Freitag, 31. Mai 2013

Das Ende der Quartalsberichtsmanie

Börsenlegende Warren Buffett ignoriert Quartalsberichte aus guten Gründen und nun hat EU-Kommissar Barnier eine entsprechende Regelung angekündigt, die dann in nationales Recht umgesetzt und ab 2015 in Kraft treten soll.

Die Reform der Transparenz-Richtlinie wird die verpflichtenden Quartalsberichte für börsennotierte Unternehmen abschaffen und diese somit nicht nur von "überflüssiger Bürokratie" entlasten, sondern die neue Regelung soll Unternehmenslenkern wieder mehr Zeit geben, richtige und sich langfristig auszahlende Entscheidungen zu treffen. Denn während die Quartalsberichte bisher zwar den Hunger der Anleger auf stetige Informationen bedienen, führen sie leider auch dazu, um der besseren kurzfristigen Quartalszahlen wichtige und nötige Entscheidungen, die sich erst mittel- und langfristig auszahlen würden, aber zulasten der kurzfristigen Gewinne gehen, aufzuschieben. Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking hat sich daher stets vehement gegen Quartalsberichte ausgesprochen. Weiterhin vorzulegen haben Unternehmen die Halbjahreszahlen und die Geschäftsberichte.

Selbst in den USA, wo Quartalsberichte quasi wie Manna verehrt werden, gibt es Unternehmen, die sich diesem Druck entziehen. Zwar berichtet auch Amazon vierteljährlich, aber Jeff Bezos, Gründer und Großaktionär des Online-Händlers, setzt seit einiger Zeit auf die strategische Expansion seines Unternehmens und opfert dafür die Gewinne. Bezos ist überzeugt, dass sich die heutigen Investitionen in Wettbewerbsfähigkeit und Marktanteile mittel- und langfristig in deutlich höheren Gewinnen auszahlen werden. Diese Strategie kann er fraglos nur deshalb durchziehen, weil er mehr als der Chef ist - ihn gehört ein großer Teil des Unternehmens und daher fällt es Kritikern schwer(er), Wiederstand gegen sein Vorgehen zu organisieren. Diesen Luxus haben aber die wenigsten Unternehmenslenker, meistens sind sie bloß Angestellte mit allenfalls marginalen Beteiligungen an ihren Unternehmen. Dabei wirtschaften inhabergeführte Unternehmen meist besser, weil das eigene Kapital des Chefs im Unternehmen steckt und sein Arbeitsplatzrisiko gleichzeitig mit einem erheblichen Vermögensrisiko verknüpft ist.

Abzuwarten bleibt, wie sich die Unternehmen ab 2015 entscheiden werden. Denn auch wenn Quartalsberichte nicht mehr vorgeschrieben sind, so können sie doch freiwillig weiterhin vorgelegt werden. Und insbesondere die großen Konzerne, die einen nicht unerheblichen Teil anglo-amerikanischer Aktionäre haben, werden von diesen vermutlich Druck bekommen, auch künftig Quartalsberichte vorzulegen. Was ein zusätzliches Argument für den deutschen Mittelstand ist und die sog. Nebenwerte.

5 Kommentare:

  1. Ich sehe es zwar auch so, dass die Quartalsberichte nicht einer langfristigen Strategie im Weg stehen sollten, bin den Berichten gegenüber aber gegenüber aber trotzdem nicht so negativ eingestellt. Ich versuche mir die Quartalsergebnisse von den meisten Werten, die ich verfolge, anzuschauen. Dabei geht es mir aber mehr darum wichtige Ereignisse und Entwicklungen mitzubekommen. Wenn es keine Quartalsberichte mehr gibt, ist man auf ad-hoc Mitteilungen angewiesen und muss ansonsten sehr lange Zeit einfach hoffen, dass nichts wesentliches passiert ist.

    Bei einem Wert auf meiner Watchlist habe ich z.B. ungefähr ein Jahr lang nur den Kurs beobachtet, weil der Kurs der Aktie immer weiter gestiegen ist und sich damit immer weiter von meinem Zielkurs entfernte. Als ich dann mal wieder reingeguckt habe, musste ich festellen, dass der Wert nicht nur durch aufgelaufene Gewinne gestiegen war, sondern pro Aktie auch noch durch ein Aktienrückkaufprogramm unter Buchwert. Hätte ich die Quartalsberichte gelesen, hätte ich meinen Zielkurs auch früher anpassen können.

    Meiner Meinung nach sind nicht die kurzfristigen Berichte sondern der kurzfristige Investmenthorizont vieler Investoren und der kurzfristige Horizont vieler Bonusvereinbarungen des Managements das Problem.

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    1. Ich halte es für wichtig, dass Unternehmen mit ihren Anlegern kommunizieren und bin daher ein Freund von Aktionärsbriefen oder regelmäßigen Mitteilungen zum Geschäftsverlauf. Also grundsätzlich die Art von Information, die Du auch einforderst. Ein Quartalsbericht hingegen ist ja ein formalisiertes Papier, das genaustens bestimmten gesetzlichen Anforderungen entsprechen muss. Unter anderem müssen die relevanten Qunternehmenszahlen benannt werden, die dann oftmals in epischer Prosa unternemhensseitig noch (miss)interpretiert werden. Und daran störe ich mich! Dem Zwang, Belangloses zu berichten (ein Dreimonatszeitraum ist ein willküricher und unsinnig kurzer Zeitabschnitt, um aus den Zahlen irgend etwas ableiten zu können) und der daraus resultierende Drang, diesen Unsinn dann auch noch irgendwie rechtfertigen zu müssen. Daher bin ich froh, wenn Quartalsberichte eingestampft werden; gleichzeitig hoffe ich, dass die Unternehmen erkennen, dass die Kommunikation mit ihren Aktionären ein wichtiger Bestandteil der Unternehmensphilosophie sein sollte. Und damit meine ich nicht, nur Positives mitzuteilen, sondern regelmäßig über das Geschäft zu berichten, Entwicklungen, Projekte, usw. Losgelöst von Zahlen.

