Donnerstag, 24. Mai 2018

KAP AG: Carlyles Perlentaucher für den deutschen Mittelstand dreht auf

Als Value Investor investiert man nicht sklavisch in jeden Trend, sondern man schaut sich bei den unbeliebten, unentdeckten, hässlichen Werten um, die niemand kennt oder niemand haben will.

Bei der KAP AG (WKN: 620840) kann von "nicht haben wollen" keine Rede sein, denn erst vor gut einem Jahr hat der international tätige US-Finanzinvestor Carlyle Group (WKN: A1JXD8) das Ruder bei KAP übernommen - und die Aktienmehrheit.

KAP ist ein relativ unbeachtetes deutsches Beteiligungsunternehmen. Man hat jahrelang in nicht immer gut laufende Mittelständler investiert und ab und zu schöne Verkaufserfolge erzielen können. Was zu üppigen Dividendenausschüttungen führte, allerdings nicht in jedem Jahr. Dann erfolgte der Strategieschwenk und die vorhandenen Mittel wurden in Aktien großer, börsennotierte Unternehmen angelegt. Was KAP für mich (noch) uninteressanter machte. Doch die Übernahme durch die Carlyle Group war der Game Changer und seitdem fährt KAP eine ganz neue Strategie. Und das zahlt sich zunehmend aus...


Zunächst wurde der Vorstand ausgetauscht und auf den langjährigen Chef Dr. Stefan Geyler folgte im August 2016 Guido Decker, der seitdem die Neuausrichtung energisch vorantreibt. Als erstes machte er Tabularasa im Wertpapierportfolio und stellte alle Positionen glatt. Dies brachte ihm neben schönen Kursgewinnen vor allem den nötigen finanziellen Spielraum ein, um neue Beteiligungen eingehen zu können.

Die neue, klare Wachstumsstrategie mit der Fokussierung auf einige wenige Kernbereiche bringt es aber mit sich, dass eine Reihe von Altunternehmen im Portfolio nicht mehr in die Ausrichtung passen und sukzessive verkauft werden. Hierdurch lassen sich ggf. üppige stille Reserven heben und schöne Gewinne einfahren.

Verkäufe
So hat man letztes Jahr seine indirekte 74-Prozent-Beteiligung an der Kirson Industrial Reinforcements GmbH verkauft hat. Die Mehler AG, eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der KAP AG, hat mit dem Verkauf an einen großen internationalen Industriekonzern einen Verkaufspreis sowie einen Buchgewinn im unteren zweistelligen Millionenbereich erzielt. Krison gehörte immerhin seit 1993 zu Mehler und der hohe erzielte Buchgewinn zeigt, welch enorme stille Reserven in der KAP-Bilanz schlummern. Dank des Verkaufs hat sich die bereits zum Jahreswechsel 2017 um 4% auf üppige 49,7% erhöhte Eigenkapitalquote nochmals verbessert.

Und gerade gestern veräußerte die GM Tec Industries Holding GmbH, eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der KAP AG, ihre Mehrheitsbeteiligung an der Geiger Fertigungstechnologie GmbH aus Pretzfeld. Der Kaufpreis entspricht dem Unternehmenswert in Höhe von 38 Mio. Euro für alle Anteile der Geiger Fertigungstechnologie GmbH angepasst um die Nettofinanzverbindlichkeiten am Vollzugstag. In diesem Zusammenhang werden vom Käufer bestehende Verbindlichkeiten gegenüber der KAP AG, insbesondere aus Gesellschafterdarlehen, vollständig übernommen. Im Geschäftsjahr 2017 wurde ein Umsatz von über EUR 50 Mio. mit mehr als 300 Mitarbeitern erwirtschaftet. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet das ein signifikantes Umsatzwachstum. Der Käufer ist eine mittelbare 100-prozentige Tochtergesellschaft der chinesischen Zhejiang Tieliu Clutch Co., Ltd. mit Sitz im chinesischen Hangzhou.

Zukauf
Auf der anderen Seite ist KAP bei der Neuausrichtung sehr aktiv. Einerseits will man die bestehenden Segmente "Engineered Products" und "Automotive Components" ausbauen, andererseits weitere Segmente begründen.

