Mittwoch, 4. Januar 2023

Kissigs Nebenwerte-Analyse zu INDUS: Die Mittelstandsholding startet ohne Automotive richtig durch

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Artikel aus "Der Nebenwerte Investor" Ausgabe 17/2022 vom 22.12.2022

INDUS: Die Mittelstandsholding startet ohne Automotive richtig durch

Die Industrieholding INDUS hält ein Portfolio von 47 Unternehmen aus Schlüsselbranchen des deutschsprachigen Mittelstands. Als Spezialist für nachhaltige Unternehmensbeteiligung erwirbt man überwiegend inhabergeführte Unternehmen und unterstützt sie in ihrer unternehmerischen Weiterentwicklung. Dabei agiert INDUS ausschließlich langfristig und hat bewusst einen hohen Diversifizierungsgrad des Portfolios als zentralen Bestandteil der Strategie „Kaufen, halten & entwickeln“ gewählt. Die Portfoliobereinigung, bei der vor allem Unternehmen aus dem defizitären Bereich Fahrzeugtechnik veräußert werden, kommt voran und das bis 2017 noch größte Segment soll bis Ende 2023 komplett verkauft sein. Das schafft Spielräume, die INDUS konsequent nutzen will.

INDUS erwirbt überwiegend inhabergeführte Unternehmen aus dem Produktionssektor und unterstützt sie mit langfristiger Ausrichtung in ihrer unternehmerischen Entwicklung. Dabei sollen die Beteiligungen ihre mittelständische Identität als ihre besondere Stärke bewahren können. Im Idealfall bleiben die bisherigen Inhaber für eine Übergangsphase dem Unternehmen noch als Geschäftsführer erhalten.

Über eine kontinuierliche Portfolioerweiterung verbessert INDUS die Entwicklungsperspektiven der Gruppe und stellen sicher, dass das Portfolio im Zeitverlauf einen aktuellen Querschnitt der relevanten zukunftsträchtigen Industrien abbildet. Dementsprechend sind unsere Beteiligungen in unterschiedlichen Geschäfts- und Technologiefeldern, Absatzmärkten und Branchenzyklen aktiv. Daraus ergibt sich für das Portfolio der Gruppe ein hoher Diversifizierungsgrad. Mit ihren Kernkompetenzen besetzen die Unternehmen in der Regel eine für ihre Industrie interessante Marktnische, in der sie eine führende Position einnehmen.

INDUS Gruppe

Die Gruppe besteht aus der Führungsgesellschaft INDUS Holding AG mit Sitz in Bergisch Gladbach und den einzelnen Beteiligungsunternehmen. Die unmittelbaren Tochterunternehmen haben ihren Sitz in Deutschland und der Schweiz. Den Portfoliounternehmen wird größtmögliche operative Eigenständigkeit gewährt, denn sie wurden als Hidden Champions auch deshalb Teil der INDUS Gruppe, gerade weil sie bereits gezeigt haben, dass sie ihr Geschäft beherrschen. Diese Philosophie erinnert stark an die Warren Buffetts, die er seit Jahrzehnten erfolgreich bei Berkshire Hathaway praktiziert.

Mit ihrem Know-how unterstützt INDUS seine Töchter als strategischer Sparringspartner und übernimmt im Rahmen des Portfoliomanagements zentrale Verwaltungsfunktionen.

Kaufen, halten & entwickeln

Seit ihrer Gründung im Jahr 1989 hat sich INDUS durch die Akquisition von beinahe 50 mittelständischen Hidden Champions ein diversifiziertes Portfolio aufgebaut. Dem erhöhten Veränderungstempo im aktuellen Wirtschaftsumfeld trägt man dabei ebenfalls Rechnung und stellt den Gesellschaften verstärkt und gezielt Mittel zur Verfügung, mit denen sie ihr Geschäft auch unter dynamischen Bedingungen erfolgreich weiterentwickeln können.

Die Rahmenbedingungen sind dabei anspruchsvoller geworden. Deshalb will man sich in den nächsten Jahren parallel zum Wachstum darauf konzentrieren, die Fitness der Beteiligungen weiter zu erhöhen. Die Beteiligungen und die Gruppe als Ganzes sollen sich schneller entwickeln und operativ noch besser werden.

