Donnerstag, 23. Oktober 2025

Earnings Quickcheck Q3/25: LendingClub nutzt endlich sein Tenbagger-Potenzial!

LendingClub ist ein digitaler Finanzmarktplatz mit Banklizenz, der private und institutionelle Anleger mit Kreditnehmern zusammenbringt, die Privatkredite suchen. Das Geschäft basiert auf einem Marktplatzmodell, bei dem LendingClub sowohl Kredite an Investoren verkauft als auch einige in seinem eigenen Kreditbuch und damit seiner Bilanz behält.

Ich begleite das FinTech schon länger als Turnaround-Spekulation und habe daher sowohl den (ersten) rasanten Anstieg bis Ende 2021 mitgemacht als auch den sich anschließenden brutalen Absturz während der Zinswende. Und die dritte Wiederauferstehung des Unternehmens. Wobei der Kurs zwar eine Reise von 5 Euro auf 40 und zurück hingelegt hat und LendingClub während dieser Phasen kräftig an Umsätzen einbüßte, aber eben auch stets profitabel blieb. Das war schon eine beeindruckende Leistung des Managementteams um Scott Sanborn. Und inzwischen steht LendingClub so stark da wie noch nie und die vielen wegweisenden Entscheidungen der letzten Jahre beginnen sich nun richtig auszuzahlen.

Die Börse hat auf die jüngsten Zahlen zum 3. Quartal mit einem kleinen Freudensprung reagiert, aber für die längst gerechtfertigte Neubewertung des Unternehmens brachte sie noch nicht den Mut auf. Doch das dürfte sich bald ändern, denn LendingClub beginnt, sein wahres und enormes Potenzial auszuschöpfen...

In dem am 30. September beendeten Quartal verbuchte LendingClub starkes Wachstum. So stieg der Umsatz im Jahresvergleich um 32 % auf 266,2 Mio. Dollar, der Nettogewinn sogar um 206 % auf 44,3 Mio. und auf verwässerter Basis legte der Gewinn je Aktie um 185 % auf 0,37 Dollar zu.

CEO Scott Sanborn war zurecht erfreut und kommentierte die Zahlen so: "Wir haben ein weiteres hervorragendes Quartal mit einem Wachstum von 37 % bei den Neugeschäften und 32 % bei den Einnahmen abgeliefert und den verwässerten Gewinn pro Aktie fast verdreifacht, was zu einem ROTCE (Gewinnrendite) von über 13 % führt."

Die Zahlen im Detail: 
  • Kreditausreichungen: 2,6 Mrd. (+37 % ggü. Vorjahr; YoY)
  • Zinsunabhängige Erträge: 107,8 Mio (+75 % YoY)
  • Nettozinsertrag: 158,4 Mio. (+13 % YoY)
  • Marktplatz-Darlehen: 2,0 Mrd. (+44 % YoY)
  • Vermittlungsgebühren: 105,7 Mio. (+48 % YoY)
  • Servicing-Gebühren: 17,0 Mio. (+110 % YoY)
  • Nettoeinnahmen vor Provisionen: 103,5 Mio. (+58 % YoY)
  • Eigenkapitalrendite: 12,4 % ggü. 4,4 % in Q3/2024
  • ROTCE: 13,2 % ggü. 4,7 % in Q3/2024
  • Nettozinsmarge: 6,18% ggü 5,63 % in Q3/2024
  • Effizienzkennziffer: 61 % ggü. 68 % in Q3/2024
  • Netto-Wertberichtigungen: 31,1 Mio. ggü. 55,8 Mio. in Q3/2024
  • Materieller Buchwert je Aktie: 11,95 Dollar (+7 % YoY)
  • Tier 1 Verschuldungsgrad: 12,3 %
  • CET1-Kapitalquote: 18,0 %
Sowohl das Marktplatzgeschäft läuft auf Hochtouren als das Programm für strukturierte Zertifikate, die dann von Finanzinvestoren gekauft werden. Die Wertberichtigungen auf die in die eigene Bilanz übernommenen Kredite sinkt, weil die Qualität nochmals zugelegt hat und LendingClub weniger Kreditausfälle zu verbuchen hat.

Geschäftshighlights und Ausblick

Im Earnings Call wurden einige interessante Informationen bekanntgegeben:
  • Der weltgrößte Vermögensverwalter BlackRock wird bis Ende 2026 Investitionen von bis zu 1 Mrd. Dollar über LendingClubs Marktplatzprogramm abwickeln.
  • Das LevelUp Checking führt zu einem siebenfachen Anstieg der Kontoeröffnungen im Vergleich zum vorherigen Giroprodukt.
  • Die Kreditleistung liegt 37 % besser als bei den Wettbewerbern (höhere Kreditqualität)
  • Das Gesamtvermögen stieg auf 11,1 Mrd. Dollar mit einer verfügbaren Liquidität von 3,9 Mrd.
Zum 4. Quartal erklärte das Management: "Im 4. Quartal ist das Neugeschäft aufgrund der Ferienzeit in der Regel saisonal bedingt negativ. Vor diesem Hintergrund erwarten wir ein Neugeschäft von 2,5 bis 2,6 Mrd. Dollar, was einem Anstieg von 35 % bis 41 % gegenüber dem Vorjahr entspricht." Seine Prognose für den Nettoumsatz vor Provisionen liegt bei 90 bis 100 Mio. Dollar, was einem Anstieg von 21 % bis 35 % entspricht. Zudem erwartet das Unternehmen einen ROTCE in der Größenordnung von 10 % bis 11,5 % und damit "mehr als eine Verdreifachung im Vergleich zum Vorjahr". Die Prognose geht von "2 Zinssenkungen im 4. Quartal aus und beinhaltet erhöhte Investitionen in das Marketing, um die Ausweitung der Vertriebskanäle zu testen, was das Wachstum des Neugeschäfts in zukünftigen Quartalen unterstützen wird."