Ein erstes ist das Segment Oberflächenveredelung mit der langfristigen Zielsetzung, hier eine nennenswerte Marktposition auf europäischer Ebene zu formieren. Hier blieb es nicht bei Lippenbekenntnissen, sondern KAP konnte gleich innerhalb weniger Tage drei Übernahmen vermelden. So hatte man Ende Oktober 2016 einen und Anfang November zwei Kauf- und Übertragungsverträge jeweils für den Erwerb aller Anteile an Unternehmen aus dem Bereich der Oberflächenveredelung abgeschlossen. Dabei wurde jeweils ein Teil des Kaufpreises durch die Ausgabe neuer Aktien der KAP AG im Rahmen einer Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen finanziert.

 KAP Beteiligungs-AG (Quelle: wallstreet-online.de
Und diesem Muster blieb man nun treu, als man am Dienstag eine Vereinbarung für den weiteren Ausbau des neuen Segments surface technologies unterzeichnet hat. Die 1965 gegründete Heiche Gruppe mit Sitz in Schwaigern, die in zweiter Generation im Besitz der Familie Heiche steht und Marktführer in der technologisch innovativen und kundenspezifischen Entwicklung von Oberflächenlösungen für Großkunden ist, wird Teil der KAP-Gruppe. Mit einem Umsatzvolumen von rund 40 Mio. Euro an sieben nationalen und internationalen Standorten wird die Heiche Gruppe den Umsatz des Segmentes surface technologies damit mehr als verdoppeln.

Unter Berücksichtigung aller erfolgten Akquisitionen in diesem Segment ist surface technologies das ertragsstärkste der KAP mit einer EBITDA-Marge von etwa 18 Prozent bei einem Umsatzvolumen von rund 70 Mio. Euro auf pro forma kombinierter Basis. Die Transaktion erfolgt über eine Barkomponente und über einen größeren Teil durch Ausgabe neuer KAP Aktien, wodurch die Familie Heiche wesentlicher Aktionär der KAP-Gruppe werden wird.

Meine Einschätzung
Seit der Übernahme durch Carlyle hat sich Aktienkurs der KAP AG bereits mehr als verdoppelt, trotz des Auskehrens einer gewohnt üppigen Dividende. Und doch blieb die Wiederauferstehung bisher weitgehend unbemerkt von der Börse.

Die Neuausrichtung nimmt immer zügiger Fahrt auf und wir werden in den nächsten Jahren noch die eine oder andere gewinnbringende Bereinigung des Altportfolios erleben, während der Ausbau der Segmente mittels interessanter Übernahmen vorangetrieben wird. Hier will man durchaus größere Brötchen backen und in den Segmenten eine signifikante Position erreichen, um innerhalb der Sparten Effizienzpotenziale heben zu können.

Ein unterbewertetes Schnäppchen ist KAP bei Kursen von 40 Euro nicht, jedenfalls auf den ersten Blick. In der Bilanz verstecken sich aber noch einige langjährige Beteiligungen, die wiederum über Töchter verfügen, und hier wird KAP weiter aussortieren und so immer wieder üppige Gewinne aufgrund der großen stillen Reserven heben. Aber diese stillen Reserven finden erst beim Verkauf den Weg in die Bilanz und zeigen, welche Schätze da noch im Portfolio schlummern.

(Fast) noch wichtiger ist aber, dass KAP eine genaue Vorstellung davon hat, was sie mit dem frei werdenden Geld anfangen und dass sie weiterhin attraktive Unternehmen für geeignete Zukäufe finden. Daher bleibt KAP für Langfristanleger aussichtsreich und ist eine der Aktien, die man ins Depot legen und am besten vergessen sollte. Lange Zeit passiert nichts und dann erfolgt eine Neubewertung an der Börse aufgrund der fundamentalen Veränderungen, die sich über lange Monate angestaut haben.

Wer bei KAP einsteigen will, sollte allerdings berücksichtigen, dass der Streubesitz gering ist und sich unlimitierte Orders geradezu verbieten. Auch bei diesem Unternehmen liegt der Gewinn im Einkauf. Im wahrsten Sinne des Wortes. Und anschließend braucht man nur noch eines: Geduld...

Disclaimer
Die KAP AG befindet sich auf meiner Beobachtungsliste und in meinem Depot.