Strategieprogramm PARKOUR

Mit seinem Strategieprogramm PARKOUR verfolgt INDUS mehrere Ziele. Man will die Portfoliostruktur stärken, Innovation fördern, Leistung steigern und dabei nachhaltig handeln.

Die Portfoliostruktur stärken will INDUS durch jährlich zwei bis drei Zukäufe auf erster Ebene, um das Portfolio beständig und zukunftsorientiert weiterzuentwickeln. Dabei nimmt man vor allem relevante Zukunftsbranchen ins Visier, wie Automatisierungs-, Mess- und Regeltechnik, Bautechnik, Sicherheitstechnik, Medizin- und Gesundheitstechnik, Technik für Infrastruktur und Logistik, Energie- und Umwelttechnik.

Zur Steigerung der Innovationskraft des Portfolios unterstützt INDUS auch Zukäufe jüngerer Unternehmen auf zweiter Ebene. Dies gilt insbesondere für innovative Unternehmen aus den Zukunftsfeldern Industrie 4.0, Digitalisierung, Innovative Bautechnik, Öffentliche und private Sicherheit, Medizintechnik für die alternde Gesellschaft, Intelligente Logistik und Infrastruktur sowie GreenTech.

Innovationen treiben

Innovationen treiben will INDUS, indem man seine Beteiligungen dabei unterstützt, die Schwelle zur digitalen Industrie erfolgreich zu überschreiten. Neben Produktinnovationen fördert man neue Dienstleistungen, Geschäftsprozesse und Geschäftsmodelle.

Dabei werden Innovationen über die INDUS-Förderbank initiiert, indem man in den Beteiligungen Innovationsprojekte mit bis zu 3 % des Konzern-EBIT unterstützt, die neue Technologien oder neue Märkte erschließen. Über die Innovation Toolbox wird den Beteiligungen Methodenwissen für die Entwicklung von Innovationsstrategien und die Erschließung von Zukunftsfeldern vermittelt. Und INDUS setzt auf gezielt auf Know-how Transfer und Vernetzung unter den Unternehmen der Gruppe.

Darüber hinaus erwirbt INDUS innovative Unternehmen bzw. unterstützt den Erwerb von innovativen Enkeltochterunternehmen mit jüngeren Geschäftsmodellen, die attraktive Schnittstellen zu den bestehenden Beteiligungen haben.

Leistung steigern

Zur Förderung der operativen Exzellenz begleitet INDUS seine Beteiligungen bei der gezielten Optimierung aller wertschöpfenden Kernprozesse von der Auftragsentstehung bis zur Auftragsabwicklung. Dabei wird Methodenkompetenz und Best-Practice-Wissen vermittelt und ein umfangreiches Schulungs- und Weiterbildungsangebot im Bereich Lean Management angeboten, es werden Netzwerkpartnerschaften aufgebaut und die Konzeption, Planung und Umsetzung von Verbesserungsprojekten in den Bereichen Strategisches Marketing, Vertrieb und Produktion begleitet.

Hierin finden sich erfolgreiche Ansätze, die aus dem Danaher-Business-System bekannt sind und dieses Konglomerat zu einem der erfolgreichsten Beteiligungsunternehmen der Welt gemacht haben. Sich an den Erfolgreichen zu orientieren, ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Intelligenz.

Zielsetzung bis 2025

Das Strategieprogramm ist aber nicht nur Mittel zum Zweck, sondern mit konkreten Zielsetzungen verbunden. Dabei geht es vor allem um Wachstum und Wertentwicklung der Beteiligungen.

Die INDUS-Gruppe soll mit einer ausgewogenen Portfoliostruktur organisch und durch Zukäufe anorganisch wachsen. Auf diesem Weg bis 2025 orientiert man sich an folgenden Zielen: Das Portfolio soll 55 bis 60 Beteiligungen mit einem Gruppen-Umsatz deutlich über 2 Mrd. Euro umfassen, die EBIT-Zielmarge von 10 % soll wieder zuverlässig erreicht werden, Zukunftsbranchen spiegeln sich im Portfolio deutlich wider und Innovation hat sich in den Beteiligungen als Wachstumsmotor etabliert. Digitalisierung ist dabei kein Modeschlagwort, sondern gelebte Praxis, so dass die Tochterunternehmen den Übergang in die „Tech-Generation“ erfolgreich gestaltet haben. Des Weiteren soll Nachhaltigkeit als integraler Bestandteil der Unternehmenssteuerung bei den Beteiligungen etabliert sein.

