Mittwoch, 3. September 2025

Kissigs Nebenwerte-Analyse zu Hugo Boss: Gefragter Modekonzern zwischen Tradition und Transformation

Im Magazin "Der Nebenwerte Investor" von Traderfox finden sich regelmäßig Analysen von mir zu deutschen Nebenwerten. Das Magazin ist kostenpflichtig und wer dieses oder eine der weiteren Börsenzeitschriften von Traderfox bestellen möchte, gelangt ▶ hier zur Übersicht. Mehrwert für die Leser meines Blogs: Nach Erscheinen des Magazins darf ich meine Nebenwerte-Analysen dann auch hier veröffentlichen.


Artikel aus "Der Nebenwerte Investor" Ausgabe 16/2025 vom 27.08.2025

Aktien in dieser Ausgabe: Evotec, Hugo Boss, Puma

Hugo Boss: Gefragter Modekonzern zwischen Tradition und Transformation

Die Modebranche befindet sich seit Jahren in einer strukturellen Krise mit Umwälzungen, Insolvenzen und schwindender Markenloyalität. In diesem Spannungsfeld muss sich auch Hugo Boss behaupten und nach 20 Jahre können sich die Aktionäre über eine Kursverdopplung freuen. Allerdings war es Anfang 2015 auch schon mal eine Kursversechsfachung, doch wer damals eingestiegen ist, sitzt heute auf Kursverlusten von mehr als 60 %. Und ruhiger wird es wohl auch künftig nicht…

Die Hugo Boss AG mit Sitz im baden-württembergischen Metzingen zählt zu den international bekanntesten Modeunternehmen Deutschlands. Gegründet im Jahr 1924, hat sich die Marke im Laufe eines Jahrhunderts von einem regionalen Bekleidungshersteller zu einem global agierenden Konzern mit Präsenz in über 100 Ländern entwickelt. Der Name Hugo Boss steht dabei vor allem für elegante Herrenmode, Anzüge und Premium-Bekleidung, doch das Portfolio umfasst längst auch Damenmode, Freizeitkleidung, Accessoires, Schuhe, Düfte und jüngst auch digitale Lifestyle-Elemente.

Doch das allein ist heute kein Erfolgskonzept mehr, denn der Wettbewerbsdruck nimmt von allen Seiten gewaltig zu. Waren es erst die Onlinehändler um Amazon und Zalando, kamen später die Billigheimer H&M, Kik und Co. hinzu, die inzwischen von den chinesischen Ramschportalen Shein und Temu abgelöst wurden. Deren Angebote stehen nicht unmittelbar im direkten Wettbewerb zu denen von Hugo Boss, doch die bedienten Käufer fallen als Kunden aus. Die Folge sind zahlreiche Insolvenzen in der Modebranche, die auch vor bekannten Namen nicht halt macht: Esprit, Gerry Weber, Peek & Cloppenburg, Hallhuber, Görz. Die Flucht der Branche bestand im Luxus, doch auch der weltgrößte Luxuskonzern LVMH zeigte zuletzt eklatante Schwächen in mehreren Bereichen – nur der Mode-Luxus-Primus Hermès zeigt sich unbeirrt.

Premium als Geschäftsmodell

Mit einem Umsatz von über 4,2 Milliarden Euro gehört Hugo Boss zu den größten börsennotierten Modeunternehmen in Europa. Die Marke ist im MDAX vertreten und beschäftigt weltweit mehr als 17.000 Mitarbeitende. Der Konzern verfolgt seit einigen Jahren eine strategische Neuausrichtung, um sich stärker als moderne Lifestyle-Marke zu positionieren und ein jüngeres, internationaleres Publikum anzusprechen.

Das Geschäftsmodell von Hugo Boss basiert auf einer Premium-Positionierung im globalen Modemarkt. Der Konzern setzt auf ein ausgewogenes Zusammenspiel von Eigenproduktion, Lizenzgeschäften, Wholesale-Vertrieb und starkem Direktgeschäft (Retail & Online)

Das Herzstück ist die Zweimarkenstrategie: BOSS deckt die Segmente Business, Smart Casual und Athleisure ab und richtet sich an eine breite, zahlungskräftige Zielgruppe. Sie wird häufig als Synonym für den klassischen Hugo-Boss-Anzug wahrgenommen, umfasst aber längst ein breiteres Lifestyle-Angebot.

Die jüngere Marke HUGO ist trendorientierter, modischer und preislich etwas günstiger positioniert. Sie spricht vor allem Millennials und Gen Z an, nutzt verstärkt Social Media und Kooperationen mit Künstlern und Influencern.

Hugo Boss goes digital

Hugo Boss erzielt Umsätze über drei Kanäle. Zunächst über eigene Stores mit weltweit über 1.200 Verkaufsstellen, dann bedient das Segment Wholesale Warenhäuser, Modehändler und Franchisepartner und darüber hinaus gewinnt der Onlinehandel an Bedeutung, sowohl über den hauseigenen Webshop als auch Marktplätze. In den letzten Jahren hat der Direktvertrieb massiv an Bedeutung gewonnen und der Online-Umsatzanteil von Hugo Boss liegt inzwischen bei über 20 %. Und auch künftig gilt E-Commerce gilt als Wachstumsfeld.

Neben der klassischen Mode gewinnen Lizenzpartnerschaften an Gewicht. So werden u.a. Düfte mit Coty angeboten und Brillen mit Safilo. Sie entwickeln sich zunehmend zu einem wichtigen Standbein mit hohen Margen und stärken die Markenpräsenz, ohne dass Hugo Boss eigene Produktionskapazitäten vorhalten muss.

Hugo Boss produziert einen Teil seiner Ware in eigenen Werken, vor allem in der Türkei, Italien und Polen, doch der Großteil wird bei Zulieferern weltweit gefertigt. Das Unternehmen setzt verstärkt auf eine digitalisierte und nachhaltige Lieferkette, um Risiken zu reduzieren und schneller auf Modetrends reagieren zu können.

Einschneidende Entwicklungen

Die letzten Jahre waren für Hugo Boss von tiefgreifenden Veränderungen geprägt. Unter dem seit 2021 amtierenden CEO Daniel Grieder startete Hugo Boss das Transformationsprogramm "CLAIM 5" mit fünf Kernzielen: Markenstärkung, Produktinnovation, Digitalisierung, Nachhaltigkeit und internationale Expansion. Damit soll bis 2025 einen Umsatz von 5 Milliarden Euro erreicht werden.

Flankiert wird dies durch den bereits 2022 erfolgten Relaunch beider Marken mit neuem Logo und verjüngter Markenidentität. Mit großen Kampagnen und Social-Media-Offensiven will man insbesondere die Generation Z stärker ansprechen. Zudem wird der digitale Vertrieb massiv ausgebaut, mit Investitionen in eigene Plattformen, Datenanalysen und personalisiertes Marketing.

Und auch die internationale Expansion wird forciert, insbesondere in den USA und Asien, während Europa ein wichtiger Kernmarkt bleibt. Doch Wachstum peilt Hugo Boss künftig vor allem in Nordamerika und China an.

Hugo Boss kann auch Krise

Trotz makroökonomischer Unsicherheiten, wie Inflation, gestörte Lieferketten, Konsumzurückhaltung oder geopolitischen Spannungen, konnte Hugo Boss in den Jahren 2022 bis 2024 Umsatz- und Gewinnsteigerungen verzeichnen. Das ist durchaus beeindruckend angesichts der wechselnden Krisenszenarien, denen sich die Branche (nicht erst) seit der Corona-Pandemie ausgesetzt sah und die mehrere Pleitewellen hervorrief.

Und auch im zweiten Quartal 2025 trotze Hugi Boss allen Widerständen und konnte solide Quartalszahlen vorlegen. Mit einem operativen Ergebnis (EBIT) von 81 Mio. Euro lag das Ergebnis 5% über den Erwartungen, getragen von strikter Kostendisziplin, trotz stagnierender Umsätze (währungsbereinigt +1 %) und verhaltener Nachfrage. BOSS Menswear entwickelte sich positiv, während HUGO und Womenswear deutliche Rückgänge zu verkraften hatten. Auf den wichtigsten Märkten war eine sequenzielle Verbesserung zu verzeichnen, doch der stationäre Handel sowie das China-Geschäft blieben schwach. Insgesamt lag die Bruttomarge jedoch stabil bei 62,9 %, während Einsparungen bei variablen Kosten die EBIT-Marge auf 8,1 % verbesserten.

