Die US-Börsen markieren neue Allzeithochs, aber immer weniger Aktien tragen dazu bei – wer nicht in der Handvoll Gewinner investiert ist, hat es schwer, Rendite zu erzielen. Selbst von den "Magnificent 7" ziehen nicht mehr alle mit. Und auch in der Wirtschaft mehren sich die Sorgenfalten angesichts einer wieder anziehenden Inflation, zurückgehender Wachstumsraten, Unternehmensinsolvenzen auf Höchststand seit 2010 und eines inzwischen ebenfalls schwächelnden Arbeitsmarkts. Das sind allesamt Rezessionsvorboten.
Noch ist nichts passiert – könnte man meinen. Doch auch andere Rahmenbedingungen senden durchaus Warnzeichen. So ist nicht nur das Defizit des US-Staatshaushalts auf ein neues Maximum angestiegen, sondern auch die Zinslast wächst rasant und hat die Verteidigungsausgaben bereits übertroffen. Dem entsprechend teuer ist es für die Regierung, neue Schulden aufzunehmen – deshalb sinken die Zinsen für die US-Staatsanleihen nicht. Zu allem Überfluss ist der Anteil des Staates am Bruttoinlandsprodukt auf den höchsten Stand seit der Roosevelt-Ära angestiegen – das war während des 2. Weltkriegs.
Aber was blüht uns, wenn die Wirtschaft kippt, wenn es eine Pleitewelle gibt, wenn der Arbeitsmarkt massiv einbricht und der private Konsum deutlich schrumpft?
Der große Ökonom John Maynard Keynes hatte die passende Antwort parat: der Staat sollte sich in Boomzeiten zurückhalten und (nur) in Krisenzeiten massiv Geld in die Wirtschaft pumpen. Dieser "Keynesianismus" fußt auf der simplen Logik des antizyklische Handelns, um die heftigsten Ausschläge der Wirtschaftsentwicklung nach unten und oben abzufedern. Es ist wäre wirklich so einfach.
Doch Politiker jeder Couleur fahren immer und unter allen Umständen Vollgas und verteilen tagtäglich Wahlgeschenke, um damit ihre Wähler für deren Stimmen zu entlohnen. Wenn es dann aber wirklich mal eine handfeste Krise gibt, herrscht Ebbe in den Löschteichen und der Staat muss wegen der einbrechenden Steuereinnahmen und der implodierenden finanziellen Spielräume sogar selbst seine Ausgaben einschränken und wird damit zum Brandbeschleuniger.
Letztlich muss es die Notenbank richten und die Geldschleusen öffnen, um noch Schlimmeres zu verhindern. Doch diese "letzte Verteidigungslinie" wird immer öfter als Allzweckwaffe missbraucht. Kein gutes Omen...
Zum Glück liegt mit dem August der statistisch zweitschlechteste Börsenmonat des Jahres hinter uns. Das wäre also geschafft, puh. Dummerweise beginnt nun mit dem September der schlechteste Börsenmonat des Jahres. Hrgs... Aber auch hierbei lohnt ein zweiter Blick: denn die Statistik ist durch einige wenige Börsengroßschadenereignisse verzerrt, die zumeist schon viele Jahrzehnte hinter uns liegen und dann bleibt die Erkenntnis, das selbst der schlechteste aller Börsenmonate unterm Strich noch mit einem Plus aus dem Ring steigt, wenn auch einem ziemlich mageren.
Zeit für Sorgen? Immer doch. Zeit für Panik. Nicht wirklich. Nicht jetzt. Noch nicht...
Alles Gute für euer Geld!
Michael C. Kissig
Was sind denn "Ridings on the Wall"? Das habe ich noch nie gehört. Fährt da einer mit dem Auto über die Wand? Hilfe! Was ist damit bloß gemeint? Oder sind damit "Writings on the Wall" gemeint? Das erinnert mich dann ans "Menetekel" in der Bibel. Bitte, lieber Michael, kläre mich Unwissenden auf. Herzliche Grüße von Georg!
