nettozinsmarge auf starke 5,84 % anhebt. Die attraktive Guthabenverzinsung ist natürlich ein Kostenfaktor, aber sie dient der Kundengewinnung und der Kundenbindung. Und da die Kunden immer öfter mehrere SoFi-Angebote wahrnehmen, rechnet sich das unterm Strich so richtig. Man könnte die Zinsaufwendungen also auch als Marketing- bzw Akquiseaufwand verstehen.
Im Segment Kreditgeschäft stieg das Vermittlungsvolumen um 57 % auf den Rekordwert von 9,9 Milliarden Dollar, wobei Privatkredite mit 7,5 Milliarden den Hauptanteil stellten. Das weckt natürlich Ängste in Bezug auf Kreditausfallrisiken, doch trotz des aggressiven Wachstums blieb die Kreditqualität außergewöhnlich stabil. So sank die annualisierte Abschreibungsrate für Privatkredite sogar auf 2,60 % und die Verzugsraten (90 Tage) blieben konstant niedrig. Diese außergewöhnlich starke Performance der Kreditqualität beweist die Stärke des Underwritings und der Risikosteuerung des Unternehmens. Und man muss sich keine Sorgen bei weiterem Wachstum machen, auch nicht angesichts der zurückgehenden Konsumentenstimmung und verstärkter Entlassungen.
SoFi investiert aggressiv, um seine Technologieführerschaft auszubauen. So beschleunigt das Unternehmen Innovationen in den Bereichen Krypto, Blockchain und KI, wie die Einführung des KI-gesteuerten Cash Coach und die geplanten schnellen internationalen Überweisungen über die Blockchain zeigen. Und damit ist SoFi auf dem besten Weg, den Kryptohandel noch in diesem Jahr zu starten und den "SoFi USD Stablecoin" in der 1. Hälfte 2026 an den Markt zu bringen.
Anhebung der Jahresprognosen
Aufgrund der starken Performance in den ersten drei Quartalen hat das Management die Prognose für das Gesamtjahr 2025 deutlich angehoben. Der bereinigte Nettoumsatz wird nun bei 3,54 Milliarden und das bereinigte EBITDA bei 1,035 Milliarden Dollar erwartet. Noch besser laufen soll es in Sachen Profitabilität, denn der bereinigte Gewinn je Aktie wird nun bei 0,37 Dollar erwartet.
Meine Einschätzung zu SoFi Technologies
![]() |
| Quelle: wallstreet-online.de |
Meine Einschätzung zu LendingClub, PayPal und SoFi Technologies
Meine drei FinTech-Spekulationen bekommen Oberwasser. Nach dem enormen Wachstum und dem Hype bis Ende 2021 gerieten sie alle unter die Räder. Und in gewisser Weise haben sie sich alle drei neu erfunden und neben ihrem eigentlichen Kerngeschäft neue Geschäftsfelder erschlossen. Und so stehen sie heute auf mehreren soliden Säulen, was die Risken reduziert und gleichzeitig die Chancen erhöht.
Und doch sind unterschiedliche Faktoren Grundlage meines Investmentcases. PayPal hat einen gewaltigen Bestand an Kunden, den es besser zu monetarisieren gilt; Profitabilität geht hier vor Wachstum und dennoch wird PayPal wieder innovativer, um künftig auch wieder profitabel zu wachsen. Im Gegensatz dazu wachsen SoFi und LendingClub enorm und haben dabei skalierbare Geschäftsmodell etabliert, was zu überproportional starken Ergebnissteigerungen führt.
Beide sind entsprechend höher bewertet als PayPal, doch "Growth at a reasonable Price" (GARP) ist ein Erfolgsfaktor fürs Depot und sollte Anleger nicht abschrecken. Ich denke, mit allen drei Investments sollte gutes Geld zu verdienen sein auf Sicht der nächsten Jahre. Und daher bin ich hier an Bord...
Disclaimer: Habe LendingClub, PayPal, SoFi auf meiner Beobachtungsliste und/oder im Depot/Wiki.






Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen