Dienstag, 22. August 2023

Zeigt Berkshires wachsender Cash-Berg wirklich Buffetts Angst vor einem Börsencrash?

Warren Buffett hortet einen Cash-Berg von 147,4 Mrd. USD, wie seine Investmentholding Berkshire Hathaway Ende des 2. Quartals 2023 ausgewiesen hat. Ende März waren es noch 130,6 Mrd. USD und Ende 2022 sogar 'nur' 128,6 Mrd. Das ist ein neuer Rekord und angesichts der fulminanten Börsenrallye im 1. Halbjahr, dem bevorstehenden 'launischen Börsenherbst', herausfordernder Wirtschaftslage und wieder haussierender Crash-Prognosen deuten Beobachter dies gern als Buffetts Vorbereitung auf einen drohenden Börsencrash.

Aber das ist wohl eine Fehlinterpretation, denn (fast) alle Fakten sprechen eine andere Sprache...

Ich sage 'fast alle Fakten', weil der absolute Betrag seines Cash-Bergs durchaus ein neues Rekordniveau erreicht hat. Und damit liegen die "First Level Thinker" richtig mit ihren zu kurz greifenden Oberflächenanalyse. Starinvestor Howard Stanley Marks schört ja auf fas "Second Level Thinking", also das gründlichere Nachdenken, und so wollen wir das bei dieser Frage auch halten:
  1. Der Cash-Anteil am Gesamtvermögen von Berkshire ist seit Jahren ziemlich konstant und das auch jetzt, denn der Wert der Vermögensanlagen ist ebenfalls gestiegen. Genau genommen liegt Buffetts Cash-Quote mit 14,2 % auf dem Niveau der letzten 25 Jahre und sogar unter dem von 2016 bis 2021.
     
  2. Das Versicherungsbusiness von Berkshire wächst und da Berkshire die meisten seiner Versicherungen in seiner eigenen Bilanz voll konsolidiert, müssen auch deren regulatorisch vorgeschriebene Cash-Reserven zur jederzeitigen Befriedigung von Schaden-Auszahlungen in Berkshires Bilanz aufgeführt werden. Berkshire wird inzwischen als 'systemrelevant' eingestuft und muss daher noch höhere (Eigen-) Kapitalanforderungen erfüllen als seine Wettbewerber.
     
  3. Buffett erklärte, Berkshire werde immer so liquide sein, dass das Unternehmen zu keinem Zeitpunkt jemals auf externe Finanzhilfen angewiesen sein wird. Das galt in der Globalen Finanzkrise 2008/09 ebenso wie in der Corona-Pandemie 2020/21. Daher ist eine Cash-Quote von nicht mal 15 % überhaupt nichts Ungewöhnliches für ihn bzw. Berkshire und auch für viele andere Unternehmen nicht. Auch wenn diese natürlich nicht an die absoluten Größenordnungen von Berkshire heranreichen.
     
  4. Und dann hat sich Buffett mehrfach und immer wieder selbst entsprechend geäußert, dass er noch niemals eine Investmententscheidung aufgrund makroökonomischer Faktoren getroffen habe.
     

Meine Einschätzung

Ich glaube nicht, dass Berkshires wachsender Cash-Berg irgend etwas mit Marktrisiken zu tun hat und er ist somit auch kein Misstrauensvotum Buffetts gegen die Börse, sondern schlichte Notwendigkeit und Normalität aufgrund von Berkshires Business. Sowohl hinsichtlich der Versicherungen als auch des operativen Geschäfts der weiteren Beteiligungen, wie der Eisenbahn BNSF oder des Energieversorgers BH Energy (früher MidAmerican Energy).

Andererseits würde dies Buffett nicht hindern, einen Teil dieses Cashs einzusetzen, wenn sich ihm günstige Kaufgelegenheiten bieten. Denn er sagte auch: "Gelegenheiten kommen unregelmäßig. Wenn es gerade Gold regnet, stell einen Eimer vor die Tür und keinen Fingerhut".

Disclaimer: Habe Berkshire Hathaway auf meiner Beobachtungsliste und/oder im Depot/Wiki.

4 Kommentare:

  1. Danke für den Bericht, treffend analysieren.
    Herzliche Grüße
    Holger

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  2. Buffett hält doch traditionell eine Cashreserve um bei außerordentlichen günstigen Gelegenheiten beherzt zugreifen zu können. Diese Gelegenheit bietet sich derzeit eher nicht, bedeutet im Umkehrschluss aber noch lange nicht das ein Crash vor der Tür steht.

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  3. NormanBates123.08.23, 07:47

    Hallo Sirmike, ja auch von mir Danke für Deine Einschätzung. Hatte mir diesbezüglich auch schon Gedanken gemacht. Gruß

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  4. Ist eigentlich bekannt ob Buffet einen Teil der Cashreserven dauerhaft für short put optionen einsetzt?

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