Sonntag, 11. Juni 2023

Leserfrage: "Siehst du DIC Asset inzwischen auch als gefährdet an oder glaubst du noch an deren Geschäftsmodell und Finanzierungsstärke?"

Ein Blogleser stellte mir eine interessante Frage und ich habe meine Antwort mal in einen Artikel gegossen: "Hallo Michael, du warst doch mal sehr positiv zu DIC Asset eingestellt, gerade auch weil die nicht im Wohnimmobilienbereich tätig sind. Mittlerweile ist der Kurs drastisch zurückgekommen und die 2026er Anleihe rentiert mit 23%, wird also vom Markt als Ramsch gewertet. Siehst du DIC bzw. neu 'Branicks Group' inzwischen auch als gefährdet an oder glaubst du noch an deren Geschäftsmodell und Finanzierungsstärke?"

Ich begleite die DIC Asset schon seit einigen Jahren und stehe die letzten zwei Jahre etwas Abseits; einerseits hat mir die sehr teure VIB-Übernahme nicht gefallen (Logistik als Investitionsfeld finde ich durchaus sinnvoll, aber den Zeitpunkt am Ende des Booms und nach einer starken Rallye der VIB-Aktien fand ich weniger glücklich) und dann hat sich durch die Zinswende das Umfeld massiv negativ eingefärbt für alle Immobilienwerte. Die Folgen (Abwertungen, Leerstände) sehen wir aktuell und die dürften noch länger anhalten. Ich hatte das u.a. im Februar mal ausführlich hier dargestellt. Mein letzter sehr ausführlicher Artikel zu DIC Asset stammt ebenfalls aus dem Februar 2023.

Worauf man unbedingt einen genaueren Blick richten muss, sind die dauerhaften Einflüsse durch 'Work-from-Home'. In San Francisco stehen bereits 30 % der innerstädtischen Büroflächen leer, das ist eine enorme Belastung für die Eigentümer und natürlich auf für die kreditgebenden Banken. Inwieweit sich eine ähnliche Entwicklung mit deutlich reduzierten Büroflächen einstellt, sollte man sich genauer ansehen. Natürlich ist San Francisco extrem IT-lastig und daher nicht unbedingt der Maßstab. Aber durchaus ein Indikator, denke ich...

DIC Asset ist bei Bürovermietungen an die öffentliche Hand gut positioniert. Hier hat man überwiegend langfristige Verträge und die Behörden sind traditionell eher langsam hinsichtlich Strukturveränderungen. Die Digitalisierung kommt dort nur langsam voran und die steigende Zahl von unbesetzten Stellen ist nicht nur auf einen Fachkräftemangel zurückzuführen, sondern auf beständig anhaltende Stelleplanaufstockungen (Stellen, die dann gar nicht mehr besetzt werden können). Insofern dürfte DIC Asset hier eher solide dastehen.

Bzgl. VIB Vermögen hat DIC Asset inzwischen alle Bewertungsmöglichkeiten ausgereizt und die Werte massiv hochgeschrieben, um den gezahlten Kaufpreis wenigstens ansatzweise rechtfertigen zu können. Reserven sind da keine mehr, es könnte sogar gegenteilig Abwertungsbedarf entstehen. Die Verschiebung der DIC-Logistikaktivitäten in die VIB sehe ich jedenfalls bereits als Taschenspielertrick an, um 'versteckte' Werte zu heben, ohne, dass dies zu sehr negativ auffällt.

In Summe glaube ich nicht, dass eine Pleite bevorsteht. Und doch knirscht es vernehmlich im Gebälk.

Zur Anleihe 2021/26 (WKN A3MP5C): deren Kurs notiert bei rund 55 % und die Rendite wird mit 23,55 % p.a. angegeben. Das ist natürlich mal 'ne Hausnummer. Hier wird die Skepsis des Marktes hinsichtlich der Finanzierungskraft der DIC Asset deutlich - denn die andere, kürzer laufende, Anleihe 2021/23 (WKN A2NBZG) ist im Oktober 2023 fällig und dafür muss DIC Asset 150 Mio. Euro aufbringen. Das wird nicht einfach. Die DIC Asset AG wird an der Börse insgesamt nur mit 450 Mio. Euro bewertet. Die Frage ist, woher DIC Asset das Geld für die Rückzahlung bekommt. Per Bankkredit? Von alternativen Fremdkapitalgebern? Oder gibt es einen Debt-to-Equity-Swap? Das passiert in letzter Zeit ja häufiger und verwässert die Bestandsanleger - dem entsprechend wenig positiv kommt sowas bei denen an.

