Montag, 26. Juni 2017

Surteco hat Süddekor-Übernahme verdaut und entwickelt wieder Expansionsappetit

Manche Aktien könnte man als Winterschlafaktien bezeichnen, weil sie sich lange Zeit kaum bewegen, um dann innerhalb kürzester Zeit entdeckt zu werden. Manchmal ist dieses Entdecken der Beginn einer Börsenerfolgsstory, manchmal nur das kurze Aufbäumen vor einer neuen Durststrecke.

Derartige Aktien finden sich eher bei den Nebenwerten, was auch daran liegt, dass die großen Werte von vielen Analysten beobachtet werden und es damit auch regelmäßig Informationen und Einschätzungen zu ihnen gibt, während bei den Nebenwerten manchmal überhaupt kein Analyst aktiv ist. Für Anleger bieten sich hier also besondere Chancen, einen Hidden Champion zu entdecken, doch kann man die Attribute klein und unentdeckt nicht automatisch gleichsetzen mit erfolgreich. Und wir wollen ja nach den Dornröschens Ausschau halten, die kurz davor stehen, wachgeküsst zu werden, und nicht auf diejenigen setzen, die auch die nächsten Jahre vor sich hin schnarchen werden...

Ist Surteco ein Hidden Champion?
Die Surteco SE ist auf die Produktion von dekorativen Oberflächenmaterialien auf Papier- und Kunststoffbasis spezialisiert, die dann vorwiegend bei der finalen Beschichtung von Holzwerkstoffen wie Span- oder Faserplatten verwendet werden. Das Unternehmen vertreibt weltweit unter anderem Fassadensysteme, Flächenfolien, Rollladensysteme und Dekordrucke, zu seinen Kunden gehören in erster Linie Firmen aus der Möbelindustrie. Darunter Hersteller von Büro-, Küchen- und Badmöbeln, Spanplattenhersteller, Holzplatten- und Oberflächenhändler sowie Abnehmer aus der Metallverarbeitung, der Elektroindustrie, Unternehmen aus baunahen Bereichen sowie Baumärkte. 

Dieses Geschäftsmodell liest sich wie Langeweile in Reinkultur und jetzt ist schon mal klar, dass es sich wohl kaum um ein gehyptes Startup handelt, sondern um ein ziemlich bodenständiges Unternehmen. Ob es auch ein solides Investment sein kann, wird sich zeigen.

Surteco ist bereits seit 1989 an der Börse notiert, damals noch als Bausch AG. Man hat regelmäßig gute Unternehmenszahlen abgeliefert und auch hin und wieder Rückschläge verkraften müssen. 28 Jahre sind eine lange Zeit. Schaut man auf den Chartverlauf erkennt man, dass der Kurs mit 24 Euro in etwa wieder auf dem Niveau angelangt ist, auf dem er bereits im Jahr 1999 war. Dazwischen liegen allerdings heftige Schwankungen, insbesondere um die Finanzkrise herum, als es vom zwischenzeitlichen Allzeithoch bei knapp 40 Euro in 2007 in nur anderthalb Jahren auf den Tiefstkurs bei 6 Euro abwärts ging. Nun sind diese Ausschläge und die Finanzkrise natürlich nicht der Normalfall, doch auch in der jüngeren Vergangenheit gab es eine Auffälligkeit. Zwischen 2013 und 2014 verdoppelte sich der Aktienkurs innerhalb kürzester Zeit von 15 auf 30 Euro, als Surteco den größten deutschen Wettbewerber Süddekor übernahm. Und an diese Übernahme haben sich hohe Erwartungen geknüpft, neben der Ausweitung der Umsätze und des Marktanteils sollten natürlich die viel beschworenen Synergien ganz neue Margenerlebnisse und Gewinne ermöglichen. Nun, die Übernahme ist geglückt, die damit verbundenen Ziele wurden weitgehend verfehlt.

