Der Juni war weniger volatil als die beiden Vormonate und könnte beinahe als ruhig in die Geschichtsbücher eingehen. Wenn das nicht der "Zwölf-Tage-Krieg" gewesen wäre, nachdem Israel den Iran angegriffen hat, um präventiv deren Atom-Programm zu zerstören. Die Vergeltung des Iran in Form von Drohnen- und Raketenschwärmen gegen Israel ließ nicht lange auf sich warten und das ließ die Börsen - kurzfristig - einbrechen. Besonders, als auch Trump die Atomanlagen in einem Angriff mit den stärksten bunkerbrechenden Bomben der Welt attackieren ließ. Der Ölpreis konnte hingegen nur kurzfristig von den Nahost-Spannungen profitieren, denn die OPEC+, allen voran die Saudis, hat ihre Fördermengen erhöht und auch die USA fördern auf neuem Rekordniveau. Der Ölpreis hat daher kräftig verloren und auch die mittelfristigen Perspektiven sprechen aktuell nicht für eine nachhaltige Erholung.
Erkenntnisse aus den Entwicklungen: (1.) Don Trump hat keinen Plan und agiert weiterhin situationsgetrieben und nicht strategisch. (2.) Das kleine Israel hat nun auch den Iran in die Knie gezwungen, nachdem man zuvor schon die Hamas (Gaza) und die Hisbollah (Libanon) rasiert und deren Führungspersonal gekillt hat. (3.) Russland und auch China kamen dem Iran nicht zu Hilfe, auch wenn sie sonst als Partner auftreten. (4.) Russland hat nach dem Zusammenbruch des Assad-Regimes in Syrien weiter an Boden verloren im Nahen Osten und sich dort als zahnloser Tiger entpuppt, das seine Diktatorenfreude nicht schützen kann, während Chinas Einfluss im Hintergrund weiter wächst. (5.) Europa spielt keine Rolle (mehr) und wird von niemandem ernst genommen.
Und dann sind da ja noch Trumps Zollkriege, die er gegen alle und jeden losgetreten hat. Deadline ist der 9. Juli, dann laufen die Übergangsfristen aus. Und es werden bereits Donnertiraden losgelassen und wüste Drohungen ausgeschickt...
Doch während der Don wütet, versuchen andere zu besänftigen - Finanzminister Bessent brachte sogar eine erneute Fristverlängerung ins Spiel und/oder es könnte (wie mit China) zunächst eine noch unverbindliche Rahmenvereinbarung geschlossen werden, um anschließend die Details auszuarbeiten. Dass Trump weiter auf seinem Erpressungskurs bleibt und die Zollverhandlungen als Druckmittel zur Durchsetzung seiner Ziele nutzt, sieht man aktuell an Kanada. Denn die Kandier haben vor einem Jahr beschlossen, eine Digitalsteuer von 3 % einzuführen (wie die EU) und die träfe natürlich die US-Multis am stärksten. Die Digitalsteuer sollte nun in Kraft treten und Trump erklärte deshalb die Zollgespräche mit Kanada für beendet und malte horrende Strafzölle an die Wand. Also gab Kanada klein bei, verzichtet auf die Digitalsteuer und die Verhandlungen laufen weiter. Erpressung pur. Und es zeigt, dass selbst nach Abschluss eines "Deals" dieser nur solange Bestand hat, wie es Trump passt. Er macht eh, was er will, was kümmern ihn schon Verträge?
Doch die Börsen feiern, als gäbe es das Rumgetrumpel gar nicht oder es würde keine gravierenden negativen Folgen haben. Warten wir's ab...
Die Earnings Season in den USA steht vor der Tür und dürfte positiv laufen. Denn die international aktiven US-Konzerne profitieren vom schwachen Dollar, so dass es aufgrund von Währungsgewinnen zusätzliche Schübe bei Umsatz und Gewinn geben könnte. Möglicherweise gleichen diese negative Folgen aus, die sich zB aus den US-Strafzöllen und niedrigeren Umsätzen der betroffenen Unternehmen ergeben (denn diese Entwicklungen haben die Analysten und der Markt ja wochenlang eingepreist). Letztlich wird die Börse in irgendeine Richtung driften und anschließend eine Erklärung gefunden. Und dem Ausblick auf die zweite Jahreshälfte dann noch mehr Gewicht gegeben. Auch das ist nicht neu.
Die Börsenentwicklung
Der Juni präsentierte sich weiter auf Erholungskurs und sorgte sogar für neue Allzeithochs bei S&P 500, NASDAQ und DAX.
