Die Börsen kennen kein Halten und stürmen von Gipfel zu Gipfel - naja, bis letzten Freitag, als Don Trump seine Zollkeule aus der Mottenkiste holte und damit auf China einprügelte. Schlecht für die Stimmung. Aber ob es sich um das Ende der Hausse oder nur um einen weiteren "Dip" handelt bleibt abzuwarten. Mit größter Wahrscheinlichkeit folgt auf ein neues Allzeithoch - ein weiteres Allzeithoch. Also gehen wir einfach mal davon aus, dass die Börsenparty noch nicht vorbei ist und der Blues nur ein kurzes Intermezzo bleibt.
Der KI-Investmentboom treibt die Unternehmensergebnisse und die Kurse an, doch dabei werden die Gewinne nur von einigen wenigen Unternehmen erzielt und in der Folge verdichten sich die Börsenwerte und die Unternehmensgewinne immer weiter. Eine solch hohe Konzentration gab es zwar schon früher, aber an 1999 oder 1973 erinnert man sich nicht unbedingt gerne zurück - jedenfalls nicht an das, was darauf folgte.
Ohne die dem KI-Hype zuzuordnenden Aktien würden der Großteil der Gewinne fehlen und die Börsen eher Tristesse verbreiten. Und das tun sie bereits für alle, die nicht in den KI-Hype investiert haben und daher an der Party nicht teilnehmen. Also regiert FOMO, die Angst, etwas zu verpassen, und treibt immer mehr Anleger dazu, doch noch auf den Zug aufzuspringen. Du bist also nicht allein...
Auch die Unternehmen selbst versuchen sich noch irgendwie in Szene zu setzen und ein Stück vom Kuchen abzubekommen. Die heißeste Braut auf dem Laufsteg bleibt Nvidia und ihr fliegt das Geld nur so zu. Doch diese Börsengöttin teilt es inzwischen mit anderen und hält damit ihre eigene Party am Leben. Nvidia verdient höchste Margen und investiert dieses Geld gezielt in die eigenen Großkunden, damit diese das nötige Kapital haben, um weiterhin die sauteuren Nvidia-GPUs zu kaufen. Was den Nebeneffekt hat, dass diese nicht bei der stärker werdenden Konkurrenz einkaufen, sondern treu an Nvidias Seite bleiben. Wie OpenAI. In den ChatGPT-Entwickler investiert Nvidia 10 Milliarden Dollar direkt bis hin zu insgesamt 100 Milliarden. OpenAIs Bewertung schnellte damit auf 500 Milliarden Dollar hoch. Und OpenAI investierte umgehend und wird ab der zweiten Hälfte 2026 Hunderttausende Hochleistungsprozessoren kaufen – von Nvidias Wettbewerber AMD. Überraschung! Oder auch nicht.
Kritische Stimmen beklagen, dass hier eine Art "KI-Schneeballsystem" entstanden sei, wo die Gewinne des einen Unternehmens in ein anderes gesteckt wird, damit dieses wieder neue Produkte vom ersten Unternehmen kaufen kann und dort die Gewinne füttert. Ja, ist so. Aber nur bei isolierter und sehr verengter Betrachtung. Wenn man etwas weiter aufzoomt, beschreibt dies den ganz normalen Wirtschaftskreislauf, der die Welt am Laufen hält. Und zwar in jedem System, ob nun Kapitalismus, Sozialismus oder Kommunismus. Und auch im KI-Sektor bleibt das Geld nicht völlig unter sich. Jede bezahlte Rechnung finanziert auch Löhne, Mieten, Grundstückskäufe - und natürlich unterliegt jeder Umsatz und jeder Gewinn irgendeiner Steuererhebung. (Auch) der KI-Boom füttert andere Branchen und den Staat, denn die Mitarbeiter von Nvidia, AMD und anderen leben, wohnen, konsumieren. Und sie zahlen natürlich Kredite ab, des Amis liebstes Hobby. Also nein, ich sehe das "KI-Schneeballsystem" nicht als solches an, jedenfalls nicht mit der großen Sorge und Kritik, wie andere es tun. Was nicht heißt, das ich keine KI-Blase erkennen oder davon ausgehen würde, dass diese niemals platzt. Das wird sie, unweigerlich. Denn jede Blase platzt früher oder später. Und dann wird die nächste aufgepumpt, es ist ein ewiges Wiederanfangen - wie das Leben selbst auch.
Beobachten lässt sich, dass sich im KI-Rennen die Frontlinien beinahe ständig ändern und Allianzen beinahe stündlich neu geboren und verworfen werden. Klar ist dabei nur eines: das Spielfeld wird von den US-Firmen dominiert, Europa spielt keine Rolle und auch China hechelt abgeschlagen hinterher. Der US-Aktienmarkt bleibt damit der "place to be" – und zwar nicht trotz, sondern gerade wegen der KI-Blase. Und daran ändert auch die grassierende Dollarschwäche nichts nicht viel.
Alles Gute für euer Geld!
Michael C. Kissig
Disclaimer: Habe Nvidia auf meiner Beobachtungsliste und/oder im Depot/Wiki.
Hallo Michael, da kann ich dir nur zustimmen. Man muss das differenzierter betrachten: Ein gewisser Anteil der verschobenen Summen geht über „Reibungsverluste“, wie du sie beschrieben hast, woanders hin.
AntwortenLöschenAuch die Aussage, dass die USA ohne die KI-Investitionen stagnieren würden, zweifle ich zudem an. Die vielen Milliarden würden in Teilen in anderen Bereichen investiert werden und Wachstum generieren.
