Mittwoch, 6. Februar 2013

Rentenfonds: Risiko für hohe Kursverluste steigt

Rentenfonds, also Investmentfonds, die auf festverzinsliche Wertpapiere von Staaten und Internehmen setzen, gelten als solide Geldanlage. Die Erschütterung durch den Kapitalschnitt bei den Griechenlandanleihen haben viele inzwischen verdaut und verdrängt und die sinkenden Zinsen haben die Kurswerte der Anleihen deutlich nach oben getrieben und für schöne Renditen gesorgt. Doch die Chancen auf weitere Kurszuwächse sinken deutlich, während die Risiken steigen.

Risiko: Staatspleite
Bis vor einigen Monaten hätte man dieses Risiko wohl noch vernachlässigt, aber seit der Griechenland-(Fast)pleite ist klar, dass Staatsanleihen keine hundertprozentige Sicherheit bieten. Ein signifikantes Ausfallrisiko in der Eurozone gibt es z.B. in Zypern, Spanien, Italien, Griechenland, Irland und das drückt die Anleihekurse - wenn nichts passiert und die Anleihen am Ende der Laufzeit zu pari zurückgezahlt werden ist kein Verlust entstanden. Aber nicht alle Investoren, auch die Fonds, warten bis zum Ende der Laufzeit, sondern stellen lieber mal Gewinne - oder Verluste - glatt.

Risiko: Unternehmenspleite
Aber nicht nur Staaten können Pleite gehen, sondern auch Unternehmen. Eigentlich ständig. In letzter Zeit erfreuen sich, gerade in Deutschland, Unternehmensanleihen einer neuen und wachsenden Beliebtheit. Bekannte und weniger bekannte Unternehmen begeben Anleihen mit auf den ersten Blick attraktiven Zinskonditionen - jedenfalls verglichen mit Tagesgeldangeboten oder Bundesanleihen. Allerdings sind Unternehmenspleiten eben keine Seltenheit und wie man bei Praktiker oder den ganzen Solarfirmen sehen kann. Und die Inhaber von Anleihen oder Schuldverschreibungen schauen dann auch in die Röhre. Kürzlich hat nun Fresenius eine Anleihe begeben und der DAX-Konzern musste für die aufgenommenen 500 Mio. EUR nur noch 2,875% an Zinsen bieten. Bei der Vorgängeranleihe waren es immerhin noch 5% gewesen. Experten warnen, dass die unternehmerischen Risiken weitgehend nicht mehr in den Zinsen abgebidet werden, sondern es sich eher um eine Art Anlagenotstand handelt, weil Alternativen fehlen oder aber noch schechter verzinst werden.

Risiko: Zinsänderung
Das größte Risiko besteht aber darin, dass die Zinsen wieder ansteigen. Und nach eine Phase deutlich sinkenden Zinsen ziehen diese inzwischen wieder an und selbst Deutschland muss inzwischen für seine Bundesanleihen wieder Zinsen bieten, um sie an den Mann zu bekommen. An sich ist das keine große Sache, die Zinsen sinken und steigen und die Anleihekurse tun das Entsprechende, nur umgekehrt. Das war schon immer so und muss auch so sein. Und doch ist diesmal alles anders, gefährlicher. Denn nachdem nun seit einer längeren Zeit eine Niedringszinsphase herrscht, liegen immer mehr Anleihen mit Zinscoupons von weniger als 2% in den Portfolios und erhöhen so das Risiko signifikant.

Denn wenn sich der Marktzins um 1 Prozent ändert, bedeutet das für einen Zinsatz von 10 Prozent eine Änderung um 1 Zehntel, für einen Zinsatz von 2 Prozent hingegen eine Änderung von 5 Zehntel. Mit entsprechend starken Auswirkungen auf den Kurs der Anleihe. Je niedriger der Nominalzins der Anleihe, desto stärker sind die Auswirkungen einer Zinsveränderung auf den Anleihekurs. Dieses Risiko relativiert sich dann über die Restlaufzeit der Anleihe, bei einer Fälligkeit in 1 Jahr ist es deutlich geringer, als bei einer Fälligkeit in 30 Jahren.