• Dow Jones +3,80 % (YTD: +3,00 % // 1 Jahr: +12,02 %)• S&P 500 +4,41 % (YTD: +4,96 % // 1 Jahr: +13,05 %)• NASDAQ +5,48 % (YTD: +7,24 % // 1 Jahr: +14,49 %)• DAX +0,42 % (YTD: +20,71 % // 1 Jahr: +31,79 %)• MDAX -1,11 % (YTD: +18,64 % // 1 Jahr: +20,58 %)• SDAX +4,28 % (YTD: +27,12 % // 1 Jahr: +21,73 %)
• TecDAX +0,55 % (YTD: +13,35 % // 1 Jahr: +16,43 %)Quelle: finanzen.net
Insgesamt legten (fast) alle Indizes zu, wobei auch Technologiewerte wieder gefragt waren. Dem entsprechend performten die US-Börsen deutlich besser als die deutschen, wo der MDAX sogar Verluste verbuchte. Die anhaltende und sich wohl weiter fortsetzende Dollar-Schwäche setzt den US-Aktien in deutschen Depots erheblich zu und macht sich mit einem Minus von rund 12 % seit dem Jahresstart bemerkbar.
Entwicklung meiner Wikifolios
Soweit mein kurzer Monatsrückblick. Jetzt kommen wir zur Entwicklung meiner vier Wikis.
Kissigs Nebenwerte Champions ▶ zum Wiki
Investiertes Kapital: 614.400,- Euro
Preis: 166,87 (31.05.25: 156,78)
Rendite seit Start am 19.08.20: +66,9 %
Rendite 1 Monat: +6,4 %
Rendite in 2025: +31,3 % (YTD)
Rendite in 2024: -3,2 %
Rendite in 2023: -17,3 %
Rendite in 2022: -24,9 %
Rendite in 2021: +17,3 %
Rendite in 2020: +27,0 % (ab 19.08.)
Das Nebenwerte-Wiki hat sich wieder sehr gut geschlagen und den SDAX erneut klar outperformt. Ich habe die Jungheinrich-Position etwas reduziert, um im Gegenzug bei Verve Group aufzustocken - das hat sich bisher noch nicht ausgezahlt. Ganz anders meine Mai-Neuerwerbung Almonty Industries, die im Juni rund 50 % zugelegt hat. Anders lief es bei der Verve Group, wo eine Kapitalerhöhung Luft aus dem Kurs ließ. Bei Hypoport läuft es operativ wieder rund. Das Statistische Bundesamt erklärte, die Preise für Wohnimmobilien seien in Deutschland im ersten Quartal 2025 um 3,8 % gestiegen und damit so stark wie seit zweieinhalb Jahren nicht mehr. Und auch für das Gesamtjahr ist von deutlichen Zuwächsen auszugehen. Die Zinssenkungen der EZB machen sich also bemerkbar und der "Bau-Turbo" der Bundesregierung dürfte zumindest die Stimmung heben, wenn nicht sogar wirkliche mittelfristig positive Impulse von ihm ausgehen.
Die größten Positionen im Wiki sind nun Hensoldt, JDC Group, Kontron.
Kissigs Quality Investments ▶ zum Wiki
Investiertes Kapital: 285.200,- Euro
Preis: 142,22 (31.05.25: 145,21)
Rendite seit Start am 13.08.20: +42,3 %
Rendite 1 Monat: -2,8 %
Rendite in 2025: -2,4 % (YTD)
Rendite in 2024: +45,4 %
Rendite in 2023: +13,6 %
Rendite in 2022: -33,9 %
Rendite in 2021: +24,0 %
Rendite in 2020: +7,0 % (ab 13.08.)
Mein Quality Investments-Wiki ähnelt stark meinem privaten Investmentdepot und die hohe Gewichtung der Finanzwerte hat entsprechende Auswirkungen - in beide Richtungen. Ich habe einige Umschichtungen vorgenommen: Blackstone habe ich verkauft und dafür Apollo aufgestockt, weil sich die Zinsen in den USA als zäh erweisen und der Immobiliensektor darunter erheblich leidet. Zudem ist Blackstone ein reiner Asset Manager, während Apollo (und KKR) "Asset heavy" unterwegs sind und sich hier ein erhebliches Potenzial aufgestaut hat. Im Bereich der FinTechs und des Onlinehandels setze ich auf MercadoLibre und Sea Ltd. und dann noch auf die weitere positive Entwicklung bei einem der führenden Börsenbetreiber, der Intercontinental Exchange. Und dann war da noch der GENIUS Act, mittels dessen die USA Stablecoins auf eine legale rechtliche Grundlage stellen. Das könnte deutlich negative Folgen für die etablierten Zahlungsnetzwerke haben von Mastercard, Visa und evtl. auch von PayPal. Ich kann die Entwicklung überhaupt nicht einschätzen, so dass ich mich zur Positionierung an der Seitenlinie entschieden habe.
