Sonntag, 31. Dezember 2023

2023 war rekordverdächtig und 2024 wird einfach...

Mit meinem Ausblick auf 2023 lag ich gar nicht weit daneben, aber in einigen Details dann doch. Das führte zu einigen teuren Fehlern, die ich dann korrigieren musste. Doch am Ende ging 2023 geht als eines der besten Börsenjahre in die Geschichte ein, jedenfalls gilt das für die NASDAQ mit ihrem Zuwachs von 54 % sowie die großen Technologiewerte, die wir nun als 'Magnificent Seven' kennengelernt haben.  Von diesen Glorreichen habe ich eigentlich nur einen im Depot und trotzdem konnte ich das NASDAQ-Ergebnis knapp toppen.
"Lies die Marktprognosen des letzten Jahres und du wirst Jahresprognosen nie wieder ernst nehmen."
Hier lest ihr (m)eine Abrechnung mit 2023 und einen Ausblick auf 2024. Das wird ganz bestimmt nicht leichter, aber sicherlich anders. Und möglicherweise sogar (noch) besser, denn die Zukunft sah schon immer besser aus als die Vergangenheit. Echt? Echt!

2023 im Rückspiegel

Beginnen wir mit einem Rückblick auf meine Vorhersagen für 2023 ("2022 war zum Abgewöhnen, 2023 wird alles besser - wie immer"). Ich erwartete nach dem heftigen Einbruch in 2022 für 2023 Entspannungstendenzen und ging davon aus, dass sich die Unternehmensgewinne im Laufe des Jahres wieder fangen würden. Zinsen und Inflation sah ich als wesentlichen Faktor an aber deutlich rückläufig zum Jahresende hin und den Immobilienmarkt erwartete ich ab der Jahresmitte mit einem Rebound.

Und was war? Die Inflation erwies als hartnäckiger und die Zinspolitik der Notenbanken als hawkischer als ich gedacht hatte. Der Einbruch am Immobilienmarkt war in der Folge viel heftiger und schneller als ich mir das vorgestellt habe - von einem Turnaround kann hier bis zuletzt nicht gesprochen werden.

Ich meinte über 2022, die 'Assetpreishausse' habe ihr Ende gefunden und "künftig werden die Aktienkurse sich wieder stärker an den operativen Entwicklungen orientieren. Und hier bin ich für viele Branchen optimistisch, ob nun regenerative Energien, Cloundanwendungen und KI, Cybersecurity, Verteidigung oder Medizintechnik".

Cloud, Cybersecurity, KI - die hatte ich als Favoriten im Blick. Aber nicht im Depot (jedenfalls nicht so hoch gewichtet, wie es in der Rückschau angeraten gewesen wäre. Und natürlich hatte ich nicht diesen KI-Boom dank ChatGPT/OpenAI auf dem Schirm! Verteidigung ist bisher so gar nicht mein Spielfeld, aber MedTech... da lag ich völlig falsch, denn die von mir erwartete Erholung fand 2023 überhaupt nicht statt. Im Gegenteil, der MedTech-Sektor war der zweitschlechteste überhaupt, nur Utilities (Energieversorger) waren nochmal deutlich schlechter.

Die sehr enttäuschende Performance der (deutschen) Regenerative Energien-Werte ist nicht nur der grottenschlechten und stümperhaften Hauruckpolitik der Ampel-Koalition geschuldet - aber auch. Diese Bundesregierung dürfte für Deutschland ein echter Belastungsfaktor bleiben, nicht nur hinsichtlich der Energiepolitik. Auch deshalb bin (und bleibe?) ich bei deutschen Werten deutlich untergewichtet im Vergleich zu früheren Jahren.

'Den Arsch gerettet' hat mir 2023 letztlich meine Einschätzung zu den Alternativen Asset Managern - und dass ich ihr konsequent gefolgt bin. Meine Aussage war: "Ich glaube weiterhin an das Geschäftsmodell der Asset Manager und daher habe ich einige von ihnen hoch gewichtet in meinem Depot. Dabei ist mir klar, dass die Provisionen im 4. Quartal 2022 nicht gut abgeschnitten haben dürften, aber dieses Wirtschafts- und Börsenumfeld bietet ihnen die Chance, ihre hunderte von Mrd. USD an Dry Powder zu investieren und damit die Basis für die steigenden Provisionen der künftigen Jahre zu legen.".