Natürlich hat DIC Asset auch liquide Mittel verfügbar, rund 500 Mio. Euro per Ende März. Könnte man ja auch 'einfach' zur Anleihe-Tilgung nutzen. Nur würde dies die Liquidität kräftig senken und Illiquidität ist ein Insolvenztatbestand. Ein solcher heftiger Mittelabfluss würde die Bonität der Gruppe also weiter senken und bzgl. der VIB-Übernahme muss noch die Brückenfinanzierung ersetzt werden; es wäre also nicht ideal, sich unmittelbar vorher finanziell zu verschlechtern.

Eine nicht wirklich interessante Gemengelage. Andererseits ist der Aktienkurs bereits sehr stark eingebrochen und hat diese Szenarien schon länger 'gespielt'. Das heißt nicht, dass er nicht noch weiter fallen kann!

"Die meisten Anleger glauben, Qualität und nicht etwa der Preis sei der Maßstab dafür, ob eine Geldanlage riskant ist. Doch qualitativ hochwertige Aktiva können riskant und Vermögenswerte niedriger Qualität können sicher sein. Es ist alleine eine Frage des Preises, den man für sie bezahlt hat. (...) Die besten Schnäppchen gibt es immer in angsteinflößenden Umgebungen."
(Howard Stanley Marks)

Quelle: wallstreet-online.de
Howard Marks
ist Experte für 'distressed Assets' und weist zu Recht daraufhin, dass sich in solchen Schieflagen auch große Chancen finden lassen. Es hängt davon ab, wie man die Lage einschätzt: Kann DIC Asset die 23er Anleihe und die VIB-Brückenfinanzierung refinanzieren und wie wird sich der Gewerbeimmobilienmarkt in Deutschland weiter entwickeln? Sofern man beide Fragen nicht mit einer roten Warnflagge versieht, dann könnten die DIC Asset-Aktien vielleicht eine solche Chance darstellen. Aber nur dann.

Ich setze bzgl. Immobilien allerdings auf andere Werte: Blackstone, KKR, Hypoport, Opendoor. Da scheint mir das Potenzial mindestens ebenso hoch zu sein wie bei DIC Asset, die Risiken aber deutlich geringer.

Disclaimer: Habe Blackstone, Branicks Group (DIC Asset), Hypoport, KKR, Opendoor, auf meiner Beobachtungsliste und/oder im Depot/Wiki.

4 Kommentare:

  1. Danke für deine Antwort auf meine Frage ! Sogar in Artikelform - das ehrt mich ;-) Weisst du etwas genaueres über die Brückenfinanzierung der VIB-Übernahme? Das scheint mir momentan der entscheidende Punkt zu sein ...
    FG Johannes

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    1. Moin Johannes,
      dieser Passus stammt aus einem Artikel aus dem Nebenwerte Magazin: "Mit einer Brückenfinanzierung mit Laufzeit bis 2024, plant man in einer Kombination aus Kapitalerhöhung und Anleihebegebung diese Brückenfinanzierung abzulösen – ohne Zeitdruck". Der Artikel wurde im November 2022 verfasst, also vor mehr als einem halben Jahr. Und die Einschätzung 'ohne Zeitdruck' dürfte so wohl inzwischen nicht mehr fallen, denn damals lag der Aktienkurs bei 7,50 und heute bei 5,50 - für eine Kapitalerhöhung also noch schlechtere Voraussetzungen (aus Sicht des Unternehmens), weil man sehr viel weniger Geld bekommen würde für die gleiche Anzahl von Aktien.