- Kissigs Portfoliocheck: Bill Nygrens Börsenfavorit ist Intercontinental Exchange
- Kissigs Portfoliocheck: KKR führt auch Steve Mandel zum Schotter
- In der Börsenwoche 25/2025 waren die stärksten Kurstreiber in meinem Depot nicht nur Verve Group, Viper Energy, Rheinmetall, Apollo und MercadoLibre
- Kissigs Portfoliocheck: Sea Ltd. sorgt auch bei Chris Davis für Kauflaune
Die größten Positionen im Wiki sind nun Rheinmetall, KKR, Apollo.
Financial Power Investing ▶ zum Wiki
Investiertes Kapital: 88.400,- Euro
Preis: 150,52 (31.05.25: 145,55)
Rendite seit Start am 12.05.23: +50,6 %
Rendite 1 Monat: +2,9 %
Rendite in 2025: -16,8 % (YTD)
Rendite in 2024: +35,5 %
Rendite in 2023: +33,4 % (ab 12.05.)
Das Financial Power Wiki hat sich weiter erholt. Auch hier habe ich Blackstone und Mastercard verkauft und stattdessen Sea Ltd. neu aufgenommen, sowie MercadoLibre und Intercontinental Exchange aufgestockt.
Die größten Positionen im Wiki sind weiterhin KKR, Apollo Global Management, Intercontinental Exchange - die hohe Gewichtung der Alternativen Asset Manager hat zuletzt Rendite gekostet, aber das dürfte nur eine Momentaufnahme sein.
Kissigs Turnaround-Spekulationen ▶ zum Wiki
Investiertes Kapital: 40.000,- Euro
Preis: 78,06 (31.05.25: 67,69)
Rendite seit Start am 12.10.21: -21,9 %
Rendite 1 Monat: +14,4 %
Rendite in 2025: +2,2 % (YTD)
Rendite in 2024: -3,4 %
Rendite in 2023: +40,7 %
Rendite in 2022: -38,1 %
Rendite in 2021: -9,4 % (ab 12.10.)
Bei meinen Turnaround-Spekulationen habe ich PayPal reduziert und dafür bei Hypoport aufgestockt. Die Performance wurde aber eindeutig von Depotspitzenreiter Almonty bestimmt mit seinen fetten Kurszuwächsen.
Die größten Positionen im Wiki sind Almonty Industries, Hypoport, PayPal vor Verve Group und LendingClub.
Ende, aus, vorbei...
Es war ein weiterer interessanter Börsenmonat. Meine durchschnittliche jährliche Zielrendite ist 15 %; in manchen Jahren liegt meine Performance darunter, oft darüber. Bisher haben zumindest die älteren Wikis diese Marke nicht erreicht, was auch an der allgemein herausfordernden Börsenstimmung seit Ende 2021 liegt, aber selbstverständlich auch an den von mir getroffenen Entscheidungen.
Ich bedanke mich bei allen Anlegern, die mir mit ihren Investments das Vertrauen aussprechen und in meine vier Wikis zusammen knapp 1,03 Mio. Euro investiert haben und damit 30.000 Euro weniger als vor einem Monat. Allen Investierten vielen Dank für das Vertrauen!
Disclaimer: Habe die genannten Werte auf meiner Beobachtungsliste und/oder im Depot/Wikifolio.
Ich will dir nicht zu nahe treten, aber bisher konntest Du scheinbar nur mit einem Wiki einen einfachen iShares MSCI World (Acc) mit deinen Wikifolios bzw. Einzelaktienspielerein schlagen. Nämlich mit dem Financial Power Investing Wikifolio. Ich bin gespannt wo das noch hinführt. Andererseits sind die beiden Wikifolios "Kissigs Quality Investments" und "Kissigs Nebenwerte Champions" auch schon 5 Jahre alt. Weiß nicht ob man sich da nicht mal Gedanken machen sollte.
AntwortenLöschenDas sehe ich leider genauso . Du machst wirklich tolle Arbeit mit deinen Artikel. Perfekt erklärt . Ich kann mir vorstellen , das sowas viel zeit und Mühe in Anspruch nimmt. Hier hast du meinen Respekt . Was die wiki portfolios angeht wo ich auch etwas investiert bin sieht es eher unglücklich aus. Anyway , better luck
LöschenMoin Michael,
AntwortenLöschenDu bist gerade in Sea eingestiegen. Die sind ja schon gut gelaufen, nachdem sich nun eine Profitabilität eingestellt hat. Sahest Du genau das als Trigger für Deinen Einstieg?