Neue Ausrichtung

Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Aktuell hat man 45 Beteiligungen im Portfolio und bespielt 5 Segmente. Mitte Dezember gab der Vorstand jedoch die neue Ausrichtung bekannt, die mit der vollständigen Trennung von der defizitären Fahrzeugtechnik einhergeht. Anstelle der bisher 5 Segmente Bau/Infrastruktur, Maschinen- und Anlagenbau, Metalltechnik, Fahrzeugtechnik sowie Medizin- und Gesundheitstechnik soll es künftig nur noch 3 geben: Infrastructure, Materials und Engineering.

Quelle: wallstreet-online.de
Zentrales Element der neuen Ausrichtung ist die Trennung von der Fahrzeugtechnik. Mitte September hatte INDUS erklärt, ihr defizitäres Beteiligungsunternehmen S.M.A. Metalltechnik, das bis dahin rund 60 Mio. Euro zum Konzernumsatz beisteuerte, finanziell nicht weiter zu stützen. Dazu wurde die Finanzierung von SMA auf den laufenden Geschäftsbetrieb begrenzt und nur noch bis Ende Oktober aufrechterhalten.

In wochenlangen Verhandlungen der SMA, einem Serienzulieferer der Automobilindustrie, mit seinen Großkunden ist es SMA nicht gelungen, die überlebensnotwendigen Anpassungen der bestehenden Lieferverträge zu erreichen. Deshalb wurde am 24. Oktober ein Eigenverwaltungsverfahren eingeleitet mit dem Ziel einer Sanierung.

Hieraus ergab sich für INDUS ein nicht zahlungswirksamer Aufwand in Höhe von rund 61 Mio. Euro, von denen 37 Mio. noch im Ergebnis des 3. Quartals verbucht werden konnten.

Dem entsprechend schlecht fiel das Quartalsergebnis aus und insgesamt führte die Maßnahme zu deutlichen Abschreibungen und einer Senkung der Jahresprognose für 2022.

9-Monatszahlen

In den ersten 9 Monaten 2022 steigerten die Beteiligungen der INDUS ihren Umsatz um 10,7 % auf 1.434,9 Mio. Euro (Vorjahr: 1.296,4 Mio.). Das organische Wachstum von 8,3 % konnte dabei den Umsatzrückgang im Segment Fahrzeugtechnik durch den Verkauf der WIESAUPLAST-Gruppe Ende 2021 überkompensieren. Die jüngsten Zukäufe in den Segmenten Maschinen- und Anlagenbau sowie Bau/Infrastruktur trugen mit einem anorganischen Wachstum von 2,4 % zum Umsatzanstieg bei.

Das operative Ergebnis (EBIT) der Gruppe wurde durch nicht zahlungswirksame Einmaleffekte beeinflusst: Diese führten zu einem EBIT von 11,2 Mio. Euro (Vorjahr: 78,6 Mio.), die EBIT-Marge lag bei 0,8 % (Vorjahr: 6,1 %). Im Zusammenhang mit dem von der Beteiligung SMA eingeleiteten Eigenverwaltungsverfahren wurden im 3. Quartal Aufwendungen aus Wertanpassungen in Höhe von 37,1 Mio. Euro erfasst. Gestiegene Kapitalkosten durch die deutlichen Zinserhöhungen der EZB und teilweise auch zurückhaltender beurteilte Zukunftsaussichten in einem gesamtwirtschaftlich schwierigen Umfeld wirken sich auf die Unternehmensbewertungen aus.