Nun haben die Rentenfonds selbstverständlich nicht ausschließlich Anleihen mit einer Nominalverzinsung von 2% im Portfolio, sondern viele Anlagen mit unterschiedlichen Zinssätzen aus verschiedene Regionen und mit ganz unterschiedlichen Laufzeiten. Das Risiko ist also vermutlich nicht ganz so hoch, wie in meinem gewählten Beispiel. Noch nicht. Denn durch die lang anhaltende Niedrigzinsphase steigt der Anteil solcher Niedrigzinspapiere im Portfolio deutlich an, denn alte, hochverzinste Papiere laufen aus (wie bei Fresenius) und werden durch niedrig verzinste Anleihen ersetzt. Und die schönen Kursgewinne der vergangenen Jahre sorgen für eine zunehmende Nachfrage so dass der Anteil der niedrigverzinsten Papiere noch stärker und schneller ansteigt. Das von mir aufgezeigte Kursrisiko-Szenario wird also von Tag zu Tag realistischer und sein Eintritt wahrscheinlicher.

Fazit
Und da sind wir genau an dem Punkt, wo es weh tut. Es steht fest, dass das Risiko deutlich steigt und die Kursverluste entstehen werden. Juristen würden es so formulieren: "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit". Nun muss das nichts heißen, denn wie ich zuvor schon erwähnte, sind die Kursverluste "egal", wenn man die Papiere bis zum Ende der Laufzeit hält, denn dann werden sie zu 100% zurückgezahlt, unabhängig davon, wie der Kurswert einen Tag zuvor noch stand. Sofern eben keine Pleite oder ein Kapitalschnitt erfolgt. Wenn also alle Anleger einen kühlen Kopf bewahren und die zu erwartenden Kurseinbrüche bei den Rentenfonds aussitzen und nicht verkaufen, dann muss nichts passieren. Aber wie wahrscheinlich ist das, wenn Anleger sehen, wie aus ihren 10.000 EUR in kurzer Zeit 8.000 EUR werden? Die Vermutung liegt nahe, dass erst einige und dann immer mehr Anleger verkaufen werden - und das führt dazu, dass die Rentenfonds dann Anleihen zum Tageskurs verkaufen müssen, um die nötige Liquidität für die Auszahlung ihrer verkaufswilligen Anleger zu schaffen. Hier drängen sich Parallelen zu den "offenen Immobilienfonds" auf, die über das gleiche Problem gestolpert sind und wo Anleger heute noch auf die Rückzahlung ihrer Anteile warten. Der Unterschied ist, dass die Anleihen schnell zu Geld gemacht werden können, anders als Immobilien. Aber wenn der Verkaufsdruck im Anleihemarkt zunimmt, steigen die Zinssätze noch weiter und die Kurse fallen schneller. Auch hier greift das Prinzip von Angebot und Nachfrage. Und wie viel der Anleger von seinem eingesetzten Kapital zurück erhält, wenn er mit allen anderen zusammen aussteigen will, darf sich jeder selbst überlegen.

Es kann eigentlich nur einen Rat geben: wer keine Rentenfonds hat, sollte die Finger davon lassen. Und wer Anteile im Portfolio hat, sollte sich ernsthaft Gedanken darüber machen, sie zu verkaufen, bevor alle anderen es auch wollen. Der nächste Crash kommt bestimmt - ich fürchte, es wird die Rentenfonds treffen. Wer attraktive Verzinsungen mit starker Substanz sucht, sollte auf solide Dividendenwerte setzen.


Weitere Informationen zum Thema finden Sie auch in meinen Artikeln "Der unheimliche Boom bei Unternehmensanleihen", "Sind Unternehmensanleihen besser als Aktien?" und "Dividendenwerte schlagen Lebensversicherungen!".

5 Kommentare:

  1. Das ganz große Problem besteht darin, dass um einen Verkäufer eines Anteils auszuzahlen die Substanz angegriffen werden muss (in deinem Szenario - wie in der Realität - unter Wert)Als Anleger ist man folglicherweise auf die Rationalität seiner Mitanleger angewiesen - wie das endet soll sich jeder selbst vorstellen...

    Da lob ich die gute alte Aktie: Egal wie krass ein Absturz auch sein sollte hier muss nie Substanz verkauft werden. Der Kurs geht zwar in den Keller, kann sich aber wieder erholen da sich an der fundamentalen Stärke des Unternehmens nichts verändert hat.

    Ich meide Fonds und Produkte bei denen mir die Laune anderer die Rendite versaut/ den Totalausfall bringen kann.


    Gruß
    Valueer

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    1. Richtig, Valueer, in normalen Börsenzeiten sind Fonds (oder ETFs) passable Anlagemöglichkeiten, die allerdings in der Krise, wenn alle gleichzeitg rauswollen, zum echten Problem werden können. Und da hilft dann eine breite Streuung in z.B. 20 Investmentsfonds auch nicht, weil dann ggf. in jedem einzelnen von ihnen dieselbe Problematik auftritt.