Das Betriebskapital stieg schneller als der Umsatz, was ein Zeichen für den Aufbau von Lagerbeständen sein könnte. Durch die wachsende Bedeutung des US-Geschäfts und der von Trump ausgelösten Zollunruhen dürfte dies jedoch eine Momentaufnahme sein. Die Kostenkontrolle war im Quartal solide, die Vertriebskosten gingen um 6 % zurück, was auf Mietnachverhandlungen und eine Flächenreduzierung von 2 % zurückzuführen ist. Dabei ist die Konzentration auf die Effizienz im Einzelhandel angesichts der eher mauen Umsatzentwicklung als positiv zu werten. Das Management bleibt verhalten optimistisch und behielt den Jahresausblick für 2025 bei.

Das Unternehmen verfügt über eine solide Bilanzstruktur mit vergleichsweise geringer Verschuldung. Investitionen fließen vor allem in Digitalisierung, Stores in wachstumsstarken Regionen sowie Nachhaltigkeitsinitiativen.

Interessante Aktionärsstruktur

Größter Anteilseigner ist die Frasers Group von Mark Ashley mit 25,21 % vor der Zignago Holding SpA mit 9,031 %, der PFC SpA Societa' Benefit mit 5,773 %, Susquehanna International Securities Ltd. mit 4,581 % sowie Universal-Investment mit 3,018 %.

Die Frasers Group plc. ist ein britisches Unternehmen und der größte Einzelhändler für Sportartikel im Vereinigten Königreich; es ist benannt nach seiner Beteiligung an der Kaufhauskette House of Fraser und verfügt in Großbritannien über 950 Filialen. Daneben werden weitere 600 Filialen in Europa und Malaysia betrieben, während die Produkte hauptsächlich unter der Marke Sports Direct gehandelt werden, die sowohl Filialen als auch Onlinehandel betreibt. Weitere Einzelhandelsketten des Unternehmens sind Jack Wills, GAME, Flannels, USC, Lillywhites und Evans Cycles.

Frasers liefert sich seit einigen Jahren im Mode- und Sportbereich eine Übernahmeschlacht mit der Bestsellers Group des Dänen Anders Holch Povlsen, der auch maßgeblich an Zalando beteiligt ist. Bei Hugo Boss scheint sich aber kein Wettkampf anzubahnen, denn Mark Ashley hat dem einen Riegel vorgeschoben. Denn laut der jüngsten Stimmrechtsmitteilung aus dem März hält Frasers nun weitere 20,6 % der Anteile über Finanzinstrumente, was eine Verdopplung gegenüber den vorherigen 10,65 % darstellt, und kontrolliert Frasers damit nun insgesamt 39,84 % der Stimmrechte und das dürfte auf der Hauptversammlung für die einfache Mehrheit ausreichen.

Bullcase vs. Bearcase

Hugo Boss fährt seine Strategie mit den beiden Marken HUGO und BOSS recht erfolgreich. Mit der Neuausrichtung weg von reiner Businessmode hin zu Lifestyle-Produkten hat sich Hugo Boss neue Kundensegmente eröffnet und dabei seine hohe Markenbekanntheit gezielt genutzt. Insbesondere China und die USA sind Treiber für Umsatzsteigerungen und die dortige Expansion bietet langfristig erhebliches Potenzial, auch wenn es kurzfristig mal Unebenheiten zu überwinden gibt. Zudem gewinnt der digitale Direktvertrieb an Bedeutung, da er die Margen verbessert und direkte Kundendaten liefert.

Auf der anderen Seite sind die makroökonomischen Unsicherheiten nicht zu unterschätzen: Inflation, Konsumzurückhaltung und Rezessionsgefahr könnten die Nachfrage nach Premium-Mode dämpfen. Und auch der Wettbewerb wird immer intensiver, denn viele Unternehmen stehen unter Druck und versuchen mit Kampfpreisen zu überleben. Das gelingt den meisten jedoch nicht, wobei sie oft verbrannte Erde hinterlassen, denn die Billiganbieter können sich auf diesem Spielfeld am besten behaupten. Hugo Boss muss sich diesem direkten Vergleich weiterhin entziehen, und seine Stärken gezielt ausspielen und ausbauen.

