Freitag, 10. November 2023

Warren Buffett rät: Ignoriere Quartalsergebnisse. Konzentriere Dich auf das Unternehmen und sein Business. Investiere langfristig!

Es ist Earnings Season und die Wall Street wird heftig durchgeschüttelt, weil etliche Unternehmen mit ihren Quartalsergebnissen die Erwartungen des Marktes und/oder der Analysten nicht ganz erreichen bzw. teilweise auch recht deutlich verfehlen. Und das liegt nicht nur an der Corona-Pandemie. Doch gerade langfristig orientierte Value-Anleger sollten sich der Worte Warren Buffetts erinnern und genau(er) hinsehen.
»Nimm eine Jahresbilanz nicht zu ernst. Schau lieber, was über einen Zeitraum von vier bis fünf Jahren geschieht.«
Damit meint das 'Orakel von Omaha', dass Quartale zu kurze Zeitspannen sind, um die Entwicklung eines Unternehmens exakt zu planen und zu bewerten. Liegen ein paar Feiertage mehr auf Wochentagen in dem Quartal oder verschiebt sich ein größerer Zahlungseingang um wenige Tage, kann dies das Quartalsergebnis beeinflussen, ohne dass es für das Jahresergebnis wirklich Relevanz hätte. Und selbst der Blick von Jahr zu Jahr sei keine ausreichende Grundlage für langfristig orientierte Anleger, um die Entwicklung des Unternehmens wirklich solide einschätzen zu können. Dazu gehört schon etwas mehr...

So erklärt Buffet in seinem 2019er Jahresbrief an die Aktionäre seiner Investmentholding Berkshire Hathaway, dass schon viel Geld vernichtet wurde, um Quartalsziele zu erreichen. Zuerst gäbe ein Unternehmen ein Umsatz- oder Gewinnziel für die Zukunft aus und wenn dann erkennbar werde, dass diese Ziele verfehlt würden, setzt das Management seine Energie überwiegend nur noch dafür ein, die Ziele doch noch irgendwie zu erreichen. So würde dann das Marketing-Budget kurzfristig heruntergefahren oder offene Stellen würden vorübergehend nicht besetzt. So würde durch die kurzfristigen und kurzsichtigen Maßnahmen das Quartalsziel doch noch erreicht, allerdings würde das Unternehmen - und damit die Aktionäre - für diesen Aktionismus einen hohen Preis bezahlen. Denn diese Ad hoc-Maßnahmen würden die mittel- und langfristige Wertschöpfung im Unternehmen stören und daher Wert vernichten! Und genau das sei das entscheidende Ziel: nachhaltige Werte für die langfristig orientierten Aktionäre zu schaffen!

Deshalb liest Warren Buffett keine Quartalsberichte, er schwört auf den jährlichen Geschäftsbericht und den darin mit enthaltenen Lagebericht des Vorstands. Und er geht sogar noch weiter, indem er Anlegern rät, nicht nur auf ein Jahr zu schauen, sondern sich mindestens vier, fünf Jahre vorzunehmen, um ein Gespür für das Unternehmen und seine Geschäfte zu bekommen. Folgerichtig gibt Berkshire Hathaway selbst erst gar keine Prognosen heraus, wodurch viel unnötige Arbeit eingespart wird und der Fokus auf die langfristige Wertmaximierung des Unternehmens niemals verloren geht.
»Solange unsere Investments in jedem Jahr 15 Prozent zulegen, mache ich mir um Quartalszahlen keine Sorgen.«
(Warren Buffett)

