Freitag, 4. Dezember 2020

Kissigs Aktien Report: Tesla ist einsame Spitze. Und Musk nun auch.

Im Rahmen meiner Kooperation mit dem "Aktien Report" von Armin Brack nehme ich mir in unregelmäßigen Abständen interessante Unternehmen vor. Die Ausgaben des "Aktien Reports" und/oder "Geld Anlage Reports" erreichen ihre Leser samstags kostenlos und "druckfrisch" im Email-Postfach und man kann sich ▶ hier beim "Geld Anlage Report" anmelden. Bonbon für die Leser meines Blogs: mit einigen Tagen Zeitverzögerung darf ich die Analysen dann auch hier veröffentlichen...

Aktien Report Nr. 24 vom 27.11.2020

Tesla ist einsame Spitze. Und Musk nun auch.

Aktien werden von vielen als eine Art Lotterielos angesehen, mit dem man fleißig zocken kann. Dabei sind sie ein Wertpapier, ein einzelner Anteil an einem Unternehmen. Und so sehr Anleger auch auf die Kursbewegungen der Aktien starren und daran den Erfolg oder Misserfolg ihrer Investmententscheidungen messen, ist doch die Entwicklung des Unternehmens selbst der eigentliche, der wichtige Maßstab.

ThyssenKrupp, Siemens, Daimler, Ford, Bayer stehen für große, börsennotierte Konzerne. Aber diese Namen sind auch jene von Männern, die als Unternehmer Erfolg hatten, die eine Idee, eine Vision verfolgten und ihr zum Durchbruch verhalfen. Aus kleinen Anfängen erwuchs Großes und Großartiges, was den Gründern Erfolg und Ansehen bescherte und ihren Miteigentümern, den Aktionären, Wohlstand.

Elon Musk ist ebenfalls ein Visionär. Kein Gründer, denn er kaufte sich immer in bestehende Startups ein, aber er hatte frühzeitig eine konkrete Vorstellung wie und wohin sich diese zarte Pflanze entwickeln ließe. Und er ist durchsetzungsstark. Das gehört ebenfalls dazu, um Erfolg zu haben.

Erfolg hat Elon Musk, zunächst mit PayPal, und seit einigen Jahren mit Tesla. Als Pionier der Elektroantriebe hat Musk sein Unternehmen nicht nur nach einem genialen Erfinder benannt, sondern anders als sein Vorbild, der stets im Schatten von Thomas Edison stand, erzielte er den ultimativen Erfolg: Tesla ist der wertvollste Automobilkonzern der Welt. Und allen Unkenrufen zum Trotz klettert sein Aktienkurs schier unaufhaltsam in neue Höhen, wodurch Elon Musk seit kurzem auch der reichste Mensch der Welt ist. Damit hat er Microsoft-Gründer Bill Gates, Amazon-Gründer Jeff Bezos und auch Investment-Legende Warren Buffett überholt.

Egal, wie man zu Elon Musk steht, zu seinen Eskapaden, seinen Provokationen, man kann nicht anders, als ihm Respekt zu zollen. Seinem Lebenswerk gebührt größte Anerkennung – und es ist ja längst noch nicht vollendet. Sein eigentliches Ziel ist die Besiedelung des Mars. Aber das ist eine andere Geschichte. Heute bleiben wird erdverbunden und kümmern uns um Elektroautos, Speichertechnologien, Solardachziegel. Um Tesla.

Der Autobauer

Tesla baut Elektroautos. Allerdings gerade mal 500.000 Stück pro Jahr. Das klingt erstmal nach viel, aber verglichen mit den 10 Millionen, die VW pro Jahr herstellt, ist es dann doch überschaubar. Trotzdem elektrisiert Tesla die Welt – und die Autobranche. Tesla ist es zu verdanken, dass Elektroautos salonfähig wurden und immer mehr zum Gradmesser werden. Natürlich half Tesla der Diesel-Abgasskandal, natürlich sind es staatliche Eingriffe, die Tesla zum Erfolg verhalfen.

Einerseits direkte Subventionen, wenn neue Fabriken gebaut werden, und auf der anderen Seite sind es die CO2-Zertifikate (auch Verschmutzungsrechte genannt), die Tesla seit einigen Quartalen ins Plus hieven. Denn CO2-Emissionen werden besteuert und wer CO2 in die Luft blasen will, benötigt hierzu Zertifikate. Die muss er kaufen und zwar von jenen, die sie haben, aber nicht brauchen. Wie Tesla. Also übernehmen Fiat Chrysler und General Motors diese Zertifikate und bezahlen Tesla dafür viel Geld. 

Das ist Wettbewerbsverzerrung, aber gewollte. In Deutschland gibt es dies über die EEG-Umlage, die Wind- und Sonnenanlagenbetreibern eine garantierte Einspeisevergütung für 20 Jahre zubilligt. Nur deshalb konnten sich die regenerativen Energien so stark entwickeln.

Tesla schreibt nun also schwarze Zahlen und das hat dazu geführt, dass das Unternehmen in den S&P 500-Index aufgenommen wurde. Das bringt nicht nur Publicity, sondern heizt auch die Nachfrage nach den Aktien an. Denn die vielen Indexfonds und ETFs, die den S&P 500 abbilden, müssen nun auch Tesla-Aktien erwerben.

Doch nicht nur das treibt die Nachfrage an, sondern auch der seit einiger Zeit zu beobachtende Run auf alles, was mit alternativen Energien und Elektromobilität zu tun hat. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat ihren "Green Deal", die Bundesregierung ihren eigenen. Und President-elect Joe Biden will nicht nur dem Pariser Klimaabkommen wieder beitreten, sondern seinen politischen Schwerpunkt bei der Dekarbonisierung der USA legen. Zudem denken chinesische lokale Regierungen darüber nach, eigene Förderprogramme für Elektroautos zu starten, um die Nachfrage anzukurbeln.

Schaut man auf die Aktienkurse der chinesischen Werte, stellen die den Anstieg von Tesla noch in den Schatten. So hat BYD ("Build your dreams"), an der Warren Buffett mit 24,6% beteiligt ist, ihren Kurs in den letzten sechs Monaten mehr als vervierfacht. Der chinesische Mischkonzern ist inzwischen hinter Tesla der zweitgrößte Elektroautohersteller der Welt. Mit Heimvorteil China, denn das Reich der Mitte ist weltweit der mit Abstand größte Pkw-Markt. BYD setzt hier 84% seiner Elektroautos ab.

Elektrospeicher und Batterien

Doch Tesla ist viel mehr als Elektroautos. Tesla drängt auch mit Wucht in den Markt für Elektrospeicher und hat mit seiner Powerwall jüngst die zweite Generation seiner E-Speicherlösung für Einfamilienhäuser vorgestellt. Des Weiteren bietet Tesla inzwischen auch Solardachziegel an und entwickelt sich so zum Rundumanbieter für den Niedrigenergiehausmarkt.

Tesla ist längst nicht mehr nur in den USA aktiv, sondern fertigt auch weltweit vor Ort. Seine neuste Fabrik entsteht in Brandenburg. In Grünheide sollen nicht nur Tesla-Elektroautos gefertigt werden, sondern es wird auch eine Gigafactory aus dem Boden gestampft. Also eine Batteriefertigung mit 100 Gigawattstunden an Kapazität, die später auf 250 GWh ausgebaut werden könnte. Damit wäre es dann die größte Batteriefertigung der Welt.

Batterien sind der Schlüssel zur Energiewende. Bei den Pkws herrschen zurzeit noch die Schlüsselkompetenzen Design und Motortechnik, in Zukunft werden es Design und Batterietechnik sein. Ein Elektromotor ist keine hohe Kunst, die Batterie entscheidet über die Leistung und die Reichweite.