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  2. Hi Michael,

    bezüglich der Risiken von Rentenfonds: Das siehst du richtig. Da wird es wohl noch ganz schön krachen, wenn z.B. die Wirtschaft wieder anspringt und die Zinsen steigen.

    Das Beispiel mit den Anleihen mit niedrigen Koupons ist allerdings etwas zu krass gewählt: Du gehst nämlich implizit von unendlichen Laufzeiten aus. Nimmt man hingegen z.B. eine Anleihe an, die bei 100 steht, einen Koupon von 2 hat und nach 10 Jahren zurückgezahlt wird, dann würde sich eine Zinserhöhung auf 3% folgendermaßen auswirken:

    Gefordert wird nun eine Verzinsung von 3%. D.h., zur Ermittlung des fairen Kurses müssen alle zukünftigen Zahlungen mit 3% abgezinst werden. 10 Coupons a 2 Euro geben: 2*(1-(1/1.03)^11)/(1-(1/1.03)) = 19.06 EUR (geometrische Reihe). Die 100 Euro in 10 Jahren ergeben 100/1.03^10 = 74.41 EUR.

    Damit wäre der neue faire Kurs 19.06 + 74.41 = 93.47 EUR. Und selbst bei einer unendlichen Anleihe würde der Kurs lediglich auf 66.67 EUR sinken (dann hätte man ja 3% Verzinsung). Also auch noch keine -50%.

    Dennoch stimmt es, dass Anleihen mit kleineren Koupons heftiger auf Zinsschwankungen reagieren. Einfach weil ein größerer Anteil der zukünftigen Zahlungen weit in der Zukunft liegt. Also wenn die Zinsen mal wieder ein vernünftiges Niveau erreichen, dann kann man die heute emmitierten Niedrigkouponanleihen super nutzen, um auf fallende Zinsen zu spekulieren...

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  3. Ein wirklich sehr interessanter Artikel. Ich habe mich ebenfalls intensiv mit dieser Thematik, vor allem jedoch mit dem Anleihenmarkt, beschäftig. Dazu kann ich nur sagen, dass dieser in der Regel stark unterschätzt wird. Viele Menschen sind sich über die immense Bedeutung von Anleihen nicht bewusst. Im Hintergrund stellt der Anleihenmarkt die Hauptfinanzierungsquelle für Unternehmungen dar. Zeitgleich ist er der größte Markt der Geldanlage. Das Anlagevolumen welches im globalen Anleihenmarkt steckt, übertrifft das Welt-BIP bei weitem. Anleihen stellen sicherlich eine interessante Möglichkeit zur Geldanlage dar, man darf hierbei jedoch nicht auf die zwei Hauptrisiken vergessen. Dem Zinsrisiko, welches gerade in der aktuellen Zeit immer aktueller wird, sowie dem Emittentenrisiko. Dieses Risiko wird in der Regel vollkommen unterschätzt. Wenn man zukünftig vor einem Anleihenkauf vor allem auf dem Emittenten achtet und nicht von der Gier nach Verzinsung sich beeinflussen lässt, stellen auch sicherlich zukünftig eine gute Art zur Geldanlage dar.

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    1. Das Emittentenrisiko ist zwingend zu berücksichtigen, auch beim Kauf der Aktien eines Unternehmens. Und dazu gehört dann im nächsten Schritt das Zinsrisiko bzgl. äquivalent das Risiko, dass das Unternehmen seine Dividende nicht mehr verdient und ausschüttet. Wenn man beide Aspekte zufriedenstellend abgearbeitet hat, steht man vor der Entscheidung, ob man sich als Fremdkapitalgeber eine feste Verzinsung sichern möchte, oder doch lieber als Anteilseigner über den Erwerb der Aktien auch am unternehmerischen Erfolg teilhaben will - und entsprechend von Dividendenanhebungen profitieren würde. Dies ist nämlich ein zusätzlicher Vorteil der Dividenden ggü. Zinszahlungen, dass sie - ohne weitere Aktien/Anleihen kaufen zu müssen - bei der Ausschüttung zulegen können, wenn die Dividenden angehoben werden. Und hier kann man anhand der Dividendenhistorie der Unternehmen sehen, wie die sich in der Vergangenheit verhalten haben und daraus die Wahrscheinlichkeit ableiten, wie die Dividendenpolitik in Zukunft aussehen wird.

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