Im Frühjahr gab es dann die 'Kleine Finanzkrise', als mehrere US-Regionalbanken Pleite gingen (und die Credit Suisse!). Ich will das Risiko gar nicht klein reden, denn mit der First Republic Bank, der Silicion Valley Bank und der Signature Bank erlebten wir in 2023 die zweit-, dritt- und viertgrößten Bankenpleiten der USA, jedenfalls gemessen an deren Bilanzsumme (die Pleite von Washington Mutal in 2008 war noch gewichtiger). Doch es zeigte sich, dass Notenbank und Finanzministerium ihre Lektionen aus der Globalen Finanzkrise 2008/09 mit dem großen bankensterben gelernt hatten: sie handelten schnell und versorgten die (anderen) Banken mit Liquidität, die drei schlingernden Banken wurden abgewickelt und ihre Assets und Einlagen meistbietend versteigert und in neue Hände überführt. Gut gemacht, man muss auch mal loben können! Die Kurse fast aller Werte im Finanzsektor brachen in dieser Zeit massiv ein und ich habe meine Positionen kräftig aufgestockt: KKR, Blackstone und Apollo Global Management. Die drei hatten Ende des 1. Quartals noch 21,5 % Gewichtung in meinem Depot, Ende des 2. Quartals waren es dann 34,75 %.

Das ganze Jahr 2023 war sehr volatil, vermutlich nicht nur in meinem Depot. Dazu trug auch meine Turnaround-Spekulation bei Opendoor Technologies mit bei. Hier war im Im Januar zu 1,176 Euro eingestiegen und hatte danach meine Position mehrfach (und teurer) aufgestockt. Am 1. August markierte die Aktie bei 4,80 Euro ihr Jahreshoch, danach ging es Wochen -und Monatelang auf Talfahrt, die bei etwa 2 Euro endete. Meine letzte Aufstockung erfolgte leider nicht am Tief, sondern deutlich darüber. Aber mit 2,39 Euro durchschnittlichem Einstiegskurs kann ich mich echt nicht beklagen. Obwohl der Immobilienmarkt noch nicht gedreht hat, konnte Opendoor den operativen Turnaround vollziehen und der Aktienkurs hat die positiven Erwartungen für 2024 und darüber hinaus schon mal in Blick genommen. Wenn die Geschäftszahlen den Turnaround bestätigen und sich die Aussichten wieder merklich aufhellen, wird Opendoor wieder in den Expansionsmodus wechseln und... Wir werden sehen wie sich mein 2024er Jahresfavorit so schlagen wird.
Am Ende kann ich feststellen, dass 2022 viel schlechter gelaufen ist als von mir erwartet. Und 2023 lief deutlich besser als ich gedacht hätte, vor allem was mein Depot anging. Auch ohne die Zugkraft der 'Magnificent Seven" habe ich ein Rekordergebnis eingefahren, das vermutlich nicht einmal 1999 übertroffen wurde (aber an die prozentualen Gewinne erinnere ich mich echt nicht mehr).

Das einschneidendste Erlebnis in 2023 war für mich mein Aufenthalt auf der Intensivstation im Februar. Das hat die perspektive auf mein Leben durchaus neu justiert. Zudem habe ich im Juni meine 'kommunalpolitische Karriere' nach 20 Jahren an den Nagel gehängt. Und besonders traurig war der Tod von Charlie Munger, der mich und meinen Investmentstil lange und entscheidend geprägt hat.
Licht und Schatten, Chance und Risiko, Angst und Gier - es gibt immer zwei Seiten und es kommt darauf an, sich von den schlechten Eindrücken nicht zu sehr runterziehen zu lassen. "Das Problem ist nicht das Problem. Das Problem ist Deine Einstellung und wie damit umgehst" - weise Worte von Captain James Sparrow.

2024 im Blick

Schauen wir also nach vorne. Die Inflation bleibt uns erhalten, auch weil nun die Löhne nachziehen. Zudem fallen zwar die Immobilienpreise, aber die Mieten nicht. Dennoch wird die Inflationsrate keine große Gefahr mehr darstellen, sie wird einfach hartnäckig und belastend sein. In den USA zeigt sich die Wirtschaft vergleichsweise robust, der Arbeitsmarkt weist die niedrigste Arbeitslosenquote seit dem 2. Weltkrieg auf und der Immobilienmarkt zeigt Anzeichen einer Stabilisierung. Die Fed dürfte die Zinsen mehrfach senken, denn die Energiepreise könnten wieder zu einem belastenden Faktor in der Gleichung werden. Jeremy Siegel und Ken Fisher gehen von einem guten Jahr für die Börsen aus. Zudem finden 2024 in den USA Präsidentschaftswahlen statt und das sind statistisch gesehen immer gute Börsenjahre.

2024 sollten Aktien im Sinne von Unternehmensbeteiligungen also weiterhin eine sinnvolle Einsatzmöglichkeit für unser Geld sein; dort kommt es ans Arbeiten und kann Rendite erwirtschaften.