 Surteco SE (Quelle: finanzen.net
Es stellte sich heraus, dass Süddekor ein zu großer Brocken für Surteco war. Anstelle gemeinsam angreifen zu können, war man mehr als zwei Jahre lang mit sich selbst beschäftigt und musste die Integration bewerkstelligen. Insbesondere die Produktionsverlagerung an einen anderen Standort ging weit weniger reibungslos über die Bühne, als erhofft. Für die Unternehmensleitung, die Mitarbeiter, aber auch die Aktionäre war das eine schwierige Zeit. Und für den Aktienkurs bedeutete dies den Rückfall aus der Erweckungsphase zurück in den Schnarchmodus. Doch inzwischen sendet Surteco wieder Lebenszeichen aus und diese deuten darauf hin, dass die Übernahme endgültig verdaut ist und sich die mir ihr verbundenen Hoffnungen nun endlich einstellen. Surteco ist heute international breit aufgestellt und bedient auch zukunftsträchtige Märkte wie Osteuropa, Südamerika, China und Indien. Der Auslandsanteil am Umsatz betrug 2015 bereits 72 Prozent.

An der Bilanzqualität gab es eigentlich nie etwas auszusetzen, Probleme bereiteten zuletzt eher die Margen und damit die Gewinne. Die Eigenkapitalquote liegt bei soliden 50 Prozent und die langfristigen Vermögenswerte sind zu mehr als 80 Prozent durch eigene Mittel gedeckt.

Die zuletzt vorgelegten Zahlen lösen keine Begeisterungsstürme aus, zeigen allerdings, dass Surteco die Kosten zunehmend in den Griff bekommt und durch Disziplin und harte Arbeit endlich die Erfolge einzufahren beginnt, die man sich mit der Süddekor-Übernahme schon früher versprochen hatte. Gut Ding will manchmal mehr Weile haben.

Übernahmehunger wächst (wieder)
Doch man ruht sich nicht auf den sich abzeichnenden Erfolgen aus, sondern entwickelt das Unternehmen konsequent weiter. So hat man Ende letzten Jahres in Großbritannien zugeschlagen und mit Übernahme der Nenplas seine Marktposition bei technischen Profilen auf Kunststoffbasis weiter ausgebaut. Nenplas bedient fast ausnahmslos den britischen Markt und kommt bei Umsätzen von 16,6 Millionen Pfund auf ein Ergebnis vor Finanzergebnis, Steuern und Goodwillabschreibungen (EBITA) von 3,8 Millionen Pfund und damit auf eine vergleichsweise hohe EBITA-Marge von 22,9 Prozent. Den Margen im Surteco-Konzern tut die Übernahme damit schon einmal gut und auch dem Ergebnis. Denn Surteco finanziert die 23,3 Millionen Pfund aus vorhandenen liquiden Mitteln, die ansonsten zinslos auf dem Konto herumgelegen hätten, so dass keine zusätzlichen Finanzierungskosten das Finanzergebnis belasten werden.

Darüber hinaus kauft Surteco aktuell die portugiesische Probos-Gruppe, einen führenden und hochprofitablen Hersteller von Kunststoffkantenbändern mit 66,5 Mio. Euro Umsatz und einer EBITDA-Marge von rund 17%. Die Probos Gruppe mit Hauptsitz in Porto ist mit circa 470 Mitarbeitern vor allem auf die Produktion von PVC- und ABS-Kunststoffkantenbändern spezialisiert. Mit Produktionsstandorten in Brasilien und Portugal sowie Vertriebs- und Konfektionierungsstandorten in Deutschland, USA, Mexiko und Großbritannien erweitert Surteco seine regionale Präsenz. Dies gilt insbesondere für die strategisch wichtigen Märkte Süd- und Mittelamerikas, in denen das Unternehmen bislang noch unterrepräsentiert war. Dort will Surteco in Zukunft auch verstärkt eigene Produkte anbieten. Probos erhöht zudem die Produktkompetenz als führender Anbieter von PVC-Kantenbändern.

