Freitag, 6. Mai 2022

Steico: Ungebremst rekordverdächtig erfolgreich

Steico hat nach einem sehr starken 2021 im 1. Quartal 2022 einfach weiter Gas gegeben. 2021 war geprägt durch eine kontinuierlich steigende Nachfrage nach ökologischen Holzfaser-Dämmstoffen und Konstruktionsprodukten, so dass ein Wachstumssprung um 25,7 % auf einen neuen Umsatzrekord von 388,2 Mio. EUR realisiert werden konnte. Der Jahresüberschuss konnte sogar um 109,7 % auf 48,2 Mio. EUR zulegen. Trotz größerer Herausforderungen konnte der Umsatz im 1. Quartal 2020 um weitere 27,9 % gegenüber Vorjahr auf 115,9 Mio. EUR gesteigert werden. Das EBITDA konnte mit 23,5 Mio. EUR um 23,9 % gesteigert werden, das EBIT um 24,6 % auf 17,2 Mio. EUR. Und selbst die Dividenden steigt um überdurchschnittliche 33,33 % von 0,30 auf 0,40 EUR je Aktie. Steico ist einfach eine Klasse für sich und irgendwie spielen dem Unternehmen alle Entwicklungen in die Karten...

Das 1986 gegründete Unternehmen entwickelt, produziert und verkauft Bauprodukte aus nachwachsenden Rohstoffen, vor allem aus Holz. Inzwischen ist man Europas führender modularer Systemanbieter für den ökologischen Hausbau und vertreibt Bauprodukte rund um die Gebäudehülle aus nachwachsenden Rohstoffen. Dabei ist Steico branchenweit der einzige Hersteller eines integrierten Holzbausystems

Der Kampf gegen die globale Erwärmung wird auf der großen Bühne ausgetragen, vor der UNO, im Weltklimarat und bei Konferenzen wie in Paris. Es folgen Lippenbekenntnisse, internationale Abkommen, Staats- und Förderprogramme. Die Umsetzung muss dann auf lokaler Ebene stattfinden und dabei sind es die Unternehmen und Bürger vor Ort, die ihre Handlungsweisen ändern müssen, damit eine neue Entwicklung angeschoben und zu einer Bewegung wird.

Einige Maßnahmen sind Verschmutzungszertifikate, mit denen der Verbrauch fossiler Energieträger bewusst verteuert wird, um die Menschen über ihren Geldbeutel zu Verhaltensänderungen zu bringen. In die gleiche Richtung zielen Förderprogramme oder verbilligte Darlehen, um Anreize zu setzen. Im Bausektor geht es um nachhaltiges, ökologisches Bauen, um einen geringeren Verbrauch von Beton als Baustoff, um einen steigenden Anteil von Holz als Bau- und Dämmmaterial, um Kunststoffe zu ersetzen.

Europäischer Nischenmarktführer

In diesem Umfeld bewegt sich seit jeher auch Steico. Die ökologischen und als nachhaltig zertifizierten Bauelemente des Unternehmens werden sowohl im Neubau als auch der Sanierung von Gebäuden an Dach, Wand, Decke, Boden oder Fassade verwendet und ergänzen sich zu einem integrierten Holzbausystem aus Dämmstoff und konstruktiven Bauelementen. Darüber hinaus ist Steico im Holzhandel aktiv. Zu den Kunden gehören der Holz- und Baustoffhandel, die Fertighausindustrie, Holzbaubetriebe und Architekten.

Die Nachfrage steigt, die Produktion auch

Steico erhöht seit Jahren seine Produktionskapazitäten, vor allem in Polen, wo man inzwischen 95 % der konzernweiten Wertschöpfung generiert. Daneben gibt es einen Produktionsstandort in Frankreich, während die operative Steuerung am Unternehmenssitz in Feldkirchen bei München erfolgt.

