Donnerstag, 1. Juni 2023

Mein Lese-Tipp: "Aktien für die Ewigkeit" von Jeremy Siegel

Viele Anleger agieren bei Kurseinbrüchen geradezu panisch. Sie können die Auswirkungen des Corona-Virus nicht einschätzen oder die Einflüsse von Inflation und Zinsanhebungen durch die Notenbanken. Und so starren sie nur auf die blutroten Zahlen in ihren Depots - und verkaufen am Ende gnadenlos alle Werte. Oft mit hohen Verlusten.

Dabei ist die aktuelle Börsentristesse und der damit einhergehende Börsenabsturz nur einer von vielen und die älteren Hasen nehmen es gelassen(er) hin. Marie Curie meinte einmal, was man zu verstehen gelernt habe, fürchte man nicht mehr. Und genau darum geht es in Siegels Buch, denn es ist eine Abhandlung über die Weltwirtschaftskrise und die Globale Finanzkrise, über die Fehler, die damals gemacht wurden und die Erkenntnisse, die jeder Anleger hieraus ziehen kann - und sollte! Eine Anleitung, wie man relativ unbeschadet durch die turbulenten Zeiten kommt, nicht nur, aber vor allem als Aktionär.

Über 'Stocks For The Long Run' von Jeremy J. Siegel, wie 'Aktien für die Ewigkeit' im Original heißt, schreibt die Washington Post, es sei "eines der 10 besten Investmentbücher aller Zeiten". Inzwischen liegt es in der 6. Auflage vor und anders als oft üblich wurden nicht nur ein paar Kommata anders gesetzt und einige Rechtschreibfehler korrigiert, sondern Siegel schreibt sein Werk konsequent fort und bindet neue Erkenntnisse und empirische Daten mit ein.

Jeremy Siegel ist Professor an der Wharton School und Kolumnist für das Wall Street Journal, Barron's und die Financial Times. Darüber hinaus ist er Senior Investment Strategy Advisor bei Wisdom Tree Investments. Er kennt das Investieren sowohl aus der theoretischen Sicht als Professor, als auch als Praktiker und Investor. Sein Buch kann ohne Zweifel als Standardwerk bezeichnet werden und weist den Weg für die richtige Portfoliostrategie und kontinuierliche Renditen...

Der Ansatz des Buches ist bekannt von Sir Arthur Conan Doyles Ermittler 'Sherlock Holmes'. Dessen Überzeugung war: "Wenn Du das Unmögliche ausgeschlossen hast, dann ist das, was übrig bleibt, die Wahrheit, wie unwahrscheinlich sie auch ist". Und auch Jeremy Siegel kommt gewissermaßen über das Ausschlussverfahren zum Ziel, zur erfolgversprechendsten Anlagephilosophie.

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Zunächst beleuchtet er die Geschichte der Börse, genauer gesagt die Aktienrenditen der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Dabei setzt er die historischen Fakten in den Kontrast zur medialen Fiktion. Mit interessanten Ergebnissen. Obwohl wir wissen, dass negative Schlagzeilen die Menschen viel stärker interessieren und emotional aufwühlen, ignorieren wir gerne, wie sie uns selbst beeinflussen, uns eine negative Sicht auf die Entwicklungen geben. Die objektiv betrachtet aber zumeist deutlich positiver verlaufen sind.

So ist es auch mit den Börsencrashs. Sie belasten die Menschen emotional extrem, weil sie Existenzängste so real, so greifbar, so unmittelbar machen, und sie verankern sich deshalb viel stärker in unseren Erinnerungen als Erfolge und erzielte Kursgewinne. Dabei sind Crash-Phasen zumeist vergleichsweise kurze Episoden und die Kurseinbrüche werden fast immer in relativ kurzer Zeit wieder aufgeholt. Aber eben nicht immer, wie uns der aktuelle, seit rund zwei Jahren anhaltende, Bärenmarkt vor Augen führt.

»In Bärenmärkten stürzen die guten Aktien zusammen mit den schlechten ab. Aber nur die Guten erholen sich wieder.«
(Jeremy S. Siegel)

Siegel widmet sich ausgiebig der Globalen Finanzkrise von 2008 und beleuchtet ihre Ursachen und die begangenen Fehler der wichtigsten Akteure. Er macht die Geschehnisse greifbar, erlebbar, real, und es gelingt ihm, den Leser in diese Zeit mitzunehmen und ihm das Gefühl zu geben, als würden die Ereignisse gerade jetzt geschehen. Auch die Fehlentscheidungen werden begründet und in den kausalen Zusammenhang der damaligen Ereignisse gestellt, so dass Siegels Blick alles andere als der eines zurückblickenden Kloogschieters ist, der über andere urteilt, weil er das (für diese zukünftige und nicht unbedingt absehbare) Ergebnis kennt. Doch Siegel richtet seinen Blickt auch nach vorne und widmet sich der Frage, wie eine alternde Gesellschaft die Aktienmärkte tangieren wird.