Batterien als Energiespeicher benötigen aber auch die Windkraft- und Solaranlagen. Dummerweise bläst der Wind vor allem in den Wintermonaten und die Sonne scheint überwiegend im Sommer und auch noch tagsüber, wenn der Stromverbrauch eher gering ist. Also muss die zur "falschen Zeit" produzierte Energie gespeichert werden und das ist mit den bisherigen Speichern nur unter hohen Energieverlusten möglich. Je besser und effizienter die Speicher werden, desto weniger Strom muss für gleiche Leistung produziert werden bzw. die gleiche Strommenge kann mehr Leistung ergeben. Was wiederum den Bedarf an fossiler Stromerzeugung, zum Beispiel aus Kohleverstromung, reduziert.

Auch Tesla hat Probleme

Tesla ist eine große Erfolgsgeschichte, doch auch Tesla hat mit Problemen zu kämpfen. Soeben startete eine große Rückrufaktion für verschiedene Tesla-Modelle aufgrund von Qualitätsmängeln. Und es ist nicht das erste Mal, dass Tesla mit der Qualität Probleme hat. Insbesondere das zuletzt eingeführte Model Y, der Tesla-SUV, kann in Sachen Qualität nur wenig überzeugen.

Wenn nun demnächst die Elektromodelloffensiven der deutschen Premiumhersteller den Markt aufmischen, wird Tesla unter Druck geraten. Denn deutsche Hersteller haben weltweit einen hervorragenden Ruf und eine treue Kundschaft. Sie werden ihre E-Autos gut verkauft bekommen, auch wenn sie in Sachen Leistung und Reichweite den Tesla-Modellen anfangs hinterherhinken werden.

Tesla ist zwar ein Autobauer, aber eigentlich will das Unternehmen gar keine Autos bauen. Sie sind nur Mittel zum Zweck. Damit trreibt Musk seinen Traum von der Elektrifizierung unserer Welt lediglich mit einem ersten großen Schritt voran. Tesla ist Autobauer, Softwarefirma und Dienstleister. Es ist neben der Batteriefertigung bei Energiespeichern aktiv, bietet Solardachziegel an und ein eigenes Fahrerassistenzsystem, also autonomes Fahren. Insbesondere mit der Software wird Tesla einen zunehmenden Anteil seiner Umsätze und Gewinne erzielen und das führt uns zum Thema Bewertung.

Aktienbewertung

Vergleicht man Tesla mit den klassischen Autowerten, so wird Tesla höher bewertet als alle anderen zusammen. Dabei erzielen diese Milliardengewinne, während Tesla nur knapp in der Gewinnzone liegt – dank der CO2-Zertifikateeinnahmen. Operativ schreibt Tesla weiterhin rote Zahlen. 

Es ist daher klar, dass Tesla aus diesem Vergleich als gnadenlos überteuert hervorgeht. Allerdings relativiert sich dies etwas, wenn man Tesla mit anderen Branchen vergleicht, zum Beispiel der Softwarebranche. Betrachtet man Tesla als Softwarepowerhouse und Spezialisten für autonomes Fahren, würde man dem Unternehmen eine deutlich höhere Bewertung zubilligen können oder sogar müssen, als wenn man es nur als reinen Autobauer einstuft.

Aber ob die Aktie noch weiteres Potenzial hat? Tja, das ist wohl die Kardinalfrage. Der Kurs einer Aktie sollte sich im Idealfall am Wert eines Unternehmensanteils orientieren. Doch in der Praxis bildet sich der Preis alleine durch Angebot und Nachfrage. Und die Nachfrage nach Tesla-Aktien ist momentan sehr hoch und sie steigt weiter an. Weil die Anleger ausschließlich auf die Chancen sehen und sich die Zukunftsaussichten in allen erdenklichen rosaroten Farben ausmalen.