In Polen verfügt Steico am Standort Czarnków über ein ca. 100 ha umfassendes Gelände und das größte europäische Werk zur Herstellung von ökologischen, holzfaserbasierten Dämmstoffen. Am zweiten polnischen Standort Czarna Woda hat das Unternehmen im Jahr 2016 eine Anlage zur Herstellung von Furnierschichtholz/LVL mit einer Produktionskapazität von rund 80.000 Kubikmeter pro Jahr in Betrieb genommen.

Aufgrund der hohen Nachfrage wurde der Bau einer zusätzlichen Anlage noch im selben Jahr beschlossen und mit der Aufnahme der Produktion im Jahr 2018 die Produktionskapazität auf rund 160.000 Kubikmeter verdoppelt. Und diese Investitionen rentieren sich, denn die Nachfrage ist so hoch, dass die Kapazitäten bereits wieder an ihre Grenzen stoßen. Daher dürfte eine zusätzliche Erweiterung in nächster Zeit anstehen.

Steico nutzt bei seinen polnischen Standorten geschickt deren Status als Sonderwirtschaftszonen mit entsprechenden Steuerbefreiungen. Darüber hinaus hat das Unternehmen in den vergangenen Jahren immer wieder bei Insolvenzen von Wettbewerbern zugeschlagen und dort relativ günstig gebrauchte Maschinen erworben.

Im französischen Casteljaloux produziert Steico seit 2008 auf einem Gesamtgelände von 34 ha überwiegend leichte, flexible Dämmstoffmatten für Frankreich und angrenzende Länder.

Segmente

STEICO beschäftigt mehr als 1.900 Mitarbeiter und erzielte im Jahr 2021 Umsatzerlöse von rund 388 Mio. EUR bei einem EBIT von 67,6 Mio. EUR. Die EBIT-Marge lag damit bei  17,1 %.

Steicos Schwerpunkt liegt bei Holzfaserdämmstoffen und Einblasdämmungen, die für rund zwei Drittel des Konzernumsatzes stehen. Hinzu kommen Stegträger, die als tragende Bauteile eine wirtschaftliche und energetische Alternative zu konventionellen Konstruktionsprodukten darstellen. Furnierschichtholz ist ein besonders fester und leistungsfähiger Holzwerkstoff, der im Baubereich sowie bei industriellen Anwendungen eingesetzt wird.

Stegträger und Furnierschichtholz waren zuletzt die Investitionsschwerpunkte, weil Steico so ehemals fremderzeugte und zugekaufte Vorprodukte in das eigene Produktionsspektrum einbezog und so seine Angebotspalette erweiterte. Hierdurch machte Steico sich nicht nur unabhängiger von Zulieferern, sondern konnte auch seine Margen teilweise deutlich ausweiten.

Starkes Wachstum

2021 stand auch für Steico erneut unter dem Eindruck von Corona, konnte jedoch erfolgreich gemeistert werden. Darüber hinaus war und ist der Brexit eine Herausforderung für Steico, da man in Großbritannien bisher gute Geschäfte gemacht hat. Das Unternehmen hatte aber jahrelang Zeit, sich auf den Brexit vorzubereiten und der 2020er Umsatzanteil von 8 % hält das Risiko in überschaubarem Rahmen.

Infolge mehrfach durchgeführter Preiserhöhungen konnten die teilweise spürbar gestiegenen Beschaffungskosten, wie zum Beispiel chemische Zuschlagstoffe, und Betriebskosten (Strompreisentwicklung) in allen Märkten nahezu kompensiert, sodass die Ergebnisdynamik weiterhin anhält.

Starker Ausblick

Dank kontinuierlichen Kapazitätsaufbaus ist der Steico-Konzern für die Fortsetzung des Wachstums sehr gut aufgestellt. Sofern sich aus der weiteren Konjunktur- und Pandemieentwicklung sowie den kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ukraine keine zusätzlichen negativen Effekte ergeben, rechnet das Direktorium für 2022 mit einem Umsatzwachstum oberhalb von 20 % und einer EBIT-Quote zwischen 13 % und 15 % (im Vergleich zur Gesamtleistung).