Kurseinbrüche nach Quartalsergebnissen sind oft die besten Kaufgelegenheiten

Die Konsequenz aus diesem Denkansatz ist, dass Kurseinbrüche nach (schlechten) Quartalsergebnissen oftmals Kaufgelegenheiten generieren. Denn hat man sich ein Unternehmen ausgesucht, von dessen langfristiger Perspektive man überzeugt ist, dass nachhaltig seine Umsätze und Gewinne steigert und vielleicht noch regelmäßig die Dividende anhebt, dann sollte man genau(er) hinsehen: Ist das schlechte Quartalsergebnis durch ein strukturelles Problem entstanden, sind also große Kunden abgesprungen, die Produkte mangelhaft oder das Management unglaubwürdig geworden, dann kann ein schlechtes Quartalsergebnis der Auftakt zu einer anhaltenden Schwächephase des Unternehmens und des Aktienkurses sein. Dann sollte man sein Investment überdenken. Wenn aber sich die Kunden "nur" zurückhalten, weil demnächst die Einführung neuer Produkte ansteht, oder weil sich gesetzliche Regelungen sich zu einem bestimmten Zeitpunkt ändern, dann stellt sich ein Kursrutsch nicht selten als Übertreibung und folglich als Kaufgelegenheit für beherzte Investoren dar.
»Große Anlagemöglichkeiten kommen immer dann, wenn hervorragende Unternehmen vorübergehend in schwieriges Fahrwasser geraten und deshalb unterbewertet werden.«
(Waren Buffett)
Folglich sollte man nicht in jeden Kursrutsch hinein gefallene Aktien kaufen, denn nur weil die Aktien optisch billiger sind als vorher und einen größeren Abstand zu ihren vorherigen Höchstkursen aufweisen, macht sie das nicht zu guten Investments. Funktioniert aber ihr Geschäftsmodell und scheinen die Ursachen für die schlechten Quartalsergebnisse vorübergehender Natur zu sein, dann sollte man beherzt zugreifen und sich die Gelegenheit nicht entgehen zu lassen. Bei der Einschätzung hilft der Vergleich des Quartalsergebnisses mit dem Plan für das Gesamtjahr oder gar für mehrere Jahre. Ist dieser Pfad weiterhin intakt, ist ein verhageltes Quartalsergebnis kein Beinbruch, sondern eine Kaufgelegenheit.
»Spiele werden von denen gewonnen, die auf das Spielfeld achten und nicht auf die Anzeigetafel.«
(Waren Buffett)
Spekuliere nicht, investiere!


Meine Lese-Tipps
▶ "Buffett. Die Geschichte eines amerikanischen Kapitalisten" von Roger Lowenstein
▶ "Das Tao des Warren Buffett" von Mary Buffett und David Clark
▶ "Die Essays von Warren Buffett: Die wichtigsten Lektionen für Investoren" von Lawrence A. Cunningham
▶ "Investieren mit Warren Buffett. Sichere Gewinne mit der Fokus-Strategie" von Robert G. Hagstrom
▶ "So liest Warren Buffett Unternehmenszahlen" von Mary Buffett und David Clark
▶ "So macht es Warren Buffett: 24 einfache Anlagestrategien" von James Pardoe
▶ "Warren Buffett. Das Leben ist wie ein Schneeball" von Alice Schroeder
▶ "Warren Buffett – Der Jahrhundertkapitalist" von Gisela Baur
▶ "Warren Buffett: Sein Weg. Seine Methode. Seine Strategie." von Robert G. Hagstrom


••• Überarbeite Fassung eines Artikels aus Oktober 2012

1 Kommentar:

  1. Hallo Michael,
    also ich mache "buy and hold" .. und kaufe beizeiten nach ... und generell zum Verkauf ... die Frage kaufen oder verkaufen stellt sich bei langfristigen Aktionären nicht ... sie bleiben dem Unternehmen verbunden ... auch in schlechten Zeiten ... wer verkauft hat seine Hausaufgaben vorher nicht gemacht .... Aktien für immer ... Krisen passieren ... dazu ist die Welt insgesamt mittlerweile zu sehr miteinander verwoben und dementsprechend "dünnhäutig" ...fragil .... da helfen nur solide Informationen wie beispielsweise die langfristige Entwicklung von Dividenden Z.B beim DAX … das hilft bei der (vorherigen) Einschätzung einer Aktie ...
    Schöne Grüße
    Uwe

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