6 Kommentare:

  1. Austen Müller24.05.18, 16:47

    Vielen Dank und wieder einmal eine klasse Einschätzung.
    Mich hält aktuell der geringe Streubesitz von einem Investment ab.
    Wie sind deine Erfahrungen, an welcher Börse sollte man solche Unternehmen am besten Kaufen? Bzw. Macht es einen Unterschied?

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    1. Der geringe Streubesitz ist natürlich ein gewisser Hemmschuh für den Kurs. Manche Leute schreckt er ab. Auf der anderen Seite sollte er einen nicht abhalten, wenn man eine gute Gelegenheit entdeckt hat.

      KAP gibt sich seit jüngstem mehr Mühe, sich für Aktionäre interessanter zu machen. Man hat eine moderne Website, seit kurzer Zeit ist die Aktien bei Tradegate handelbar (wo man neben Frankfurt und Stuttgart eigentlich immer Stücke kaufen oder verkaufen kann) und man hat die Quartalsberichterstattung aufgenommen (Q1/20178 ist seit heute auf der Website online).

      Nach meiner Erfahrung muss man selten bei guten Nachrichten dem Kurssprung hinterher hecheln. Meistens kommt der Kurs nach einigen Tagen wieder zurück, wenn die Spekulanten die Geduld verlieren und ihre Gewinne mitnehmen wollen. Am besten ist natürlich, wenn man vor den guten Nachrichten eingestiegen ist. ;-)

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  2. Lieber Michael,
    Vielen Dank für deine Vorstellung dieses in der Tat recht unbekannten Wertes. Du schreibst selbst, dass die Aktie bei Kursen um 40 EUR kein Schnäppchen ist. Könntest du deine Bewertung etwas näher begründen z.B. in Bezug auf bestimmte Kenngrößen wie NAV, Gewinnmargen oder erwartetes Wachstum?
    Danke im Voraus,
    Christof

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    1. Noch nicht. ;-)
      Als ich meinen Artikel zur KAP Beteiligungs-AG schrieb, lagen die Zahlen zum ersten Quartal 2018 noch nicht vor. Inzwischen ist der Bericht auf der Website als PDF abrufbar (hier klicken). Beim ersten Überfliegen passt das alles zu meinem Investmentcase und ich bin sehr zufrieden mit der Entwicklung. Sie zeichnen den positiven Trend aus 2017 mit substanziellem Wachstum bei steigenden Margen weiter fort und künftig wird über fünf anstelle von vier Segmenten berichtet. Was ja auch Sinn macht, nachdem man nun bereits vier Unternehmen für das neue Segment "surface technologies" gekauft hat und dieses nun das ertrags- und wachstumsstärkste Segment ist.

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  3. Hallo Michael,
    "Im Einkauf liegt der Gewinn" - nett gesagt. Nun, nach einem Kursrutsch auf 32€, dachte ich, mir die KAP mal etwas genauer anzusehen. Deren Homepage allerdings schreckt mich ab. Im Dezember werde ich mit Nachrichten aus dem Mai begrüßt. Überschrift "Aktuelles". Zudem brüstet man sich mit Dividenden aus 2014/15. Von den Beteiligungen erhalte ich so gut wie keine Informationen. Schade!
    Gruß Philip

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    1. Ich finde die Website von KAP ziemlich informativ; kein Vergleich mit früher. Vielleicht mal mehr ansehen als nur die Startseite?

      Unter "Aktuelles" finden sich lediglich (die pflichtigen) Ad-hoc-Mitteilungen; einfach mal unter "Pressemitteilungen" schauen (hier klicken). Da finden sich 12 Mitteilungen aus dem Jahr 2018 und die sind sehr informativ. Des Weiteren kann man unter Finanzberichte die jeweiligen Geschäftsberichte und die Halbjahresberichte finden. Auch die sind sehr informativ. Ich sage es mal aus meiner Wahrnehmung: KAP berichtet nur Relevantes und Substanzielles. Wer es anders mag, kann sich ja die Vectron- oder Pantaflix-Meldungsflut antun, die alle paar Tage was rausblasen, aber eben ohne Inhalt. Ich bevorzuge da eindeutig die KAP-Variante, aber das muss jeder für sich selbst entscheiden, was ihm mehr zusagt.

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