Voll im Trend

Mit seinen ökologischen Bauprodukten ist Steico in einer stetig an Bedeutung gewinnenden Nische stark positioniert und profitiert von der zunehmenden Dynamik bei der Energiewende. Das wachsende Umweltbewusstsein und der verstärkte Wunsch nach Energieeinsparungen haben längst auch den privaten Wohnraum erreicht. Die momentan stark steigenden Energiepreise und das angesichts der bevorstehenden Heizperiode, erhöhen den Aufmerksamkeitspegel noch einmal signifikant. Dank der Verschmutzungszertifikate werden die Energiepreise für den Endverbraucher tendenziell eher zunehmen, auch wenn sich bei den Öl- und Gaspreisen bald ein Hochpunkt der Preisentwicklung abzeichnen sollte.

Quelle: wallstreet-online.de
Dabei ist die Beheizung von Wohnraum einer der größten Energieverbraucher. Zement gehört mit 8 % des CO2-Ausstoßes zu den größten Emittenten und in einigen Ländern wird Holz bereits als klimaneutraler Baustoff präferiert. Die neue Bundesregierung wird bei der energetischen Sanierung von Wohnraum wohl einen Schwerpunkt setzen und hierzu ordentlich Fördermittel bereitstellen, damit die anfallenden Kosten nicht ungebremst in den Mietpreisen aufschlagen. Und neben staatlichen Anreizen entsteht eine zunehmende ökologisch-orientierte Graswurzelbewegung, die nicht nur unter finanziellen Gesichtspunkten auf Nachhaltigkeit setzt. Steico liegt hier voll im Trend.

Der Aktienkurs von Steico hatte allerdings schon einiges an positiven Erwartungen vorweggenommen und sich im Verlauf des letzten Jahres über der Marke von 100 EUR etabliert. Vor 10 Jahren konnte man die Steico-Aktie noch für 4 EUR kaufen und der jüngste Kursrückgang drückte den Kurs wieder auf ein Niveau von 85 EUR. Aus dem unbekannten Hidden Champion ist ein globaler Marktführer geworden, der es inzwischen auf eine Börsenkapitalisierung von 1,2 Mrd. Euro bringt. Im internationalen Maßstab noch immer ein Nebenwert. Aber eben auch eines dieser Qualitätsunternehmen des Deutschen Mittelstands mit einem - meistens - entsprechend ambitionierten Preis.

Auf dem aktuellen Kursniveau ist Steico auf für Käufe wieder interessant, zumal das Unternehmen auf eine ungebremste Nachfrage und seine Preissetzungsmacht setzen kann. Inflations-, Zins- und Konjunkturängste sind bei Steico fehl am Platz. Eine Aktie mit Dauerläuferqualitäten!

Disclaimer: Habe Steico auf meiner Beobachtungsliste und/oder in meinem Depot/Wiki.

5 Kommentare:

  1. Hallo Michael,

    seit deinem Artikel ist die Aktie noch einmal eingebrochen. Die Euphorie über die gute Positionierung in einer Nische, mit der man - wie du sagst - voll im Trend liegt, ist umgeschlagen in Befürchtungen, dass das Wachstum der letzten Jahre zumindest für die nahe Zukunft Geschichte sein könnte: Der Ausblick für das Umsatzwachstum für 2022 wurde schon leicht reduziert.

    Einerseits gibt es Wettbewerber, die auf den Markt drängen, andererseits scheint das Umsatzwachstum in den letzten Monaten vor allem durch Preiserhöhungen zustande gekommen zu sein, die Bautätigkeit in der aktuellen Lage sich also deutlich zu verlangsamen.

    Im Artikel bist du davon ausgegangen, dass die oben genannten Faktoren keinen wirklichen Einfluss auf Steicos Geschäft haben werden. Hat sich deine Meinung mittlerweile geändert oder ist die Marktreaktion übertrieben? Wie ist deine Einschätzung zur aktuellen Situation und wie bewertest du die oben genannten möglichen Unsicherheiten?