Als Folge des jährlichen Wertminderungstests wurden im 3. Quartal 39,8 Mio. Euro nicht zahlungswirksame Wertminderungen im Wesentlichen auf Geschäfts- und Firmenwerte (Goodwill) erfasst. Hier schlug nun ein schon länger kritisierter Faktor bei INDUS durch, denn das Unternehmen hat überdurchschnittlich hohe Firmenwerte in seiner Bilanz aktiviert. Solange die Unternehmen operativ erfolgreich unterwegs sind, ist das kein Problem; sofern aber eine Beteiligung in Schieflage gerät, kann es zu deutlichem Abschreibungsbedarf führen und genau das ist nun der Fall. Konsequenterweise nutzt der INDUS-Vorstand die hohe Abschreibung bei der SMA für Reduzierungen bei den Wertansätzen anderer Töchter und schafft so eine solide Basis für die Zukunft.

Diese und weitere nicht operative Effekte unberücksichtigt erzielte die INDUS-Gruppe in den ersten 9 Monaten ein bereinigtes EBIT von 92,7 Mio. Euro (Vorjahr: 86,8 Mio.), wobei im 3 Quartal 2022 alleine das bereinigte EBIT bei 37,0 Mio. Euro lag (Vorjahr: 30,4 Mio.). Die bereinigte EBIT-Marge lag in den ersten 9 Monaten bei 6,5 % (Vorjahr: 6,7 %).

Die Unternehmen im Segment Bau/Infrastruktur erhöhten ihren Umsatz in den ersten 9 Monaten um 17,5 %. Zu dieser Steigerung trug neben einem breit getragenen organischen Wachstum die 2021 erworbene Beteiligung WIRUS bei. Trotz Materialengpässen und gestiegenen Materialpreisen lag die EBIT-Marge vor Wertminderungen mit 15,0 % wieder auf hohem Niveau (Vorjahr: 16,0 %). Insbesondere aufgrund von gestiegenen Kapitalkosten waren Wertminderungen auf Geschäfts- und Firmenwerte in Höhe von 12,7 Mio. EUR zu erfassen. Die EBIT-Marge betrug damit 11,8 %. (Vorjahr: 16,0 %).

Der Umsatz im Segment Maschinen- und Anlagenbau stieg organisch und anorganisch stark um insgesamt 22,0 % an. 2021 und 2022 konnte das Segment über insgesamt vier Zukäufe weiter gestärkt werden. Die EBIT-Marge vor Wertminderungen erzielte mit 11,3 % (Vorjahr: 11,5 %) einen sehr guten Wert. Insbesondere aufgrund gestiegener Kapitalkosten notwendige Wertminderungen belasteten das Segmentergebnis, so dass die EBIT-Marge damit auf 7,7 % sank (Vorjahr 11,5 %).

Das Segment Metalltechnik konnte den Umsatz um 8,5 % steigern und damit auch den fehlenden Umsatz der stillgelegten Tochter BACHER überkompensieren. Die EBIT-Marge vor Wertminderungen von 11,8 % lag deutlich über dem Vorjahreswert (8,6 %), wobei sich hier auch Sondereffekte bemerkbar machten. Die gestiegenen Kapitalkosten sorgten auch im Segment Metalltechnik für Wertminderungen auf Geschäfts- und Firmenwerte in Höhe von 1,6 Mio. Euro. Dennoch lag die EBIT-Marge von 11,3 % hier über Vorjahr (8,6 %).

Die Beteiligungen im Segment Fahrzeugtechnik waren in den ersten 9 Monaten operativ stark von hohen Material- und Energiepreisen und von Lieferkettenproblemen betroffen. Das EBIT blieb mit -92,2 Mio. Euro stark negativ. Darin enthalten sind Wertminderungen sowie Wertanpassungen bei SMA. Als Folge des beantragten Eigenverwaltungsverfahrens durch den Serienzulieferer SMA ergeben sich im Geschäftsjahr 2022 voraussichtliche nicht zahlungswirksame Aufwendungen von insgesamt rund 61 Mio. Euro - 37,1 Mio. Euro davon wurden bereits im 3. Quartal erfasst.

Positiv ist hingegen, dass die hohen operativen Verluste der SMA ab dem 24. Oktober 2022 nicht mehr von INDUS zu tragen sind, so dass sich die Ergebnisbelastungen im Segment deutlich reduzieren werden. Die Restrukturierung des verbleibenden Serienzulieferers im Portfolio verläuft weiter planmäßig - ab 2023 werden angesichts von Serienanläufen am neuen Auslandsstandort Umsatzsteigerungen und eine Reduzierung des Verlustes erwartet.