Viele Grüße
Christian
Moin Christian,
Löschenich hatte mich in meinem Wochenrückblick 20/2025 ausführlicher zu meiner Positionierung bei Sea Limited geäußert (hier guckste).
Mein dortiges Fazit: "Negativ zu beanstanden ist, dass das Wachstumstempo aus dem 2024er Schlussquartal nicht mehr erreicht wird, aber knapp 30 % sind dennoch beeindruckend. Positiv heraus sticht, dass "Free Fire" eine Renaissance erlebt mit Nutzerzahlen wie während der Hochpunkts im Corona-Hype. Insgesamt steigert man seine Margen und hat nun nachhaltig die Profitabilität erreicht. Das ist in gewisser Weise ein Game-Changer, denn aus dieser Innenfinanzierung kann man das Wachstum weitgehend selbst aufbringen. Dies ist eine der Zauberkräfte, die der legendäre Investor Nick Sleep vor über 20 Jahren in Costco und Amazon entdeckte und die der Grundstein zu deren atemberaubendem Erfolg sind. Und wie CEO Li erklrät hatte, würden die Kostensenkungen u.a. für Preissenkungen für die Kunden verwendet. Dieses Muster nennt sich "geteilte Skaleneffizienz" und ist das Lebenselixier von Costco und Amazon (Prime). Sea Limited folgt deren Erfolgsweg und zwar auch mit dem Aufbau eines eigenen Ökosystems in der Finanzsparte. Die drei Geschäftsbereiche befruchten sich gegenseitig und trotz weiterhin erforderlicher Investitionen, vor allem in den Ausbau der eigenen Logistikkapazitäten, ist das Geschäft gut skalierbar. Damit sollten auch künftig die Gewinne stärker steigen als die - beeindruckenden - Wachstumszahlen. Ich habe über die letzten Monate die Entwicklung bei Sea Limited interessiert angesehen und bin inzwischen überzeugt, dass die positiven Entwicklungen keine Eintagsfliegen sind. Daher habe ich meine kleine spekulative Restposition wieder deutlich aufgestockt."
Sehr geehrter Herr Kissing, im Kontext des GENIUS Act haben Sie sich ja von Mastercard getrennt und Paypal reduziert. Wie sieht es mit Fidelity National, bezüglich dem GENIUS Act, aus?
AntwortenLöschenHerzliche Grüße
Jan
Moin Jan,
Löschenwie ich schon geschrieben habe, bin ich mir bzgl. der Auswirkungen von Stablecoins bzw. des GENIUS Acts nicht sicher. Ich hab aber einfach mal ChatGPT gefragt und der Bot meint: "Der GENIUS Act könnte durchaus spürbare Auswirkungen auf das Geschäft von Fidelity National Information Services (FIS) haben – insbesondere auf den Bereich Zahlungsverkehr und Banken‑Tech:
1. Regulatorische Legitimierung von Stablecoins
Der GENIUS Act etabliert U.S.‑Dollar‑Stablecoins als vollumfänglich regulierte Zahlungsmedien, mit Anforderungen wie 1:1‑Absicherung, monatlicher Rücklagen‑Offenlegung und AML-Vorgaben.
-> Für FIS könnte das bedeuten: Infrastruktur‑Anpassung, um Stablecoins zu verwalten und zu integrieren – etwa Wallet‑Services, Compliance‑Reporting oder Treuhand‑Funktionalitäten.
2. Neue Wettbewerber durch SPDI-Fintechs
Der Act ermöglicht “Special Purpose Depository Institutions” (SPDI), auch in mehreren US‑Bundesstaaten aktiv zu agieren.
-> Damit könnten agile Fintechs (z. B. des Kryptosektors) schneller in Zahlungsabwicklung und Verwahrung vorstoßen – und FIS direkt Konkurrenz machen, insbesondere in digitalen Zahlungs- und Tokenverwaltungsdiensten.
3. Echtzeit‑ und programmierbare Zahlungen
Der GENIUS Act fördert Echtzeit‑Settlement rund um die Uhr und “programmierbare Zahlungen” auf Basis von Stablecoins – jenseits klassischer Zahlungssysteme wie ACH oder FedNow.
-> FIS muss seine Plattformen eventuell weiterentwickeln, um diese Anforderungen zu unterstützen – z. B. API‑Integration für Smart Contracts oder automatisierte Compliance‑Checks in Echtzeit.
Bedeutet also wohl, Stablecoins können durchaus Auswirkungen haben, aber eher mitte- und langfristig. Und FIS kann durchaus proaktiv damit umgehen. ;-)