    Vielen Dank un mfG
    Thomas

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    1. Die starke Zurückhaltung bzw. immer häufigere Verschiebung bei Neubauten trifft auch Steico; ein de facto Baustopp seit September. Eine solch extreme Entwicklung war im Mai, ja selbst im August noch nicht absehbar.

      Das Management sagt, dass man einen Shift hin zu Instandhaltung/Modernisierung erwarte und insgesamt bleibt das Thema Wärmedämmung ganz oben auf der Agenda in Bezug auf CO2-Senkung, Klimaziele und Energiepreisexplosion. Bei den Rahmenbedingungen gab es zuletzt positive Signale, denn die Materialpreis geben insgesamt ja deutlich nach gegenüber ihren Hochs aus dem Sommer. Die von Dir angesprochenen Preiserhöhungen bei Steico haben gezeigt, dass das Unternehmen durchaus Preissetzungsmacht hat.

      Wenn ich diese Entwicklungen ins Verhältnis setze zum deutlich zurückgekommenen Aktienkurs, steht Steico durchaus attraktiv dar. Die Unsicherheiten bestehen, aber sie wurden im Kurs ja auch kräftig abgearbeitet. Wenn ich also mal 5 Jahre in die Zukunft schaue und mich frage, ob die Geschäfte von Steico besser laufen und die Nachfrage nach seinen Produkten höher sein wird, würde ich das mit einem "aber sicher" beantworten. Was dann auch für die Aktie spricht...

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    2. Wer STEICO bei 85 mochte, wird die Aktie bei 30 lieben ;) Nach dem Rücksetzer heute, erscheint mir das als langfristig guter Einstieg, wobei die Unsicherheit bleibt und es durchaus noch weiter runter gehen kann.

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  2. Konstantin22.06.23, 15:43

    Hallo Michael, ein halbes Jahr später hat STEICO weiterhin und wohl mindestens bis Ende 2023 zu kämpfen. Meinst Du die Probleme, inkl. ein zunehmend verschärfter Wettbewerb im Segment der Holzfaser-Dämmstoffe, sind nur vorübergehend bzw. bist Du unverändert überzeugt von diesem Unternehmen?

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    1. Klares ja. ^^

      Ja, Steico wird sich bewähren und ich bleibe überzeugt von dem Unternehmen.

      Ja, Steico hat aktuell Probleme, weil in der Corona-Zeit und bis vor einem Jahr aufgrund der gestörten Lieferketten massiv bestellt wurde und die Lager der Kunden noch immer prall gefüllt sind. Einerseits weil sie wegen der Lieferprobleme viel mehr bestellt hatten, als sie benötigt haben und dann ist die Nachfrage zurückgegangen wegen der reduzierten Bautätigkeit und der noch nicht stark angezogenen Renovierungstätigkeiten.

      Ja, Steico steht stärker im Wettbewerb und das, während man selbst massiv investieret (hat) und die neuen Produktionslinien bald ans Werk gehen. Damit erzeugt man selbst weiteren Druck auf den Markt und die Preise.

      Ja, ich denke Steico steht vergleichsweise gut da und wird sich behaupten.

      Ja, ich denke die offiziell verkündete Verkaufsbereitschaft des Gründers könnte auf größeres Interesse stoßen, auch von Finanzinvestoren oder strategischen Investoren wie z.B. MBB. Der reduzierte Aktienkurs kann hierbei nur förderlich sein, denn Käufer zahlen gerne weniger und haben ein Unternehmen, das vorübergehend etwas strauchelt, weil sie dann auch die eine oder andere schwierige Entscheidung im Unternehmen durchsetzen können, ohne gleich als böse dazustehen.

      Nein, ich glaube nicht, dass sich der Kurs zügig wieder erholt, sondern dass Steico jetzt erstmal "liefern" muss und der Markt unternehmerische Erfolge sehen will. Die bisher verteilten Vorschusslorbeeren wurden jedenfalls einkassiert.

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