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Artikel aus "Der Nebenwerte Investor" Ausgabe 12/2025 vom 24.06.2025
Aktien in dieser Ausgabe: Hypoport, Sto, Uzin-Utz
Hypoport profitiert von der Wiederauferstehung des Immobilienmarkts
Das seit 2022 deutlich gestiegene Zinsniveau hat den Immobilienmarkt abgewürgt und auch bei Hypoport für kräftige Einbußen gesorgt. Inzwischen hat die EZB mit bereits acht Zinssenkungen die Zinswende eingeläutet und der Immobilienmarkt zeigt ernsthafte Anzeichen einer Erholung. Das dürfte sich auch in den Geschäftszahlen von Hypoport positiv bemerkbar machen.
Denn bei Hypoport dreht sich alles um Immobilien und Finanzierungen. Allerdings ist das Unternehmen kein Kreditinstitut, sondern ein softwarebasiertes Plattformunternehmen und Dienstleister für die Banken. Dennoch hängen Umsatz- und Ergebnisentwicklung erheblich vom Gesundheitszustand des deutschen Immobilienmarkts ab und nach zwei Jahren des Siechtums mit massiven Einbrüchen soll 2025 die Wende bringen. Zweimal legte der Aktienkurs seit dem Jahresstart bereits um fast 20 % und beide Male konnte er seine Gewinne nicht verteidigen. Doch bei den Geschäftszahlen sieht es deutlich besser aus.
Das Kerngeschäft der 1999 gegründeten Hypoport ist die Kreditvermittlungsplattform Europace. Diese richtet sie sich ausschließlich an Banken und Kreditvermittler und ist damit eine B2B-Plattform (Business-to-Business). Inzwischen hat sich Hypoport hier eine herausragende Marktstellung erarbeitet, weil man Partner der größten Bankenverbände Deutschlands wurde: der Sparkassenorganisation und der Volks- und Genossenschaftsbanken. Die jeweiligen individualisierten Kreditplattformen von Europace, Finmas bei den Sparkassen und Genopace im Genossenschaftssektor, dominieren mit großem Abstand und immer mehr Kreditinstitute schließen sich an das System an. Hypoport gewinnt damit weiter Marktanteile, auch wenn der Markt in Form des Volumens an Immobilienfinanzierungen Schwankungen unterworfen ist.
Aber auch bei Privatbanken und unabhängigen Banken ist man weit vorne mit dabei und hat sich so als Deutschlands unangefochtener Marktführer bei neuvermittelten Immobilienfinanzierungen etabliert und wickelt über seine B2B-Kreditplattform inzwischen mehr als ein Drittel aller neuen Verträge ab. Die börsennotierte Hypoport SE ist dabei die Dachgesellschaft für das Netzwerk von knapp 20 Technologieunternehmen für die Kredit-, Immobilien- und Versicherungswirtschaft, die inzwischen zum Hypoport-Konzern gehören.
Drei starke Segmente
Hypoport hat sich in den letzten Jahren einer Umstrukturierung unterzogen und dabei Aktivitäten und Kosten auf den Prüfstand gestellt. Aus den zuvor vier Sparten unterteilt es seine Aktivitäten heute in drei Segmente: Real Estate & Mortgage, Insurtech sowie Financing.
Das Segment Real Estate & Mortgage Platforms betreibt mit dem internetbasierten B2B-Kreditmarktplatz Europace die größte deutsche Plattform für Immobilienfinanzierungen und Bausparprodukte. Neben Europace fördern die Teilmarktplätze Finmas und Genopace sowie die B2B-Vertriebsgesellschaften Qualitypool und Starpool fördert ebenso der ungebundene Finanzvertrieb Dr. Klein mit seiner Beratung zur Immobilienfinanzierung für Verbraucher das Wachstum des Kreditmarktplatzes. Die technologischen Geschäftsmodelle der Fio Systems für die Vermarktung von Wohnimmobilien und der Value AG für die Bewertung von Immobilien ergänzen die Wertschöpfungskette des privaten Immobilienerwerbs.
Das Segment Insurance Platforms besteht aus neun Unternehmen, die Technologielösungen und Vertriebsangebote für den Versicherungsmarkt bereitstellen. Die Geschäftsmodelle verfolgen eine gemeinsame Strategie mit dem Ziel, wertschöpfende Versicherungsprozesse zu digitalisieren. Die Aktivitäten der Unternehmen sind in die Teilsegmente für tarifierbare Privat- und Gewerbeversicherungen (SmIT, Qualitypool, AMEXPool, 1blick, Sia), betriebliche Vorsorgeversicherungen (ePension, E&P) und Industrieversicherungen (corify, OASIS) strukturiert.
Das Segment Financing Platforms bündelt alle Technologie- und Vertriebsunternehmen der Hypoport-Gruppe für die Finanzierungsprodukte Ratenkredit, Unternehmensfinanzierung und Wohnungswirtschaft. Es umfasst somit Geschäftsmodelle außerhalb der privaten Immobilienfinanzierung.