Das Segment Medizin- und Gesundheitstechnik entwickelte sich mit einem Umsatzanstieg von 5,4 % und einer EBIT-Marge vor Wertminderungen von 6,8 % (Vorjahr: 8,1 %) erwartungsgemäß verhalten. Höhere Bezugskosten, die nicht vollständig an die Kunden weitergegeben werden konnten, Aufwendungen für die Umsetzung der EU-Medizinprodukteverordnung (MDR) und Produktionsverlagerungen hatten Einfluss auf die Ergebnisse. Angesichts der signifikant gestiegenen Kapitalkosten wurden Wertminderungen aus Geschäfts- und Firmenwerten in Höhe von 11,7 Mio. Euro erfasst. Die EBIT-Marge betrug im Ergebnis -3,3 % (Vorjahr: 8,1 %). Für das Gesamtjahr erwartet der Vorstand nun eine EBIT-Marge vor Wertminderungen von 5 bis 7 %.

Erhöhung der Vorräte

Um Materialpreissteigerungen und weiterhin bestehende Lieferkettenprobleme abzufangen, haben Beteiligungen bewusst Vorräte angelegt. Der Forderungsbestand stieg außerdem aufgrund der erhöhten Geschäftstätigkeit. Das Working Capital lag daher mit 618,1 Mio. Euro höher als zum 31. Dezember 2021 (457,5 Mio. Euro) und der operative Cashflow sank entsprechend auf 0,1 Mio. Euro (Vorjahr: 74,1 Mio. EUR).

Die liquiden Mittel lagen Ende September bei 130,8 Mio. Euro (31. Dezember 2021: 136,3 Mio.), während sich die Eigenkapitalquote aufgrund der stark gestiegenen Bilanzsumme und des - im Wesentlichen durch die nicht zahlungswirksamen Wertminderungen - reduzierten Eigenkapitals 37,5 % betrug (31. Dezember 2021: 42,4 %).

Senkung der Jahresprognose

Die meisten Beteiligungen haben sich in den ersten 9 Monaten 2022, die geprägt waren von hohen gesamtwirtschaftlichen Risiken, sehr respektabel geschlagen und dürften die gute operative Entwicklung bis zum Jahresende fortsetzen. Daher erwartet der Vorstand für das Gesamtjahr 2022 unverändert einen Umsatz zwischen 1,90 und 2,00 Mrd. Euro, aber nur noch ein EBIT zwischen 15 und 30 Mio. Euro anstatt zuvor 115 bis 130 Mio. Euro. Hintergrund sind vor allem die nicht zahlungswirksamen Aufwendungen aus Wertanpassungen im Zusammenhang mit der Einleitung des Eigenverwaltungsverfahrens bei SMA sowie Aufwendungen aus Wertminderungstests.

Neue Konzernstruktur ab 2023

Die INDUS Holding schärft ihre Strategie und fokussiert ihr Portfolio auf Zukunftsthemen in der Industrietechnik: die INDUS-Gruppe stellt sich ab dem 1. Januar 2023 mit den Segmenten Infrastructure, Materials und Engineering neu auf. Beteiligungen mit guter Perspektive bleiben Bestandteil der neuen Kernsegmente, während Verlustbringer aus dem bisherigen Segment Fahrzeugtechnik verkauft werden. Das neu geschaffene Segmentmanagement wird die Fokussierung der Beteiligungsunternehmen auf die Zukunftsthemen vorantreiben und die ertrags- und wertorientierte Steuerung der Segmente forcieren.

Auch das bisherige Segment Fahrzeugtechnik wird aufgelöst. Unternehmen mit den Zukunftsthemen Klimatechnik und Messtechnik werden den neuen Kernsegmenten Infrastructure und Engineering zugeordnet; zwei Beteiligungen mit hoher Metallkompetenz gehen in das Kernsegment Materials. Bei zwei Unternehmen, die nicht mehr in die strategische Ausrichtung passen, arbeitet INDUS an einem Verkauf bis zum Jahresende 2023. Für sie wird bis zum Verkauf mit dem Bereich Non-Core eine Übergangslösung geschaffen.

