Montag, 21. November 2022

Risikovermeidung geht vor Renditemaximierung: Benjamin Grahams 7 Kriterien für das erfolgreiche Investieren

Benjamin Graham war ein einflussreicher US-amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler und legendärer Investor. Er gilt als Vater der fundamentalen Wertpapieranalyse, der Basis für das Value Investing. Geprägt von ruinierenden Kursverlusten während der Weltwirtschaftskrise stand für Graham zeitlebens immer der Kapitalerhalt und das Minimieren von Risiken an erster Stelle noch vor dem Erzielen einer Rendite. Wenn man bedenkt, dass nur etwas mehr als die Hälfte aller Investments auch positive Resultate erzielen, dann führt das Vermeiden von größeren Verlusten fast zwangsläufig zu überdurchschnittlichen Renditen.
»Wenn die Verluste minimiert werden, erzeugen durchschnittliche Gewinne überdurchschnittliche Ergebnisse.«
(Benjamin Graham)
Die Risiken zu begrenzen und ausschließlich auf sichere Investments zu setzen, darin wurde Benjamin Graham zum Experten. Der Lehrer und Mentor Warren Buffetts veröffentlichte 1934 gemeinsam mit David Dodd das Buch "Die Geheimnisse der Wertpapier Analyse" (orig.: "Security Analysis"), welches noch heute als Bibel der Value Investoren gilt. 1949 erschien die Erstausgabe von "Intelligent investieren" (orig.: "The Intelligent Investor"), einer etwas populärwissenschaftlicheren Version von "Security Analysis". Hierin benannte der "Dekan der Wall Street" seine 7 Kriterien für erfolgreiches Investieren für den privaten Investor.

Kriterium 1: Ausreichend hoher Umsatz
Unternehmen mit einer bestimmten Mindestgröße versprechen ein höheres Maß an Sicherheit. Daher legte Graham den Mindestumsatz für Industrieunternehmen auf $100 Mio. fest, was heute etwa $1 Mrd. entspräche.

Kriterium 2: Niedriges Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV)
Günstig ist in Grahams Augen, wenn das KGV nicht über 15 liegt, also  nicht mehr als das Fünfzehnfache des Jahresgewinns beträgt.

Kriterium 3: Niedriges Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV)
Wichtig ist für Graham das Verhältnis zwischen Vermögen (Buchwert) und Kurs und dieses KBV sollte nach seiner Meinung nicht über 1,5 liegen.

Kriterium 4: Stabile Gewinne
Unter stabilen Gewinnen versteht "der Dekan der Wall Street", dass das Unternehmen in den letzten zehn Jahren einen Überschuss erzielt hat, also in keinem Jahr einen Verlust ausweisen musste.

Kriterium 5: Gewinnwachstum
Zusätzlich soll sich der Gewinn je Aktie in den vergangenen zehn Jahren mindestens um ein Drittel erhöht haben. Die "neumodische Sitte" vieler Unternehmen, starken Gebrauch von Aktienrückkäufen zu machen und so den Gewinn je Aktie künstlich in die Höhe zu treiben, hat dieses einst harte Kriterium allerdings etwas aufgeweicht.

Kriterium 6: Regelmäßige Dividendenausschüttungen
Regelmäßige Gewinnausschüttungen deuten auf eine nachhaltige Finanzkraft hin und Graham fordert an dieser Stelle eine stabile oder steigende Ausschüttung in den letzten 10 Jahren.

(Benjamin Graham)

Kriterium 7: Gesunde Balance zwischen Vermögen und Schulden
Eine solide Finanzlage ist für Graham das A und O und so fordert er, dass der Wert des gegenwärtigen Vermögens mindestens doppelt so hoch ist, wie die Schulden. Darüber hinaus sollen die langfristigen Schulden das aktuelle Nettovermögen nicht übersteigen.
(Benjamin Graham)
All diese Kriterien bzw. Kennzahlen haben für sich betrachtet ihre Stärken und Schwächen. Die Ermittlung des Gewinns liegt in der Hand des Vorstands und kann von ihm maßgeblich beeinflusst werden, ebenso der Wert des Unternehmens, wenn hier z.B. hohe immaterielle Vermögenswerte, wie Firmen- oder Markenwerte enthalten sind. Daher setzte Benjamin Graham auf eine Kombination verschiedener Bewertungskriterien, um so die Spreu vom Weizen zu trennen. Auf diese Weise fallen krisenanfällige Unternehmen schnell raus aus der Betrachtung und es bleiben die beständigen und soliden Unternehmen übrig.
Wer sich an diesen Kriterien orientiert, sollte daher auf der sicheren Seite sein und zugleich in Werte investieren, die auch einiges an Chancen zu bieten haben. Wenn er nun noch die nach Graham oberste Tugend des Investors an den Tag legt, nämlich Geduld, kann auf lange Sicht an der Börse eigentlich (fast) nichts mehr schief gehen...


Meine Lese-Tipps
▶ "Die Geheimnisse der Wertpapieranalyse" von Benjamin Graham und David Dodd
▶ "Die Graham-Methode. Benjamin Grahams Value-Investing Schritt für Schritt" von Janet Lowe
▶ "Intelligent investieren" von Benjamin Graham

••• Überarbeite Fassung eines Artikels aus Juni 2016.

2 Kommentare:

  1. Hallo,
    Ich habe mir das Buch gekauft. Nach der hälfte habe ich keine Lust mehr drauf.
    Sowas von kompliziert und absolut verwirrend. Da kann doch keiner mehr durchblicken.

    Man weis ja eigentlich sowieso, dass man die Zukunft nicht vorhersagen kann.
    Entsprechend kann es keine Technik zum Investieren geben.

    Ich habe mal gelernt, dass Wissen immer leicht zu lernen ist und wenn etwas extra kompliziert gemacht wurde handelt es sich um Betrug. Denn wer wirklich echtes Wissen vermitteln will, wird es so machen das man es auch versteht. Falsch Informationen sollen verwirren und nicht für Durchblick sorgen.
    Letzteren Eindruck habe ich von dem Buch.

    Sorry wenn ich jetzt jemanden verärgert haben sollte.
    Allerdings, wenn man es sich echt mal durchliest. Mit dem Hintergedanke "Echte Informationen versteht man" Falsche Infos verwirren" Komme ich zu dem offensichtlichen Ergebnis. Das Buch ist Fake

    LG Mathias

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    1. Moin Mathias,
      ich gebe Dir Recht, dass 'Security Analysis' ziemlich akademisch ist; Graham und Dodd ging es vor allem darum, ihre Ergebnisse wissenschaftlich darzulegen. Mit 'The Intelligent Investor' hat Graham deshalb ein umgangssprachlicheres Werk verfasst, dem man die wesentlichen Erkenntnisse und Handlungsweisen für erfolgreiches Value Investing entnehmen kann. Aber an den eingängigen Schreibstil von Peter Lynch in 'Der Börse einen Schritt voraus' kommen nur wenige Autoren heran. Deshalb zählt dieses Börsenbuch noch immer zu meinen absoluten Favoriten.

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