Hypoport hängt am Immobilienmarkt
Bei Hypoport driften zwei Entwicklungen auseinander, die jahrelang Hand-in-Hand die Erfolgsgaranten waren: Marktanteilsgewinnen steht ein geschrumpfter Markt gegenüber. Und dieser Markt hat noch längst nicht das Vorkrisenniveau erreicht, denn trotz inzwischen wieder gesunkener Kreditzinsen liegen dieses dennoch deutlich über dem Nullzinsniveau vergangener Jahre.
Laut Aussagen des Immobilienfinanzierers Dr. Klein, übrigens eine Hypoport-Tochter, liegen die durchschnittlichen Kaufpreise in Deutschland bei rund 560.000 Euro für Neubauten (131 m²), 371.000 Euro für Bestandsimmobilien (124 m²) und 282.000 Euro für Eigentumswohnungen (83 m²). Neue Einfamilienhäuser kosten also etwas das Doppelte von Eigentumswohnungen und finanziert man davon 80 %, sind das rund 450.000 bzw. 225.000 Euro. Ob man für diese Summen 1 % oder 4 % pro Jahr an Zinsen bezahlen muss, macht also einen großen Unterschied. Konkret geht es um 13.500 bzw. 6.750 Euro an jährlicher Mehrbelastung oder1.125 bzw. 562,50 Euro im Monat. Das sind keine Summen, die man mal eben so wegstecken kann und deshalb hat sich die Zahl der Kaufinteressenten deutlich verringert. Denn je höher die Zinsen, desto weniger Menschen können sich eine Finanzierung leisten.
Die Zinssenkungen der EZB haben noch keinen durchschlagenden Erfolg gebracht, aber immerhin ziehen die Immobilienpreise wieder etwas an. Im 1. Quartal 2025 legten sie deutschlandweit um fast 0,4 % zu und vor allem bei Eigentumswohnungen lag der Zuwachs mit knapp 1 % besonders hoch. Der Wunsch nach einem Eigenheim bleibt tief verwurzelt und treibt die Kaufwilligen bis an ihre finanzielle Entlastungsgrenzen.
Der geplante "Bau-Turbo" der Bundesregierung wird hier sicherlich keine schnellen Wunder bewirken, aber wenn die Genehmigungsverfahren verkürzt und die Zahl der Neubauten endlich wieder ansteigt bei gleichzeitig weiteren Zinssenkungen, werden wieder deutlich mehr Normalverdiener ihren Traum von den eigenen vier Wänden verwirklichen können. Und damit die Kassen auch bei Hypoport lauter klingeln lassen.
Starke Geschäftsentwicklung im 1. Quartal
Dabei laufen die Geschäfte bereits sehr viel besser als in den Vorjahren. Für das 1. Quartal 2025 verzeichnete Hypoport einen Anstieg des Rohertrags um 15 % und des EBIT (Gewinn vor Zinsen und Steuern) um 88 % gegenüber dem 2024er Schlussquartal. Zum starken Wachstum hat insbesondere die sich fortsetzende Erholung der Geschäftsmodelle in der privaten Immobilienfinanzierung des Segments Real Estate & Mortgage Platforms beigetragen.
Durch die Zunahme des Transaktionsvolumen auf den Plattformen Europace, Finmas und Genopace sowie der Vertriebsvolumen von Dr. Klein erhöhte sich der Rohertrag im Segment Real Estate & Mortgage Platforms deutlich. Grundlage waren neben Marktanteilsgewinnen insbesondere im genossenschaftlichen Bankenverbund auch eine sich beschleunigende Erholung des privaten Immobilienmarktes in Deutschland. Die positive Entwicklung des Marktes für Wohneigentum im 1. Quartal basiert neben einem stetig unattraktiveren Mietwohnungsmarkt, welcher das Interesse der Verbraucher zum Immobilienerwerb antreibt, auch auf dem Zinsimpuls im Zuge der vom Bundestag im März verabschiedeten Schuldenprogramme. Ergänzt durch gestiegene Umsätze der Immobilienbewertung und stabile Umsätze der Immobilien-Vermarktungsplattform erhöhten sich die Quartals-Roherträge des Segments Real Estate & Mortgage Platforms um 20 % auf 41 Mio. Euro und das EBIT um 53 % auf 13 Mio. Euro.
Die Entwicklung im Segment Financing Platforms zeigte sich heterogen. Dabei erreichte das Teilsegment Wohnungswirtschaft aufgrund des schwachen Marktumfeldes nur einen leichten Rohertragsanstieg, welcher sich insbesondere aus der großen Nachfrage nach der ERP-Plattform ergab. In den Teilsegmenten Ratenkredit und Corporate Finance konnten jedoch prozentual zweistellige Rohertragsanstiege erzielt werden, sodass Segmentumsätze und Segmentroherträge insgesamt zwar um 12 % ausgebaut wurden, während das EBIT jedoch aufgrund hoher Investitionen in die ERP-Plattform für die Wohnungswirtschaft von 1,0 Mio. auf 0,5 Mio. € zurückging.