INDUS will künftig Zukunftsthemen adressieren, die sich aus den Megatrends Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Mobilität und Urbanisierung sowie Demografie und Gesundheit ableiten und will hier jährlich zwei bis drei Zukäufe tätigen. Aber auch die strategische Ausrichtung wurde einer Neupositionierung unterzogen. Bisher agierte INDUS als breit aufgestellter Finanzinvestor, künftig als Beteiligungsgesellschaft mit klaren Technologieschwerpunkten für Nachfolgelösungen mittelständischer Unternehmen.

Auch die Führung der Gruppe stellt sich neu auf. INDUS hat die Managementstrukturen neu geordnet und ein Segmentmanagement eingeführt: Ein Mitglied des Vorstands ist zukünftig für ein Kernsegment zuständig. Es begleitet als Spezialist seine Beteiligungen, bündelt und entwickelt die fachliche Expertise sowie strategische Ausrichtung und sichert die Ertrags- und Wertentwicklung. Die Zentralfunktion des CFO wird vom Segmentmanagement abgekoppelt.

INDUS konzentriert sich zukünftig auf die Kernkompetenz Industrietechnik. Die Beteiligungen aus dem bisherigen Segment Medizin- und Gesundheitstechnik finden mit ihrer hohen Materialkompetenz für Medizinische Verbrauchsmaterialien und Hilfsmittel nun Platz im Kernsegment Materials. Dies wird künftig von Dr. Johannes Schmidt geführt neben seiner Rolle als CEO. 2021 haben die 14 Beteiligungen 586 Mio. Euro umgesetzt. Das Segment vereint Unternehmen mit einer hohen Kompetenz in der Verarbeitung von Materialien. Dazu gehören die Metallumformung und -bearbeitung, die Metallerzeugung für Hartmetalle und Strahlmittel, aber auch medizinische Verbrauchsmaterialien und Hilfsmittel. Ergänzende Zukunftsthemen sind in diesem Bereich die Kreislauf- und Abfallwirtschaft sowie die Agrar- und Lebensmittelwirtschaft.

Für das Segment Infrastructure ist Dr. Jörn Großmann verantwortlich. Es bündelt Unternehmen aus den Bereichen Bau- und Gebäudetechnik, Telekommunikations-Infrastruktur und Kälte- und Klimatechnik. Der Umsatz der 14 Beteiligungen im Segment lag 2021 bei 515 Mio. Euro. Zukunftsthemen sind Infrastruktur-Netze, Infrastruktur-Bauwerke, aber auch Technik für eine höhere Energieeffizienz.

Für das Segment Engineering ist Axel Meyer zuständig. Es bündelt bereits heute 15 Beteiligungen aus den Bereichen Automatisierung und Robotik, Sensorik, Mess- und Regeltechnik und aus dem spezialisierten Maschinen- und Gerätebau. Der Umsatz dieser Unternehmen lag 2021 bei rund 484 Mio. Euro. Wachstumstreiber werden neben Automatisierung, Sensorik und Messtechnik zukünftig auch die Energietechnik und Logistik sein.

CEO Dr. Johannes Schmidt betont, mit der strategischen Neuausrichtung und der Anpassung der Managementstrukturen habe INDUS die Mittelfristziele bis 2025 fest im Blick: Ein starkes Portfolio mit Fokus auf Megatrends und Zukunftsthemen, einen Umsatz von deutlich über 2 Mrd. Euro, eine EBIT-Marge von über 10 %. Der Free Cashflow wird eine zusätzliche wichtige Steuerungsgröße. Eine kontinuierliche Dividende bleibt Kernpunkt der Strategie.

Bullcase vs. Bearcase

INDUS hat lange am Automotive-Segment festgehalten, auch aus seiner erfolgreichen Historie heraus. Nach vielen Jahren der Misserfolge, Umstrukturierungen und vergeblichen Neustarts hat man nun (endlich) die Konsequenzen gezogen und trennt sich vollständig von der Fahrzeugtechnik.