Fazit

Quelle: wallstreet-online.de
Hugo Boss befindet sich mitten in einer der spannendsten Transformationsphasen seiner Unternehmensgeschichte. Der Konzern hat sich von einer klassischen Herrenanzugsmarke zu einem globalen Lifestyle-Anbieter entwickelt, der sich zunehmend digital, nachhaltig und international aufstellt.

Das Unternehmen verfügt über eine starke Marke, solide Finanzen und eine klare Strategie für die kommenden Jahre. Die Chancen in den Bereichen E-Commerce, internationale Expansion und Lifestyle-Positionierung sind erheblich. Gleichzeitig muss Hugo Boss jedoch die Risiken im Blick behalten: vom harten Wettbewerb über Konjunkturzyklen bis hin zu geopolitischen Unsicherheiten.

Insgesamt bleibt Hugo Boss ein Paradebeispiel für einen europäischen Modekonzern, der versucht, Tradition und Modernität zu vereinen. Gelingt es, die strategischen Ziele bis 2025 umzusetzen, könnte sich Hugo Boss nicht nur wirtschaftlich, sondern auch als Lifestyle-Marke neuen Glanz verschaffen – und langfristig als globaler Player neben amerikanischen und italienischen Konkurrenten etablieren. Das deutliche Engagement des Großaktionäre Frazers Group unterstreicht zumindest deren Glaube an einen Erfolg.

Die 4 wichtigsten Dinge, die man über Hugo Boss wissen muss

  1. Hugo Boss ist einer der bekanntesten deutschen Modekonzerne und weltweit für Premium-Bekleidung, insbesondere Anzüge und Lifestyle-Mode, bekannt.
  2. Das Geschäftsmodell basiert auf den Marken BOSS und HUGO, die beide unterschiedliche Zielgruppen ansprechen – von klassisch bis jugendlich-trendorientiert.
  3. Der Konzern befindet sich in einer weitreichenden Transformation mit Fokus auf Digitalisierung, E-Commerce, internationale Expansion und Nachhaltigkeit.
  4. Chancen liegen in den Wachstumsmärkten USA und Asien sowie im Onlinehandel, während Risiken vor allem im harten Wettbewerb und Konjunkturzyklen bestehen.
Disclaimer: Habe Hugo Boss weder auf meiner Beobachtungsliste noch im Depot/Wiki.

13 Kommentare:

  1. Kleine Korrektur: Der Konzern beschäftigt 17000 Mitarbeiter, nicht Mitarbeitende. Ein Mitarbeitender ist jemand, der jetzt in diesem Moment mitarbeitet. Ein Mitarbeiter ist jemand, der in einer Firma angestellt ist. "Der Mitarbeiter" - das ist das generische Maskulinum und geschlechtsneutral. Somit ist Mitarbeitender ein inhaltlicher Fehler. Ich hoffe sie haben nicht zu viel öffentlichen rechtlichen Schundfunk geschaut. Die sind mit ihrer Gehirnwäsche sehr erfolgreich, wenn man da nicht aufpasst.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Der Begriff Mitarbeitende ist keineswegs inhaltlich falsch. Er beschreibt Menschen, die in einem Unternehmen tätig sind – unabhängig davon, ob sie gerade in diesem Moment arbeiten oder nicht. Sprache entwickelt sich weiter, und im modernen, inklusiven Sprachgebrauch wird Mitarbeitende bewusst verwendet, um alle Geschlechter gleichermaßen anzusprechen, ohne sich auf das sogenannte generische Maskulinum zu verlassen.

      Das generische Maskulinum ist nicht geschlechtsneutral, sondern eine sprachliche Konvention, die historisch gewachsen ist. Zahlreiche Studien zeigen, dass Begriffe wie „Mitarbeiter“ bei vielen Menschen unbewusst eher männliche Bilder hervorrufen. Deshalb setzen Unternehmen, öffentliche Einrichtungen und auch Duden-Empfehlungen zunehmend auf Formen wie Mitarbeitende, um klarer und inklusiver zu kommunizieren.