Das kann so weitergehen und den Kurs in noch ungeahntere Sphären heben, es kann aber auch zu einer Umbesinnung und Neubewertung kommen, die dem Aktienkurs dann erheblich zusetzen dürfte. Gier und Angst sind die beiden bestimmenden Emotionen an der Börse. Momentan überwiegt die Gier; FOMO ("Fear of missing out"), die Angst, etwas zu verpassen. Wenn die Konkurrenz mit ihren vielen Elektro-Modellen auf den Markt kommt, wird sich Tesla beweisen müssen. Kann man sich gegen die Premiumhersteller behaupten und mitspielen, hat Tesla weiteres Potenzial. Und die nächste Tesla-Generation dürfte im unteren Mittelklassesegment angesiedelt sein – wenn Tesla es schafft, zu einem Massenhersteller zu werden, bieten sich auch hier ganz neue Perspektiven.

Mein Fazit

Tesla ist heiß, Tesla ist angesagt, Tesla ist teuer. Das kann so bleiben, das kann so weitergehen. Das Risiko eines Absturzes aus dieser luftigen Höhe nimmt mit jedem Tag weiter zu. Für Elon Musk sind luftige Höhen nichts Unbekanntes. Immerhin schießt er mit SpaceX, seinem zweiten Projekt, Raketen ins Weltall und plant die Besiedelung des Mars. Hoch hinaus hat Elon Musk nie gereicht, sein Ziel war immer höher hinaus. Tesla gibt dabei die Richtung vor.

Disclaimer: Habe Amazon, Microsoft, PayPal auf meiner Beobachtungsliste und/oder in meinem Depot/Wiki.

2 Kommentare:

  1. Die Tesla-Fans lesen es sicherlich nicht gerne, aber deinem Artikel kann man nur recht geben. Das Tesla bald fallen wird, sehe ich kommen, nicht nur weil sie unglaublich überbewertet sind, sondern auch aus technischen Gründen.

    Grundsätzlich hoffe ich dennoch (obwohl ich bei Tesla eher short als long gehen würde), dass Tesla sich auf diesen Höhen eine Zeit lang halten kann (plus minus 20 Prozent ab Heut) und Elon Musk ein Großteil seiner Aktien gut verkaufen kann. Denn das Geld ist bei diesem Mann durchaus besser angelegt für die Menschheit als bei gierigen Börsianern, die Angst haben etwas zu verpassen.

    Allen guten Gewinne!

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  2. "Doch Tesla ist viel mehr als Elektroautos. Tesla drängt auch mit Wucht in den Markt für Elektrospeicher und hat mit seiner Powerwall jüngst die zweite Generation seiner E-Speicherlösung für Einfamilienhäuser vorgestellt."
    Soweit ich weiß hat Tesla hier kaum Wettbewerbsvorteile und ist im Grunde nur einer von sehr vielen Anbietern in diesem Segment. Wenn ich mich nicht irre hat Tesla sich noch nie zu den Verkaufszahlen geäußert auch das könnte durchaus eine Indikation sein für den Erfolg. Vor allem wenn man bedenkt das Elon sonst alle möglichen Sachen als potenzielle Kurstreiber verbreitet.

    "Des Weiteren bietet Tesla inzwischen auch Solardachziegel an und entwickelt sich so zum Rundumanbieter für den Niedrigenergiehausmarkt."
    Inzwischen ist ein meiner Meinung nach nicht ganz treffendes Wort. Das erste Solar Roof wurde 2017 installiert. Seit damals war es erstaunlich ruhig um dieses Thema, keine großen Erfolgsmeldungen, keine Verkaufszahlen etc. Nun soll es endlich in 2021 zum "Killer Produkt" werden, aber es ist nicht sicher das es wirklich klappt und vor allem das es wirklich in 2021 klappt.

    Ansonsten wie immer ein guter Artikel, vielen Dank.

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