Auch von dieser Seite aus gibt es wenig Grund zum Meckern.

Meine Einschätzung

LendingClub hat ein weiteres hervorragendes Quartal abgeliefert, seine Rentabilitätsprognose deutlich übertroffen und eine weitere Finanzierungspartnerschaft mit BlackRock abgeschlossen. Die Ergebnisse zeigen, dass LendingClub in allen Bereichen stark abliefert, vom Wachstum des Neugeschäfts und der Marketingeffizienz bis hin zur robusten Kreditperformance. Die Plattformstrategie greift, das Produktportfolio wächst, der Anteil der ins eigene Kreditbuch übernommenen Kredite steigt, während die Bilanz gesund ist und das Unternehmen nachhaltig Gewinne erwirtschaftet.

Auch wenn alles von Zinssenkungen in den USA spricht, ist das Zinsniveau dort ziemlich hoch - insbesondere für Kreditkarten, über die sich noch immer vielen Haushalte bevorzugt finanzieren. Der aktuelle Shutdown der US-Bundesregierung zeigt, dass selbst viele Bundesangestellte von Scheck zu Scheck leben und kaum Rücklagen haben; viele von ihnen müssen bereits an Suppenküchen für eine Mahlzeit anstehen.

LendingClub hat also keine Probleme, weitere Kreditnehmer zu finden. Im Gegenteil, man kann sich die neuen Schuldner sogar aussuchen und nur auf diejenigen mit den höchsten FICO-Scores setzen. Und wer einmal Kreditkunde war, nutzt die Dienste gerne erneut. Dadurch bleibt das Kreditausfallrisiko gering und inzwischen investiert man auch einige Energie in neue Produkte und Innovationen, wodurch man die Kunden stärker an sich bindet und ihnen mehr Leistungen bietet. Auch hierdurch steigt LendingClubs Profitabilität weiter. Dem entsprechend sind die Kreditkennzahlen nach wie vor außerordentlich gut, und das neue LevelUp-Checking-Produkt wird bereits in einem frühen Stadium sehr gut angenommen, was auf eine erfolgreiche Strategie zur Mitgliederbindung hindeutet.

Die Prognosen für das 4. Quartal deuten zwar auf einen vorübergehenden Rentabilitätspeak hin, aber die zugrundeliegenden Fundamentaldaten und die strategischen Erfolge in diesem Quartal stärken meinen bullishen Investmentcase.

Quelle: wallstreet-online.de
Doch während die Geschäftsergebnisse bereits seit dem 2. Quartal kräftig durchgestartet sind, hat der Aktienkurs zwar gut 15 % zugelegt, ist aber noch weit von seinen früheren Höchstständen entfernt. Das ist für mich nicht nachvollziehbar und ich gehe davon aus, dass der Markt langsam seine Ansicht zu LendingClub ändert und eine Neubewertung vornehmen wird. Meine "uralte" Turnaround-Spekulation sollte im dritten Anlauf also richtig durchstarten. Denn aller guten Dinge sind drei, heißt es doch so schön. Und dann klappt's irgendwann auch mit dem nächsten Tenbagger. Denn eines ist sicher: den USA wird die Lust am Verschulden nicht ausgehen...

Disclaimer: Habe LendingClub auf meiner Beobachtungsliste und/oder im Depot/Wiki.

2 Kommentare:

  1. Hallo Herr Kissing,
    vielen Dank für Ihre tollen Berichte.
    Was sind denn Ihrer Meinung nach, die größten Risiken bei Lendingclub und für wie wahrscheinlich halten Sie deren Eintrittswahrscheinlichkeit?

    Beste Grüße

    M.Hoch

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    1. Risiken gibt es einige. Über den Marktplatz kaufen Banken die von LendingClub generierten Kredite und wenn die Banken nicht mehr kaufen (können oder wollen), versiegt LCs Kerngeschäft. Das ist ein bekanntes Risiko, denn es hat sich zwei Jahre lang genau so abgespielt, als nach der "kleinen Finanzkrise" Anfang 2023 mit mehreren Pleiten von US-Regionalbanken die Banken keine externen Kredite mehr angekauft haben. Wegen der damals rapide gestiegenen Zinsen hatten sie mit Kreditausfällen bei ihren Kunden zu kämpfen und haben ihr Geld zusammengehalten. LC hat damals mit massiven Kostensenkungen darauf reagiert und in dieser Zeit Umsatz und Gewinne verloren - ist aber in jedem Quartal profitabel geblieben.

      Ein weiteres Risiko wären deutlich hochschnellende Kreditausfälle. Dann wären die Kredite, die LC in der eigenen Bilanz hat, betroffen durch erhöhte Abschreibungen und ausgefallene Zinseinnahmen. Zudem würden die verkauften Kredite für die kaufenden Banken unattraktiver und die verbrieften Zertifikate für die Finanzinvestoren ebenfalls. Also würde LC künftig weniger an diesen verdienen oder im schlimmsten Fall würde keiner mehr von LC kaufen wollen.

      Diese Risiken muss man im Blick behalten, aber in Q2 und in Q3 ist davon nichts zu sehen - im Gegenteil, die Entwicklung zeigt weitere Verbesserungen. Und wenn man sich z.B. den Kommentar von Kreditkartenprimus Capital One anschaut zu den kaum vorhandenen Ausfällen bei Kreditkartenschulden, muss man aktuell auch nicht wirklich was befürchten. Zumal LC sich ja auf die besten Schuldner fokussiert und daher Kreditausfälle eher Seltenheitswert haben.

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