      Ein Beispiel:
      Wenn in einer Stellenanzeige nur „Mitarbeiter gesucht“ steht, fühlen sich Frauen statistisch signifikant seltener angesprochen. Genau aus diesem Grund ist „Mitarbeitende“ nicht nur sprachlich legitim, sondern auch sozial wirksam.

      Was die Bemerkung über den „öffentlich-rechtlichen Schundfunk“ betrifft – solche pauschalen Abwertungen helfen der Diskussion nicht weiter. Sprache ist kein Werkzeug der „Gehirnwäsche“, sondern ein Spiegel gesellschaftlicher Veränderungen. Wer differenziert und respektvoll kommuniziert, erreicht nicht nur mehr Menschen, sondern zeigt auch Souveränität im Umgang mit sprachlichem Wandel.

      Kurzum: Mitarbeitende ist korrekt, inklusiv und längst in offiziellen Regelwerken anerkannt. Wer weiterhin Mitarbeiter sagt, macht sich nicht automatisch falsch – aber andere zu korrigieren, obwohl ihre Form ebenso richtig ist, wäre anmaßend.

      Löschen
    2. Sehr gut auf den Punkt gebracht, vielen Dank. Auch wenn Querdenkende (sic!) oftmals rationalen Argumenten nicht (mehr) zugänglich sind, sollten wir es immer wieder versuchen.

      Löschen
    3. habt ihr Probleme...

      Löschen
    4. Schön gesagt. Ich kann verstehen, wenn man sich über Genderstern oder den Doppelpunkt ärgert. Diese neutrale Variante abzulehnen ist aber reine Ideologie und sachlich unbegründet. Sie ist ungewohnt, ja, aber auch pragmatisch.
      Und mMn gilt es in beide Richtungen: Niemand sollte anderen vorschreiben, wie sie zu gendern haben. Dann entwickelt sich die Sprache von ganz allein und in einem gesellschaftlichen Konsens.

      Im übrigen ist das pure Schlechtmachen vom ÖRR auch unterste Schublade. Man kann und sollte viel kritisieren, aber wenn ich in die USA gucke bin ich froh, dass wir ihn haben.

      Löschen
    5. Heinz Förster04.09.25, 11:26

      Danke für diese sachliche und unaufgeregte Darstellung

      Löschen
    6. Im Grunde zeigt ihr beide wieder sehr schön, was in Deutschland gerade falsch läuft.

      Löschen
  2. Zur Marke "Hugo": Wir haben mit der Qualität schlechte Erfahrungen gemacht. Zudem sehe ich des Öfteren Leute damit rumlaufen, die vielleicht nicht ganz der Zielgruppe entsprechen. Ich fühle mich da etwas an PUMA erinnert, bei denen vielleicht ein Zusammenhang besteht zwischen deren Problemen und den vielen PUMA-Produkten bei Discountern.
    Ansonsten ist Mode so zyklisch und trendabhängig, dass man schon ein gutes Händchen braucht die Entwicklung bei Hugo Boss rechtzeitig abzuschätzen.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. "Zyklisch und trendabhängig" - genau das sind die Punkte, weshalb ich mich von der Modebranche fernhalte. (1.) Habe ich dort keinerlei Kernkompetenzen und (2.) haben selbst die Profis selten lang anhaltenden Erfolg: Jean Pascal war in den 1990ern total angesagt, jüngere Beispiele für "boom & bust" sind u.a. Armani, Versace, Ralph Lauren, Gerry Weber, Under Armour oder Lululemon. Eine zeitlang voll angesagt, aus welchen Gründen auch immer, dann abgemeldet. Irgendwie kriegt nur Hermès die PS immer und wieder auf die Straße - aber eben auch im absoluten Luxussegment, wo nur drei Dinge zählen: die Marke, die Marke und... die Marke.