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  2. Das sehe ich nicht so. Ich konnte schon oft, von Quartalsberichten bei meinen Investitionsentscheidungen profitieren. In ihnen zeigen sich viel Schneller wie sich bestimmte Entwicklungen auswirken und ermöglichen so eine genauere Bewertung. Du befürchtest dass wegen Quartalberichten ein Druck aufgebaut wird, die kurzfristigen Gewinne mehr in den Vordergrund zu rücken. Ich denke das Problem besteht unabhängig von den Quartalsberichten.

    Außerdem sollte man sich nicht vorschnell die Perspektive des Managements zu eigen machen. Während Eigentümer ein starkes Interesse an der Ertragskraft haben, haben Manager oft ein Interesse am Wachstum des Wachstums Willens. Daher werden oft unsinnige Entscheidungen gefällt, wie Übernahmen zu teuren Preisen, die das Unternehmen sogar langfristig gefährden. Daher sollten die Eigentümer möglichst gut informiert werden, um derartigen Fehlentwicklungen begegnen zu können.

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    1. Moin Robert,

      ich bin seit sieben Jahren Mitglied im Aufsichtsrat eines kommunalen Energieversorgers und dort erhalten wir natürlich auch (interne) Quartalsberichte. Die Zahlen sind aber nur bedingt aussagekräftig, denn wenn ich mir das Thema Gas herausgreife, kann der ausgewiesene Quartalsgewinn extrem schwanken, je nachdem, ob die Gasrechnung des Zulieferers noch in diesem Quartal beglichen wurde oder erst im nächsten. Denn während die Kunden ihre regelmäßigen monatlichen Abschläge zahlen, trudeln die Rechnungen der Lieferanten nicht in dieser Regelmäßigkeit herein. Für uns sind die absoluten Mengen der und deren Veränderungen viel wichtiger. Und natürlich die Margen.

      Neulich erst hatte ich - als Vorsitzender des Aufsichtsrats - Gespräch zur Prüfung des Jahresabschlusses mit unserer neuen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Dabei haben wir auch über die unterschiedliche Bewertung gesprochen, die oft zwischen Prüfern und Geschäftsführung auftreten, ob nun bestimmte Ausgaben (ergebniswirksam) in den Aufwand gebucht werden sollten oder als Investitionen "nur" der AfA unterliegen. Das hat natürlich Auswirkungen auf die Höhe des Jahresüberschusses und wenn der Geschäftsführer/Vorstand auch nach der Höhe des Gewinns bezahlt wird, verfolgt er hier eigene Interessen, die nicht unbedingt deckungsgleich sein müssen mit denen des Unternehmens und/oder der Anteilseigner.

      Insbesondere bei großen börsennotierten Gesellschaften gibt es ja noch das Problem der Aktienoptionen, mit denen Vorstände oft (teil)entlohnt werden. Deren Wert bemisst sich am Aktienkurs und dieser lässt sich am schnellsten hochtreiben, wenn die Gewinne hochgepuscht werden. Für den langfristig investierten Anleger haben diese kurzfristigen gewinne aber wenig Bedeutung, weil er nicht nach wenigen Monaten wieder aussteigen will, sondern auf den langfristigen Erfolg und Wertzuwachs des Unternehmens setzt.

      Quartalsberichte kommen also eher der Neugier und bisweilen dem Sensationsgelüst entgegen und dienen weniger den Interessen der Gesellschaft und der Eigentümer. Und wie ich bereits zuvor schrieb, beziehe ich das auf das Zahlenwerk, nicht auf die allgemeinen Informationen an die Aktionäre. Diese halte ich für wichtig!

      Ein Grund (vielleicht der einzige vernünftige) für Quartalsberichte ist, wenn das Unternehmen Quartalsdividenden ausschüttet und diese strikt am Gewinn ausrichtet. So wie viele große US-amerikanische Unternehmen. In diesem Fall muss es ja eine Grundlage für die Höhe der Ausschüttung geben und hier sind Quartalsberichte eine gute Basis - allerdings bleibt auch hier die Frage, ob diese veröffentlicht werden müssen, oder ob es ausreichen würde, wenn Vorstand und Aufsichtsrat die Zahlen kennen und auf ihrer Basis die Entscheidungen treffen. Liegen sie daneben, kann dies von den Aktionären auf der Hauptversammlung ja kontrolliert und ggf. korrigiert werden.

      Wer nicht spekuliert, also auf schnelle Kursschankungen setzt, der braucht keine Quartalsberichte, sondern sollte sich auf den jährlichen Geschäftsbericht konzentrieren und die Halbjahreszahlen. Die geben die Tendenz, ob das unternehmerische Handeln von Erfolg oder Misserfolg gekrönt ist, ausreichend und genau(er) wider.

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    2. Hallo,

      ein wirklich guter Artikel. Ich sehe Ihre Einwände im Bezug auf die Quartalsberichte vollkommen genauso. Ich freue mich, dass Sie, als Vorsitzender eines Aufsichtsrats, das genauso sehen wie ich.

      Weiter so! Viele Grüße.

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