      Allerdings... vielleicht sucht sich DIC Asset ja einen alternativen Finanzierungs- oder Investmentpartern. Mit Finanzinvestor KKR & Co. hat man da gute Erfahrungen gemacht (Stichwort 'GEG German Estate Group').

      Anfang 2015 hatte die DIC Asset einen ihr Gewerbeentwicklungsbusiness in eine 50:50 Joint Venture mit KKR eingebracht, die GEG (mein Artikel dazu). Der DIC Asset-Anteil ist dann später an die TTL Beteiligungs AG weiterverkauft worden (die 'börsennotierte private Vermögensverwaltung' von Prof. Dr. Schmidt, der auch die Fäden bei der DIC zieht) und Mitte 2019 kaufte die DIC Asset den beiden ihre GEG-Anteile ab (mein Artikel dazu).

      Andererseits... Die TTL Beteiligung verfügt auch über einige finanzielle Mittel und ist ja ebenfalls im Gewerbeimmobiliensektor aktiv. Möglicherweise nutzt Prof. Dr. Schmidt den niedrigen Aktienkurs bei der DIC dazu, eine 'kleine Kapitalerhöhung' von unter 10 % zu platzieren unter Ausschluss des Bezugsrechts der Altaktionäre - und diese KE vollständig von der TTL Beteiligung zeichnen zu lassen. So käme Geld in die DIC Asset, ohne dass Prof. Dr. Schmidt an Einfluss verlöre (denn die TTL Beteiligung kontrolliert er ja). Alternativ könnte die TTL der DIC Asset auch mit einem Kredit aushelfen und wenn dieser zu marktgerechten Zinsen erfolgen würde, träfe das die DIC Asset zwar spürbar im Finanzergebnis, aber die Zinseinnahmen würden in der anderen Tasche von Prof. Dr. Schmidt landen (der TTL Beteiligung).

      So oder so, einer wird gut aus der Sache rauskommen, da bin ich mir ganz sicher. Aus Sicht der TTL wäre es auch interessant, die so niedrig notierende DIC Asset-Anleihe zu kaufen. Entweder man bekommt die Zinsen und am Ende die Kohle zurück, oder der Anleihekur erholt sich zwischenzeitlich wieder und die TTL könnte dann schöne Kursgewinne einfahren, wenn sie die Anleihe wieder über die Börse verkauft.

      Unterm Strich dürften DIC/TTL/Schmidt einige Optionen offen stehen und eine Pleite der DIC Asset gehört ganz sicher nicht dazu. ;-)

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  2. Man könnte mittlerweile auch eine „Pleite“ befürchten…

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    1. Ja, fast 9 Monate später kann man bei Branicks auch eine Pleite nicht mehr ausschließen. Das Unternehmen konnte die Zeit nicht nutzen, um sich finanziell sicher(er) aufzustellen und nachdem man die Brückenfinanzierung nicht ablösen konnte, ist man nun völlig vom Verhalten der Gläubiger abhängig. Die Aktionäre sind die letzten in der Nahrungskette und sollten sich mit dem Risiko eines Totalverlusts auseinandersetzen. Noch ist es nicht soweit, aber die Geier kreisen. Sehr betrüblich; in meinem ursprünglichen Investmentcase (Mitte 2016) hatte ich noch lobend die gezogenen Lehren aus der Globalen Finanzkrise hervorgehoben, aber offensichtlich war das eine Fehleinschätzung. Erneut hat DIC Asset / Branicks mit maximalem Leverage Immobilien auf Pump gekauft und hat in überbordender Gier die Risiken völlig unterschätzt. Zweimal denselben existenzgefährdenden Fehler zu machen ist weckt erhebliche Zweifel, ob man hier sein Geld investieren sollte, selbst wenn Branicks diese Notlage überstehen und die Geschäfte vielleicht irgendwann mal wieder besser laufen sollten. Ich bleibe lieber bei meinem "immobilien-Zock" Blackstone Group. Die leiden auch, aber die haben sich als Krisenmanager mehrfach bewährt und so viel Cash in der Hinterhand, dass sie die aktuelle Lage sogar für opportunistische Zukäufe im Portfolio nutzen können. Da bin ich sicher, so oder so...

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