      Und was die mangelhafte Qualität angeht: das liegt auch häufig daran, dass man keine Originale kauft, sondern Plagiate. Und das oft/meistens unwissentlich, denn ob bei Zalando, Amazon oder Kaufhof & Co. sind Plagiate eine echte Plage. Die bisher nicht wirkungsvoll eingedämmt werden konnte (oder wollte). Und das geht am Ende zulasten der Marke, denn wenn ich Hemden kaufe von Lacoste und die dann nicht lange durchhalten (weil sie irgendwo billig nachgeahmt und mir untergejubelt wurden), laste ich das natürlich Lacoste an. Ich weiß ja nicht, dass die das Teil weder produziert noch mir verkauft haben. Bei Aufspüren und blocken von Plagiaten dürfte KI eine wirklich glanzvolle Rolle spielen können - ohne Zölle oder Tricks, einfach nur, indem die Superbilligheimer und Raubkopierer ihre Absatzkanäle verlieren. Wer den Billigmist kaufen will, soll selbst nach Thailand fahren oder Erdoganien. Wer da vor Ort kauft, nimmt den Betrug billigend in Kauf oder es ist ihm egal. Kaufen auf eigenes Risiko. Ist "okayer" als hier abgezockt zu werden.

      Löschen
  3. "Zyklisch und trendabhängig - genau das sind die Punkte, weshalb ich mich von der Modebranche fernhalte." Das ist verständlich. Aber warum investierst Du dann Zeit, um einen Wert zu analysiert, der aus grundsätzlichen Gründen für ein Invest für Dich nicht in Frage kommen kann?

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Die Antwort auf deine Frage verbirgt sich im Einleitungsabschnitt dieses Artikels: diese Analyse habe ich für das Magazin "Nebenwerte Investor" von Traderfox verfasst und von deren Seite war Hugo Boss gewünscht. Also habe ich mir das Unternehmen vorgenommen - das ist ja unabhängig davon, ob ich als Investor in diese Branche investieren würde.

      Außerdem... ändern sich ja auch Rahmenbedingungen in/für Branchen und dann können die durchaus interessant werden - oder uninteressant. In meinen Anfangsjahren an der Börse, also den späten 1980er und den frühen 1990er Jahren, galten Energieversorger als "Witwen- und Waisenpapiere", mit denen man sichere Renditen einfahren konnte. VEBA, VIAG, RWE, EnBW, Preussenelektra usw. Im Grunde gibt es die heute noch an der Börse, auch wenn einige fusioniert haben und teilweise wieder aufgespalten wurden und/oder ihre Geschäftsbereiche untereinander getauscht worden sind: Eon (waren mal VEBA und VIAG und Preussenelektra), Uniper, RWE kennt man ja heute noch. Und wenn man sich die letzten 15 oder 20 Jahre anschaut seit der "Liberalisierung des Energiemarkts" kann man von risikoarm wohl kaum noch sprechen.

      Gleiches gilt für die Autobranche, da war früher ein eher solides Business. Oder Chemie oder Pharma. Inzwischen sind das hoch erosive Branchen, wo man sich schon gut auskennen und/oder tief einarbeiten muss, um nicht von Anfang leckgeschlagen los zu segeln.

      Selbst der Energiebranche, in die ich ja als Aufsichtsratsvorsitzender eines kommunalen Energieversorgers und annähernd 20-jähriger Zugehörigkeit durchaus überdurchschnittlich tiefe Einblicke habe, stehe ich als Investor ausgesprochen skeptisch gegenüber. Weil dort der Staat vieles regelt und damit in den eigentlich gewollt freien Markt eingreift. Mit absurden bis extrem teuren Ergebnissen und Kollateralschäden für Verbraucher, Unternehmen, Bürger - und den Staat selbst.

      Insbesondere kapitalintensive Branchen ohne langfristig verlässliche Rahmenbedingungen sind ein NoGo. Das kann man mit einer Hypothek vergleichen: man finanziert ein Eigenheim und nimmt dafür 1 Mio. Euro Kredit auf. Die Tilgung ist so berechnet, dass man nach 25 oder 30 Jahren alles abbezahlt hat. Aber... die Zinsen sind nur für 5 oder 10 Jahre festgeschrieben. Danach muss man die dann gültigen berappen. Wer vor fünf Jahren zu 0,5 % finanziert hat, konnte sich viel Kredit und Haus leisten. Wer die damalige Million, von der mal gerade 50.000 Euro zurückgezahlt sind, jetzt für 5 % anschlussfinanzieren muss, zahlt statt rund 400,- Euro im Monat künftig über 4.000,- Euro. Und hat nicht mehr Haus oder mehr Kredit. Und genauso verhält es sich mit Investitionen in Autofabriken, Energienetze, Chemiewerke usw. Man verbuddelt oder verbaut für 30 oder 50 Jahre (oder noch länger) Assets und die müssen sich mit der Zeit amortisieren. Wenn man aber nicht absehen kann, wieviel man mit den Assets verdienen kann/darf, ist das ein enormes Wagnis. Die Abschreibungen und die Kreditkosten (insbesondere die Zinsen, aber auch die Tilgung) fressen einen auf, selbst wenn man sein ganzes Personal entlässt. Das Insolvenzrisiko ist also massiv angestiegen in den letzten Jahren und das in vielen Branchen. Warren Buffett bevorzugt (auch) deshalb "asset light" Geschäftsmodelle, denn die sind viel anpassungsfähiger, wenn was schief geht oder wenn sich neue Chancen bieten.