Was sagst du zur These von Pip Klöckner, dass im Februar, im Rahmen der Jahresausblicke, weniger stark wachsende Investitionen von den Hyperscalern angekündigt werden und so die Börse einen gravierenden Schock erfahren könnten?
Moin Florian,
Löschenich kenne den Pip Klöckner nicht. Scheint aber eine der typischen Crash-Prophezeiungen zu sein, um mit der Angst der Anleger Geld zu verdienen. Ohne Klöckners "Argumentationskette" zu kennen, war meine erster Gedanke: "Blödsinn!". Es geht um Investitionen und alles, was in 2025 bisher angekündigt worden ist, wird ja erst in den kommenden Jahren investiert in Steine, GPUs, Stromnetze usw. Das Geld ist also noch nicht geflossen und wird auch nicht so schnell fließen, denn die ganzen Voraussetzungen für die KI-Rechenzentren liegen ja noch gar nicht vor. Dazu zählen ein Grundstück, die Bau- und Betriebsgenehmigung, die Erschließung des Grundstücks (insbesondere die Stromversorgung, also Netzanschluss und Stromversorgung), Betreiber der Immobilie, Bau und Bestückung des Rechenzentrums uswusf.
Es dauert also noch, bis die Effekte in der GuV und der Bilanz ankommen. Ob nun permament weitere zig-Milliarden-Dollar-KI-Investitionen verkündet werden, erscheint mir kaum wesentlich zu sein. Die Umsetzung ist viel wichtiger. Und wenn nun Amazon oder Microsoft oder Oracle oder Meta oder wer auch immer im Frühjahr verkündet, im nächsten Schritt statt 100 Mrd. USD "nur" noch weitere 50 Mrd. zu investieren, kann kaum mein Interesse wecken. Und ich glaube auch nicht, dass es die Börse interessiert. Eher im Gegenteil: der Fokus wird sich immer stärker darauf richten, ob und wer ein solides KI-Geschäftsmodell aus seinen KI-Investitionen zimmert. (Nur) der wird weiter geliebt von der Börse, die anderen stinken irgendwann ab. So wie es Meta vor zwei, drei Jahren vorgemacht hat mit den zig Milliarden für das Metaverse - Zuckerberg hat die Investitionen angekündigt und die Kohle versenkt. Und der Aktienkurs ist implodiert. Als die Investitionen ins Metaverse gedrosselt wurden, gings wieder hoch mit den Geschäftszahlen und dem Aktienkurs.
Also nein, einen hiervon ausgelösten Crash halte ich für unwahrscheinlich. Kurseinbrüche für ein, zwei Tage sind natürlich möglich, je nachdem, welche Klaviatur die Börse dann gerade spielt. That's it...
@Florian:
Löschen"Die USA stagnieren trotz KI-Blase nicht."
Das würde ich so nicht unterschreiben. Für den Mittelstand (Russel 2000, total return) mag das für 2025 kursmäßig stimmen, nicht aber seit 2021. Schaut man sich zusätzlich den fiktiven S&P 490 Index an (= S&P 500 weniger den 10 besten Unternehmen) stagnieren die USA seit 2022 hier auch bereits.
Trump sagte ja, dass es erst schlimmer wird bevor es besser werden kann.
Hallo Michael, ich verstehe deinen Punkt. Aber da bin ich mir unsicher. Wenn die Hyperscaler bzw. Nividia die Earnings in Bezug auf Capex nicht erhöhen sondern bspw. nur flat halten, wird es brutalen Abverkauf aller AI Techwerte geben. Du schreibst sogar, von 100 Mrd. auf 50 Mrd. $. Das wäre massiv schlecht für alle Tech.-Werte. Es ist ein Blase, nur keiner darf anfangen, daran nicht mehr zu glauben.
LöschenNur ganz kurz zu Philipp "Pip" Klöckner: Er ist keiner der typischen Crash-Propheten. Er ist einer klügsten Köpfe in der Podcast-Szene (Doppelgänger-Podcast), erfolgreicher Tech-Investor und alles andere als sensationsheischend. Er warnt halt derzeit nur vor den offensichtlich sehr hohen Bewertungen und wagt die nicht unwahrscheinliche Prognose, dass irgendwann die Luft da wieder abgelassen wird.
AntwortenLöschenMoin Thomas,
Löschenwieder was gelernt. Da ich weder Videos noch Podcasts und auch kein Instagram nutze (vor allem nicht zur Börseninformation), kenne ich die einschlägigen Protagonisten alle gar nicht. Naja, Armin Brack und Lars Erichsen natürlich schon, weil ich mit denen zusammenarbeite und auch den netten Herrn Kramer von echtgeld.tv, der mich ständig zum Mitmachen nötigen will. Aber konsumieren tue ich diese Formate nicht, da ich Informationen sehr viel besser durch Lesen aufnehmen, verarbeiten und behalten kann.
Die "Prophezeiung", dass die Blase irgendwann platzen wird, ist definitiv richtig. Weil das immer passiert. Da hat der Pip Klöckner also Recht, nur bei der Frage wann und aus welchem Anlass, da habe ich meine Zweifel. Kann auch schon vorher passieren, oder eben später. Und aus welchem Grund, das wird erst im Nachhinein reingedeutet. Im Grunde haben irgendwann zu viele Leute zu viel Panik und verkaufen auf Deibel komm raus ohne Sinn und Verstand (genauso, wie sie vorher die Kurse hochgekauft haben). Das ist ein Wirtschafts- und Börsennaturgesetz und wird sich nie ändern, solange Menschen involviert sind. Und KI wird das auch nicht besser machen, sondern nur schnell (und wahrscheinlich noch volatiler).