Die großen US-Technologiewerte haben alle anderen in den Schatten gestellt und müssen nun durch ihre Geschäftszahlen beweisen, dass sie ihre hohen Bewertungen auch verdienen. Kaum vorstellbar, dass sie in 2024 noch einmal so gewaltig zulegen - aber nicht unmöglich. Microsoft ist mein Top-Pick unter den 'Magnific Seven' und war in diesem Jahr mit fast 15 Mrd. USD der mit Abstand größte Investor im Bereich KI. Zudem schätzt IoT Analytics, dass OpenAI und Microsoft zusammen einen Anteil von 69 % am Markt für generative KI-Modelle und -Plattformen halten, gefolgt von Amazons AWS mit 8 % und Google mit 7 %.

Cybersecurity bleibt (leider) ein Wachstumsmarkt, ebenso Rüstung. Der Medizintechniksektor steht vor einer Erholung - das klingt irgendwie stark nach meinen Prognosen für 2023. Und dann auch noch das... 

Meine Schlussbemerkung gilt erneut den Alternativen Asset Managern. Sie dürften von den Zinssenkungen profitieren, weil Anleihen und Zinsanlagen als 'Wettbewerber' wieder unattraktiver werden. Zudem bieten die wiedererstarkten Börsen bessere Gelegenheiten, Assets zu Geld zu machen und damit Gewinne für die Investoren und Aktionäre zu erzielen.

"Das beste Geschäft der Welt ist eine Lizenzgebühr auf permanentes Kapital."

Die Assets under Management (AuM) wachsen weiter, der neue Fokus auf 'Private Credit' zahlt sich aus. Blackstone wird als weltgrößter Landlord besonders von der Erholung im Immobiliensektor profieren, Apollo Global Management ist führend im Bereich Private Credit und will seine AuM bis Ende 2026 von 500 Mrd. auf 1.000 Mrd. USD verdoppeln, während das adjustierte Nettoergebnis um 66 % zulegen soll. Und KKR ist, wie Apollo, stark im Bereich Altersvorsorge/Versicherungen und im Bereich Private Equity. Die Geschäfte aller drei leiden seit anderthalb Jahren und dämpfen die Ergebnisse - doch genau dieser Knoten platzt nun. Sie bleiben daher meine Favoriten, auch für 2024. Sie stellen drei meiner vier Top-Werte im Depot und bringen es zusammen auf eine Gewichtung von 38 %.

2024 wird einfach... richtig abwechslungsreich. Ob ich mit meiner Meinung richtig liege und ob/wann sich das dann auszahlt, bleibt abzuwarten. Und natürlich kann ich mich auch irren und/oder die Faktenlage ändert sich. Dann werde ich (hoffentlich) die Reißleine ziehen und meinen Fehler eingestehen. Aber darum kümmere ich, wenn es soweit ist... ツ

"Erfolgreiches Investieren bedeutet, dass alle deiner Meinung sind... später."
(James Grant)

Ich wünsche euch allen ein erfolgreiches Jahr 2024, nicht nur an der Börse! Achtet auf euch und bleibt gesund!

Disclaimer: Habe Alphabet, Amazon, Apollo Global, Blackstone, KKR, Microsoft, Opendoor auf meiner Beobachtungsliste und/oder im Depot/Wiki.

5 Kommentare:

  1. Danke, Herr Kissig, Ihnen auch alles Gute im neuen Jahr, vor allem Gesundheit und weiterhin gute Ideen und die Lust am Schreiben.
    Michael

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  2. Vor allem Gesundheit. Ohne diese ist alles nix. LG Daniel Juergens

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  3. Reiner Nist31.12.23, 16:00

    Wünsche auch alles erdenklich Gute für 2024.
    Auf das die Perspektiven ihr gutes dazu tun.

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  4. Hallo Herr Kissig,
    Ihnen ein gesundes, erfolgreiches 2024 und ein dickes Dankeschön für diesen Blog. Ich lese sehr gern was Sie machen auch wenn mein Ansatz ein etwas anderer ist, und habe hier auch einige Unternehmen kennengelernt die ansonsten komplett an mir vorbeigegangen wären. Immer wieder interessant...

    Haben Sie in diesen Tagen etwas an den Stylesheets geändert? Auf einmal kann man Ihren Blog auch auf dem Smartphone ordentlich lesen. Vielen Dank dafür! :-)

    Mit freundlichen Grüßen
    Michael

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    1. Vielen Dank für das nette Lob! =)

      Nein, ich hab nirgends dran rumgefummelt, vielleicht hat Google (blogspot) irgendwas im Hintergrund verändert? Wenn's nun auf dem Smartphone besser lesbar ist, dann bin ich auf jeden Fall zufrieden. ^^

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