Für 2022 bedeutet das erhebliche Belastungen aufgrund von Abschreibungen und Einmalaufwendungen. Ab 2023 werden sich die positiven Ergebnisse des Strategiewechsels bemerkbar machen, denn das Problemunternehmen des Segment, die SMA steuerte gut zwei Drittel des Segmentverlusts bei, während die verbleidende letzte Beteiligung (SELZER) das andere Drittel zu verantworten hat. Hier geht man in 2023 durch neue Serienanläufe von einer deutlichen Verbesserung aus und will das Unternehmen perspektivisch verkaufen.

Die operativen Verluste der SMA fallen bereits seit Mitte Oktober nicht mehr an und werden damit das Ergebnis in 2023 ordentlich pushen. Auch wenn die gesamtwirtschaftliche Entwicklung eher durchwachsen aussieht. Das Jahresergebnis von INDUS wird im Vergleich mit seinen Wettbewerbern also wenig berauschend ausfallen, aber 2023 deutlich verbessert daherkommen. Und je nachdem, wie die Entwicklung bei SELZER verläuft, kann es sogar noch besser kommen.

Die Margen dürften sich wegen des Wegfalls der SMA-Belastungen ebenfalls deutlich verbessern und die neue Ertragskraft des Unternehmens zeigen. Zudem präsentieren sich die neue Konzernstruktur, die neue Führungsstrategie sowie die Fokussierung auf drei zukunftsorientierte Trends als viel versprechend und dürften dem Unternehmen und seinem Aktienkurs ordentlich Leben einhauchen. In den letzten 5 Jahren hat die Aktie rund zwei Drittel an Wert verloren und steht nun vor einem Comeback.

Noch überwiegt bei Anlegern die Skepsis, doch die Chancen spielen sich zunehmend in den Vordergrund. INDUS ist grundsätzlich kein Aspirant für einen schnellen Kurssprint, aber es ist ein solide aufgestelltes Beteiligungsunternehmen mit deutlichem Ergebnis- und Margenpotenzial auf Sicht der nächsten Jahre. Ein kräftiger Boost könnte anstehen, wenn sich die positiven Effekte aus der SMA-Entkonsolidierung so richtig bemerkbar machen und der Markt eine Neubewertung vornimmt.

Die 4 wichtigsten Dinge, die man über INDUS wissen muss

  1. Portfolio von 47 Unternehmen aus Schlüsselbranchen des deutschsprachigen Mittelstands mit Fokus auf Bau/Infrastruktur, Maschinen- und Anlagenbau, Metall- und Medizintechnik.
  2. Das defizitäre Segment Fahrzeugtechnik wurde bereinigt und steht vor dem endgültigen Aus. 2022 überwiegen die Belastungen, ab 2023 winken höhere Margen und Gewinne.
  3. Struktur und Vorstand orientieren sich ab 2023 an den drei neuen Zukunfts-Segmenten Infrastructure, Materials und Engineering.
  4. Die Bewertung ist 2022 wegen Sonderfaktoren verzerrt und wirkt ab 2023 im Vergleich mit der Peergroup moderat; dies bietet attraktive Chancen für langfristig orientierte Anleger.
Disclaimer: Habe INDUS auf meiner Beobachtungsliste und/oder in meinem Depot/Wiki.

2 Kommentare:

  1. Vielen Dank für Deine qualitativ hochwertige Analyse wie üblich, Michael. Du hast nichts zum Einfluss der hohen Energiepreise auf deutsche Mittelstandsunternehmen geschrieben. Wie siehst Du hier die Situation von INDUS?

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    1. Die Energiepreise werden dauerhaft für alle Unternehmen in Europa höher liegen als Ende 2021, weil billiges russisches Gas durch viel teureres LNG ersetzt wird. Davon sind grundsätzlich alle Unternehmen betroffen, wobei besonders energieintensive Branchen unter Druck der ausländischen Wettbewerber kommen dürften. Ansonsten ist Energiemanagement und -einsparung zu einer neuem Schlüsselfaktor geworden - wie gut die einzelnen Unternehmen das künftig managen werden, kann man heute noch nicht sagen. Grundsätzlich werden es Unternehmen mit Preissetzungsmacht besser haben und die neue Branchenausrichtung von INDUS klingt auch unter diesem Aspekt sinnvoll.

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