Im zweiten Teil des Buches folgt 'das Urteil der Geschichte'. Hier geht Siegel auf die historischen Aktienrenditen ein und zieht Vergleiche mit anderen Anlageformen. Darüber hinaus gibt er dem Thema Risiko der Aktienanlage angemessenen Raum und beleuchtet den Gedanken des Shareholder Values und von Dividenden für die Aktienkursentwicklung.
»Baissephasen, vor denen Aktienbesitzer so viel Angst haben, verblassen im Kontext des Aufwärtstrends der Aktienrenditen.«
(Jeremy S. Siegel)
Der dritte Teil seines Buches ist dem wirtschaftlichen Umfeld gewidmet, das die Unternehmen und ihre Aktienkurse beeinflusst. Gold, Geld und Inflation gehören dazu und dem entsprechend die Politik der Notenbanken, aber auch Konjunkturzyklen und weltbewegende Ereignisse.

Anschließend nimmt Siegel die kurzfristigen Aktienschwankungen genauer unter die Lupe und geht auf die Marktvolatilität ein, auch gerade während des Börsencrashs 1987 oder während des Flash-Crashs am 6. Mai 2010. Dabei widmet er ein ganzes Kapital den Exchange Traded Funds (ETFs), Aktienindex-Futures und Optionen und streift auch die technische Analyse und Trendfolgestrategien. Nachdem kalendarische Besonderheiten beleuchtet wurden als Teil der statistischen Analyse kommt Siegel auf das noch relativ neue Feld der 'Behavioral Finance' und die Psychologie des Investierens zu sprechen.

»Es ist schwer, der Versuchung zu widerstehen, zu kaufen, wenn alle optimistisch sind, und zu verkaufen, wenn alle bearisch sind. Die meisten Anleger, die zu oft handeln, erzielen schlechte Ergebnisse. Die besten Anleger sind sehr diszipliniert.«
(Jeremy S. Siegel)

Am Ende des Buches wurden dem Leser umfassend die wesentlichen Aspekte des Investierens präsentiert und ihre Vor- und Nachteile, ihre Stärken und Schwächen dargelegt. Doch dabei belässt es Siegel nicht, sondern widmet den Schlussakkord seines Buches der entscheidenden Frage: dem Vermögensaufbau mit Aktien und der Strukturierung eines Portfolios für langfristigen Wachstum.

»In einem Zeitraum von 20 Jahren haben Sie nie Geld mit Aktien verloren, aber Sie haben mit Anleihen die Hälfte Ihres Portfolios vernichtet, nach Inflation. Welches ist also die riskantere Anlage?«
(Jeremy S. Siegel)

Meine Einschätzung

Dieses Buch ist jeden einzelnen Euro wert! Es ist ein Muss für jeden Anleger, der sein Geld in Aktien investieren und überdurchschnittliche Renditen erzielen will. Dieses Buch ist einen Art 'Aktienbibel', die Aussagen werden mit historischen und empirischen Daten unterfüttert und die Erkenntnisse sind plausibel und nachvollziehbar. Der Leser wird auf eine Reise mitgenommen, die ihm das Wesen der Aktienmarktes und des Investierens anschaulich nahe bringt und ihm am Ende zwangsläufig die beste Art zu Investieren offen legt. Siegels eigene Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse für die praktische Umsetzung hätte es fast nicht mehr gebraucht, der Leser hat diese Erkenntnisse Seite für Seite aufgesogen.

Ich habe selten ein Börsenbuch gelesen, das seinen Lesern so viel Mehrwert bietet!


Titel: "Aktien für die Ewigkeit"
Autoren: Jeremy J. Siegel
Seiten: 400, Gebundenes Buch
Verlag: FinanzBuch Verlag
Auflage: 5 (12. September 2016)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3898799786
Neupreis: 49,99 Euro

••• Überarbeite Fassung eines Artikels aus Dezember 2019

2 Kommentare:

  1. Andreas L.01.06.23, 16:34

    "Stocks for the Long Run" liegt seit 04. Oktober 2022 auch schon in der 6. Auflage vor.
    Es ist sein Schlusswerk und mit Daten bis Mitte 2022 aktualisiert.
    Mehr als dieses Buch braucht man für die Börse nicht!

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  2. Deutsche übersetzung ist leider sehr schlecht und enthält viele übersetzungsfehler, zb der klassiker beim zahlen übersetzen: milliarden und billionen vertauscht. Ich empfehle die englische variante sofern ausreichend Sprachkenntnisse vorhanden.

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