Fremdmittelfinanzierung könnte Kapitalerhöhung nach sich ziehen
Probos im Geschäftsjahr 2016 mit 66,5 Mio. Euro Umsatz ein EBITDA von 11,0 Mio. Euro erzielt und dem entsprechend eine EBITDA-Marge von 16,6%. Surteco erwirtschaftete im letzten Geschäftsjahr einen Umsatz von 639,8 Mio. Euro und ein EBITDA von 74,3 Mio. Euro (EBITDA-Marge: 11,6%), so dass der Probos-Erwerb zu einer Margenverbesserung führen wird. Die Finanzierung des Kaufpreises von 99 Mio. Euro erfolgt über Fremdmittel, bei der das Unternehmen vom derzeit günstigen Zinsumfeld profitiert. Und Surteco kann dies auch stemmen, denn der Konzern wies nach dem 1. Quartal 2017 eine Eigenkapitalquote von 51,1% und einen Verschuldungsgrad (Quotient aus Eigenkapital und Nettofinanzschulden) von 36% aus. Bei einer Zunahme der Verschuldung um 99 Mio. Euro verschlechtert sich der Verschuldungsgrad auf 65%. Gut möglich, dass Surteco zur Stärkung der Bilanz daher in absehbarer Zeit eine Kapitalerhöhung in Erwägung ziehen wird.

Insgesamt ist Probos kein Schnäppchen, denn Surteco zahlt den anderthalbfachen Umsatz und sogar das Neunfache des EBITDA. Hier zeigt sich, dass die niedrigen Zinsen und die immer aggressivere Suche von (Finanz-) Investoren nach attraktiven Unternehmen die Preise stark in die Höhe getrieben haben. Doch Surteco ist bereit, diesen Preis zu zahlen, weil man sich in einem angrenzenden Produktbereich breiter aufstellt und darüber hinaus einen Markt erschließt, in dem man zuvor unterrepräsentiert war. Man kann also von einem strategischen Preis sprechen. Und dann ist Probos natürlich auch noch rentabel und weist höhere Margen aus als der bisherige Surteco-Konzern. Klar, dass so ein Unternehmen nicht zu Schleuderpreisen zu bekommen ist. Es bleibt zu hoffen, dass Surteco aus der Süddekor-Übernahme gelernt hat und sich die erwarteten Effekte dieses Mal auch so einstellen. Dabei ist Probos allerdings ein kleinerer Brocken, als die Süddekor und steuert künftig knapp 10% zum Surteco-Umsatz bei, der nun zu 75% aus dem Ausland kommt.

Surteco ist ein Hidden Champion!
Surteco scheint nicht nur die Süddekor-Übernahme endlich verdaut zu haben, sondern konzentriert sich nun auch wieder auf den Ausbau des Geschäfts. Die Unternehmenszahlen werden immer weniger durch die Belastungen aus der Süddekor-Übernahme geprägt sein und zunehmend die eigentliche Qualität des Geschäfts aufzeigen. Und damit sollte der Aktienkurs entsprechend positive Impulse bekommen, um bald in Richtung der alten Hochs vorzustoßen. Wobei die drohende Kapitalerhöhung hier zunächst für Unsicherheit und gedämpftes Aufwärtspotenzial sorgen dürfte.

Nehmen wir alle Fakten zusammen, so haben wir mit Surteco einen Champion vor uns, der bald vielleicht nicht mehr ganz so „hidden“ ist, wie momentan noch. Allerdings werden Anleger auch künftig eine gehörige Portion Geduld mitbringen müssen, denn Surteco wird bestimmt kein Rennpferd, sondern ein solider Ackergaul bleiben. Aber auch mit denen kann man gutes Geld verdienen...

Surteco befindet sich auf meiner Empfehlungsliste.

1 Kommentar:

  1. Ob das ein Champion ist, würde ich unter Vorbehalt stellen. Es ist ja lediglich deine Meinung. Und hidden ist man sowieso nicht, da man ja in diversen Depots bekannter Meinungsführer steht, auch in diversen bekannten und großen wikifolios.
    Mir scheint Surteco ausreichend bewertet. Eine Übernahme ändert daran nichts, da man zwar die GUV stärkt (wenn keine Probleme auftauchen), aber die Bilanz gleichermaßen belastet wird.

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