Das Segment Insurance Platforms verzeichnete in einen leichten Rohertragsanstieg von 2 % auf 8 Mio. Euro und ein weiter leicht positives EBIT von 0,2 Mio.
Unterm Strich stieg der Konzernumsatz im 1. Quartal um 19 % gegenüber dem Vorjahreswert auf 159 Mio. Euro, der Rohertrag um 15 % auf 66 Mio. und das EBIT überproportional um 88 % auf 8,6 Mio. Euro an. Entsprechend erfreut zeigte sich Ronald Slabke, Vorstandsvorsitzender und Großaktionär der Hypoport SE: "Der in 2024 begonnene Turnaround unseres wichtigsten Marktes der privaten Immobilienfinanzierung hält auch zum Jahresstart 2025 an. Zusätzlich wächst durch die stete Weiterentwicklung unserer Plattformen die Nutzungstiefe unserer Partner."
Darüber hinaus betonte Slabke in einem Interview mit dem Analysehaus GSC Research die hohe Skalierbarkeit des Plattformgeschäfts und sieht das größte Potenzial in den weiteren Marktanteilsgewinnen in den beiden Verbünden der Sparkassen und der genossenschaftlichen Bankengruppe, also den Plattformen Finmas und Genopace.
Für das Gesamtjahr 2025 rechnet Slabke mit zweistelligen Wachstumsraten und dabei einem Umsatz von mindestens 640 Mio. Euro, einem Rohertrag oberhalb von 270 Mio. Euro sowie einem EBIT zwischen 30 und 36 Mio. Euro.
Aktionärsstruktur
Die CEO Ronald Slabke zuzuordnende Revenia hält 34,6 % der Aktien, Hypoport selbst 3,7 % und die restlichen Anteile von 61,7 % sind dem Streubesitz zuzurechnen. Dabei gibt es durchaus einige Anteilseigner mit größeren Paketen unterhalb von 5 %.
Bullcase vs. Bearcase
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Quelle: wallstreet-online.de |
Der Aktienkurs zeigt sich in diesem Jahr bisher ziemlich volatil zwischen 170 und 210 Euro, doch im Grunde ist nur eine Seitwärtsbewegung zu verbuchen. Angesichts der im Jahresverlauf deutlich gestiegenen Aktienindizes in Deutschland, sowohl bei den großen Gesellschaften des DAX als auch bei den mittleren und den kleinen Werten in MDAX und SDAX hinkt die Hypoport-Performance also hinterher. Auch deshalb musste Hypoport seinen Platz im MDAX zuletzt wieder räumen und wurde in den SDAX runtergereicht.
Fazit
Der Wind am Immobilienmarkt dreht sich langsam und der „Bau-Turbo“ könnte hierzu seinen Teil beitragen, zumindest mittel- bis langfristig. Mindestens ebenso wichtig ist der psychologische Faktor, denn die Stimmung entscheidet oft neben den reinen Zahlen über den Erfolg. Und die Stimmung in der deutschen Wirtschaft dreht sich seit einigen Wochen signifikant, was auch dem Immobilienmarkt und damit Hypoport Rückenwind verschaffen dürfte. Die relativ betrachtet schlechtere Kursentwicklung der Aktie könnte sich daher, auch dank weiterhin starker Geschäftszahlen, bald auflösen und Hypoport in der zweiten Jahreshälfte in den Kreis der Gewinner führen. Den Risiken stehen also auch erhebliche Chancen gegenüber.
Die 4 wichtigsten Dinge, die man über Hypoport wissen muss
- Hypoport ist Deutschlands Marktführer bei neuen Immobilienfinanzierungen und vermittelt über seine Kreditplattformen bereits mehr als ein Drittel aller neuen Verträge.
- Das Unternehmen entwickelt sich zum Full-Service-Anbieter rund um den Immobilientransfer, wobei bisher der Bereich Kreditplattform deutlich dominiert.
- Steigende Zinsen und hohe Preise haben zu einem Käuferstreik im Immobilienmarkt geführt, doch die EZB lockerte bereits achtmal die Zinsschraube.
- Kostensenkungen und ein steigendes Finanzierungsvolumen bieten Spielraum bei den Margen, Unternehmensgewinnen und damit auch beim Aktienkurs.
Disclaimer: Habe Hypoport auf meiner Beobachtungsliste und/oder im Depot/Wiki.
Ob nun auch wieder auf etwas "Schwung" bei Opendoor zu hoffen ist? 80% Minus innerhalb von nur einen Jahr, tun ganz schön Weh.
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