      Löschen
    2. Konstantin04.09.25, 18:12

      Hi Michael,
      interessantes Beispiel mit den Assets – gerade in der Chemiebranche definitiv relevant!
      Allerdings ist die aktuelle Anstiegsphase der (über viele Jahre hinweg ungewöhnlich niedrigen) Zinsen mMn kein Zeichen fehlender langfristig verlässlicher Rahmenbedingungen, sondern eher als eine normale Marktphase im Zyklus und sie wird uns vermutlich noch einige Jahre erhalten bleiben.
      Aber eigentlich wollte ich was anderes fragen: Zählen aus Deiner Sicht auch Unternehmen, die ihre Assets verkaufen und anschließend zurückleasen, zur Kategorie 'asset-light'? Damit könnte doch theoretisch fast jedes Unternehmen asset-light werden?

      Löschen
    3. Moin Konstantin,
      mein Beispiel mit den Hypothekenzinsen war nicht direkt als Beispiel für veränderte Rahmenbedingungen gedacht; dazu hatte ich ja andere gebracht. Das Zinsänderungsrisiko sollte nur veranschaulichen, was eine fehlende "Fristenkongruenz" für fatale Auswirkungen haben kann. Während der Globalen Finanzkrise 2008/09 sind ja genau deshalb so viele Amis pleite gegangen und obdachlos geworden, weil sie ihre Immobilienkäufe zu über 100 % finanziert hatten und dies ohne Zinsbindung. Weil die US-Immobilienpreise "immer" steigen, erschien das allen als risikoloses Geschäft. War es aber nicht. Auch 2022 sind die Zinsen wieder schnell und heftig angestiegen, aber die meisten Amis haben ihre Immos jetzt mit 30-jährigen Hypotheken finanziert und sind daher vom Zinsanstieg nicht betroffen - es sei denn, sie wollen nun ihr Häuschen verkaufen, denn dann treffen sie die erhöhten Zinsen indirekt (weil sich die Käufer viel weniger Haus für das Geld leisten können). Und darum ist der US-Immobilienmarkt aktuell total ausgetrocknet.

      Zu deiner Frage: Nein, "Sale-and-lease-back" kann niemals "asset light" sein. Wie der Name schon sagt, wird ein Asset verkauft und gleichzeitig langfristig durch Ratenzahlung zurückgekauft. Es landet also absehbar wieder in der eigenen Bilanz. Wenn man ein Asset verkauft und "nur" zurück mietet, könnte man auf die Idee kommen, das als "aaset light" fehlzuinterpretieren. Ist es aber meistens nicht. Wenn ein Krankenhaus oder eine Stadtverwaltung zwingend betriebsnotwendige Immobilien verkauft und diese zurück mietet (also das Krankenhaus oder das Rathaus), kann es darauf ja nicht verzichten. Man hat zwar die Immobilie nicht mehr in der Bilanz und auch keine Abschreibungen mehr, aber man erhöht seine Sachkosten, weil man Leasing- oder Mietraten bezahlen muss und die Nebenkosten ebenso.

      Intel betreibt kein "asset ligth business", weil man die Fabriken selbst baut und betreibt. Die meisten anderen Chiphersteller nutzen dazu externe Fertiger wie Taiwan Semiconductor. Das ist ein entscheidender Unterschied, denn wenn sich eine neue Chipreihe als Flop erweist, ist das Fiasko finanziell gesehen nicht annähernd so groß und ggf. sogar existenzbedrohend.

      Löschen