AntwortenLöschenHaha, Freud'sche Fehlleistung, wer oder was hat mich denn da geritten? =)
LöschenUff, ich bin erleichtert!
LöschenDie musikalische Untermalung dessen seitens einer feinen Kapelle namens Iron Maiden kann nur wärmstens empfohlen werden 🦻
LöschenJa, ein kolossaler später Hit der Eisernen Jungfrauen! Meine erste von deren Scheiben habe ich ich mir mit 12 Jahren gekauft - wegen des Covers. "Killers" (noch mit Paul Di'Anno als Leadsänger) war so komplett anders als die Katja Ebstein-Schnulzen, die ich bei meiner Mutter immmer mithören musste. Game-Changer würde man heute sagen... =)
LöschenP.S.: Den Kauf tätigte ich damals bei Karstadt, als es die noch bei uns in der City gab - genau gegenüber vom heutigen Eiscafé Venezia. Da konntest du also die letzten Wochen Geschichte schnuppern, quasi als Feldstudie... ;-)
Wenn wir schon in der Nostalgie schwelgen, bei mir war es ähnlich. Eine Tante von mir war im Bertelsmann Buchclub und entsprechend fielen die Geschenke aus. Meine erste Musik-Schallplatte hatte ich mit zarten 10 Jahren erhalten, das war ein "Disco-Mix", der aber aus unerfindlichen Gründen auch den eher nicht dahinein passenden Song "Highway to Hell" enthielt. Vermutlich hat die Plattenfirma einfach ins Regel mit den eigenen Musikrechten gegriffen und quer durch den Garten... nun ja, aber das führte dazu, dass ich mir im darauf folgenden Jahr dann selber was wünschen durfte, und das war dann das zugehörige Album zu diesem Song, das dann aber fataler Weise direkt noch am Gabentisch aufgelegt wurde ... und ein betretenes Schweigen der Erwachsenen folgte. Ja, so war es damals.
Löschen"Girls Got Rhythm"... =)
LöschenWenn der Staat sich generell aus der Wirtschaft raushalten würde, würde sich die Wirtschaft deutlich schneller erholen, aus einer Rezession. Das war auch der Grund, warum die große Depression so lange gedauert hat. Murray Rothbard hat das in seinem Buch "Amerikas große Depression" (gibt es sogar auf Deutsch) sehr ausführlich erläutert. Die Rezession 1920/21 war schnell wieder vorbei. Der Grund: keine staatlichen Eingriffe.
AntwortenLöschenDiese Gelddruckorgie wird wahrscheinlich nie enden. Gelddrucken löst die eine Krise und bereitet zugleich die nächste vor.
Hallo Michael, wie interpretierst du die derzeit ungewöhnlich hohe Cash Quote von Warren Buffet.
AntwortenLöschenBuffett geht nicht davon aus, dass man weiterhin 10 % pro Jahr mit Aktien einfahren kann (inkl. 2 % Dividendenrendite), sondern dass es künftig weniger sein wird. Gleichzeitig ist die Unsicherheit an den Märkten hoch, die US-Wirtschaft steht auf der Kippe und die Börsenkurse sind auf Allzeithoch. Zudem findet er auch außerhalb der Börse immer seltener Gelegenheiten für günstige Firmenübernahmen, da ihm dort die Finanzinvestoren mit sehr viel Geld in der Hinterhand die Targets wegschnappen (weil sie mehr zu zahlen bereit sind). Das sind keine idealen Bedingungen (für ihn) zum Investieren.
LöschenWenn Buffett also seinen Aktienbestand reduziert , findet er im Gegenzug nicht viel neues günstiges als Alternative - und legt sein Geld daher in kurzfristigen US-Staatsanleihen an, die momentan vergleichsweise hohe Zinsen abwerfen. Sollte es zu einem starken Kurseinbruch kommen und/oder die Bewertungen deutlich zurückkommen, wird er wieder stärker in Aktien investieren.